... Vorwärts fahren
23.01.09, 23:58 | 'Nicht drueber nachdenken'
Entschlossen habe ich damals meinen kleinen Kulturbeutel weggeworfen, begeistert von der Aussicht, das Wochenendpendlertum hinter mir lassen zu können. Übersehen habe ich damals die Frage, wo zum Geier ich heute meine Zahnbürste lasse.
23.01.09, 22:50 | ''S isch wia bei de Maedle au'
"Der schdelld doch d' Auga wia a Hoolzkatz!"
23.01.09, 22:27 | 'Verwurzelt'
23.01.09, 22:17 | 'Nicht drueber nachdenken'
Sie zeigt mir ein Foto von ihrem Ex mit seiner Neuen, das sie aus der Zeitung ausgeschnitten hat, und ich wundere mich, wie beiläufig mir "Ex" und "Neuer" schon über die Lippen kommen, als wäre ich ein alter Hase. Ach, ihr jungen Mädchen, ihr seid so schnell. Deshalb habe ich euch auch so gern.
23.01.09, 21:54 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Gibt ja so Tage.
Nachts noch lange lustig, und die Flaschenreihe vor jedem Platz wird länger, braun und blau und wieder braun, und wieder länger. "Selten, daß wir um zwei noch zu sechst sitzen", sagt einer von denen, die immer da sitzen. Und das sagt er um drei nochmal, und um vier hab ich nicht mehr auf die Uhr geschaut. Gibt ja so Tage.
Da ist man richtig verliebt in die ganzen kreuz und quer im Schnee stehenden Autos, weil man die alle schon so lange kennt, und dort ist man schon auf dem Sitz eingeschlafen, und da auf dem Rücksitz in Armen gelegen. Gibt auch solche Tage, ja.
Dabei hat man sich gegen Mittag noch furchtbar aufgeregt, weil sich eine Arbeit immer mehr hinzieht, aus Unlust und Unvermögen, aus eigener Schuld jedenfalls. Hinschmeißen, und einfach mal Gülle fahren. Vierzehneinhalb Kubik, das sind stramme zwanzig Tonnen, vielleicht so zweiundzwanzig. Und da freut man sich richtig darauf, wegen neu und groß und sowieso. Dann verstopft der Saugkorb, und die nagelneue Pumpe klackert, und die Untenanhängung drückt die Felgen fast aus den Reifen, aber "So sind wir schon zwei Tage lang gefahren", und ich fahre auch gleich, aber aus der Haut. Reifenfüller kaputt, hab ich das nicht im Oktober schon gesagt? An der Tankstelle dann "Einmal volltanken, bitte", aber nur Luft. Und schon sind wir mit einunddreißig Sachen unterwegs, statt mit sechsundzwanzig. Auf der Bundesstraße. Die Lastwagen ziehen vorbei, so sie können, und der Rest staut sich eben. Gibt so Tage, und nach ein paar Kilometern biege ich ja auch schon wieder ab.
Am Morgen drauf weckt mich die Sonne, und weil sie das tut, ist es viel zu spät schon. Ich schicke sie trotzdem weg, im Tausch für Wölfe und so. Dann lasse ich mich anpflaumen, wegen Ausweispflicht und so, und ein ganz kleiner Kater kratzt an meinen Haaren. Von innen. Ich murmle was von anderen Pflichten, die ich mindestens genauso vernachlässige, und daß ich ja nur des Fliegens wegen, und mit der Bahn wäre das ja kein Problem, Ischgl ging ja auch und Frankreich, und ich sage jetzt wohl besser nichts mehr, besser wirds davon irgendwie sowieso nicht. Sie locht meinen Ausweis kommentarlos. "Der ist doch noch gut", sage ich, und ich sehe ja auch wirklich keinen Tag älter aus als fünfzehn. Oder so. Gibt so Tage, acht Euro, eine halbe Stunde auf dem Flur warten, zur Strafe. Jetzt habe ich nur einen drei Monate gültigen Papierausweis, der nicht mal in den Geldbeutel passt, und der Hallenhausmeister hat mich auch umarmt, wie er mich da so stehen sah, auf dem Gang. Der Fetzen ist zerknickt, bevor ich den Geldbeutel überhaupt wieder in der Tasche habe, und mein letztes Passbild ist auch futsch. Habe ich extra aus einem alten Schülerausweis gekratzt, und den Stempel weggeputzt. Gibt ja so Tage.
Ungerecht, denke ich, und haste zum Auto. Da ist man morgens schon zu spät, und kommt sich blöd und verkatert und verschlafen vor, und dann wird das Zuspätsein gar nicht besser, den Tag über. Bis zum Ortsschild habe ich drei Angsthasen überholt, so schlimm ist der Regen schließlich auch nicht, denke ich, sind ja große Flocken dabei, und ich schlage links ein und fahre geradeaus. Egal, eben geradeaus, man ist ja flexibel, dann die nächste links, und diesmal mit Gefühl. Mit meinem kleinen Umweg habe ich eins erreicht, oder besser drei. Die drei Angsthasen sind wieder vor mir. Alle. Gibt ja Tage.
Am Kreisverkehr fahren die drei geradeaus, und vor Ostern möchte ich euch nicht wiedersehen, denke ich, und vor mir eine S-Klasse, ich kann die kleine Zahl nicht lesen, also fahre ich näher ran, und es wird unerwartet sehr hell und sehr rot. "Die Tachonadel steht eher senkrecht als waagerecht, aber das macht den Bock nicht mehr fett", sage ich ins Telefon, das ich noch am Ohr habe, und das Anschnallen lohnt sich jetzt sowieso nicht mehr. Gibt ja so Tage.
Ich schaffe meine Essensverabredung gerade noch so, nur das Essen hat sich wohl um eine Stunde vertan, und jetzt ist es ziemlich ungenießbar und zäh. Fisch und Kartoffelsalat, sagt das Schild, doch die Zunge meldet Schuhsohle. Und Pommes, und das ist jetzt echt kein Witz. Salat war aus. Wir trinken noch einen Kaffee zusammen, beschließen wir, und es ist selbstverständlich, daß ich gleichzeitig an der Reihe bin und der Automat keine Bohnen mehr hat. Was solls, die Milchbauern muß man auch unterstützen, und meine Nerven. Gibt ja so Tage.
Im Büro stöpsle ich mir die Ohren zu und bastle an meiner Geometrie. Die ist fast fertig, denke ich, als mir jemand auf die Schulter tippt und mir Pantomimenspiele zeigen will. Ach ja, die Ohrhörer, herrjeh. Runter damit, "... und die Geometrie habe ich mir jetzt doch anders gedacht...", und hätte ich sie nur nicht, die Ohrhörer.
Bis zur Bahnstation bin ich pitschnaß vom Regen, und daß die Eisenbahn so wunderbar rote Rücklichter hat, das hätte ich heute echt nicht mehr wissen müssen. Ich setze mich auf eine nasse Bank und fange die Regentropfen von meiner Nase mit der Zunge auf. Was soll man machen, denke ich, und die Animals singen "Gotta get out of this place", und Können vor Lachen! sage ich laut. Die beiden Mädchen neben mir schauen mich an, und ich rede unverdrossen weiter mit mir selbst. Die Telefone sind ja heutzutage schon so klein, da kann man auch mal ein Selbstgespräch... Doch mir fällt nicht viel ein, was ich mir noch sagen will, also entschuldige ich mich mit den Gebühren und schweige dann nur noch tropfend vor mich hin. Gibt ja so Tage.
In der Bahn trockne ich ein wenig, und bis ich am Auto bin, bin ich auch schon wieder naß. Siedendheiß fällt mir die Hose ein, die an unverschämter Stelle gerissen ist, und um Ersatz bettelt. Der Laden liegt auf dem Weg, aber ich habe meine Schülerin schon wegen der Zugrücklichter verschoben, nochmal wegen einem Loch im Schritt ginge denn doch entschieden zu weit. Also heute keine Hose, und dabei hat der Laden nur freitags offen. Können sich das eben leisten, denke ich mir, als ich an der Abfahrt vorbeibrenne. Die kleine Nadel im Tacho pendelt immer um die zwanzig, aber heute darf sie das. Gibt ja so Tage.
Ein rotes Licht ganz links, und schwitzend rechne ich die verbleibenden Kilometer gegen den trocknenden Tank und den leeren Geldbeutel (acht Euro! Schuhsohlen! Heißes Wasser mit Milch!) auf, und plötzlich bleibt die kleine Nadel förmlich an der Zehn hängen, eher drunter noch; und ich schalte die Scheibenwischer aus, und das Radio leiser, schließlich braucht eine Lichtmaschine ja auch Benzin, so irgendwie. So schleiche ich durch den Berufsverkehr, und zuhause steht das Autochen schon da, obwohl ich eine Minute zu früh da bin, und das Mädchen sitzt schon beim Kaffee und freut sich, daß sich die Quälerei mit Sinus und Cosinus und mir noch ein wenig verzögert. Sie raucht hingebungsvoll, und ascht gedankenverloren in meine Tasse. Ich wollte sowieso keinen Kaffee, die Nerven, Sie kennen das, gibt so Tage.
Und jetzt sitze ich hier, und vom Fliegen habe ich keine Ahnung, dafür vier Löcher im Ausweis, und es ist neun und ich habe noch nicht gepackt. Und kein Bier da. Gibt so Tage.
(Gibt ja so Tage ist ein wundervoller Satz, den ich an anderer Stelle gelesen habe. Und gestohlen, und an dieser Stelle werfe ich ihn zurück, als kleines Geschenk. Gibt nämlich auch solche Tage.)
Nachts noch lange lustig, und die Flaschenreihe vor jedem Platz wird länger, braun und blau und wieder braun, und wieder länger. "Selten, daß wir um zwei noch zu sechst sitzen", sagt einer von denen, die immer da sitzen. Und das sagt er um drei nochmal, und um vier hab ich nicht mehr auf die Uhr geschaut. Gibt ja so Tage.
Da ist man richtig verliebt in die ganzen kreuz und quer im Schnee stehenden Autos, weil man die alle schon so lange kennt, und dort ist man schon auf dem Sitz eingeschlafen, und da auf dem Rücksitz in Armen gelegen. Gibt auch solche Tage, ja.
Dabei hat man sich gegen Mittag noch furchtbar aufgeregt, weil sich eine Arbeit immer mehr hinzieht, aus Unlust und Unvermögen, aus eigener Schuld jedenfalls. Hinschmeißen, und einfach mal Gülle fahren. Vierzehneinhalb Kubik, das sind stramme zwanzig Tonnen, vielleicht so zweiundzwanzig. Und da freut man sich richtig darauf, wegen neu und groß und sowieso. Dann verstopft der Saugkorb, und die nagelneue Pumpe klackert, und die Untenanhängung drückt die Felgen fast aus den Reifen, aber "So sind wir schon zwei Tage lang gefahren", und ich fahre auch gleich, aber aus der Haut. Reifenfüller kaputt, hab ich das nicht im Oktober schon gesagt? An der Tankstelle dann "Einmal volltanken, bitte", aber nur Luft. Und schon sind wir mit einunddreißig Sachen unterwegs, statt mit sechsundzwanzig. Auf der Bundesstraße. Die Lastwagen ziehen vorbei, so sie können, und der Rest staut sich eben. Gibt so Tage, und nach ein paar Kilometern biege ich ja auch schon wieder ab.
Am Morgen drauf weckt mich die Sonne, und weil sie das tut, ist es viel zu spät schon. Ich schicke sie trotzdem weg, im Tausch für Wölfe und so. Dann lasse ich mich anpflaumen, wegen Ausweispflicht und so, und ein ganz kleiner Kater kratzt an meinen Haaren. Von innen. Ich murmle was von anderen Pflichten, die ich mindestens genauso vernachlässige, und daß ich ja nur des Fliegens wegen, und mit der Bahn wäre das ja kein Problem, Ischgl ging ja auch und Frankreich, und ich sage jetzt wohl besser nichts mehr, besser wirds davon irgendwie sowieso nicht. Sie locht meinen Ausweis kommentarlos. "Der ist doch noch gut", sage ich, und ich sehe ja auch wirklich keinen Tag älter aus als fünfzehn. Oder so. Gibt so Tage, acht Euro, eine halbe Stunde auf dem Flur warten, zur Strafe. Jetzt habe ich nur einen drei Monate gültigen Papierausweis, der nicht mal in den Geldbeutel passt, und der Hallenhausmeister hat mich auch umarmt, wie er mich da so stehen sah, auf dem Gang. Der Fetzen ist zerknickt, bevor ich den Geldbeutel überhaupt wieder in der Tasche habe, und mein letztes Passbild ist auch futsch. Habe ich extra aus einem alten Schülerausweis gekratzt, und den Stempel weggeputzt. Gibt ja so Tage.
Ungerecht, denke ich, und haste zum Auto. Da ist man morgens schon zu spät, und kommt sich blöd und verkatert und verschlafen vor, und dann wird das Zuspätsein gar nicht besser, den Tag über. Bis zum Ortsschild habe ich drei Angsthasen überholt, so schlimm ist der Regen schließlich auch nicht, denke ich, sind ja große Flocken dabei, und ich schlage links ein und fahre geradeaus. Egal, eben geradeaus, man ist ja flexibel, dann die nächste links, und diesmal mit Gefühl. Mit meinem kleinen Umweg habe ich eins erreicht, oder besser drei. Die drei Angsthasen sind wieder vor mir. Alle. Gibt ja Tage.
Am Kreisverkehr fahren die drei geradeaus, und vor Ostern möchte ich euch nicht wiedersehen, denke ich, und vor mir eine S-Klasse, ich kann die kleine Zahl nicht lesen, also fahre ich näher ran, und es wird unerwartet sehr hell und sehr rot. "Die Tachonadel steht eher senkrecht als waagerecht, aber das macht den Bock nicht mehr fett", sage ich ins Telefon, das ich noch am Ohr habe, und das Anschnallen lohnt sich jetzt sowieso nicht mehr. Gibt ja so Tage.
Ich schaffe meine Essensverabredung gerade noch so, nur das Essen hat sich wohl um eine Stunde vertan, und jetzt ist es ziemlich ungenießbar und zäh. Fisch und Kartoffelsalat, sagt das Schild, doch die Zunge meldet Schuhsohle. Und Pommes, und das ist jetzt echt kein Witz. Salat war aus. Wir trinken noch einen Kaffee zusammen, beschließen wir, und es ist selbstverständlich, daß ich gleichzeitig an der Reihe bin und der Automat keine Bohnen mehr hat. Was solls, die Milchbauern muß man auch unterstützen, und meine Nerven. Gibt ja so Tage.
Im Büro stöpsle ich mir die Ohren zu und bastle an meiner Geometrie. Die ist fast fertig, denke ich, als mir jemand auf die Schulter tippt und mir Pantomimenspiele zeigen will. Ach ja, die Ohrhörer, herrjeh. Runter damit, "... und die Geometrie habe ich mir jetzt doch anders gedacht...", und hätte ich sie nur nicht, die Ohrhörer.
Bis zur Bahnstation bin ich pitschnaß vom Regen, und daß die Eisenbahn so wunderbar rote Rücklichter hat, das hätte ich heute echt nicht mehr wissen müssen. Ich setze mich auf eine nasse Bank und fange die Regentropfen von meiner Nase mit der Zunge auf. Was soll man machen, denke ich, und die Animals singen "Gotta get out of this place", und Können vor Lachen! sage ich laut. Die beiden Mädchen neben mir schauen mich an, und ich rede unverdrossen weiter mit mir selbst. Die Telefone sind ja heutzutage schon so klein, da kann man auch mal ein Selbstgespräch... Doch mir fällt nicht viel ein, was ich mir noch sagen will, also entschuldige ich mich mit den Gebühren und schweige dann nur noch tropfend vor mich hin. Gibt ja so Tage.
In der Bahn trockne ich ein wenig, und bis ich am Auto bin, bin ich auch schon wieder naß. Siedendheiß fällt mir die Hose ein, die an unverschämter Stelle gerissen ist, und um Ersatz bettelt. Der Laden liegt auf dem Weg, aber ich habe meine Schülerin schon wegen der Zugrücklichter verschoben, nochmal wegen einem Loch im Schritt ginge denn doch entschieden zu weit. Also heute keine Hose, und dabei hat der Laden nur freitags offen. Können sich das eben leisten, denke ich mir, als ich an der Abfahrt vorbeibrenne. Die kleine Nadel im Tacho pendelt immer um die zwanzig, aber heute darf sie das. Gibt ja so Tage.
Ein rotes Licht ganz links, und schwitzend rechne ich die verbleibenden Kilometer gegen den trocknenden Tank und den leeren Geldbeutel (acht Euro! Schuhsohlen! Heißes Wasser mit Milch!) auf, und plötzlich bleibt die kleine Nadel förmlich an der Zehn hängen, eher drunter noch; und ich schalte die Scheibenwischer aus, und das Radio leiser, schließlich braucht eine Lichtmaschine ja auch Benzin, so irgendwie. So schleiche ich durch den Berufsverkehr, und zuhause steht das Autochen schon da, obwohl ich eine Minute zu früh da bin, und das Mädchen sitzt schon beim Kaffee und freut sich, daß sich die Quälerei mit Sinus und Cosinus und mir noch ein wenig verzögert. Sie raucht hingebungsvoll, und ascht gedankenverloren in meine Tasse. Ich wollte sowieso keinen Kaffee, die Nerven, Sie kennen das, gibt so Tage.
Und jetzt sitze ich hier, und vom Fliegen habe ich keine Ahnung, dafür vier Löcher im Ausweis, und es ist neun und ich habe noch nicht gepackt. Und kein Bier da. Gibt so Tage.
(Gibt ja so Tage ist ein wundervoller Satz, den ich an anderer Stelle gelesen habe. Und gestohlen, und an dieser Stelle werfe ich ihn zurück, als kleines Geschenk. Gibt nämlich auch solche Tage.)
... Rückwärts fahren