Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Samstag, 18. 12 21

18.12.21, 09:20 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Und nun, vergleichsweise kurz vor meinem Vierzigsten, da radle ich eines Abends nach Hause, unterm Arm einen unverhältnismäßig großen Karton mit einer Flasche prickelndem Wein, verschenkt vom Unternehmen an alle Mitarbeiter, und ich stelle mich in die Küche und mache erstmals einen Kartoffelsalat nur mit den Händen, den Kopf in den Wolken, die Ohren in dem steinalten Live!Live!Live!-Album von Bryan Adams, als er sich noch eine wunderbar zerschrammte Stimme erlaubte, und ich bewundere die Auflösung meiner alten, riesigen Lautsprecher zwischen Schlagzeugmisshandlung und dem Klimpern einer umgestoßenen Flasche auf der Bühne, und nur mit meiner gierigen Naschzunge schmecke ich den Kartoffelsalat ab, zwischen einem halben Tanzschritt in Schlappen und einem Küchenluftgitarrensolo, und ich erschrecke mich fast, als der Kartoffelsalat fast richtig schmeckt. Löffel um Löffel versuche ich und freue mich bis zur Glückseligkeit daran, daß man meine Familie jetzt aus meinem Kartoffelsalat herausschmecken kann. Nun kann ich Schwabe beruhigt vierzig werden.
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Mittwoch, 8. 12 21

08.12.21, 21:23 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Es gibt wenig Ernüchternderes gerade als die vielen Scherze mit der Frage, ob ein Herr Scholz denn Bundeskanzlerin sein könne. Schlechtes wird durch Wiederholung nicht gut, und damit meine ich nicht die Scherzfrage. Die jedoch zeigt hervorragend den Stand des Sexismus in diesem Land, der sich dergestalt gewandelt hat, daß Witze nur noch über das männliche Geschlecht beziehungsweise dessen Merkmalsträger gemacht werden dürfen. Ganz ähnlich gerade zwei Herren im Bayrischen Rundfunk, die sich über die Herren Musk und Bezos echauffierten, deren Treiben sie als das von Jungs im Sandkasten charakterisieren. Aber vermutlich muß man nur einfach schon sehr lang im Öffentlich-Geschlechtlichen Schundfunk tätig sein, um jeden Ehrgeiz und alles Streben als kindisch und kleinjungenhaft abzutun. Und wo wir gerade dabei sind, schaffen wir alles, was nach Männern klingt, auch in der Sprache nur noch mit der Kneifzange an. Oder am besten gar nicht und benennen es stattdessen um. So wird die Schirmherrschaft zur Schirmfrauschaft, denn die Herrin enthielte ja immer noch den Stamm des Herrn. Bis zur Dame als eher noblem Gegenstück des Herrn hat es wohl gedanklich nicht gereicht, auch wenn es mir besser passen würde - denn sonst wäre der Stand der staatlich und medienseit verordneten Geschlechterbeziehungen mit dämlich deutlich besser bezeichnet als mit herrlich. Mit dem Attribut dämlich ist übrigens auch eine Frau Lagarde ganz gut betitelt, die so tut, als würde eine irgendwann wieder verschwindende Inflation die bestehende Entwertung einfach ungeschehen machen. Oder noch besser, als wäre diese Entwertung, die das Heizen mal eben um die Hälfte verteuert, nur eine Kleinigkeit. Zumindest das, gebe ich durchaus zu, dürfte für sie selbst durchaus stimmen, denn wer von Gerichten schuldig gesprochen wird, ohne bestraft zu werden, findet sicher auch einen Weg, zu heizen, ohne dafür zu bezahlen. Und damit wären wir wieder beim einzigen Herrn in der heutigen Watschenrunde: Herrn Scholz, bei dem mir als einzige Hoffnung diejenige bleibt, dabeisein zu dürfen, wenn einem amtierenden Kanzler die Handschellen angelegt werden. In diesem Sinne: alle irre.
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Freitag, 6. 03 20

06.03.20, 19:17 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Resilienztraining auf vielen Ebenen gerade. Und dabei haben wir neulich erst über den Unterschied zwischen Training und Coaching philosophiert. Mal sehen, denke ich, ob es sich lohnt. Dabei habe ich weder eine Wahl, noch kann ich mir ein Ergebnis vorstellen, das mir überhaupt nichts beibringt. Auch niedrige Ansprüche sind eine Stärke, denke ich dann. Und immer wieder: Tief durchatmen. Hart weiterarbeiten. In neunzehn Tagen kann ich nur noch warten. Dann lieber werkeln. Auf, auf.
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Montag, 19. 11 18

19.11.18, 21:27 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Mir gelingt leider so selten eine Salatsauce aus dem Handgelenk derart, daß ich sie nicht aus schwäbischem Pflichtbewußtsein gegenüber dem teuren Essig, sondern aus purem Genuß ausschlürfe, und zum Glück esse ich oft allein, denke ich dann.
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Mittwoch, 3. 01 18

03.01.18, 11:27 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Entweder ist die Milch vom letzten Jahr in der Zeit zwischen meinem Sieben-Uhr-Kaffee und dem Neun-Uhr-Müsli sauer geworden, oder ich habe eine neue Methode zur Verwertung noch nicht völlig verdorbener Milch gefunden. Und eine Erklärung für das Rumoren im Magen, aber was weiß ich schon.
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Mittwoch, 27. 04 16

27.04.16, 10:12 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Kartoffelspalten in einer öligen Schüssel rütteln, auf ein Backblech mit Backpapier geben, salzen, pfeffern. Fast fertig backen. Nebenbei Lauch schneiden, Pute kleinschneiden, Schalotten, Knoblauch, Ingwer, Spitzpaprika, Kirschtomaten, Champignons. Einen Becher Sahne mit etwas Weißwein, Chili, Salz, Pfeffer und Pesto anrühren und mit dem Geschnittenen vermischen. Kartoffelspalten untermischen, noch einmal ohne Backpapier backen. Kurz vor Ende mit Rucola überstreuen.
Das geht fix und schmeckt der Doktorin, und deshalb notiere ich mir das und koche das mal wieder.
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Mittwoch, 20. 01 16

20.01.16, 22:18 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Nun. Ich will ja abenteuerlustig einkaufen.
Ich schneide also zwei Schweineschnitzel klein. Zwei kleine Zwiebeln dazu. Eine Knoblauchzehe. Zwei Kohlrabi. Eine gute Ecke von der Ingwerwurzel. Brate all das an, mit Salz, Pfeffer und Chilipulver. Dazu ein wenig Basilikum von dem Zweig, der den ganzen Tag am Fenster stehen durfte und trotzdem etwas trostlos über seinen Topfrand hinunterhängt. Dazu koche ich etwas Reis, weil es Bulgur diese Woche schon gab. Irgendwann lösche ich das Gebratene mit genügend Sahne und zur Sicherheit auch noch mit Milch ab, weil es doch noch sehr nach Chili leuchtet und nach Ingwer duftet. Zwei kleine Stücke Parmesan dazu, ein drittes esse ich einfach so, ohne das geht es nicht. Den Reis kippe ich irgendwann dazu, weil ich den Topf spülen will, und lasse währenddessen alles zusammen köcheln.
Schmeckt. Ehrlich.
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Freitag, 17. 04 15

17.04.15, 03:54 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Der Rechner rettet fleißig Bilder mittels irgendwelcher Helferlein, die mir hier die Platte vollschmeißen mit Zeug, das irgendwann mal auf dieser Karte drauf war und von dem ich größtenteils keine Ahnung mehr habe, ich habe den ersten größeren Unsinn des Nachurlaubs gemacht und bin einem anderen recht erfolgreich ausgewichen, habe einen ganzen Tag intensiv und nur durch zusammenzulegende Wäsche unterbrochen gearbeitet und sitze jetzt mit kalten Zehen hier, weil in den letzten drei Wochen wohl meine Hausschuhe Füße bekommen haben. Außerdem bin ich furchtbar müde, was wohl irgendwie mit der Uhrzeit zusammenhängt, und ich habe noch keines der eingetroffenen Einschreiben geöffnet, sondern gehe jetzt einfach ins Bett, sonst kriege ich ja nie wieder so etwas wie einen Schlafrhythmus.
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Dienstag, 17. 06 14

17.06.14, 18:15 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Und wie ich am Morgen zum Auto laufe, um das Rad aus dem Kofferraum zu zerren, da bemerke ich, daß ich in der Nacht unter einem Kirschbaum geparkt habe und beginne die Radtour ins Büro einhändig, die andere Hand voll mit süßen Kirschen, frisch gestohlen von den Ästen, die bis auf die Straße reichen. Dafür habe ich nicht bemerkt, wo mein Schutzblech nun geblieben ist. Aber so bald wird es ja nicht regnen.
Sommerliche Gelassenheit. Bald ist Sonnwend.
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17.06.14, 11:05 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Beim Mittagessen bin ich noch überrascht, daß Deutschland schon spielen soll. Um vier lasse ich mich überreden, und um zehn nach sechs stehen wir in der Stadt vor einer fremden Wohnung, und als wir klingeln, öffnet niemand. Stattdessen Gebrüll aus allerhand Fenstern. Der Freund verzweifelt, und trotzdem kommen wir rechtzeitig, denn bis so ein Elfmeter vorbereitet ist, hat irgendjemand die Zeit, uns einzulassen. Dann sitzen sie auf einem Sofa und ich auf einem Stuhl, und ich bewundere die schöne Altbauwohnung mit dem Kachelofen. Darauf das Modell eines Porsche, darüber ein Kalender, daneben ein Produktkatalog. Auf dem Katalog die Bestellung, aber das bekomme ich erzählt, das sehe ich nicht. Stattdessen schaue ich durch die Türen in die noch nicht fertig eingerichteten Zimmer oder durchs Fenster, wo sich draußen ein Bäumchen in der Brise schaukelt, als hätte es Spaß daran. Die Topfpflanze ist ein Bananenbaum, und als ich irgendwann lange genug nichts gesagt habe, denke ich mir etwas aus. Nur nichts zum Fußball, also sage ich plötzlich, daß ich noch nie einen so großen Fernseher gesehen habe. Das finden alle sehr lustig, glaube ich. Dann denke ich noch, daß er ganz furchtbar hässliche Beine hat und besser an einer Wand weit oben hängen sollte. Seit die Dinger flach sind, geht das ja. Und Beine bräuchte er dann auch nicht. Dann ist Halbzeit, und es gibt frisches Bier für die anderen.
Später laufen wir in die Stadt, und ich sehe, wie sich Menschen zusammenrotten. Die Polizei ist auch da, und sie ermahnen ab und zu einen, der aus einem Auto hängt oder auf eine Laterne klettert. Überall Fahnen, Bierbecher und Geschrei. Zwischendrin lassen Motorräder die Reifen rauchen. Wir gehen Essen.
Nobel ist es hier, und irgendwas mit Orient. Im Endeffekt ein Dönerladen mit komplizierter Speisekarte, denke ich, als ich so nutzlos im Weg stehe. Ein Mädchen winkt mich zu ihr, und ich wehre ab. Lass mich noch ein wenig denken, sage ich, und als ich dann zu ihr an die Theke komme, lacht sie: "Ausgedacht?"
Ja, sage ich und bestelle. Dann darf ich bezahlen und werde weggeschickt. Wird gebracht. Wir setzen uns nach draußen und bekommen unser Essen. Der Kellner erzählt etwas von RFID, und tatsächlich sind große Kleber auf den Tabletts angebracht. Mein Essen ist trotzdem nicht, was ich bestellt habe, aber weil es eben in Fladenbrot gewickelt ist, bemerke ich das erst beim Essen. Das freundliche Mädchen kommt, und obwohl ich nichts sage, bemerkt sie den Fehler. Ich bringe noch einen, sagt sie, und ich nicke kauend. Ich beiße in das zweite Fladenbrot - wieder verkehrt. Sie bringt lachend ein drittes, und ich bitte um Gnade. Ich kann nicht mehr essen. Wir reden dann von einem, der noch im Büro sitzt und berät, und ich denke mir etwas aus mit verschiedenfarbigen Papieren statt des doofen RFID. Wäre ich Berater, könnte ich damit reich werden. Dann müsste ich aber auch Folien machen und könnte um diese Uhrzeit nicht draußen beim Essen sitzen.

Zurück in der Wohnung bewundere ich meine Teekräuter, die meine Abwesenheit zum Wachsen genutzt haben. Ruhe scheint also gut für sie zu sein. Aha. Dann gehe ich eben ins Bett.
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