Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

28.06.09, 00:03 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Es ist ein schönes Radfahren, freitagabends, und plötzlich bin ich zwei Stunden unterwegs. Am Abend zuvor hatte ich noch jemanden getroffen, "Wo gehts hier zum Berg?" hat er mich gefragt. Fahr mir nach, winkte ich ihm. Verfolger, Verfolgung, das treibt mich so stark an, da spüre ich meine Muskeln übersäuern, ich schnaufe viel zu schnell, mein Puls rast, und dabei kenne ich die Strecke doch. Als ich oben bin, fallen mir Schweißtropfen von der Nase, das Trikot ist klatschnass, doch ich bin Erster. Verfolgt zu werden, Verfolger zu sein.

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Gegen Mitternacht noch auf der inoffiziellen Abifeier des Kleinstadtgymnasiums. Früher war es ein Fest für Eingeweihte, wir haben es größer gemacht damals, Flugblätter verteilt, heute haben sie die Halle gemietet, und einen Haufen Sicherheitsleute. Sie verlangen Eintritt, und wie ich das überschlage, wird es gerade so für den Sicherheitsdienst und die Miete reichen.
Es spielt eine Band, die ich schon einmal gesehen habe, irgendwo. Sie spielen das Übliche, und sie haben Spaß dabei. Als sie nach Schlagern gefragt werden, sagt der Sänger entgeistert, daß er das nicht könne, selbst wenn er wollte.
Ich komme mir alt vor, nein, ich bin alt. Ich sehe die Schüchternen, die sich nicht trauen, und die Tanzenden und Trinkenden, und sie sind alle so jung. Ich stehe an der Bühne und schaue ins Telefon. Grüße nach hier und dort, ich weiß ja nie, wo ihr immer seid. Nur ich bin immer hier.
Dann reißt es mich, ich habe die falsche Scham vor Jahren abgelegt. Mein Spaß ist mein Spaß, und so tanze ich, die Flasche in der Hand, wie ich das gelernt habe, irgendwann einmal, als rundum die Lichter flackerten, in der alten Bürgermeisterwohnung. Ich habe bald Platz, ich schaffe ihn mir, sie weichen zurück, und tuscheln werden sie, aber ich bin zu alt, um mir etwas daraus zu machen. Am Ende frage ich nach There is a light that never goes out. Kennen sie nicht. Lernt das, sage ich zu ihnen. Lernt das. Dann schmeißen sie uns raus, wir sind die Letzten. Sind wir hier immer, sage ich zu einem und schüttle ihm die Hand. In seinen Handschuhen ist Sand.

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Ich verschlafe ein Gewitter, aber kein läutendes Telefon. Also wach, also raus, also also. Und es kommt, wie es kommen muß; ich hänge über dem Güllekeller auf einer Schaltafel und fummle einen Spanngurt durch den Haken am Rührwerk. Jetzt fallen, denke ich mir, aber das wäre dann doch recht kalt. Außerdem ist noch so viel zu tun, und als ich das gedacht habe, muß ich dann doch über mich selber lachen.

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Klauenpflegeseminar. Den Theorieteil am Morgen habe ich mir geschenkt, doch die Praxis am Nachmittag, die gefällt mir. Scharfe Klingen, sagt er. Immer und immer wieder. Und siebeneinhalb Zentimeter, fünfzig Grad, Innenklaue. Immer die Innenklaue, und ich mag ja Menschen, die ihre Meinung mit Feuer vertreten. Seine Verbände legt er mit großen Schwüngen an, und mit Unmengen von Klebeband. Nicht sparen, sagt er, und die Umstehenden nicken.

Rauchzeichen




pandora77   |   28.06.2009, 00:08   |  
Es ist, nach wie vor, immer wieder eine große Freude, hier (mit)lesen zu dürfen.

texas-jim   |   28.06.2009, 18:50   |  
Haben Sie Dank, Sie sind herzlich eingeladen.
Mitrauchen