Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 10. 03 10

10.03.10, 17:04 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Am Morgen wollte ich länger schlafen als seit langem. Kein Stalldienst, keine Prüfung. Ich wusste das. Mein Wecker nicht. Aber wach ist wach, und "Daylight is burnin'!" brüllend - aber leise - hüpfte ich aus dem Bett, um erschrocken festzustellen, daß ich nichts sehen konnte. Kalte Winternächte, in denen selbst ich das Fenster schließe und den Rolladen herunterklappern lasse, enden immer so. Ich taumle also im Dunkeln in Richtung Badezimmer. Der bloße Zeh findet die Kälte affig und den Türrahmen mit Schwung. Trotz Dunkelheit.

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Ich bin noch gar nicht wach, als ich den gewohnten Weg zur Arbeit nehme. Dabei arbeite ich heute nicht, aber den gestrigen Weg zum Lagerverkauf traue ich meinem Orientierungssinn und meinem Heckantrieb nicht zu. Die Schneewehen sind schließlich über Nacht noch gewachsen, und der Allradler ist leider nicht meiner. Ein Glück, ich mag eh keine roten Autos.

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Gestern nacht noch so schön mit Drall um die Kurven, weil man dort mutig ist, wo man zu hause ist. Und es kommt, wie es kommen muß, irgendwann macht die Straße einen Bogen, das Eis eine spiegelnde Fläche, den Rest macht der pulverfeine Schnee, und ich stehe bis über die Motorhaube bedeckt in einer Wiese. Knarrend bleibt der Scheibenwischer stehen, und was soll ich schon tun, als zu lachen?
Mit Mühe schiebe ich die Tür auf, und der Hinterreifen spritzt ein wenig Schnee herein. Als er sich nach unten gräbt, kommt Dreck dazu, aber "Dreck macht Speck" hat meine Oma immer gesagt, und damit habe ich ja im Moment auch ein Problem.
Ich gebe auf und sondiere mein Telefonbuch. Alle sind weit weg, bei der Arbeit, nicht in der Lage, mich hier zu finden oder auf dieser Eispiste überhaupt her zu fahren, oder ich will sie nicht anrufen oder alles zusammen.
Ich rufe den Vertreter an, der ein Dorf weiter Schlepper verkauft.
"Ich will einen von euch probieren!"
- "Gern, welchen denn?"
- "Hm. Ein kleiner tut es mir heute."
- "Heute?"
- "Genau genommen jetzt. Dauert auch nicht lange."
- "Was soll das heißen?"
- "Zugleistungsprüfung. Bring ein Seil mit. Ich stecke hier im Schnee fest."
Er lacht und ist zehn Minuten später da. Nur auf die Rundumleuchten hätte er gern verzichten können, aber ich hab ja sonst auch nichts dagegen, wenn man mich beachtet. Egal.
Minuten später stehe ich wieder auf der Straße, und vom Malheur kündet nur noch eine Spur, die am Anfang schmal und am Ende sehr breit ist, weil sich der Beemes offensichtlich nach der Straße umgesehen hat. Wo ist die denn hin? wird er sich gedacht haben. Der Schneewall ist auch nett, man sieht die Kontur des Wagens bis hoch zum Fenster. Hat man ja sonst auch nicht so oft, denke ich, und setze auf den Wind, der die Spuren schon verwischen wird. An Tauwetter glaube ich ja schon gar nicht mehr.

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Der Vertreter will kein Trinkgeld, also rufe ich den Chef an und berichte. So kommt der Chef zum ersten Lacher des Tages und der Vertreter heute noch zu einem Tässchen Kaffee. Daß ich den Chef geweckt habe, weil er die ganze Nacht Schneewehen beseitigt hat: Kollateralschaden. Hätte er die hier aufgeräumt, wäre ich nicht abgeflogen, hätte mich nicht bergen lassen müssen, wäre er nicht von mir angerufen worden, hätte weiterschlafen können. Gut, es sind dreißig Kilometer bis zu seinem Revier, aber trotzdem.

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Noch einmal Werkzeug, und ich noch einmal Kind. Wie immer also, und am Schluß verzichte ich auf den Nussenkasten in Dreivertelzoll und nehme stattdessen eine Bügel- und eine Japansäge mit. Bäume schneiden statt große Schrauben drehen. So hängt man halt an den Jahreszeiten, und ich werde mich sicher noch darüber ärgern, aber irgendwann ist gut und das Geld alle, und der Verkäufer schaut auch schon komisch. Immerhin schenkt er mir einen magnetischen Bithalter. Ich stehe in der Tür und drehe den Bithalter in den Fingern: Ich habe noch gar keine Bits dazu.
Nein.
Alles in den Kofferraum, dann habe ich auch mehr Druck auf der Treibachse. Das Geld wiegt wesentlich weniger, und es geht ja nichts über Gewicht, also habe ich ja alles richtig gemacht.

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Auf dem Weg in die große Stadt werde ich nicht geblitzt und tanke für sieben Pfennige - also diese neumodischen Pfennige, die ganz anders heißen - weniger als an allen anderen Tankstellen auf dem Weg. Mit den Tankstellen scheine ich gerade Glück zu haben.

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Seither Büro und Strömungsmechanik. Nun gut, genaugenommen habe ich viel palavert und viel Kaffee getrunken und viel gebettelt, damit meine Programme repariert werden. Jetzt startet alles, auch das, was mein Fehler war, man kann ja auch mal einen Namen falsch eingeben, sowas muß man ja mal durchgehen lassen als Computer, Mensch!
Und meine Geometrie habe ich auch in irgendeinem Verzeichnis wiedergefunden, und deswegen gehe ich jetzt nach hause und träume davon, meinen Werkzeugwagen neu einzuräumen und mein Werkzeug in signalorange anzupinseln. Nur gegessen habe ich noch nichts. Aber man kann ja nicht alles haben.

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Und wenn ich nur ganz kurz so Tagebuch, dann kommt sowas wie hier heraus. Kein Satz vollständig, dieser Satz kein Verb, und trotzdem eine halbe Stunde weg. 'Zefix.
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