Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 9. 03 10

09.03.10, 22:25 | 'Harrjah!'
Der Zimmerer, der Mechaniker und ich in den Gäuwinden. Der Quattro gräbt und kämpft sich durch, und irgendwann stehen wir drei in unseren heiligen Hallen, dem Werkzeughandel. Auf Paletten, in großen Kisten, und überall auf den Gängen Männer mit großen Händen und schmutzigen Hosen.
Auf dem Heimweg überall Scheinwerfer, und in den Kabinen Menschen. Kleine Welten, abgetrennt voneinander, und in unserer viel Wärme und Gelächter.

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Halt an der Tankstelle im Nirgendwo. Ein junges Mädchen bedient. Ich schaue mir die Tiefkühlkost an und witzle mit ihr, wie man das Zeug auf dem Motor zubereiten könnte. Wir kaufen ein, weil es heute sowieso keine Rolle mehr spielt. Ausgelassen, laut, zu dritt.
Als er losfahren will, rufe ich laut. Er bremst scharf, ich reiße die Tür auf und laufe zur Glastür. Eine Minute später bin ich wieder da, einen unbedruckten Kassenbon in der Hand.
"Name und Nummer?"
- "Jup. Sie hat gesagt: 'Ich hab' einen Freund. Nicht so schlimm. Und auch nur grade eben.'" Lachend fahren wir weiter, um irgendwo in einer Garage unsere Schätze zu sortieren. Den Zettel werde ich irgendwo verlieren.
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09.03.10, 17:57 | ''S isch wia bei de Maedle au'
Im Märzen der Bauer
sich den Arsche abfriert.
Zweistellig linksseitig heute morgen, 'zefix, das wird ja zur Gewohnheit. Dafür bin ich jetzt der schnellste Tränkebeckenenteiser südlich des Limes.
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09.03.10, 17:11 | 'Zerdrueckt'
Die liebevolle Todeasanzeige für Siggi von seinen Mitbewohnern im Wohnheim der Lebenshilfe. Keine von Verwandten. Ich blättere die Zeitung mehrmals durch. Nichts. Mehr werde ich von Siggi nie wissen.
Geschlagen verlasse ich das Haus.
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09.03.10, 14:28 | 'Das Auge des Betrachters'
Auf dem Frühstückstisch liegt ein Brief vom Dorfgymnasium, das auch ich einst besucht habe. Abgedruckt ist in einem Kasten ein einziger Satz, in rundlichen einzelnen Buchstaben. Es wird für morgen ein "A." angekündigt. Gespräche mit der Polizei werden geführt, es werden weitere Informationen versprochen, der Verfasser des Satzes wird aufgefordert, sich zu melden. Es drohe eine Hausdurchsuchung, die sehr kostspielig werden könne.
Was tun? fragt die Mutter, und ich denke kurz daran, wie schnell man ein System wie die Schule lahmlegen kann, und aus welchen Gründen. Ich denke an die möglichen Reaktionen, an die Folgen.
Dann denke ich kurz an mein Engelchen, und "Lasst sie zu hause". Der Idealismus wächst nicht nur mit der Entfernung zum Problem. Die Ideale können auch ganz andere sein.

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Vögel, Pferde und Muffins. Wie eine Frau die Menschen einteilt, in Updikes "Landleben".

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Ganz kurz nur auf der Ausstellung. Einer, der mit mir früher gefahren ist. Früher der Kompagnon war, der mich besänftigte. Jetzt beim Bauhof der Stadt, und sein leichtes Lispeln hat er noch. Er riecht leicht nach Bier, und ich denke, daß man sowas nie wertfrei wahrnimmt, sondern daß dieser Geruch nur den Zeiger der Waage weiter ausschlagen lässt.
Mit vierzig will er nicht mehr arbeiten, sagt er mit seinem andauernden Lächeln, seinen ausholenden Armen, seiner leicht vornüber gebeugten Haltung. Das reicht, wenn er nur zweiundachtzig würde.
Ich lächle und verabschiede mich, und vielleicht hat er für sich ja recht.

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Das Spielzeug kommt am Donnerstag.

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Mir träumt von gutem Werkzeug.

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Jetzt habe ich zwei Pakete bekommen. Am 23. wurde versandt, am 28. habe ich nachgefragt, am 5. wurde neu verschickt, heute sind beide Pakete da. 'Zefix.

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Am Sonntagabend tatsächlich gedöst. Glühend vor Körperwärme von der Stallarbeit gedöst. Ich werde wohl alt.

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"Die sollen einen Wintersporttag einlegen", sagt der Bauer mit seiner gewohnt schnellen Sicht für einfache Lösungen.

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Am Weltfrauentag stehen wir beide da, dick vermummt in der Kälte, um einen halbzerlegten, wütend fiependen Durchlauferhitzer der Tränkewasserzirkulation, mit einem Fläschchen Kaffeemaschinenreiniger, das wir aus der Speis gemopst haben, und sind ziemlich hilflos. Ging dann aber doch, wie so oft.

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Als ich vom Pflügen wiederkomme, frage ich nach Garbenseilen, und da wissen schon alle um die Häufen dicker Senfstengel, die ich mit den Scharen zusammengezogen und mühsam mit den Händen wieder herausgezerrt habe.

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Arbeit als Anstrengung. Nicht nur. Aber schon auch.

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Da stehen wir nun, der Freund und ich. Er redet ganz langsam, im schweren Zungenschlag unserer Sprache. Neun Jahre. Das Gefühl, etwas zu verpassen. Ich sage nicht, daß ich das nachvollziehen kann. Der Zeitpunkt, sagt er, und deutet hinaus ins Dunkel, wo das ausgebeinte alte Haus steht. Der Gedanke, man hätte alles gefunden, und dann verliert man alles. Der Schlaf. Das Kreisen um Gründe, um Möglichkeiten: um Lächerlichkeiten, keine von Belang.
Da denkt man noch an ganz andere Sachen, sagt er unvermittelt in die Stille. Seine Augen werden trüb, das Glitzern darin gefriert, wie mürbes Eis. Ich erzähle nicht von denen, die mich schon verlassen haben. Ich sage nur, daß davon nichts besser wird. Für niemanden.
Mehr kann ich nicht sagen und gehe.

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Die Gräfin am Telefon, sie erkennt mich sofort. "Hey Texaner", ruft sie, und da ist kein Fragen, warum ich an dieses Telefon gehe. Ich habe ihr ein Kalb, und eine halbe Stunde später fährt sie mit dem Lastwagen in den Hof. "Frau Viehhändler!" rufe ich ihr lachend vom Silo zu, wo ich die Folien unterm Schnee suche.
"Fahr doch mit", sagt sie, und warum nicht. Und so zuckeln wir durch die Gegend und reden, bestaunen die Sonne und die Gegend und den Schnee und sind uns einig, daß es nur hier, am schönsten Fleck, sich lohnt zu leben.
Ihr neuer Freund trägt eine Schiebermütze, gelbe Zähne und treibt die Kälber, die ich sanft bugsiere, mit wildem Rufen an.
"Alle Bauern sind Lumpen", sagt er wie einen Lehrsatz zu ihr, und "Viehhändler werden nur die, bei denen es zum Bauern nicht gereicht hat", sage ich ihm, und das trifft, sowas sehe ich ja mittlerweile.

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Als ich nach draußen komme, ist sie im Auto in der Sonne eingenickt.
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09.03.10, 12:30 | 'Keep on ploughing'
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