Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Donnerstag, 2. 04 09

02.04.09, 10:42 | 'Das Auge des Betrachters'
Dein Lachen, das liebe ich. Deine Unbeschwertheit, die Du Dir erkämpft hast. Erschöpft siehst Du aus, abgespannt. Aber Deine Schlagfertigkeit, Deine Geschwindigkeit, Dein Maschinengewehrlachen, das alles hast Du wieder.

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"Ich sorge doch für meine Männer", sagt die Bäurin, als sie zwei riesige dampfende Töpfe ins Esszimmer balanciert und auf dem Tisch abstellt.
"Deine Männer?" fragt ihr Mann neckend.
"Ja, das sind alles meine", sagt sie und schaut uns der Reihe nach an. "So lange sie hier sein wollen."

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Ich hopple mit dem Radlader über den Hof, und zwänge mich knapp an einer sehr großen, sehr sauberen Limousine vorbei, neben der mein Beemes sehr klein und sehr dreckig wirkt. Allerdings gehört der hierher, darf der hier sein. Die große Limousine parkt in einer Pfütze, und es sieht aus, als sei sie damit nicht besonders glücklich. Das Bein zu heben traut sie sich allerdings nicht.
Rein in den Mischwagen, die Druckanzeigen fahren hoch. Fräse, Elevator, Schnecke, Paddel, Fahrantrieb. Gute Arbeit! wünscht mir die Waage, und ich klicke mir das erste Rezept auf den Schirm. Motor starten, Rückfahrkamera einschalten, hoch den Fräsarm und hurra.
Und daß genau in dem Moment der komplette Stadtrat vor mir steht, als ich rückwärts in den alten Stall zirkle, das erklärt auch die eingeschüchterte Limousine auf dem Hof. Ich habe links und rechts vier Zentimeter durchs Tor, das sieht auf dem Bildschirm immer so aus, als ginge das nicht. Tut es, denke ich, tut es doch!

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Meine Schülerin ist vierzehn und verschnupft. Sie lässt sogar die Jacke an und versteckt das Kinn im Palästinensertuch.
"Setz Dich", sage ich und schiebe ihr einen Stuhl hin. "Weißt Du eigentlich, wieso Du hier sitzt?" Sie schüttelt den Kopf. "Wegen meiner Noten vielleicht?" fragt sie zweifelnd. "Nein, weil Dein Stuhl niedriger ist als meiner", und das entringt ihr das erste scheue Lächeln. Unvermittelt fängt sie an zu fragen, und schon stecke ich mittendrin im Intervallhalbierungsverfahren.
Neun Viertel, sage ich, und sie grinst zum ersten Mal vorsichtig: "Ich weiß schon, daß Du auf Brüche stehst."
"Und auf Kopfrechnen", sage ich lächelnd.
Bei siebzehn mal achtzehn schiebe ich ihr wortlos den Taschenrechner zu. "Das große Einmaleins mußten wir im Kopf rechnen", meint sie mit hochgezogener Braue.
"Wir auch", gebe ich zu, "aber das ist schon lange her. Schließlich bin ich schon drei Jahre keine vierzehn mehr." Meine Altersironie geht ihr völlig ab, und wie will das mit vierzehn auch anders sein, denke ich, und dann denke ich noch, daß das sehr erfrischend ist, und wie sehr ich das Mädchen schon mag. Und so sitzen wir da, mit rauchenden Köpfen, und ich kann die zahlengefüllten Denkblasen über unseren Köpfen platzen sehen, bis sie "Dreihundertsechs" ruft, und ich "Hurra!"
Das ist es, was ich beibringen möchte. Das Knitze, das Vorlaute, die breiten Schultern. Und das gemeinsame Lachen. Dann lernt man Mathe fast von selbst.

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Ich möchte noch kurz die Ration ändern. Und rühren. Und. Und. Und.
"Hast Du schon gesehen, wie spät es ist?" fragt der Bauer. "Ich muß um halb bei Ilse sein. Große Politik, das wär doch auch was für Dich."
Ach, sage ich schulterzuckend, das muß ich nicht gesehen haben, und laufe durch den Stall, die Bedienungsanleitung in der Hand gerollt.
Ich sitze in der geschlossenen Kabine, das Radio spielt, und mit der Anleitung auf den Knien drücke ich an den Tasten herum. Ich mag das, wenn es lange hell ist. Wenn Feierabend ist, und ich nicht mehr auf die Uhr schauen muß. Wenn mich nichts mehr stört.
(In der Zeitung steht, daß Frau Aigner wegen Krankheit nicht erschienen ist. Hihi.)

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Mail vom Betreuer an seine "Schäfchen": Macht einen Spaziergang, euer Büro bekommt neue Möbel. Mache ich doch glatt, ich bin ja nicht so. Hurra.

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Das Hurraaufkommen in diesem Beitrag ist dem Frühling geschuldet, und der Sonne, und sowieso und überhaupt. Hurra.
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