Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 26. 08 09

26.08.09, 16:16 | 'Minimaler Blauanteil'
Spät am Sonntagnachmittag sitzen wir vor dem Haus auf der hölzernen Bank, und dieses Mädchen, aus dem ich so gar nicht schlau werde, neben mir, aber schlau bin ich ja noch nie geworden. Die Sonne scheint mich schläfrig, und irgendwann lege ich den Kopf in die ölverschmierten Arme und schlafe davon, während sie mich hält und stützt und unentwegt redet mit den anderen, weil das Schweigen mich wecken würde. "Bei den Mädchen einschlafen, der kann ja nicht verwandt sein", lacht der Bauer, der großartige, der Waldfred, den ich so verehre für seine Gradlinigkeit, seine klare Sicht und seine Kraft, ihn, der immer reagiert, wenn alle konsterniert sind, der entscheidet und macht und alles mit Grund, und dabei nie den Spaß verliert und das Lachen im Bart und in den Augen. Und ich kippe zur Seite an eine Schulter, die dreckigen Grubler rutschen von der Tischplatte, und sie hält mich noch lange, lang genug, bis es Kaffee und Kuchen gibt und die Bäurin kommt und lacht über den Bub, der sich so geplagt hat und jetzt, jetzt in der Sonne, zur Ruhe kommt.
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26.08.09, 16:04 | 'Heller als tausend Sonnen'
Ich erzähle von dem neuen Motorrad, das durch mich hindurchgeistert, den ganzen Sommer schon. Warum, fragt sie, und mir fällt nur das lapidare Schönsterben ein, also Sterben in Schön, wenn schon denn schon, und "Lieber tot und cool als lebendig und uncool", weil ich früher so Motorrad gefahren bin und früher immer alles besser war. Sie schiebt die Brauen hoch, und darin ist so wenig Böses und so viel Unverständnis, daß mir plötzlich wieder einfällt, wieso ich dieses Mädchen mal geliebt habe, und dann fragt sie, was ich zum Begräbnis haben möchte, und das ist ein sehr stiller Moment, weil das alles sehr scherzhaft war bis jetzt, und uns beiden fällt auf, daß man die Wahrheit manchmal nur im Scherz sagen darf, und ich überlege kurz, die anderen warten.
Eine Fichte, sage ich schließlich. Buchen dauern mir zu lange, und Eiche wäre vorbelastet, denke ich. Mammutbaum wär wohl zuviel und die kalifornische Zeder, die ich gern gehabt hätte, kann ich nicht einmal von einer normalen unterscheiden, und sowieso sind ja Fichten wie Zedern Kiefern, aber das habe ich auch eben erst gelesen. Außerdem bin ich im Januar zwischen Fichte und Kirsche grade mal so davongekommen, was man aber der Fichte so gar nicht anlasten kann, ich hab sie ja auch umgesägt.

Sie lacht nicht mehr, sie lächelt milde und verspricht mir die Fichte. Aus dem eigenen Wald, und auch ich lache nicht mehr, wir sehen uns nur an. Plötzlich weiß ich, daß sie dieses Versprechen halten wird, daß sie sich erinnern wird, und lächeln, und bei der Leich' wird sie die Stimme erheben und zum Besten geben, wie es denn zur Fichte kam.
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26.08.09, 12:22 | 'Zerdrueckt'
Hätt' ich Tränen, wär's heut zum Heulen.
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26.08.09, 12:02 | 'looking at the world over the rim of my tea cup'
Gänsehaut.
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26.08.09, 10:44 | '19th nervous breakdown'
Während er neben mir steht, nimmt er sich eines der Werkzeuge der Schreibtischtäter, meinen schwarzen Locher, und spielt damit, trommelt damit auf meinen Papieren, begutachtet ihn, und dafür möchte ich in aus dem Fenster werfen, wenns geht. Danke.
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26.08.09, 10:42 | 'Egalitaeten'
Die Eifersucht um den Fahrersitz.

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Wie er trotz allem danebensaß, stundenlang. Und erneut, an einem anderen Abend.

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Wie er nicht ans Telefon ging, und dann anrief. Ich kann ja nicht böse sein, allein der Versuch schmerzt mich zu sehr.

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Daß ich tatsächlich bewahre, komprimiere, was ich so mag.

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Auf dem Heimweg eine Reiterin, erst auf, dann neben dem Pferd. Sie zieht und zerrt, und ich kann nicht leiser, nicht kleiner, und langsamer wäre sicher nicht hilfreich. Der Gaul steigt, ich sehe das Auto schon in Trümmern, da reiße ich mit dem Vorsatz schon auf der Gegenseite einen Ast vom Baum. "Der Vorsatz kostet mehr als ein Auto", schimpft der Bauer, und was kümmert es ihn.

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In irgendeiner kleinen Hütte, im Anbau, die Sparren sind starke Dachlatten, und drumherum Folie, irgendwo wächst ein Busch herein. Das holzspaltende Mädchen in der Ecke beim Kartenspiel, und ich suche den Zauber, den sie mir einst hatte. Sie winkt, und ich glaube jetzt, ich wollte ihn nur nicht sehen. Ich setze mich zu ihr, und wir spielen Gaigel. Immer wieder verschwindet sie kurz, und mit ihr das Licht, und da ist der Zauber auch schon.
Ihr Bein reibt an mir. Ich zucke zurück.
Wie gehts, was machen die Haare, und sie streicht mir über den Kopf. Wieso seid ihr euch so ähnlich, und das wärmt mich so.
Wie gehts denn Dir, wehre ich ab, und daß alles nichts mehr ist, weil nichts alles ist, sagt sie. Der Vetter, nach dem kam nichts mehr, und das trifft mich sehr, denn sie bricht ihren Bann selbst. Soll ich ihn verprügeln, biete ich ernsthaft an, und da stehe ich dann, Geh hin, geh hin, und er wehrt ab. Tanz, tanz mit mir, und ich schwinge sie herum, auf den Waschbetonplatten, und weil das außer uns keiner tut und keiner kann, schauen sie, denn sie ist immer noch Zauberin, und ich halte sie, ihre schmale Taille, die schon am Rücken hervortretenden Rippen, und diese Schmalheit tut mir fast weh, und die Schritte verweigern sich, doch wir geben nicht auf, bis er schaut, und widerwillig tut er dann doch, und ich höre sie noch fragen, wie viele er unglücklich gemacht hat, und da wird sein Lächeln sehr trübe, doch er gibt es nicht auf. Die beiden reden, stundenlang, während ich an der Bar stehe.
Eine geht, mit einem, ich hätte das beiden nicht zugetraut, und tänzelnd kommt er wieder herein, und irgendwie widert mich das an, doch vielleicht ist es nur der Neid. Sie wischt mit dem Ärmel über den Mund, als sie hereinkommt, um mir zu erklären. Geduldig höre ich zu, und verberge meine Abscheu, doch weiß ich nicht, wozu - ich weiß es schon, doch dies zuzugeben, ich müsste mich vor mir selbst ekeln, also erwehre ich mich ihrer, wie sie sich an mich drängt, und wieder zwinge ich mich, anstatt mir nachzugeben, und wieso ich das nicht kann, das macht mir zu schaffen, so sehr. So sehr, daß ich draußen stehe und hinab auf die Dörfer schaue, wo die Straßenlaternen stoisch das Nichts erhellen, wie ironisch, daß sie zu sehen sind, die nur im Sinn haben sollten, anderes sichtbar zu machen, und doch aus der Ferne -.
Ich bin betrunken, das ist nicht schlimm. Eine Blonde da drüben, sie ist hübsch und sitzt so, und ich lächle ihr irgendwann zu, vielleicht meine ich das auch nur, und da kommt einer und küsst sie und ich beglückwünsche mich und ihn und sie und weiß doch nicht, was ich da überhaupt tue. Kein Schnaps, wehre ich ab, ich möchte heute langsam ersaufen, dabei könnte ich schwimmen, treiben, segeln, fliegen, ach was.
Ich setze mich zu den beiden, ich bin unsichtbar, und ich bitte nur, ach was.
Wir gehen und lassen sie da. Soll sie andere verzaubern, es ist halb fünf und niemand mehr da. Mit dem Licht verschwindet der Zauber.

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Wie lange schon nicht mehr auf diesem Sofa, wo ich so zu hause bin, und wieso komme ich mir alt vor?

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Schrauben, schrauben, ich habe das alles noch nie gemacht. Die Gegenschneide fehlt, und sowieso hält sich außer mir niemand an das Handbuch.

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Ein Drehmomentschlüssel, und was für einer.

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Glück, Glück, die neue Gegenschneide passt, auch wenn die Messer an der alten eingestellt wurden. Wir schleifen die Ungenauigkeit ab, und als ich zum ersten Mal die Hauptkupplung schließe, schaudert mich. Der Achtzylinder schüttelt sich, die Lastanzeige schießt nach oben und fällt wieder, die Riemen rennen um die Scheiben und die Druckrollen, das Öl vibriert vor Spannung in allen Leitungen, und oben ich im Glaskasten, Drehzahl, Drehzahl, Vorsatz freigeben und einschalten. Behäbig reversiert der Einzug, und schnell und immer schneller läuft die Zahnkette, laufen die Messer, und die Trommel spuckt wieder Funken aus, als ich den Schleifdurchgang starte.

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Sonntags Kalibrierarbeiten.

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Da fängt das Leben doch erst an, sagt er. Und ich sitze und denke, daß das am Weg liegen muß, am Standard. Und daß ich nicht weiß, ob ich nach all den Schlenkern und Querfeldeinrennen zurück kann auf diesen Weg, der zum Haus führt, zu Frau und Kind, und zu einer Arbeit, des Verdienstes wegen, der Glück nach Feierabend erlaubt. Den Weg zu verlassen, das Glück zu suchen, womöglich kein Weg zurück.

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Dabei bin ich so engstirnig, so ungeschlacht, so kurzsichtig, ich käme nie auf die Idee, nicht einmal auf die!, woanders zu wohnen, zu suchen, ich wäre stets hier und zufrieden damit, weil unbelastet. (Überhaupt belaste ich mich nicht mit dem Gemeinen. Einkaufen, was und wann denn? Ich esse bei Freunden, im Büro oder nichts. Ich trage Schuhe, bis sie durch sind, und dann noch zwei, drei Paar Socken weiter. Ich brauche so wenig, und kaufen fällt mir so schwer. Nichts hätte ich, nichts und nichts, gäbe es den Versandhandel nicht, für den Konsum, für Bücher und Musik, und was brauche ich sonst?) Ich könnte das gar nicht, den Weg verlassen, womöglich einen anderen suchen, das Herumstreunen, das Schwingen und Treibenlassen.

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Dienstagabend erst erfahre ich, was ich verpasst habe am Wochenende, und was sie verpasst haben, kann ich nicht erzählen.

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Das Jahr der Trennungen hat einer ausgerufen, schwer angeschlagen im Winter, und bemüht, sich das nicht anmerken zu lassen, wie er sich gewöhnt hatte, und trotzdem gefreut, und nun stand er da, auf einem Bein nur, allein nach gemeinsamem Urlaub. Dann der, vier Jahre Kampf und Mühe und Fahren und Machen und nichts. Jetzt einer, der stets so gelassen war, und noch einer, dem ich das alles gegönnt habe, und da sagt einer, wie wir so sitzen, daß er nur geglaubt hätte, ich bliebe übrig, und ich drehe wieder einmal die Flasche in meinen Händen, schaue durch das Glas in die verzerrte Welt, ich weiß doch selbst nicht.

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Inmitten der Fliegen sitze ich im Melkhaus am Rechner, und da ist die Zeit weg.

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Was ist Zeit, wenn man auf Mais umrüstet, und ist es sinnvoll, Dinge zu suchen, die die Zeit verdrängen?

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Das alles ist, und etwas fehlt, der Engel, ich erwähne nur, um mein Unverständnis kundzutun, was weiß denn ich, ich wollte mich doch nicht aufdrängen, und bis zu jenem Punkt schien alles gut zu sein, und verzeihen Sie mir, verzeihen Sie mir die Nebensätze, es springt eben alles, und nichts lässt sich fassen und beenden.

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Ins Ausland, sagt die Gräfin, und viel später wieder hier. Viel später, sagt sie noch einmal. Und ich wünsche mir, daß ich viel später auch hier sein kann, und Dich wiedersehen, daß wir dort sitzen können und lachen und die Beine auf die Tischbeine legen, und mehr stelle ich mir gar nicht vor. Da ist sie wieder, die ersehnte Hoffnungslosigkeit, denn die Hoffnung engt den Blick ein, fokussiert, und lässt dadurch das Panorama verschwimmen, und wer könnte das wollen. Und wie ich das schreibe, rufe ich, daß ich das will, aber was hilfts, -.
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