Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 22. 09 09

22.09.09, 01:00 | ''S isch wia bei de Maedle au'
"Kanischderkepf!"

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'S Schduddra ond 's norga, ond dr faine Onderschied. (Kurzweilig erklärt vom Schuldes ond vom Texaner.)

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Das Auto, das dem Sofa die Beine abschlug.

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Vom Besen und der Maus unterm Schrank; vom Fahren auf nassen Feldern (Schduddra ond norga, zweiter Akt).
# |  Rauchfrei | Gas geben


21.09.09, 19:15 | 'Das Auge des Betrachters'
Manchmal glaube ich, in einer Traumwelt zu leben. Und manchmal frage ich mich, was denn schlimm daran sein soll.

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In einem Traum leben | einen Traum leben.

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Manchmal frage ich mich auch, ob das wirklich ich selbst bin, wenn ich etwas tue. Ob ich das bestimmt habe, dies zu tun. Und ob diese Fragen verknüpft sind. Eine Antwort überspringend, stellt sich die nächste Frage: Wer, wenn nicht? und an dieser Stelle gebe ich meistens auf.

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In einer Samstagnachmittagspause zwischen Feld und Stall sitze ich auf dem Hosenboden im Hof und poliere hingebungsvoll meine Felgen, während mir die Sonne auf den Rücken scheint.

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Daseinsberechtigung.

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Es trifft mich, daß mich das trifft. Daß ich überhaupt zu treffen bin. Unantastbarkeit als Ziel. Vielleicht.

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Daß die Tage hier so kurz sein müssen, das unterscheidet unser Haus vielleicht von anderen. Das Gehen auf Zehenspitzen. Das konzentrierte Sitzen, einzelne helle Punkte in dunklen Räumen. Rauch. Das Einhalten der Stille. Wieviel davon, wie die durchlässige Holzbalkendecke und das innenliegende Treppenhaus, ist Absicht des Erbauers, wieviel ist Entwicklung, und was bedingt beide?

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Immer wieder die Flucht in die erlösende Lautstärke. Das Untergehen der eigenen Stimme im fremden Gesang, an selten einsamen Tagen. Dieses Haus ist groß genug, um stille Menschen einsam zu machen. Es ist mir darin viel zu groß, und doch zu klein, um Abgeschiedenheit zu ermöglichen. Zu groß, zu klein, und unabänderlich. Ich werde es abreißen lassen oder verkaufen, hatte ich einst verkündet, und ich weiß, daß ihn nichts mehr treffen kann als das.

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Für all das, was ich mir selbst gern jeden Tag zu tun verschreiben würde, wäre ich mein eigener Arzt, für all das, von dem ich glaube, ich sollte es täglich tun, ist doch zu wenig Zeit. Ich könnte nur noch dies tun, ich würde meinen Tag damit füllen, und ich kann das nicht mehr erstrebenswert finden. Jedoch, die Losgelöstheit genießen von diesen Routinen, das kann ich gut.

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Mit dem, Agevausechsundachtzig!, den das Verlassensein trifft, saß ich zwei Nächte im Qualm und redete, und daß er mein Aufbrechen mit einem Griff hinter die Bar verneinte, das gefiel mir sehr.

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Ich überschätze meine Flächenleistung je Stunde, weil ich die des Bauern unterschätze. Ich gleiche das aus mit meiner Stundenleistung je Tag, und sogar die habe ich schon überschätzt. Es wächst doch immer die Arbeit den Möglichkeiten davon, und beiden voraus das großsprecherische Abtun.
Es gibt zwei Arten, sich nicht zu übernehmen, meinte der Bauer einmal, mit der Hand auf meiner Schulter. Man macht mehr, oder man nimmt sich weniger vor. Ich habe gelacht.

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Ich möchte eigentlich sitzenbleiben, beim verlängerten Stammtisch. Ich bin ja wie immer zu spät gekommen, entschuldige ich mich. Ich zwinge mich, und gegen elf bin ich dort.

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Ein Mädchen mit kurzen roten Haaren. Burschikos schaut sie, und so redet sie auch. Nennt ihren Namen und ist erstaunt, als ich den nicht kenne. Zählt Milchkühe auf, Anbindestall. Schweine. Ackerbau.
Irgendwann zeigt sie mir den Ring, der Länge nach durch ihre Zunge, und den Ring in ihrer Brust. Ob sich das so nach unten durchzieht, frage ich, oder ob sie den untersten Ring quer trägt. Sie lacht über meine Abwehr und lässt ihre Aggressivität sinken. Irgendwann erzählt sie von der Krankheit ihres Vaters, und die Sätze, die ich sagen sollte, sind nur noch Pausen. Ich bitte sie, zu lächeln und gehe.

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Eine Blonde, sehr Blonde, und sehr schlank. Alle sind sie sehr aggressiv, und dabei bin ich doch so ruhig und in mich gekehrt heute, was soll denn das, muß denn das sein? Sie stellt sich vor und ich sage ehrlich, daß ich mir ihren Namen sowieso nicht merken kann. Das will sie prüfen, sagt sie, und tänzelt davon.
Irgendwann taucht sie wieder auf und prüft, und ist sehr stolz auf mein Gedächtnis. Stolz auch auf ihre Pferde und ihren Führerschein, und ich bin schon sehr müde, als sie von mir ablässt.

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Draußen stehe ich, weil das Büffet auch da steht. Ich esse und winke den Grüppchen zu. Zu mir gesellt sich ein Mädchen, das sehr ruhig ist, geradezu auffällt in dieser Umgebung. Ich esse, und irgendwann stellen wir uns vor. Polizeianwärterin, und das hätte ich dann doch nicht gedacht. Ja, sagt sie, und daß sie noch zunehmen müsse, und sie sagt das so ganz frei von Koketterie, sondern sehr nachdenklich, weil man ja nicht wissen kann, wie das zu bewerkstelligen ist, an einem Büffet stehend vor einem, der beidhändig und genüßlich isst.
Dann sind wir still. Ich mag das, wenn man still sein kann und trotzdem zu zweit. Und ich überlege gerade, wie ich das sagen soll, ohne zu erklären, als die Tür aufgeht und die Musik herausschwappt. Einer zieht sie nach drinnen, und als sie mich ansieht, merke ich, daß ich nicht erklären muß.

Ich würde sie gern anrufen, aber ich kann sie ja nicht anrufen und still sein. Und dann reden alle von moderner Technik.

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Da sitzt einer, etwas abseits. Ich spreche ihn an, und er erzählt, er beschreibt, und ich sehe den Raum, den Lärm und den Rauch und die Zappelnden plötzlich wie er. Ich wechsle immer die Seiten, ich bin ja immer auf der Seite dessen, der mir erzählt, ich schlüpfe ständig in fremde Häute.
Plötzlich sehe ich, wie er, die Kaputten, die Übriggebliebenen in der Masse, und ich werde schwermütig, weil ich sie doch so mag. Doch ich folge ihm, wie ich Geschichten folge, und viel später erst frage ich mich, wieviel davon Verbitterung ist gegenüber jenen, die ihn abseits stehenlassen.

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Ein Mädchen zerrt mich davon. Sie ist sehr betrunken, und für einen Augenblick wäre ich das auch gern. Wir tanzen, und für einen anderen Augenblick denke ich daran, wie wir jetzt für den abseits Stehenden aussehen müssen. Wie wir im Geflimmer, in der Masse verschwinden, ich, den er für einen Verbündeten hielt und sie, von der er nichts hält.

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Der Bauer kommt noch einmal, sogar seine Latzhosen lachen mit ihm, und dann kommt noch einer, der einen Rock trägt, aber das ist nicht schlimm. Sie reißen sich die Hemden vom Leib, und wie ihre Hälse in den Krägen steckenbleiben, das stößt mich ab. Ihre Bäuche sind mir egal, ich schütze meine Flasche mit der Hand. Die Bäurin tanzt, und zwischendurch kommt sie zu mir. Der Bauer wird fünfzig, sagt sie, und fünfundzwanzig Jahre ist der Junior, und so lange sind sie auch schon verheiratet. Bevor ich etwas sagen kann, wirbelt sie wieder davon.

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Der Junior lacht nur zu Anfang, als ich mich zu ihm geselle. Später trinkt er allein und verbissen, und irgendwann schläft er ein. Ich habe Mitleid mit ihm, das ich nicht haben müsste.

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Auf dem Heimweg habe ich eine Begleitung. Sie trägt einen kurzen Rock und weiße Stiefelchen, und erst in der ruhigen Nacht sehe ich viel mehr. Beschämt verabschiede ich mich, und freue mich auf den Morgenkaffee dort, wo ich immer ein Bett habe.
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