Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 17. 08 09

17.08.09, 17:35 | 'Carry me Carrie'
Weil A-Dorf westlicher und tiefer liegt als L-Dorf, gibt es ein paar Tage im Jahr mit zwei Sonnenaufgängen für mich. Hab einen schönen Sonnentag!
# |  Rauchfrei | Gas geben


17.08.09, 16:03 | 'Egalitaeten'
Eine einzige völlig falsch eingeschätzte Situation.

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Eine Nacht dort, wo ich mich früher so gern herumgetrieben habe. Die Leute von damals sind nicht mehr da, und ich würde dieses Fest doch so gern mit ihnen teilen. Unser Rechner ist noch da, mit unserer Musik, und ich spiele hier und dort ein Stück, das ich zu jener Zeit kennengelernt habe. Was die Musik ausmacht, denke ich mir, und wie sie Gruppen trennt, und andere verbindet. Dann höre ich mit dem Denken auf, das Mädchen rammt mir wieder eines dieser kleinen Fläschlein in den Hals. Ich mag das Zeug nicht trinken, nuschle ich, und da hält mir eine zweite die Nase zu.

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Sie wollen mir den Club erklären, dabei kenne ich den schon so lange. Ich sage das nicht, ich höre ihnen staunend zu, und als ich nach hause laufe, bin ich so mittelprächtig betrunken. Was die anderen wohl gerade tun, von denen man nichts mehr hört? Sie sind gegangen, und mit ihnen die Feste. Übrig bleiben Schlagschatten, tanzende Jungs an der Bar, auf Bierkisten stehend, auf dem Boden Brühe, die Luft voll Rauch und Dampf.

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Den Strang entwirren.
Ich stehe also hier, das Telefon in der Hand, und Angst in der Kehle. Es leuchtet und vibriert und singt, und ich kann mich nicht überwinden. Ich schiebe es zurück in die Tasche.
Tags darauf radle ich durch kaltes Wetter und Nieselregen. Ich rufe zurück, denke ich mir, und als ich das oft genug gedacht habe, tue ich es irgendwann auch. Luft anhalten. Wo warst Du, ich wär gern mit Dir radgefahren? und ich könnte mich ohrfeigen, und meine Angst gleich mit.
Wieder ein Tag später, ich stehe an die Gartenmauer gelehnt in der Hitze. Wo bist Du, was treibst Du, ich hätte gern Kaffee. Unterwegs, sagst Du, auf Mädchentour. Kann man nichts machen, sage ich und lade Dich für den Abend ein.
Spät, spät komme ich aus dem Stall, und lange sitzen wir beim Vesper auf der Terrasse. Telefonklingelnleuchtenrattern, wo ist was los, wenn ja, wie viele?
Ich beschreibe die Dorfkneipe, die sommers öffnet für ein, zwei Wochen, und Ich bin gleich da, sage ich noch. Dann wieder Reden und Reden, und wieder Angst, ich möchte da gar nicht hin. Es ist spät, als ich aus der Dusche komme, und auf dem Parkplatz Dein Auto. Ich halte die Luft an, und auf dem Hof sehe ich eine Gruppe Lachender, und Du dabei. Ich gehe nach drinnen und komme wieder heraus. An einem Glas festhalten.
Du siehst müde aus, sage ich. Sag das nie, nie zu einer Frau, blitzt Du mich an, und ich verstumme. Setze mich an einen der Tische und sehe Dich verschwinden.
Nachts bekomme ich noch den Kopf gewaschen. Sie stand allein, sie hat gewartet. Du warst zu spät, und das darfst Du nicht. Kein Zögern. Zögern, das ist das Ende, und betroffen stehe ich da, begossener Pudel, und das Schwenken wird müde und müder. Ich gehe, und der Gesang bleibt mir im Ohr.
Mein Anruf verhallt. Ich bin ein Esel.

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Säure und Wasser mische ich normal in der Radladerschaufel. Heute habe ich keinen Radlader, also schließe ich den Wasserschlauch direkt an. Ich sehe zu, wie das Wasser aus dem Rohr tröpfelt, direkt in die Silage, die sich zu Bergen aufwirft und durch die Mischerschnecke gedrückt wird. Ich klettere auf den Blechdeckel der Einspülschleuse, den Plastikeimer mit der Säure in der Hand. Der Deckel ist schräg, meine Schuhe sind nass und schmutzig, ich rutsche, halte mich mit einer Hand an der Kante des Mischwagens fest und schütte mir mit der anderen die Säure über die Hosen, die Beine und in die Schuhe.
Beim zweiten Eimer klappt es besser, und dann stehe ich erst einmal unglücklich im Melkstand herum und brause meine Beine ab. Epilieren mit Propionsäure, aha.

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Beim Säen werde ich irgendwann so müde, daß mir eine Pause gefallen könnte. Zum Kaffee nach hause fahren möchte ich nicht, also stelle ich die Scheiben auf, lehne mich im Sitz zurück und wache eine halbe Stunde später wieder auf, als der Vetter an mir vorbeirumpelt, auf dem Feldweg zu seiner Hütte.

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Stammtisch, und sie stapeln Holz für den Winter. Die groben Stümpfe haben sie liegenlassen, und ich spalte sie eben auf. Astig und verknotet wie sie sind, ist das eine Plage, und mit vielen wuchtigen Schlägen kämpfe ich mich durch das zähe Holz. Mein Hemd ist klatschnass, und ich dampfe noch nach, als wir längst drinnen sitzen, wo das Kondenswasser an kalten Flaschen abperlt.
"Jetzt ist er wieder draußen" meint einer, und "Du solltest Fußballspielen" ein anderer. Grinsend tropfe ich vor mich hin auf den Boden, weil mir zum Antworten die Luft fehlt.

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Anstrengung.

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Hier haben sie Schwenker, also schwenken wir, und singen das Lied der schönen Männer. Konservierte Fliegen in Asbach, au wei.

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Ich gebe ihm mein Auto mit, und spät in der Nacht laufe ich nach Hause, wie einst, und es ist lau und die Mondsichel scharf umrissen.

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Irgendwie gerate ich da hinein, und dann sitze ich auch schon beim Mittagessen. Ich trage ein gelbes Hemd mit dem Aufdruck ihres Unternehmens, und später basteln wir den Teppich wieder ins Auto, den Himmel, die Sitze, all das. Starten mit dem Stapler. Läuft.

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Nicht ziellos bin ich, sondern mit zu vielen Zielen. Also radle ich los, ohne Hemd und mit Rucksack. Ich habe sogar ein Buch dabei.
Irgendwann stehe ich im Wald, ohne Weg und ohne Richtung, und das macht alles nichts. Die Beine bewegen sich wie Kolben, stoisch erfüllen sie einen Zweck, es ist alles automatisiert, damit der Kopf schweifen kann, und kreisen um eine, um die eine, um - ach.
Als ich nicht mehr kann, setze ich mich im Wald auf einen Baumstamm und lese. Ich stromere durch die alten Bunker der Amerikaner, die sie hier zurückgelassen haben. Einsturzgefahr! steht dort, und bei den meterdicken Decken muß ich dann doch grinsen.

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Mehr noch, mit dem Hedonismus nicht zurechtzukommen.

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Ach, Zimmerer, jetzt brauchst Du mich wieder. Wir düsen auf dieses Fest, wir zwei, um die zu sehen, die Du treffen möchtest. Ich lasse mich von ihr füttern, und als das Lachen uns erreicht, beginnt eine neben mir zu heulen. Rotverweinte Augen, und da gehe ich, was hielte mich hier.

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Da legt sich einer aufs Sofa, während wir beim Essen reden, und selig fängt er ganz sacht und tief zu atmen an. Dazu gehört eine Ruhe, die ich nicht habe, eine Gelassenheit, die ich nicht kenne, und die Entschlossenheit, eine Anstrengung zu verschieben, sich nicht abhalten zu lassen, nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, zu ruhen.

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Wie ich hinter diesem Hof die Wiese hinauffuhr, steil und immer steiler, und da unten saßen sie in der Sonne. Und in der Wiese ein Hund, der mir müde hinterherkläffte, dem in den Pedalen Stehenden, Schweißüberströmten.

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Urlaub, denke ich oft, und dann denke ich irgendwann. Dabei bin ich siebenundzwanzig, die Jungsurlaube sollte ich schon gehabt haben, dabei habe ich dazu nicht einmal die Jungs. Dann die Pärchenurlaube, die Gruppenurlaube, was sollte man nicht alles schon erledigt haben. Vielleicht mit Anhänger, irgendwann, weil ich schon lange mal sowas sagen wollte, Mädchen, wollte ich sagen, ich kaufe einen Anhänger. Und den werde ich uns herrichten, für uns beide, und ich werde Abende in der Werkstatt verbringen, in Holzstaub und Lacknebel, und dorthin werden wir uns verziehen, wenn die Abende kühl werden, die Stühle werden wir zusammenklappen und die Vorhänge zuziehen, und von draußen wird nur noch warmer Schein vernehmbar sein, und zwei Schatten, verschmelzend.
Auf der Heimfahrt werden wir vorne sitzen, braun und lächelnd und voller Bilder, und im Hänger die beiden Räder, einträchtig aneinandergelehnt, von keinem Zurrgurt gebunden.
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