Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 18. 08 14

18.08.14, 14:51 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Es ist nicht das Aufstehen, obwohl das auch schmerzt, wenn es vor fünf ist. Es ist auch nicht das Packen am Vorabend, das ich einigermaßen ingenieursmäßig über die Bühne bekomme, auch wenn der Salat schlußendlich doch im elterlichen Kühlschrank bleibt und die Birnen am Baum. Es ist der Verkehr um kurz nach fünf, bei dem schon ein paar Irre über alle Fahrspuren pendeln, mit den Bremslichtern flackern und irgendwie dann doch überholen, um vom nächsten, der sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält, wieder völlig überrascht zu werden. Der Lichthuper in dem Kleintransporter, dem ich einigermaßen ungerührt noch den Mittelfinger aus dem Dachfenster entgegenhalten kann. Es ist das dauernde Sitzen, das mich körperlich verspannt, und das Wasnun im dunklen, stillen Büro, das meinen Kopf verspannt. Es ist diese riesige Kantine, in der so furchtbar viele Menschen ungelenkt ihre Ellbogen um die Tabletts breiten. Es sind die Nachbarinnen am Tisch, von denen ich über mehrere freie Plätze hinweg - die es auch nur im August gibt - erzählt bekomme, daß ihre Freunde teure Autos fahren, teure Anzüge tragen und einen Kratzer in der Felge haben. Außerdem gehen die beiden diese Woche nicht zum Sport, sie kommen schließlich eben erst aus dem Urlaub. Es ist der matschige Käse, den ich zu dieser Unterhaltung esse, aus seinem Bett aus Krautsalat, umrahmt von Kartoffeln mit Ölpest. All das macht mir klar, daß ich hier nicht bleiben möchte.
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Dienstag, 29. 07 14

29.07.14, 14:57 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
In die nächsten zwei Wochen muß eine Menge Einkauf passen, eine Hochzeit mit Auftritt, nochmal die blöde quietschenden Bremsen am Auto, eine kleine Reise und ein wenig Ruhe. Und die Terrasse wollte ich auch noch neu verlegen.
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Dienstag, 8. 07 14

08.07.14, 20:08 | 'Der Vollstaendigkeit halber'

Ein Junggesellenabschied.

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Eine Rothaarige, die dann am Sonntagmorgen in einem dieser Fahrradröckchen auf der Bank sitzt, die Beine hochgezogen, und sich sehr bewußt ist. Ich werde unruhig, sage ich zu ihr.

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Das Pärchen auf Rädern, wie sie an einem der Anstiege stehen, die Räder quer, die Lenker lassen die Köpfe hängen. "Ich habe Körper!" lacht sie mir zu, als ich sie aufmuntere, und ein paar Minuten später fahren sie an mir vorbei ins Tal zurück. Ich würde auch gern so aufgeben können.

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Die Hälfte der Räder elektrifiziert. Und ich denke über einen Dynamo nach.

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Ein Wochenende, ohne daß ich einen Rechner hin und her schleppe.

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Plötzlich komme ich mir belastet vor.

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Wie sie laut sind und mich damit erschrecken. Und wie ich die Lauten trotzdem mag.

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Der Wirt. Spät in der Nacht erzählt er von Brooklyn und vom Boxen, von der Dienstleistung und der Grenze des Käuflichen.

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Punkt sieben am Gipfel.

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Ein Schneefeld bis zur Hüfte.

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Diese riesige Wand, mein Respekt und meine Liebe für diesen Fels, für dieses Mordstrumm Stein, und irgendwo die Idee des Bezwingens.

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Gstanzln und die Geschichte von der Waschmaschine Fiffy.

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Der Blick über das Joch in das nächste Tal. Ich will ja immer irgendwohin, wenn ich was sehe.

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Die Bremsen am Rad quietschen so unregelmäßig wie die am Auto. Muß ich also nochmal ran.

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Und dann die Idee, welches Moped wieder flottzumachen sei.

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Der Wohnungswechsel. Er rollt mit den Augen, ihr Verhalten kann ich schlecht beschreiben. Ich finde es nicht schlimm, nicht einer von euch beiden zu sein.

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Klatschnass ins Büro. Kann man mal machen. Mal sehen, wie lange ich den Kauf eines neuen Schutzbleches vor mir herschieben kann.

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Und plötzlich das Gefühl, belastet zu sein.
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Donnerstag, 8. 05 14

08.05.14, 11:59 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Jeden Abend fahre ich die Strecke zu den Proben. Und damit ich das nicht alles mit dem Auto machen muß, fahre ich mit dem Rad ins Büro. Dann mit dem Rad zurück und weiter zur Bahn. Einmal muß ich umsteigen, und dann darf ich auf der bekannten Strecke nicht vergessen, an einem völlig ungewohnten Ort auszusteigen, wo das Auto wartet. Damit fahre ich dann die restliche Strecke. Schnell ist das nicht. Und auf dem nächtlichen Rückweg gerate ich noch in einen Schwarm Betrunkener in Dirndl und Lederhosen. Die Polizei steht am Bahnsteig, jede Uniform eine kleine Insel im Getümmel.

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Wie man einen wissenschaftlichen Beitrag schreibt, lerne ich, und ganz am Rand dieser Schulung lerne ich noch, wofür ich auf der letzten Schulung einer jungen Dame im Gedächtnis geblieben bin: Kletterschuhe und Aufmüpfigkeit. Soso. Nein danke, keinen Kaffee mehr, ich muß gleich los.

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Die Maiennacht verschlafe ich. Erst drei Jahre ist es her, daß ich unter meinem eigenen Maien geschlafen habe. So schnell wird man also alt.

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Fliesen legen im Jugendhaus. Ich stelle das Telefon auf die Fensterbank und lege los. Ab und zu schaut jemand herein, auf dem Weg zu einer Wanderung oder auf dem Heimweg, und jedes Mal höre ich vom Tag der Arbeit, bis ich nicht mehr lachen kann.



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Am Abend Generalprobe. Ich werde geschminkt und frisiert, und am Ende stelle ich doch nur den besoffenen Bräutigam dar, wie ihn sich die Regisseurin vorstellt. Aha.



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Ich richte mich im väterlichen Büro ein, schnappe mir einen Tisch und belagere den. Und es fühlt sich gut an, dieser Rollentausch mit dem Senior, der am Brückentag Rentner spielt, während ich arbeite. Standing on the shoulders of a giant, denke ich, als ich an den leicht vergilbten Wänden hochschaue, die so viel Rauch ausgehalten haben. Fünfundzwanzig Jahre hier. Und immer, wenn ich aus dem Fenster sehe, wedelt freundlich ein Busch mit seinen Blättern. Aus dem Serverraum pusten die Lüfter, und ab und zu mache ich ein wenig Musik. So könnte ich arbeiten.



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Premiere. Ich bin aufgeregt, und wie immer verfluche ich mich vor dem ersten Akt dafür, daß ich immer Ja sagen muß und nie im Zuschauerraum still auf meinem Stuhl sitzen kann. Dann sitze ich doch auf einem Stuhl, auf der Bühne allerdings, drehe mich zu meinen Mitspielern um, das Licht geht aus, der Vorhang fährt zur Seite. Es geht los.

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Ich gehe klettern, ich will einer der ersten in der neuen Kletterhalle sein. Die Griffe sind noch sauber und rauh, die Routen sind leichter geschraubt, als ich es gewohnt bin. Athletisch, aber nicht technisch. Dabei mag ich mich doch winden und plagen, anstatt einfach nur an dicken Armen hochzusteigen.
Irgendwo dann doch eine technische Route. Ich steige vor, die Halle ist ruhig, ich bin motiviert, mache einen Sprung zum obersten Griff. Ich touchiere mit dem Kopf ganz leicht die Hallendecke, meine ich, doch etwas sticht mich. Ich erschrecke mich, zucke und falle. Mache noch einmal den letzten Zug. Als ich abgelassen werde, tropfe ich schon. Aus der Decke schaute eine Blechschraube, und mein Sicherungspartner, vom Baufach, erklärt mir, daß das so sein muß. Ich triefe noch ein wenig auf den neuen Fallschutzboden, denn im Verbandskasten lungern nur ein paar einsame Mullbinden, die ich so auch nicht haben möchte. Sie schreibt den Mangel auf, sagt das eifrige Mädchen an der Kasse, ich tropfe geduldig noch ein bißchen auf die Theke, und ein paar Kletteranfänger, die sich eben noch angestellt haben, gehen schon wieder.

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Am Abend noch eine Aufführung. Ich dusche in der Umkleide und bitte darum, mich mir Haargel zu verschonen. Sie wuscheln mir liebevoll durchs Haar, ich zucke zusammen und fange dann wieder an, still vor mich hin zu tröpfeln. Holzkopf.

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Mahd.


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Der Geruch von frischem Gras und heißem Getriebeöl.

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Wieder dusche ich in der Umkleide, und schon ist die letzte Vorstellung um. Irgendwas haben sie fallenlassen, meine Mitspieler, und die Regisseurin redet von Hätten, wären, könnten. Das kann ich immer weniger ab, je älter ich werde, und so schiebe ich sie von der Bühne. Einmal noch singend einmarschieren, einmal noch ins Bett fallen, einmal noch ein Bühnenbier trinken.

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Silo walzen.


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Betriebswechsel. Meine Theaterfrau schaut vorbei und ist begeistert. Das hat sie noch nie gesehen, sagt sie, und streichelt Kälber, während wir vor dem Silo warten. Ich erzähle ihr davon, daß es aussieht wie Ballett, wenn es richtig gefahren wird.

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Es wird Nacht, es wird wieder Tag.


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Der neue Ladewagen ist furchtbar schwer, und als erstes brauche ich dazu noch Ballast.


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Dem Häcksler geht der Sprit aus, und mir die gute Laune. Wütend pfeffere ich mein Telefon auf den Boden und anschließend hinter den Fahrersitz. Dessen Einfedern bekommt ihm nicht besonders, stelle ich später fest.

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Spät in der Nacht organisiere ich dies und jenes, packe einen Hausschlüssel in einen Umschlag und überlege, ob ich denn traurig sein sollte. Ich wüsste nur nicht, wann, also lasse ich es.

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Noch später in der Nacht komme ich in der großen Stadt an und überlege, ob man an einem solchen Tag, dessen Anfang schon längst verschwunden ist, auch mal auf das abendliche Zähneputzen verzichten kann. Das ist keine Krise, sage ich mir dann, das ist Dein Leben. Aber bevor ich ins Bad schlurfen kann, bin ich eingeschlafen, mit schmerzenden Händen und dem Vibrieren der langen Fahrten am ganzen Körper.

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Der nächste Tag beginnt mit Fingerübungen auf der Gitarre und dem Radweg ins Büro. Sind ja doch zwei Leben, schreibe ich. Und auf dem Rad zähle ich nebenbei die Monate. Halbzeit hier, sage ich, und dann erschrecke ich mich. Noch ein paar Monate, dann ist nach Dir so lang wie mit Dir war.
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Montag, 3. 02 14

03.02.14, 15:15 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Die Bäurin ist krank, also nehme ich mir den Tag frei und komme morgens zum Melken. Ich stehe immer noch nicht gern vor sechs auf, und leicht schon gar nicht, aber wenn ich dann da stehe, in den Overall und die dicken Stiefel schlüpfe, das Ofentürchen solange offen, damit das Feuer fauchen kann, dann fühle ich mich schon wohl, und das lässt dann den ganzen Tag nicht mehr nach.

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Waldarbeiterferien. Was für ein Wintertag! schreibe ich der Freundin in die Wärme, und auf Schnee ist sie ja immer ein wenig neidisch. Daß ich gerade mal hundert Meter über der Schneegrenze bin, verschweige ich, daß es kalt und glitzernd und voller Glück ist, sieht sie auch so.

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Heart of Stihl, texte ich grinsend, und dann habe ich plötzlich wieder Kettcar im Kopf, und ich schreibe noch auf, daß ich "Ich danke der Academy" mal wieder hören möchte, "für das Erkennen von Talent", und darauf hoffe ich ja immer, an mir selbst auch mal ein wirkliches Talent finden zu können. Nicht nur den blödsinnigen Spaß, der sich den Profis anbiedert.

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Und dann, plötzlich, habe ich ein irrsinniges Bedürfnis danach, "God only knows" von den Beach Boys zu hören. Im Wald kein Netz, und für sowas ist mein kleines Streicheltelefon auch längst nicht mehr smart genug.

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Gülleneuijahr. Die Bedingungen sind wacklig, und ich starte früh. Beim zweiten Fass klaube ich ein Holzstück aus der Düse und saue mich ein. Beim dritten Fass sehe ich die Schraube an der Domstrebe, und huiuiui, wenn mir das nicht aufgefallen wäre! Beim vierten Fass schließlich sauge ich einen Fetzen Plastik an den Schieber und dünge die Straße. Breit. Braun. Scheiße. Beim fünften Fass schließlich ist der Boden offen, und ich gebe das Fahren auf. Manche Tage, ey.

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Ich lasse mich noch provozieren.

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Irgendwann nachmittags ist eine alte Fuhre dran, die seit Jahren nicht mehr befahren wurde. Weil sich jetzt Besitz- und Pachtverhältnisse ändern, wird sie wieder benötigt, und die Eiche muß weichen. Alle Eichen liegen stihl, wenn mein starker Arm das will, kalauere ich, und dabei pocht mir noch das Blut in den Schläfen vom Krachen des riesigen Baumes. Dann klappe ich den Gesichtsschutz meines Helms hoch, lege eine Ohrmuschel hochkant und horche, wie es wieder still wird. Sehe dem Bauern zu, der mich zu der etwas heiklen Fällung begleitet hat und jetzt wieder ins Tal stapft. "Ruf an", sagt er, und wir wissen beide, daß ich nicht anrufe, wenn nichts ist und nicht mehr anrufen kann, wenn was ist. Zum ersten Mal haben wir getauscht, denke ich, als er sich den Baum angesehen hat und gemurmelt hat, zur Not könne man den auch stehen lassen, und ich den Kopf geschüttelt und mich an die Arbeit gemacht habe.
Keine Frau, keine Kinder, lache ich, und jedes Mal, wenn ich das sage, glaube ich mir für einen Moment.

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Dann Dornen. Die grünen Ranken, die sich um alles und jedes winden, die vor der Säge zurückschlagen und sich an allem festkrallen. Dann Schwarzdornen, hart und steif und mit riesigen Stacheln, die sich durch die gröbsten Handschuhe bohren. Brombeeren auch noch, struppig und dicht, und irgendwann haue ich mit heulender Säge um mich, um wenigstens die Füße wieder bewegen zu können.

Was hast Du gemacht, fragen sie abends, und Mit der Katze gespielt, grinse ich über den Flaschenrand.

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Auf der Generalprobe trifft er mich im Flug mit dem Reißverschluß seiner neuen Stiefel, und dann trieft auch noch der andere Arm und tut recht scheußlich weh. Ich werd' es schon verdient haben, lache ich und lasse ihn herunter.

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Und dann ist Montag.
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Dienstag, 7. 01 14

07.01.14, 09:18 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Das Übliche. Neu ist nur, daß mich der Verlust an Urlaubstagen stört, wenn man mit feiertagszerzausten Wochen aber auch gar nichts anfangen kann. Die Familie fordert den traditionellen Tribut, und in dessen Entrichtung finde ich mich immer schlechter. Der Streit und Ärger zwischen Menschen, die sonst durch ihre Arbeit voneinander abgehalten werden, eskaliert durch erzwungene Nähe, Ruhe und Frieden. Kommt dazu noch eine körperliche Einschränkung, die Rollen und Pflichten durcheinanderbringt, dann steht der Texaner an den stallfreien Feiertagen gegen Mittag im Dönerladen und wünscht sich die eigene Wohnung in das Heimatdorf. Denn der beste Rückzugsraum taugt nicht, wenn er achtzig Kilometer entfernt ist.

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Mal wieder Computersachen gemacht. Mit UEFI gebastelt, an IDE-Laufwerken Jumper gesteckt und mit vereinten Kräften ein Macbook Air ge- und verkauft. Also weder noch, aber ich habe mehr mit dem Verkäufer als mit der Käuferin telefoniert, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, was sie braucht und sie davon abzubringen, was er ihr empfohlen hat. Am Ende ein Macbook Air, und ich sehe jetzt schon auf mich zukommen, daß ich mich nun auch noch mit MacOS beschäftigen darf. Wenn man mal geflissentlich übersieht, daß ich das OS/2 Warp zwar ausgepackt, aber nie installiert habe, bin ich dann hiermit durch.

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Eine Menge Fahrradwerkzeug bestellt, das dann nicht geliefert wurde. Stattdessen bekomme ich ab und zu Mails, daß sich der "Status" irgendeines Artikels geändert habe. Es hängt wohl, wenn ich den Tabellen hinter der eine pfeilschnelle Lieferung anpreisenden Werbung glauben darf, am Lenkerband. Dafür kann man schon mal einen Kunden drei Wochen warten lassen.

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Ein dritter Händler ist nicht in der Lage, mir über das Amazon-System eine Rechnung zu schicken. E-Mail-Adresse wurde entfernt. Bald habt ihr mich soweit, daß ich in Läden gehe, ey. Und die Unterhemden sind auch nicht lieferbar.

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An einem Tag sitze ich morgens um kurz nach sechs in einem Dorf an der Autobahn, um schließlich kurz vor sieben eine Dame zu umarmen, ihre Ski in mein Auto zu werfen und zum Lift zu düsen. Die Verspätung ist ihr peinlich, einen Korb bekomme ich trotzdem.

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Überschussliebe.

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Ein bißchen Stall, ein bißchen Hof. Eine Bestellung, und sowas klappt bei meinen schwäbischen Sparfüchsen sowieso nie. Dann doch. Kein Donnerwetter, weil ich zehn Meter Kabel zuviel bestellt habe.

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"Spar Deinen Urlaub lieber", sagt er, als ich vom Fliegen erzähle, wir bauen dieses Jahr. Und ich freue mich schon mehr auf Beton und Stahl, als ich mich auf Inseln freue.

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Das Jahresende ist seltsam, denn ich bin unbekannt und nüchtern. Nachts schicken sie noch Bilder aus dem Krankenhaus.

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Siebenundsechzig Kilo, sagt die Waage in der fremden Wohnung.

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Eine Nacht sitzen wir im Auto, und da flammt es wieder auf, das Feuer für den Engel, der da sitzt und neben mir weint. Wir brechen auf in Richtung Innsbruck, mitten in der Nacht, und eine Stunde später stehen wir ganz woanders auf einer Brücke, schauen ins Wasser und fragen Menschen nach dem Weg zu einer Bar, die wir nicht kennen.

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Die "Besser-als-nichts"-Attitüde an mir.

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Wir treffen uns am Brunnen in der Stadt, trinken einen Kaffee und ein halbes Apfelschorle, dann kochen wir Bohnen mit Speck, schauen Videos von verrückten Sportlern und trinken Wein. Ihre Wohnung ist hoch und hell und duftet noch nach der Ente vom Mittagessen. Zwei Tage später breche ich auf, früh um fünf, und dufte noch nach ihr.

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Musik und Burn-Out und eine sehr fremde Sprache.

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Demnächst ist Fasching.

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Geh oder verreck, denke ich irgendwann, und für jeden anderen wären die Zeichen wohl längst Zaunpfähle gewesen, und ich erwarte noch einen Klaps für einen Kuss.

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Wie sehr ich verinnerlicht habe, nicht zu handeln, um nicht zu verletzten. Dabei macht Bewegung Freude.

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Dann liegen wir da, kreuz und quer und langsam abkühlend, und finden Ähnlichkeiten heraus. Contenance, denke ich, und "Contenance" sagt sie.

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Dieses Internet ist ein ziemlicher Hammer.

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Man muß keine Schritte gehen. Manchmal kann man springen. Ich kann doch auch Fahrrad fahren, ohne mich Monate wie ein Sportler zu ernähren. Ohne diese Hingabe, ohne dieses Aufopfern. Ich will doch nur radeln. Dann kann ich in der Zeit, in der ich nicht radeln will, anderes tun. Schach zum Beispiel.

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Schach ist für mich eine Quälerei. Und eine Sucht. Ich spiele gern, ich hasse meine Fehler, und offene Züge finde ich ganz furchtbar. Beim Schach gegen den Rechner lerne ich schneller, denke kälter und kann zur Not auch mal zwei Züge zurück. Wollte ja nur mal was ausprobieren.

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Die Blechtür, die Blechtreppe, der offene Gang vor den Appartements, und ich komme mir sehr amerikanisch vor. "Ich habe Dir die Post mitgebracht", sage ich.

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Meine "Bis-auf-Weiteres"-Attitüde.

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Manchmal kotze ich mich selbst sehr an.

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Ich kann Büro. Aber nur halbtags.

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Die Bäume sind noch nicht geschnitten, die Steuererklärungen noch nicht gemacht. Frohes Neues, dann mal los.

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Ich schreibe und warte, und dann warte ich nicht mehr. Ab und zu brummt es, aber da bin ich nicht willens und nicht fähig, und dann sind es alle und noch ein paar, die geantwortet haben. Warten ist der Fehler.

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Ich sortiere Mails, und weil mir nichts Besseres einfällt, nach Jahren. Ein paar lese ich, weil sie automatisch geöffnet werden, und dann schreibe ich "Erinra Hunawihr"?, wie ich das vor Jahren versprochen hatte. Die Adresse ist vielleicht tot, die Nummer schon lange. Es bleibt mir, nur alles Gute ins Dunkel zu wünschen.

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Gekannt gehabt haben ist ja auch so ein deutsches Ding, das ich erst jetzt herausfinde. Manche gehen ganz.

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Ich schreibe ein Datum und "Wow. Sehr wow." aus einer Zeit, als eine noch glaubte und ein anderer noch Romantiker war. Bleib Romantiker, antwortet die eine, und ich glaube weiter.

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"Anschluss finden" ist ein Problem und eine Herausforderung, aber ganz sicher kein Makel. Ich lerne ja doch noch.

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Ich mag es, wenn schnaubend Gefallen gezeigt wird.

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Eine Tochter bekommt Unterwäsche vom Freund, und dessen Freunde die Bilder. Ich sitze dann lange und überlege, ob ich verzweifelt sein soll. Aber der Durchsatz ist ein Segen: Was nicht aufgetrieben wird, geht unter. Und in wenigen Wochen wird sie sicher wieder aus dem Haus können.

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Wo ich überall Zahnbürsten haben sollte. Im Auto eigentlich.

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Dann plötzlich das Traumauto. Probefahrt demnächst. Los jetzt, es ist doch nur Geld!

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Der Verkäufer entschuldigt sich, überweist und schickt Neues. Daß zwar kaum mehr ein Einkauf auf Anhieb klappt, sich aber alle bemühen ist doch schon ein Fortschritt. Hoffe ich.

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Der Urlaub ist vorbei, und ich nehme meine Schmutzwäsche wieder mit. Die Richtung hat sich geändert, die Wäsche bleibt gleich, ich fühle mich besser. So einfach ist das, aber das Ziel, ohne Wäsche zu reisen, habe ich nun so gar nicht erreicht. Stattdessen sitze ich mit der letzten Hose im Büro und hoffe, daß niemand bemerkt, daß man die Hosenbeine abnehmen kann und eigentlich Wanderschuhe dazu trägt.

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Überhaupt Schuhe: Daß Spezialkleidung etwas sehr Deutsches ist, wird mir erklärt, und mit meinen Sommer- und Wintergummistiefeln, mit meinen zwei Paar Fahrradschuhen für SPD und CB, mit meinen Surfschuhen und Laufschuhen im Kopf kann ich nur zustimmen. Weniger Schuhe, denke ich, aber meine Arbeitsschuhe sind nicht mehr dicht. Für den Sommer tun sie es sicher noch, aber für den Winter bräuchte ich...

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Ich werde dies nicht ändern, sondern durchstehen, auf ewig, und mich daran zur Freude zwingen, weil dies die einzige Freude ist, die ich machen kann.

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Siebenunddreißig Urlaubstage verbleibend.

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Ich und die kleinen Gordischen Knoten.
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Mittwoch, 18. 12 13

18.12.13, 10:47 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Und dann sitze ich in der Kletterhalle an der Bar, in dieser letzten Bürowoche, in der alles gelaufen ist und ich meine Gedanken nicht in den Griff bekomme, an Dinge, die noch zu tun sind, an Dinge, die nicht getan sind, an Anforderungen und Fehler und die Zukunft, jetzt schon, auch wenn dahin noch anderthalb Jahre sind, und auf diesem Barhocker finde ich auch die Gewißheit wieder, daß alles schon recht so ist und alles schon recht werden wird, wenn ich nur weiter an den Seilen ziehe und nicht nachlasse, nicht nach rechts und links sehe, wo sie vorbeizuziehen scheinen, und dann reden wir von Training und Müdigkeit, von Stimmung und Balance, davon, wie man herauswächst, einfach so, ohne das zu wollen oder aufhalten zu können, und ich verteile selbstgebackene Nussschnecken und bekomme Fleisch in die Hand gedrückt, und Zucchini, weil sie übrig sind und sonst ablaufen. Ich sitze da noch eine Weile, werde still und stiller, schaue der Uhr auf die Zeiger - zehn Minuten noch bis zur nächsten Bahn sind es immer - verabschiede mich dann ruckartig und breche auf. Und dann stehe ich nachts in meiner kleinen Küche, brate Fleisch und Zucchini, Paprika und Zwiebeln mit Knoblauch, und lasse dann alles stehen und falle ins Bett. Schlafen kann ich nicht, aber dafür fällt mir sehr spät und sehr zerwühlt noch eine Entscheidung zu, wie mir doch irgendwie alles zufällt, wenn ich es nur lang genug im Kreis wälze. Und selbst ich kann das nicht für Arbeit halten, denke ich, und dann schlafe ich doch ein.
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Mittwoch, 6. 11 13

06.11.13, 13:35 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Das lange Stalldienstwochenende.

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Daß ich wenig verdiene, stört mich nicht besonders. Ich weiß es, aber es hat keinen Einfluß, denn ich arbeite gern. Ich sehe auch meine Vorteile, schätze sie. Es ist die Relation, die mich stört. Daß man wohl von oben jammern muß. Daß man sich wohl nehmen muß, daß man sich bewußt sein muß.

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Kochen in fremden Küchen.

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Statt Kino ein Film, und das zeigt mir wieder, wie schlecht ich Menschen einschätzen kann. Ich hätte wohl bis Sankt Nimmerlein gewartet.

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In völliger Dunkelheit.

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Manche halten sich ja nicht einmal fest mit ihren Händen.

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Der Genuß des fremden Momentes. Und wie ähnlich wir uns da sind, fällt mir erst viel später auf.

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Es ist ein Hin und Her. Und daß mich das Fahren stören wird. Ich bin doch mit zwei Plätzen schon überfordert. Jetzt freut es mich noch, ich organisiere mich ja gerne. Ich bin gern beschäftigt. Das ist der Trick, möchte ich denen immer sagen, die mich unleidig anschauen, wenn ich schon wieder nicht stillsitzen kann.

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Zwei Decken, zwei Kissen.

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Routine im Stall, und wie ich den sauberen Silostock mag. Nach einigen Stunden mit Gabel und Schaufel sind die Silos so, wie ich sie haben will, und so lange ich füttere, weiß ich, daß sie auch so bleiben werden. Die wenigen schnellen Handgriffe mache ich gern.

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Voran, voran, und am liebsten hätte ich zig Meter Edelstahlwinkel schon da. Schneiden, schrauben, basteln. Leider ist das Material noch nicht einmal bestellt, und darüber schwimmt noch ein guter Meter Gülle.

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Wie meine Freunde lächeln, als ich auftauche. Als wir auftauchen. Wie sie das Richtige sagen, um mich als guten Freund, als guten Menschen zu zeigen. Wie ich aufglühe in der warmen Luft dieser Worte.

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Ich fasse mir ein Herz. Ja, sagt er, und daß er sich schon lange wundert.
Später erst wird mir klar, daß man fragen muß. Daß einem niemand nah genug kommt, nie näher als sich selbst. Es ist Handel, es geht um Geld. Und es reicht noch immer nicht für die Miete. Es ist der Spaß, den ich mir monatlich einkaufe. Zu dem ich mich durchringe, was mir leicht und leichter fällt. Den ich mir erkaufe mit Kraft und Arbeit und Zeit.

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Man kann ehrlich sein und trotzdem nicht alles sagen. Man kann doch nicht alles sagen, nicht alles auf einmal. Man kann doch niemanden dadurch begreifen, daß der alles sagt. Was Du sagst, soll wahr sein, und was Du nicht sagst, soll das Wahre nicht unwahr machen.

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Ein Rennrad.

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Ein starker, gebräunter Rücken.

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Wir sind behutsamer mit unseren Herzen als mit unseren Körpern, und das bin ich ja auch nicht gewöhnt.

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Vom Stall ins Büro. Vom Büro in die Kletterhalle. Von dort ins Bett. Waschen, putzen, das Bett beziehen. Wieder Büro. Bei so einem normalen Leben kann man sich nie hinsetzen, oder?

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Zur Radtour in die Kälte muß ich mich auch überwinden. Umso mehr bin ich glücklich, draußen zu sein. Mit kalter Nase auf der Alb, mit Gegenwind bergab.

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Drei Tage, ein Overall.

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Allerhand Routinen. Allerhand Arbeit.
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Montag, 14. 10 13

14.10.13, 15:18 | 'Der Vollstaendigkeit halber'

Auf dem Heimweg kaufe ich schnell eine Blume. Ein Geburtstagsgeschenk, und dafür fahre ich auch mal mit dem Auto ins Büro. Like a flower, denke ich, aber in meinem Kopf sind ja doch immer mehr Lieder als auf dem Telefon. Also singe ich bloß.

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I am a flower
I grow for you
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Ich kann das wirklich nicht, dieses Angefahrenwerden, wenn ich etwas frage, wenn ich unvorbereitet bin, weil ich freundlich und arglos bin in diesem Moment. Ich verstumme, und das scheint zu helfen.

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Das kranke Mädchen und das kranke Mädchen und das kranke Mädchen. Sie machen mich krank mit ihren Krankheiten, und vielleicht verstärken sich solche Dinge tatsächlich gegenseitig. Ängste, Sorgen, Gehetztheiten.

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Ein paar Runden klettern wir trotzdem, und immer, wenn ich im Überhang meinen Fingern nicht mehr traue, wenn meine Unterarme dick und feurig werden, weiß ich nicht mehr genau, warum. Dann eine glatte Wand mit kleinen Griffen. Ich finde sie nicht unfair, aber ich bin auch einsvierundachtzig. Ich trainiere Klimmzüge mit fünfzehn Zusatzkilos. Ich kann mich manchmal in Züge versenken, auf meinen Körper konzentrieren. Ich steige eine Sieben vor, und zurück am Boden spüre ich, wie die Venen unter der Haut pulsieren, wie die Körperspannung sich auflöst und wie ich einen erlösenden Schrei unterdrücken muß.

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Auf Verdacht besorge ich Dichtband, Schlauchschellen und Adapterstücke. Wir vereinbaren sechs, und da sehe ich sie schon im Kreis stehen. Ich möchte das nicht mehr wissen, möchte nicht in diese Sorgen geraten. Mir reicht eine Sicht der Dinge, Deine Sicht, denn ich möchte nicht urteilen, ich möchte, statt unvollständig zu sein, lieber außenstehend bleiben.

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Ich flicke die Waschmaschine, die wir gestern nach oben getragen haben, an die Anschlüsse. Dicht. Die Begleiterin kocht, und so lange liege ich mit dem Hund am Boden. Endlich wieder ein großer Hund, seufze ich, und dann hat er auch schon meinen Arm zwischen seinen Fängen, die Pfoten auf meiner Brust, und von alldem bleiben am Ende nur ein paar Haare übrig, so gut kann dieses Tier sich dosieren. Ich werfe ihn um, er drückt mich zu Boden. Schleckt meine Ohren aus und meine Brille vom Kopf. Ich lache, und als die Begleiterin die Teller hereinträgt, glaube ich, daß sie uns schon eine Zeit zugesehen hat.

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Die Wohnung ist groß, und sie füllt sie mit Leben. Was ich sagen soll? Ich weiß es nicht, auch wenn sie zwei Mal fragt. Mein Schulterzucken ist nicht teilnahmslos, nur ahnungslos, sage ich.

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Die Routen, bei denen ich mich schon strecken muß. Supergirl springt und fängt sich, springt wieder und wieder, und irgendwann packt sie der Frust. Ich muß lachen, als sie da baumelt und gegen die Wand tritt, aber ich lache so, daß sie es nicht hören kann.

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An der Theke sitzen die Dörfler. Ich bin perplex. Meine Welten vermischen sich. Wo kommt ihr denn her, frage ich, schaue durch Bierkrüge und Schnapsgläser. Supergirl geht zur Bahn, und da war doch mein Plan, endlich, endlich, mich bloßzustellen, nicht nur von Begeisterung zu reden und davon, daß ich sie vermissen würde, sondern zu fragen, wie das denn werden soll, und zu erzählen, wie es denn geworden ist, in drei vier Sätzen auf einem Klebezettel entworfen, weil ich das sonst niemals zusammenbringe, und dann ist sie weg, und ich schreibe in die Nacht hinterher, daß Österreich verloren hat. Dann bleibe ich vielleicht, antwortet sie, und ihr sitzt der Schalk im Gesicht, das sehe ich durchs Telefon, und sie schreibt, daß ich warten soll, sie wird mir mehr Reiten beibringen, und vielleicht ist es das, von ihr zu lernen, von ihr zu nehmen, daß ich hinterher weitergehen kann. Überhaupt: gehen können. Weitergehen können. Weiter gehen können. Ich hätte gern, daß es weitergeht mit uns, schreibe ich nicht. Daß es weiter geht. Daß Du mir nicht nur Deine Wohnung zeigst. Nicht nur von Dir erzählst. Das schreibe ich nicht. Nur: Danke.

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Ich weiß nicht, was das Gegenteil von Hoffnung ist, aber ich springe sehr oft von dort nach hier.

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Wie soll ein Mensch das ertragen
Dich alle Tage zu sehen
Ohne es einmal zu wagen
Dir in die Augen zu sehen
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Es ist tiefe Nacht, und ich schleiche mit einem Bier in der Hand durch das Elternhaus. Setze mich zu meinem Vater. Wir reden nicht. Irgendwann steht er auf aus seinem deckenbehängten Sessel, und ich meine immer noch, den Rauch riechen zu können, nach zwei Jahren noch. Manchmal bin ich wütend auf ihn, und erstmals fällt mir in dieser Nacht auf, daß er mir mein Altern zeigt. Meine Gebrechlichkeit, meine Zeit mit Hosenträgern und Gürtel und allgemeinem Unmögen, und daß ich nicht so altern möchte wie er. Vielleicht bin ich deshalb manchmal wütend. Tu etwas, möchte ich ihm sagen, der so viel getan hat, der sich aufgeopfert und abgearbeitet hat, und der jetzt müde ist. Tu etwas, auch wenn meine Rezepte ihm vielleicht nicht helfen. Weil ihm sein Alter mehr sagt, als ich ihm sagen kann. Weil er so viel klüger ist, so viel ruhiger, so viel weiter. Vielleicht würde ich ihn auch nur gerne lächeln sehen.

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Ich atme Stallduft.

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Messerschleifen, Messer wechseln.

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Es ist nicht nur die Härte des Materials, die gewinnt. Manchmal gewinnt auch einfach nur die Zeit.

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Alle haben sie Termine, und ich schicke sie alle weg. Ich mache fertig, sage ich, und als ich allein bin, singe ich "Bonfire heart", und ich mag meine Stimme im Melkstand, und dann jage ich die zwei Kühe, die ausgebüxt sind, in Gummistiefeln und Gummmischürze, und selbst diese klatschenden Geräusche mag ich sehr.

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Abends bin ich zu müde. Das Telefon schweigt.

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Sonntagserledigungen. Banken, Blumen, Einkäufe. Ich besitze jetzt einen Toaster und einen Wasserkocher. Wenn ich nur Pitabrot und frischen Tee aus dem Urlaub retten kann. Und das Wissen um das Glück, neben Dir aufgewacht zu sein.

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Ich koche schnell und würzig. Gemüse, Reis, Sahne. Ich schreibe Mails an die Verwaltungen. Ich räume auf und um. Ich treibe wieder die Idee von meinem Bett. Ich packe die alte Gitarre ein. Ich suche farbige Flaschen und überlege, wie man Glas schneiden kann.

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Der Sonnenuntergang ist prächtig, und es ist dunkel, als ich in die Stadt komme. Mehrfach habe ich das Telefon in der Hand, aber dann lasse ich es bleiben. Lege Wäsche zusammen. Lese noch ein wenig.

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Gibt es etwas, das deutscher ist, als Pitabrote mit einer Perforation, an der man sie aufreißen kann?

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Ich muß mir meine Abende erkaufen. Und warum eigentlich nicht? Gemeinsamkeit gegen Geld, und ich bringe die Gitarre mit. Andere gehen zu den Mädchen in den Schänken, ich nehme Gesangsunterricht.

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Besuch uns wieder, sagen sie, und ich lächle. Die Frequenz ist schon richtig, der Takt zwischen uns.

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Im Internet sehe ich die Sonntage der anderen. Ausschnitte, gewählte.

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Vier Bilder aus diesem Jahr sollen meine Wände zieren.

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Letzte Woche ein Jahr.
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Sonntag, 22. 09 13

22.09.13, 15:33 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Es ist nicht Hektik, sondern der Wille, mehrere Tagwerke in die wenigen hellen Stunden zu fassen. Das macht mich nicht müde, das erschöpft mich und dreht mich gleichzeitig auf.

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Das leere Haus macht mir klar, daß ich nicht hier bleiben kann. Ich kann mir nicht vorstellen, die Räume meiner Eltern zu betreten. Sie sind fremd, und vielleicht ist das erwachsen.

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Die köstlich routinierte Stallarbeit.

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Ich sehe mich selbst, im Gegenlicht vor den drei Bergen meiner Heimat, in grünen Stiefeln und verwaschen schmutzigem Overall, den Reißverschluß halb offen, die Ärmel nach oben gekrempelt, die Arme verschmiert. Top Gun Pose.

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Diese winzigen, aufgemalten Kreisverkehre führen zu einem de facto Links-vor-Rechts, und es funktioniert. Mal über Gewohnheiten nachdenken, die irgendwie zu Natürlichkeiten überhöht werden. Dann hupt es hinter mir. Ich kann fahren.

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Bonfire heart. Das Lagerfeuerherz.

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Dreißig Stunden vor dem Abflug werde ich nervös.

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Blattfedern tauschen. Die Welle am Mulchgerät tauschen. Reparaturen, die laufen, die mechanisch klar sind. Teiletausch. Am Samstagabend steht mein Overall vom Dreck.

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Ich wasche, koche, putze und backe so selbstverständlich wie ich melke, Holz mache und Maschinen repariere. Ich bräuchte doch niemanden.

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Das erste Kaminfeuer der Saison, und ich wärme lange meinen Buckel auf der Ofenbank. Mein Wohnzimmer soll einst eine Wärmequelle sein.

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Wie es mich noch immer berührt, angeschnauzt zu werden. Ich will selektiver mögen, mich selektiver kümmern, mir aussuchen, wer mich treffen darf, wem ich mich zum Ziel mache.

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Geldschiebereien.

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Das eine ungezwungene Telefonat der Woche.

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Vor einer Flugreise mit Passkontrolle sollte ich zum Friseur. Das mag ich nicht, das schaffe ich auch nicht, aber rasiert ähnle ich meinem Bild nicht besonders. Über sowas denkt man nach, wenn man noch nie geflogen ist, jaja.

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Mal wieder ein Hemd tragen.

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Street fighting man!

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Erlösung kann man nicht erzwingen, vielleicht kann man nicht einmal darum bitten.

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Was will ich sein? Wie will ich sein? Kann mich das zufriedenstellen, was ich selbst sein kann? Brauche ich etwas, das ich nicht erreichen kann? Das nicht in meiner Hand liegt?

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Das Ferienhaus liegt drei Kilometer von der syrischen Grenze. Man hört Schüsse von dort, verlässt sich aber auf die Wirkung einer geraden, willkürlich gezogenen, imaginären Linie, die mit Feuer und Schwert verteidigt wird. Was Menschen eben so verteidigen. Das ist keineswegs abwertend. Ich würde mein Leben auch verteidigen. Andere verteidigen ihre Parteien.

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Karten aufs Telefon. Und Musik.

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Badehosen und Gegenstände zum Selbstschutz.

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Die eigene Unsterblichkeit leidet stark beim Gedanken an Gewehrfeuer. Krieg ist nur ein Wort. Es ist der Gedanke an den Lärm, der mir Angst macht.

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Der Gedanke, vielleicht einmal zu oft davongekommen zu sein.

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Pocketrock.

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Die Liste der Dinge, die ich haben will, und warum nicht.

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Der Duft von Kaminfeuer.

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Leider kann ich einen Koffer, der mir nicht gehört, nicht dauerhaft kennzeichnen. Aber auch dieses Problem wird sich lösen.

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Won't you come and save my day?

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Ich hatte aufgehört, mir nervös an den Fingern zu zupfen. Das habe ich erst bemerkt, als ich wieder damit anfing.

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Peressigsäure wirkt biozid.
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