Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

24.09.09, 01:07 | 'I see a red girl and I want to paint her black'
Abende, an denen ich hierbleiben möchte, an denen mich nichts wegzieht, wegdrückt.

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Ich laufe zum alten Stall, wo das Motorrad steht, und das macht mir nichts mehr aus, sie nicht ständig bei mir zu haben. Schon am frühen Morgen bin ich freiwillig mit der Blechdose gefahren, des Nebels wegen.

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Ich sitze elf Stunden im Büro, und weiß nicht, wofür. Ich mache diese Tabellenarbeit wirklich gern, obwohl ich sie für unnötig erachte, weil sie eben nicht aktualisierbar ist, und die Daten zerfleddert, statt sie zusammenzubringen. Ungern nerve ich immer noch Leute. Ich lasse mich lieber nerven, und vielleicht können Sie daraus etwas über mich herauslesen, viel Erfolg dabei.

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Ich bin ganz leicht betrunken, genau richtig.

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Zum ersten Mal meine Rolle verloren, und die Theaterrolle angenommen. Ich spiele, als täte ich nie etwas anderes, was ja auch irgendwie richtig ist. Ich liebe und leide, und wenn es mir jetzt gelingt, den kritischen Blick des Regisseurs zu vergessen, dann.

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"Liebt euch", sagt er, als wir Rücken an Rücken aneinanderlehnen, und ich kann ihr unterdrücktes Lachen spüren. Sie ist so viel kleiner als ich, ihre Schultern fallen in mein Kreuz. Ihr Kopf zwischen meinen Schulterblättern, und vielleicht ist das doch nicht alles Hokuspokus.

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Eins beim Vetter, als ich das Mopped zurückbringe. Wir sitzen auf dem Bänkchen, von oben höre ich schweren Husten aus dem Fenster. Es kommt einer dazu, mit dem ich schon wundervolle Sommernächte auf der Terrasse zerredet habe, doch uns beiden fällt nicht viel ein. Sie hat uns verbunden, sie hat sich von Dir getrennt, und damit uns beide. Hilflos zappeln die Ärmchen der Geschichten, versuchen zu erhaschen, was uns verband.

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Es ist erschreckend wenig los im Jugendhaus für einen Mittwochabend. Ich habe das anders in Erinnerung, ich sehe Grillen im Garten, Gedränge an der Bar und gestikulierende Menschentrauben. Einer schöpft Papier, andere schreiben Listen. Fünfzig Kinder, wieviel Hackfleisch?

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Dafür könnte ich Urlaub nehmen, und dort sollte ich dabeisein. Kommst Du zum Geburtstag? und Kannst Du beim Oktoberfest arbeiten? Wie siehts aus mit dem Ausflug, und Schwarten sollte man auch holen, und ich mag es, wenn es sich so füllt, mein Leben.

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Als ich heute nach Hause kam, und gleich wieder fort musste, stand ich so an der Kaffeemaschine und dachte mir, daß ich immer ein gefülltes Leben gewollt hatte.
Und ich stellte mir einen höhnischen Gott vor, die Schultern zuckend, der sich zurücklehnte und mir versetzte, ich hätte nie von einem freudig erfüllten Leben gesprochen.
Das versteht sich doch von selbst! wollte ich entgegnen, doch wer wäre ich, einen Gott zu belügen, und überhaupt darf man mit Wundern ja gar nicht rechnen.

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Draußen mein rotes Unglück. Sie erzählt von dem alten Hund, und als ich noch einmal, wie früher, mit den beiden laufen möchte, da glitzern ihre Augen wieder wie -.
Es steht da zwischen uns, unausgesprochen, und wir beide können es lesen, daß wir früher gelaufen sind, und daß das sehr lange her ist. Jetzt kommt der Hund unseren Berg nicht mehr hoch, und wir zwei werden wohl nicht mehr dort laufen, ohne den Hund. Wie es kam, daß wir das verloren haben, schleichend, nicht unbemerkt, aber doch auf leisen Sohlen, und wie das so zwischen uns steht, da muß das keiner von uns beiden sagen, und daß ich sie jetzt nicht in den Arm nehme, das quittiert sie mit einem schniefenden "Arschloch" und umarmt dann mich, und da sind wir wieder, wie früher.

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Ich gehe, sage ich leise, und da wären zwei, die mir noch eines anbieten. Ich habe keinen Geldbeutel dabei, sage ich, und sie winken ab. Ich gehe trotzdem, es ist ein Abend dafür.
Und so laufe ich durchs Dorf und sehe dem Großen Wagen zu. Suche die anderen Sternbilder, die wenigen, die ich kenne. Es ist schon kühl, es ist schon Herbst, ich trage schon meine Jacke. Nicht der Kühle wegen, sondern wegen des Moppedfahrens.
Mein Schatten im Laternenschein auf den Gehsteig. Die Kontur des Dickkopfes, die breitschultrige Jacke, die langen Schritte. Wie wenig habe ich mich verändert, wie sehr muß diese Jacke mein Markenzeichen sein. Ich rechne nach, zehn Jahre, und nur wenig ausgefranst an den Säumen. Ich trage selten Jacken, und noch seltener werfe ich eine weg, um eine neue zu kaufen, da ist keine Absicht dahinter. Jacken muß man ständig ausziehen und aufhängen, und dann vergisst man sie bloß und hätte sie eigentlich gar nicht gebraucht auf dem kurzen Heimweg. Es ist ja auch nie so richtig kalt, sondern nur grade so Zähneklappern in kurzen Ärmeln.
Der Umgang wird härter, ich hätte sie in den ersten Jahren nicht in irgendwelchen Lachen liegenlassen, nicht in Ritzen gestopft, womöglich nicht einmal alleingelassen. Jetzt ist sie alt genug und kann auch einmal allein auf sich aufpassen, sich einen Abend an einem Nagel hängend selbst unterhalten, und die meiste Zeit bleibt sie ja sowieso zu hause. Ich mag meine Jacke.

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Sollte ich mich um Dich sorgen, sollte ich? Daß Du keine Zeit hast für den Esel, der nicht einmal das weiß, und noch weniger, ob er sich mehr kümmern soll oder weniger, das weiß ich wohl Doch wohl, wohl ist mir nicht dabei. Du sahst so mager aus, und damals warst Du noch lustig. Jetzt, wo Du nur noch Kampf bist; ich kann Dir nicht helfen, jede Hilfe wäre Ablenkung, die Du bekämpfst.
Mach es gut, Engel, mach es gut, und wenn gute Wünsche auch nur ein bißchen helfen, kann schon gar nichts mehr schiefgehen.

Rauchzeichen




huehnerschreck   |   25.09.2009, 11:55   |  
danke.

texas-jim   |   25.09.2009, 22:17   |  
Gern geschehen.
Mitrauchen
 


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