Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Samstag, 18. 06 22

18.06.22, 11:52 | 'Keep on ploughing'
Spät am Abend sitzen wir auf der hölzernen Bank unterm Vordach, uns gegenüber der alte, hagere Bauer und seine Frau. Ihr Sohn war unser Freund, und über meinem Bier sinniere ich, wie viele meiner Freundschaften wohl irgendwie übertragen sind, historisch gewachsen oder aus einer Zeit kommend, von der man nur noch sagen kann, daß unsere Familien stets gut miteinander waren. Wir essen warmes Fleisch und kaltes Brot und trinken das obligatorische Bier, zu dem wir noch immer aufgefordert werden am Abend, zeigt es doch den wahren Feierabend an. Neben mir schläft ein Bub halb über seinem Teller ein, hinter uns erscheint das letzte der Pferdemädchen auf dem Fahrrad, um sich zu verabschieden. In der Scheune duftet das Heu, es knistert noch in den Großballen, in die es hektisch gepresst wurde, verladen und transportiert und endlich im Trockenen hoch aufgestapelt sucht es eine bequeme Position am neuen Platz. Der kleine Teleskoplader steht daneben, geradezu winzig vor den riesigen Ballentürmen, wie auch wir klein werden sollen vor der Summe dessen, was wir geschafft und geschaffen haben. Angehäuft haben, vielleicht, doch sind alle Anhäufungen nur wie das Heu, das wartet auf den Winter, auf die Hungrigen, die es zu nähren gilt, das noch einmal Arbeit erfordert, den Haufen zu teilen und aufzulösen, das eingeteilt werden muß, bis wieder ein Sommer kommen mag. Ich trinke einen letzten Schluck Bier und sehe den Bauern zur Geldbörse greifen. Der Freund und ich erheben uns wie ein Mann, und vielleicht macht uns diese Gleichzeitigkeit im Denken schon über so viele Jahre zu Freunden. Wir wehren die Scheine ab, klemmen sie unter die leeren Flaschen auf dem groben Tisch. Heute habe ich wieder einmal Freunde angerufen, bei denen ich allzu oft schmerzhaft ins Leere rufe. Wir denken beide an den einen Freund, der nicht mehr antworten kann, wir schauen nach oben in die sternklare Nacht, wie wir das seit altersher tun, wenn wir einen dieser Freunde anrufen, mit der Arbeit unserer Hände, mit dem Schweiß im Gesicht, mit dem einzelnen Klirren der Flaschen beim Anstoßen. Wir haben eins getrunken auf Dich, und wir freuen uns daran, und viel näher komme ich einem Gebet wohl nicht mehr, aber vielleicht wird dieser unser Ruf ja trotzdem erhört. Ich laufe über den Hof, durch die Dunkelheit in Richtung des stillen Stallgebäudes, über die warmen Steine. Auch hier knistert noch das Heu. Wer weiß schon, ob wir den Haufen noch brauchen, noch füttern können. Wir heben die Arme zum letzten Gruß, als wir in unsere Fahrzeuge steigen, und wir passieren langsam den alten Bauern und seine Frau, sitzend unter dem Vordach in der nachlassenden Wärme des Sommerabends vor all dem Heu, das uns durch einen weiteren Winter bringen soll.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Montag, 14. 05 18

14.05.18, 23:41 | 'Keep on ploughing'
Ich glaube, so ganz freiwillig habe ich das Alleinsein dann doch nicht so ausgiebig gelernt.
# |  1 RauchzeichenGas geben

Freitag, 4. 03 16

04.03.16, 17:39 | 'Keep on ploughing'
Wir sind am Werkstor verabredet, und ich komme von einem frustrierenden Schreibtischtag voller ungewollter Infs und NaNs, mit der Gewißheit, daß es nicht reicht, daß ich nicht reiche, daß es Juni werden wird, auch wenn ich alle Nächte arbeite, und Du kommst von einem netten Gespräch mit einem, der wirklich was zu sagen und wirklich was zu erzählen hat. Sieht wie ein Traumjob aus, denke ich etwas neidisch, als wir im Auto durch die Stadt fahren. Aber daß es nur so aussieht, weiß ich natürlich.
Wir schauen uns Möbel an für Deine neue Wohnung, und ich wundere mich, wie lange ein Teppich braucht und wie wenig Zeit eine Couch. Ich kann nicht so gut mit Möbeln, glaube ich. Aber wir sind uns einig mit den Gartenmöbeln und mit der ramschigen Anmutung mancher Schränke.
Ich wundere mich selbst, wie ich mittlerweile ansprechen kann, was mich bewegt. Ich denke immer noch sehr lange nach, aber ich spreche auch. Nicht im Auto bitte, sagst Du, und ich nicke. Wir parken irgendwo im Parkverbot, laufen die stadttypischen Treppen hinunter in eine der Kneipen, die teuer und laut sind und sich allein dadurch gern für weltstädtisch ausgeben. Wir essen Salat und Couscous, und nach der Hälfte tauschen wir die Teller. Ich trinke ein Bier zum Essen, ich breche mein Fasten, ich werde die Watte im Kopf noch brauchen, fürchte ich. Wir reden und trinken noch eins. Du drückst Deine Hände zwischen die Rohre des Heizkörpers neben Dir. Irgendwann, ich denke gar nicht recht drüber nach, ich folge einfach dem Fluß des Gesprächs, frage ich noch einmal. Ich wiederhole, was ich mir denke: Daß ich verstanden werden will von denen, die ich mag. Daß ich gern nicht verstanden werde von denen, die mir egal sind. Daß ich umgekehrt auch verstehen will. Daß ich nicht mehr weiß, wo ich jetzt bin zwischen dem "Mach bitte weiter" und dem Gefühl, daß Du Dich entfernst. Deine Augen schimmern, Du blinzelst Tränen weg. Ich nehme eine Deiner Hände, der Heizkörper hat sie nur außen angewärmt, von innen drückt Kälte nach, und ich versuche, die Wärme zwischen unseren Händen einzuschließen. Dein Telefon blinkt, und einmal vibriert es. Ich kenne selbst die Namen schon, die auf dem Bildschirm erscheinen. Da war was, sagst Du. Da war jemand. Vor einem halben Jahr. Zehn Jahre lang. Und dieser nächtliche Kaffee neulich. Du bist nicht drüber weg, Du weißt nicht, ob es war oder noch ist.
Ich stecke das weg, ich weiß nicht, warum. Ich taumle nicht, ich schwanke nicht einmal sonderlich, als ich zur Toilette gehe. Nur nicht in den Spiegel sehen jetzt. Ich gehe zurück und atme tief ein. Ich breche mir jetzt selbst das Genick, sage ich, und so fühlt es sich auch an. Ich wußte nichts. Ich will Dir nicht wehtun. Ich will nicht, daß Du Dir wehtust.
Übersprungshandlung soll ich also keine sein. Verletzt soll ich nicht sein. Ich presse mir ein Lächeln ab, vielleicht ziehe ich es auch mit den Händen ins Gesicht. Ich muß ja den Kopf sowieso festhalten. Genickbruch. Nein, sage ich. Mach Dir keine Sorgen, ich verletze mich selbst. Ich weiß nicht mehr genau, was ich noch alles sage, aber es klingt sehr sinnvoll, denke ich. Ich kann mir fast selbst glauben, ich weiß nur nicht mehr, was ich sage. Ich beschwöre meine Zähigkeit, als wäre die irgendjemandem was wert.
Die Musik ist schon aus und die Gläser sind geputzt, als wir aufbrechen. Ich nehme Dich in den Arm, glaube ich. Mit gebrochenem Genick bestehe ich nur noch aus Glauben. Wir holen noch meinen Rucksack aus dem Auto, und vor Deiner Tür sehe ich auf mein Telefon. Die nächste Bahn fährt um fünf. Das wird ein langer Marsch, sage ich, und Du sagst nichts. Öffnest die Haustür, gehst die paar Stufen nach oben. Die Wohnungstür. Komm. Ich stehe im Flur. Ich kann auf dem Sofa schlafen, sage ich. Das steht unschuldig in der Ecke und ist voller Papiere. Bücher, Dokumente, Drucksachen. Dann steige ich die Leiter hinauf, Dich im Arm schlafe ich ein und wache von Deinem Wecker wieder auf, Dich im Arm. Ich streiche Dir über den Rücken, dann stehen wir auf. Das Bad ist besetzt, wir stellen uns an den Herd und schauen dem Kaffee zu. Dein Kopf an meiner Schulter, und wenn Du Dich anlehnst, dann hält plötzlich mein Genick den Kopf wieder hoch. Auf dem Sofa trinken wir Kaffee. Es ist still, Dein Kopf liegt an meiner Schulter. Ich muß, sage ich, als müsste ich.
Am Bahnsteig lese ich Deine Nachricht.
Ich antworte mit den Helden. Ich weiß um Deine Monster, schreibe ich. Ich trag Dich, so weit wie ich kann.
Kannst Du mein Monster halten, fragst Du.
Ich sang die ganze Zeit von Dir, antworte ich mit einer ganzen Strophe. Ja, ich kann, schreibe ich noch.
Dann sind wir still. Ab und an schwillt das Entsetzen in mir an, erdrückt mich von innen, presst mir das Herz an die Rippen, drückt mir den Kopf vom gebrochenen Genick. Mir wird übel vom Bier, vom leeren Magen, vom Ensetzen. Ich denke dann, daß Du noch nicht drüber weg bist, daß es noch nicht vorbei ist. Ich halte dann die Luft an und drücke gegen das Entsetzen an. Ich habe Dir den ganzen Weg versprochen, sage ich mir. Ich habe mir meine eigene Zähigkeit eingeredet. Und was ich ganz vergessen habe: Ich kann so furchtbar schlecht nachgeben. Dann mal los.
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Sonntag, 30. 08 15

30.08.15, 13:36 | 'Keep on ploughing'


Dieselliebe.

Und an irgendeinem Abend, da bricht etwas. Ich schweige nur noch. Und dann gehe ich. Wir entschuldigen uns, aber das richtet es nicht. Ich mache eines dieser Bilder, an denen mein Herz hängt, und lange halte ich den Finger über dem Telefon, aber ich schicke es Dir nicht. Es ist zerbrochen.
Ich habe Dich immer noch sehr gern, sage ich, und dann fehlen mir zu allem die Worte. Ich möchte Dir nicht mehr offenbar werden, nicht mehr verbindlich, nicht mehr begeistert.
Vielleicht ist das besser so, sagst Du. Ich schaue in den Vollmond dieser klaren Nacht, ich bin sehr müde und sehr erfüllt davon, wie aus den Befehlen meiner Finger, meiner Arme und Beine die Arbeit so wird, wie ich sie haben will. Ich habe die Sprache der Maschine nicht nur verstanden, ich beherrsche sie. Ich throne in der Kabine und erteile Befehle an Knöpfen und Hebeln.



Ich beherrsche eine Sprache, ich erledige eine Arbeit, ich freue mich an Abläufen. Ich schalte das Funkgerät ab an diesem Abend, und das Radio ganz leise. Nur das Rauschen der Lüftung, das Konzert des Motors, die Antworten des Getriebes.
Du sagst etwas, und ich sollte reagieren. Ich weiß auch, wie ich reagieren sollte. Allein, ich bin müde. Ich sortiere die Antworten durch, siebe die Freundlichkeit heraus, trockne und wische und poliere die Antwort, bis sie glänzend und leer ist.
Ja, sage ich. Und nein.
Es liegt nicht an Dir, denke ich. Ich bin falsch. Ich bin falsch an Dir, und ich möchte mich korrigieren.



Es ist Zeit für den Herbstnebel. Es ist Zeit für kleine Schritte. Zeit für Schritte, Zeit, um aufzustehen und zu gehen. Zeit, um lang zu schauen und kurz zu sehen.
Du stößt noch einmal zu und zielst auf den Punkt zwischen Machen und Mitmachen. Du kennst mich gut, denke ich. Ich weiche nicht aus. Ich mag verletzlich sein, aber verwundbar bin ich nicht. Es ist Respekt vor Dir, der mich nicht ausweichen lässt - Du sollst Deinen Schlag haben. Und es ist der Glaube an mich, der mich nicht ausweichen lässt. Ich kann das ertragen.
An der Tankstelle fülle ich Diesel nach. Stelle die Maschine in der Halle ab und ziehe das Tor zu. Es ist warm draußen. Ich mache einen Schritt. Ich antworte nicht mehr.
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Donnerstag, 26. 06 14

26.06.14, 12:24 | 'Keep on ploughing'
"Du gehst in jedem Geschirr," sagte der alte Bauer neulich, und bedankte sich für das Vergnügen, mit mir zu arbeiten.
In allen Geschirren zu gehen. Mein Stolz und mein Untergang. Meine ebenso katholischen wie calvinistischen Vorfahren, die ich in mir in eine ganz andere Welt trage. Ich wäre leichter ohne euch. Aber das wäre nicht ich.
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Sonntag, 20. 01 13

20.01.13, 17:50 | 'Keep on ploughing'

Samstags.


Ein Händchen für Maschinen.


Ackerparty. Schlepperdisco.
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Dienstag, 11. 12 12

11.12.12, 17:58 | 'Keep on ploughing'
Noch zehn Tage bis zur Sonnwende. Viel dunkler kann es also nicht mehr werden.
Außerdem: heute morgen erstmals die Heizung eingeschaltet. Muß also schon Winter sein.
Und: Internet über den schicken neuen Router und via Mobilfunk ist genauso lahm wie Internet übers Telefon via Mobilfunk. Wer hätte das gedacht? Die Wohnung bleibt also weiterhin internetfreie Zone, der Router befüllt in Zukunft Omas Bilderrahmen mit Internetanschluß. Heja Welt, olé.
Noch was: Ich werde am Freitagabend in einen Bus steigen, der voll mit den Leuten ist, mit denen ich am liebsten in einen Bus steige.
Dann: Stall, Hof und Forst, Weihnachten, Hochzeit, Neujahr. Wird Zeit. Aber sowas von.
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Sonntag, 9. 12 12

09.12.12, 16:45 | 'Keep on ploughing'

Der Dampf aus den Furchen.
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Donnerstag, 8. 11 12

08.11.12, 09:55 | 'Keep on ploughing'
Und dann sitzt man da und lässt sich Pädagogik erklären. Von Begeisterten höre ich mir ja alles an, und da ist jemand begeistert und erzählt von der Idee, der fehlenden, und der Leere und dem Herumirren, von all dem, was ich an mir so kenne, wenn ich tüftle und um ein Problem schleiche, weil ich nicht heranreiche, nicht durch das Gitter meiner Gedanken greifen kann; ein unangenehmes Gefühl, ein erniedrigendes, ein schlechtes, durch und durch; und plötzlich sehe ich die Pädagogen ganz anders, was ich bislang nur wusste, erfahre ich jetzt, fühle und denke mit und freue mich Heureka! über die Lösung, die mir stolz präsentiert wird, denn ich kenne den schweren Weg zu solch luftigen Lösungen, die mir oft genug nicht gelingen, wo doch Kompromisse das trockene Reisbrot des Ingenieurs sind, anstatt der verbindenden Lösungen, die wirklich lösen, Probleme, Zielkonflikte, alles; und ich strahle, weil ich das alles sehen kann und mich mitfreuen, mitsuchen, mitfiebern, wie andere Leute Krimis lese ich Probleme, und wenn dann der Jungstraum des Ritters alles löst, oder der Rechenbaum, der sich dem Können anpasst, dann ist das alles neu und groß für mich, und Ideen anzubeten, dazu bin ich ja immer gern bereit.
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Mittwoch, 17. 10 12

17.10.12, 13:10 | 'Keep on ploughing'
Und jetzt noch einmal das Drama des Fünfzehnjährigen. Auf die Zähne beißen. Noch einmal einen Hof auf die Schultern nehmen. Noch einmal Übermensch. Nur einmal noch, bitte.
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