Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

18.09.09, 13:23 | '10000 lightyears from home'
Und wie ich da gestern so vor mich hin pflüge, nachdem die Bodenplatte frisch betoniert und in Folie gekuschelt vor sich hin trocknet, da rede ich nebenbei mit einer ganz anderen Welt.
Allein das Reden; hier zwischen Schulter und Kinn geklemmt, weil die Pfoten dreckig sind und zum Fahren gebraucht werden, einen Gang langsamer wegen der Konzentration, dazu der Lärm und die Kühle und Frische und all das. Dort sitzt einer im Büro, warm und trocken, und ist einen guten Schritt weiter als ich. Abgabe der Diplomarbeit, und eben haben sie den Ausstand gefeiert. Er spricht leise und gesetzt, während ich hier schreien und singen könnte. Rundum kein Mensch, keine Bewegung, nur meine frischgezogenen Bahnen im Boden. Ich mag diese großen Schläge, wo man seinen Gedanken nachhängen kann. Auch wenn sie nicht mehr so fließen mögen.
An seiner Stelle würde ich singen und tanzen, aller Sorgen ledig, doch er hat schon die nächsten Sorgen. Was nun? Wohin, und er legt sich fest auf einen Beruf und eine Region und eine Frau. Wie unterschiedlich, das macht mir alles nichts aus. Genausogut könnte ich Betonbauer sein, für ein paar Jahre, oder bis ich die Lust verliere. Ich möchte doch so viel versuchen. Dabei auch der Gedanke, wie sich die eigenen Werte gewandelt haben. Wo ist die gewünschte Sicherheit hin, und die Festigkeit? Woher kommt diese Neugierde, diese schnelle Langeweile am Durchschauten, die mich weitertreibt? Und hinter allem die Frage, ob man davon leben kann. Nicht reich werden, nur leben. Eine Frage der Bedürfnisse, die zu definieren sein werden. Eine Frage der Vorbilder, die sich gewandelt haben, in den letzten Jahren. Und zuletzt eine Frage des Widerwillens gegenüber dem Werdegang, dem Gewöhnlichen, dem schmalos treibenden Strom, der einen an den Sorgenklippen entlangspült, der Ausbildung, dem Arbeitsplatz, der Familie. Wieso sollte ich mir das antun, wozu mich abmühen, wenn hinter jeder Kehre die nächste Sorge wartet, sich die kalten Hände reibt? Wieso nicht ganz anders? Wieso nicht versuchen, solange man nicht viel braucht? Wieso gegen eine Sehnsucht nach frischer Luft, frischen Leuten, frischem Leben ankämpfen? Wieso überhaupt sich auf diesen Weg zwingen, wo ich mir doch so viel vorstellen kann? Und da wächst eine Idee, die vielleicht nichts wird, aber versucht werden will.

Rauchzeichen




kittykoma   |   18.09.2009, 14:57   |  
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Mitrauchen
 

strelnikov   |   18.09.2009, 15:04   |  
Vielleicht ist die Sache gar nicht so schwarz-weiß. Letzendlich gibt der Bürojob einem auch die Freiheit auf den Acker zu gehen wenn man möchte.
Wie frei ist man eigentlich wenn man von der eigenen Scholle leben muss?
Letzendlich ist es ne Typsache ob man Unternehmer oder Angesteller sein möchte. Manch einer will nie wieder Knecht sein und eine Andrer ist froh wenn er keine Rechnung mehr schreiben muss und das Konto sich automatisch füllt.

texas-jim   |   18.09.2009, 23:11   |  
Sowohl als auch, daran denke ich. Verschiedenes machen. Ein Drittel Sicherheit, ein Drittel auf Kundenwunsch, ein Drittel Spinnereien. Und dann davon leben. Das wäre schön.
Mitrauchen
 

nnier   |   18.09.2009, 23:20   |  
Machen Sie das bloß nicht, "gegen eine Sehnsucht nach frischer Luft, frischen Leuten, frischem Leben ankämpfen." Es gab da diesen Tag, nach elend vielen Jahren im Büro, als ich krankgeschrieben war, aber mich gut fühlte. Und ich lief vormittags in der Sonne draußen herum, ich hätte vor Freude Purzelbäume schlagen können, du kannst jetzt einfach hierlang oder dalang laufen, musst nicht sitzen und dir nichts anhören. Da wusste ich, dass das aufhören muss.

texas-jim   |   19.09.2009, 03:53   |  
Sie machen mir Mut, und dafür möchte ich Ihnen danken.
Mitrauchen