Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Freitag, 15. 01 10

15.01.10, 17:26 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Während ich vor dem Betonbunker, den sie Mensa nennen, weil es zur Kantine wohl anständige Portionen bräuchte, warte, denke ich mir diesen Schachtelsatz aus, und mag die Universität immer noch nicht.

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Unser Arbeitsraum, unsere Kaffeeküche im Schrank.

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Die junge Frau, die sich bedankt, weil ich ihren Kinderwagen durch den tiefen Schnee getragen habe. Ihr warmes Lächeln gegen meine kalten Zehen.

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Ein Auto hält an, mit französischem Kennzeichen. "Excusez-moi", klingt es von drinnen, und ich bin sowas von auf Englisch gepolt heute morgen, daß ich kaum ein "Bonjour" zustandebringe. "Kreuzung", "Ampel", all die Vokabeln habe ich vergessen. Rechts und links bringe ich auch immer durcheinander, und ich habe wirklich keine Ahnung, was "Stadtteil" auf Französisch heißt, oder wie man den Standort der Hochschule denn aussprechen könnte. Gelb und Blau weiß ich noch, also erkläre ich die Bedeutung der Straßenschilder, und Kreuzungen lassen sich ja ganz famos durch Handzeichen andeuten. Zwei aufeinandertreffende kalte Hände im rechten Winkel, und den lautmalerischen Unfall verkneife ich mir im letzten Moment. Ich wünsche noch einmal einen schönen Tag und gehe von dannen, über die Schneewehen springend, während die beiden Franzosen im Auto sich auf den Weg zur Autobahn machen. Autobahnen sind ja überall, kann so schwer nicht sein.

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Zugegeben, ich hatte die Einladung nicht gelesen. Ein Word-Dokument in seltsamer Schrift und unfassbarer Farbe. Ein Dreißigster. In Ordnung. Aber daß ich nun hier sitze, eine gute Autostunde entfernt, und feststelle, daß die Einladung bereits auf vier Uhr nachmittags angesetzt war, das überrascht mich dann doch. Verstohlen schaue ich auf den Titel: Dreißigster Geburtstag, sogar als Zahl und ohne Punkt, denn wer hat heute noch die Zeit? Kein Hundertster, zum Glück.

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Eine Nummer auf dem Schirm, die mir nichts sagt. Dran sind zwei, die ich nicht mehr erkenne. Erinnert mich an die Telefonkonferenzen in der Firma, mit den kleinen Handgeräten auf dem Tisch, und drumherum den Durcheinanderredenden.
Tatsächlich.
Wir hatten doch diesen Antrag. Und da war Amerika. Der Vize. Und jetzt wäre es schön - also, falls Du noch möchtest.
Natürlich möchte ich, und erst jetzt merke ich, wie mir das Arbeiten gefehlt hat.
# |  Rauchfrei | Gas geben


15.01.10, 17:12 | 'Harrjah!'
Eine junge Frau mit einem Klemmbrett vor der Bibliothek. Auf der Suche. Ich hastig an den Menschenmassen vorbei, grummelnd durch den Schnee stapfend, weil mir der Weg versperrt ist. "Kauft euch ordentliche Schuhe", brumme ich, und "Jetzt habt euch nicht so wegen nasser Füße." Aber womöglich sind es nur die Salzränder auf den Stiefelchen, denke ich, und das hilft mir auch bloß beim Grummeln.
Die junge Frau sieht mich an. "Darf ich Ihnen etwas über unsere Fördermöglichkeiten erzählen?"
Entgeistert sehe ich auf. Hängts an der Jacke, der Mütze, den schweren Schuhen oder der fadenscheinigen Lieblingshose? Und was genau bringt sie zu der Annahme, jemand könnte mitten im Winter bei ihr in einer Pfütze stehenbleiben, um sich über Fördermöglichkeiten zu unterhalten, seine Telefonnummer herauszurücken und irgendwann festzustellen, daß man selber bloß die Telefongesellschaften gefördert hat? Sie sieht mir das an, und ihr wird sichtlich unwohl. Vielleicht zieht es auch nur unter ihrem dicken Mantel, möchte ich glauben, und antworte mißmutig: "Wie kommen Sie denn nun auf mich, der ich am schnellsten von allen durch den Schnee torkle?"
"Ach", sagt sie treuherzig, "wir suchen gezielt nach Erstsemestern."
Ich wende mich ab und stapfe weiter. Mein Grinsen soll sie nicht auch noch sehen.
# |  Rauchfrei | Gas geben