Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 3. 08 15

03.08.15, 17:13 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Daß ich nun wirklich manchen Freunden den hoffnungslosen Alkoholismus ansehe. Da reicht es nicht mehr, die Augen zu schließen, da reicht es nicht mehr, auf den großen Spaß mit ihnen zu verweisen und darauf, daß sie ja ganz patent und unglaublich freundlich und arbeitsam und ehrlich und alles sind. Alkohol macht krank, und das sieht man. Doch der Mensch ist frei, und so sitzen wir einander gegenüber auf den Bierbänken, und wir lachen, sie rauchen und trinken, und ich halte mich an meinem Apfelschorle fest. Ich kenne mich und meine Schwäche, ich sehe euch, und insgeheim seid ihr meine Vorbilder und meine Ängste in einem. So wie ihr will ich sein, und doch nicht, niemals.

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Ich arbeite furchtbar langsam. Ich verbringe Stunden um Stunden damit, eine Zahl zu berechnen, die ich einige Seiten später dekonstruieren werde. Das soll zeigen, daß ich mich tatsächlich mit dem Problem beschäftigt habe. Daß ich es erfasst habe. Daß meine Einschränkungen Hand und Fuß haben. Sonst zeigt sie nicht viel, diese riesige Zahl, ein unumstößlicher Berg inmitten meines Textes, der sagen soll, daß ich auch in diesen Dingen exakt arbeite, und daß es tatsächlich ein großes Problem ist, das ich da dekonstruiere. Irgendwas und zehn hoch nochwas, und das ist wie Melonen tragen. Seht her, ich habe eine große Zahl klein gemacht, ich habe eine Melone getragen, und wie mich dieser Akademismus anwidert, so fasziniert er mich auch: Tatsächlich exakt zu sein. Annahmen als solche kennzeichnen, die Folgen beschreiben, die Schärfe des Menschenverstandes den Zahlenberg zu handlichen Brocken zerteilen zu lassen.

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Aus Angst vor Urlaub schiebe ich ihn vor mir her. Man muß doch was anfangen mit diesen wenigen Tagen, und ich weiß auch schon, was, aber ich tue es dann doch nicht, und die Arbeit ist Ausrede und Grund zur gleichen Zeit. Ich kann erst wieder ruhen, wenn die Seitenzahl ausreichend sein wird, und jetzt dürfen wir alle höhnisch lachen.

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Ein schneller Entschluß, ein halber Tag auf einem fremden Schlepper, ein wüst hoher Zweiachsanhänger im Genick, und selten empfinde ich ja ein direkteres Glück, eines, das mehr ist als ein Zahlenberg, das sich nicht dekonstruieren und kaum erklären lässt.

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Die ersten tausend Kilometer sind voll, das Maschinchen muß zum Kundendienst und sich die Freigabe holen für die nächsten Drehzahlen. Fünftausendsechshundert, Achttausendfünfhundert, zwölftausend, ich habe die Stufen längst auswendig im Kopf. Am ersten warmen nach den letzten kühlen Abenden fahre ich hundertfünfzig, ducke mich auf der Maschine, und wir springen ab, als unter uns die Straße nach unten knickt. Trägheit, denke ich und Schwerkraft, und der Helm ist voll mit meinem Juchzen, und dem tut es auch nichts, wenn einer schneller ist. Daß mein Glück so unabhängig ist, das freut mich, und so freut es mich auch, daß die Helden nicht mit jedem ihrer Lieder recht behalten.

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Ich überlege hin und her, und dann nehme ich die letzte Bahn. Ich weiß auch nicht, es muß die Flucht in eine Illusion sein, der ich die Einsamkeit nicht abnehme. Solange Lärm im Haus ist, kannst Du nicht einsam sein. Nicht beliebig. Ein billiger Traum, ein Aberglaube, und doch reißt es mich genug, grundlos. Ich fahre den Rest mit meinem Auto, habe den Geschmack der Anführungszeichen, die das "Zuhause" umfassen, schal im Mund, ein Reh, ein Schreck, nur leicht nach links, ich touchiere es nur, und mein Hintermann erledigt es dann. Er flucht und fährt weiter, ich rufe die Polizei, die sich um den Rest und die Reste kümmern muß. Am nächsten Tag sagt einer, sie würden noch viel zu wenige Gebühren erheben, und ich stimme ihm zu und verpacke das Ja aber, daß dann keiner mehr die Polizei holen möchte, ganz hinten, denn das Ja aber, daß die Rede zwar frei sein soll, sich aber in Gegenwart der Obrigkeit nicht immer empfiehlt, dieses Ja aber, das habe ich gelernt und trage es mit mir, ich Feigling, dem nun also genau die Freiheit verbleibt, die mir gebührt.

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Daß der Abend mit dem Treffen vor der Buchhandlung und dem wundervollen Essen in Kleinasien, daß dieser Abend sich genau überschneidet mit dem, was ich mir einen Tag zuvor erarbeitet hatte, das finde ich dann doch sehr amüsant, das verleiht ihm einen zusätzlichen Wert abseits dessen, daß ich nie vergessen kann, wie lange ich für dies und jenes zu arbeiten habe.

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Meine Strecken führen mich immer zu den Freunden, die nie da sind. Vielleicht wird das noch anders, vielleicht muß ich noch zielloser werden.

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Ich backe Brötchen. Ich koche Rotwein. Ich lege Fleisch und Eiswürfel und Prosecco ins Gefrierfach, und dann kommen sie alle in meine kleine Wohnung, und ich muß Stühle aus dem Garten holen, und dann essen wir und trinken und ich spiele Musik, wir reden und ich spüle danach tatsächlich alle Teller, die ich habe, und das hätte ich gern oft und öfter, diese Art des Feierns, aber mir gelingt das Feiern ja selten. Ich räume noch die halbfeuchte Wäsche wieder aus der Verbannung auf den Wäscheständer, von wo sie den Gästen hatte weichen müssen.

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Die Akzeptanz der Einsamkeit.
Das Erlernen der Einsamkeit.
Dieses Jahr hat es ziemlich in sich.

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Meine Hemmung, mich grundlos zu bewegen. Nichts ohne Grund.
Meine Hemmung, mich allein zu bewegen. Gesellschaft nimmt mir nicht die Unsicherheit, sondern macht mich mit ihr anlegen, treibt mich an und manchmal über.

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Ich darf die Einladungen nicht vergessen, die ich ausschlage. Die mir dann doch zu viel sind. Zu viel Unsicherheit dort. Es liegt auch an mir.

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Auf diesem Konzert am Freitagabend. Man drückt mir eine Kamera in die Hand, und es gelingen mir einige Schnappschüsse von Singenden, Spielenden, Klatschenden. Ich bin ja eher Zoom als Weitwinkel, ich will Gesichter und Bewegung statt Übersicht und Überblicken. Ich erwische einen Schalter an dem unbekannten, riesigen Gerät, und von da an wackelt alles, schärft sich ncihts. Ich bedaure und gebe die Kamera zurück. Dann gehe ich früh, weil ich ja doch niemanden sehe.

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Wenn mir die Arbeit entgleitet, wenn man mich von der Leidenschaft abbringt, was bleibt dann von mir?

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Schlaflose Nächte. Spät und später. Hector in seiner Mittlebenskrise macht es nicht besser, und die Plüschgewitter erst recht nicht. Aus Büchern ziehe ich dann doch noch mehr Gedanken, und mein eigenes Gewirr bringe ich erst recht nicht in Ordnung so.

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Ich denke, das möchte ich nicht. Wie das kommt, schriftlich und endgültig, und es besiegelt und beendet einen Prozess, der nun schon fast drei Jahre läuft. Ich müsste zugeben, daß ich längst nicht mehr kenne, was ich vermisse. Ich müsste zugeben, daß ich nie hatte, was für andere normal ist. Zugeben, daß manches unerreichbar bleibt.

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Eine Wohnung in der Heimat, vielleicht. Oder eine neue Heimat. Zumindest ein Versuch. Ich nagle mich stattdessen hier fest, denn Flucht lasse ich nicht gelten, Flucht ist kein Weg und kein Ziel.

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Am frühen Morgen gehe ich durch meine Straße, wo die Nachbarn ihren Sperrmüll vor die Tür gestellt haben. Ich schäme mich kurz und angemessen und packe dann zwei wundervolle weiße Stühle auf meinen Balkon. Ach, Möbel.

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Braucht ihr mich denn noch, frage ich leise. Bleib noch ein wenig, höre ich.

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Seit einiger Zeit bin ich länger aus der Schule heraus, als ich drinnen war. Ein Drittel Leben beim besten Willen. Ein Schreibtisch voller Papier, an dem ich schnell frühstücke und hastig zu Mittag esse. Ein, zwei Abende in Gesellschaft. Jeder Gegenstand ein Strang, an dem ich mich nicht weiter hangle. Die Pumpe, für eine Reise angeschafft, die verschoben ist. Das Rad an der Wand für die großen Runden, noch keine zehn in diesem Jahr. Der Schlafsack, mit dem ich kaum ein Dutzend Male auf dem Balkon geschlafen habe. Wer hätte das gedacht.

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Mäandern kann ich nicht. Marschieren kann ich gut.

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Ich hätte gern was mit Dir gemacht, schreibe ich einfach und ehrlich, und dann bleibe ich stumm, weil damit alles gesagt ist.

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Daß man aber auch immer träumen und hoffen muß.

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Ich schmeiße alles hin und werde Hipster, sage ich grinsend in den Spiegel, und dann setze ich doch den Rasierer an.

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Sie zählt die Schuhe über meiner Tür: Radfahren, Laufen, Klettern, Sonstiges. Und ich habe den Eindruck, sie redet den Rest des Abends kaum mehr mit mir.

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Im Halbdunkel.

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Ich wünsche mir für die Zukunft, daß diese Gegenwart nur eine zwischenzeitliche Vergangenheit gewesen sein wird. As tears go by.

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Mehr Mühe, das Gute zu sehen.
# |  2 RauchzeichenGas geben

Montag, 15. 06 15

15.06.15, 14:35 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Als wäre das Schreiben ein Abfluss, der mir verstopft ist, den ich gerade nicht mehr öffnen kann. Es hat sich so viel gesammelt, so vieles hat mich beeindruckt, daß ich kaum mehr beginnen kann, kein loses Ende mehr finde, ohne die anderen alle zu vergessen. Wider das Vergessen war stets mein Antrieb hier.
Jetzt hangle ich mich an meinen Bildern entlang, und sie bilden doch nur grobe Maschen in dem Netz, in dem ich gern alles fangen möchte.

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Einkäufe. Ich habe eine Kette erst gewechselt, als die Kettenlehre nicht einmal mehr zwischen die Glieder passen wollte. Damit war auch die Kassette fällig, und die habe ich in der Hektik eben vom anderen Rad gestohlen. Und nun stehe ich da mit der fixen Idee, mit einer neuen Kurbel, Kette und Kassette auf 2x10 umzubauen, wenn ich denn schon eine Kassette brauche. Aber da ist I-Spec, da sind irgendwelche Details, da rechnet man Kettenlängen und Übersetzungen hin und her, denn ein kurzer Käfig im Schaltwerk wäre doch auch sehr fein; und so kommt man doch zu nix. Aber man gibt auch kein Geld aus.

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Kundenentbindung selbst erlebt.
Keine Werbung? Das kann ich nicht, das gibt meine Liste nicht her, dann muß ich die Nummer löschen. Seitdem Werbe-SMS.
Keine Erreichbarkeit am Telefon? Schreibe ich eben eine Mail und bekomme die lapidare Antwort, man werde sich melden.
Lieferzeit? Normal eine Woche, und dann legt man sich einfach mal zwei Wochen in ein Loch, damit einen der Kunde nicht finden kann. Ihr scheint es echt nicht nötig zu haben, ey.

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Enttarnt war ich doch längst, und anonym bin ich auch nicht wirklich. Dazu gibt es dann doch zu viele Details, zu viele Bilder, zu viel Zeit hier. Aber angesprochen zu werden fühlt sich schräg an. Es hemmt mich, unerklärlich, denn was soll ich erklären? Daß ich lieber vor hundert Unbekannten als vor einem Dutzend Bekannter vor mich hin denke? Die Unbekümmertheit muß erst wieder wachsen.
Und die Vielfalt, die ich predige, die ich gern habe, die ich verteidigen will, die muß ich denn auch zeigen. Ich will anders sein können, ohne mich zu verstecken, damit auch andere anders sein können. Lass Dich im Kleinkram nicht auf Linie bringen, sage ich mir.

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Wie seltsam ruhig ich am Routeneinstieg bin. Ich höre mir das nette Geplapper an, ohne etwas zu sagen. Ich bemühe mich um ein Lächeln, turnusmäßig und grundlos. Ich mag euch ja trotzdem, möchte ich sagen - nur jetzt möchte ich mich konzentrieren.
In der Wand dann die Frustration nachlassender Kraft und zunehmender Angst, und wie ich beides sofort vergessen habe, wenn ich wieder am Boden stehe und mir den Schweiß von der Nasenspitze puste.

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Die Amerikanerin trägt ein rotes Kleid mit weißen Punkten und erzählt lachend von ihren Motorrädern. Von ihrem Rennrad.

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Angefixt von ein paar Minuten Einradfahren. Nun kriegt man mich also schon mit nur einem Rad. Wie einfach das ist.

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Wir treffen uns zum Bouldern in der sündig schwülwarmen Halle. Später regnet es noch, aber bis dahin sind wir längst verschwitzt und klebrig. Eine blonde Strähne klebt an ihrem Ohr, als wir nebeneinander auf der weichen Matte liegen. Wir führen uns vor, wie wir im Schlaf liegen, und ich denke kurz daran, wie großartig ein Sport ist, bei dem man in den Pausen als erwachsene Menschen nebeneinander liegen, selbstgebackenen Apfelkuchen essen und sich verschwitzt anlächeln kann. Man kann sich gegenseitig festhalten, während man auf den Sesseln den Rücken stärkt, man kann sich mit der langen Griffbürste ärgern, bis man halb aufeinander sitzt und dem anderen die Arme niederdrückt, bis man erst daraufkommt, was man da tut und ablässt, ganz ohne Verlegenheit.

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Es gilt nun, noch mehr zu bewahren, was man mir anvertraut. Vertrauensschutz.

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Wir trinken noch eins an der Bar, und sie lacht, als ich gegen alle Gewohnheit ein Radler trinke. Wie wir dann selbstverständlich im kühlen Regen stehen, während sie raucht. Wie wir dann selbstverständlich zu ihrem Auto gehen und sie mich mitnimmt, bis zur Haltestelle. Wie wir uns selbstverständlich umarmen, warme an heißer Wange, und wie ich mich wundere ob dieser Selbstverständlichkeit.

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Am Radständer Unordnung, die Räder durcheinander, und erst im Flur erkenne ich, daß da jemand am Schloss gesägt hat. Erfolglos, was ein Glück! und eine Mail an die Polizei schreibe ich dann trotzdem. Angst essen Seele auf, schreibe ich, lösche es dann aber doch wieder. Nüchternheit bewahren

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Samstäglicher Einkauf, im Ort wird ein Fest vorbereitet. Ich bin naß von einem Regenschauer und wundere mich, daß ich hier sein kann. Ich arbeite und wundere mich nicht, daß ich unruhig werde. Vielleicht ist es nur die Enge und die Untätigkeit, denke ich dann.

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Was man nicht alles so hat mit jedem Fahrzeug. Da sind die Felgen so hoch, daß normale Ventile viel zu kurz sind, also flicke ich erstmals einen Rennradschlauch. Ich radle dann über die Fildern, folge einer langen Straße um den Flughafen und hinunter ins Neckartal. Zehn Kilometer sanftes Gefälle, und ich bin ein riesiges, grinsendes Huuiii!, minutenlang.
Ab der Hälfte der Strecke kenne ich mich aus, könnte abbiegen, einen Abstecher in die Vergangenheit machen. Aber die ist mir gerade eh zu nah. Nein, sie ist mir zu fern, sie geht mir nur zu nah gerade, und ich weiß nicht wie ich sie von mir weisen kann, wenn sie mich nachts überfällt, wenn sie mir morgens den ersten wachen Atemzug raubt, wenn sie mich abends in der Dunkelheit vor sich her treibt. Du, denke ich, und Dir davon erzählen, doch das darf ich nicht. Jemand wie Du, denke ich, doch das ist eitel und lächerlich, und Überhaupt jemand, denke ich dann, aber das will ich dann doch nicht. Und so radle ich dahin und denke an Lehrerinnen und Doktorinnen, und ich mache mir Listen im Kopf, die ich schnell wieder verwerfe, wenn ich mich bei einem Aufzählungszeichen ertappe.

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Ankunft in einem leeren Haus. Warum, denke ich, und dann überfällt es mich, daß das die Zukunft sein wird. Fünf Jahre noch, oder vielleicht auch nur drei. Sie werden alt, sie ändern sich, und mein Widerstand kann doch die Zeit nicht aufhalten. Das Altern der Eltern. Die Kaffeemaschine ist zerlegt, der Kühlschrank ist leer, die Läden sind heruntergelassen. Ich lasse mein Rad provokant in der Tür stehen. Heute wird sich niemand daran stören.

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Wir stehen neben einem Minibagger, und dann trinken wir noch eins zwei drei, und ich weiß doch auch nicht. Ich sitze dann auf einer Bank und mir wird trunkenkalt. Ich stehe dann auf einer Schultoilette, wie schon vor vierundzwanzig Jahren. Ich gehe dann schnell, begleitet von Lachen und Musik.

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Let there be Rock!

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I'd run right into hell and back.

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Ich plane ein wenig hin und her, und mit ein wenig Optimismus werde ich schon alle schaffen, denen ich meinen Sonntag versprochen habe. Wie schön das ist, Sonntage zu versprechen!

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Wir reden beim Fahren, mein Kopf ist schwer, die Beine sind leer. Und trotzdem würde ich nicht anhalten, wir haben uns schon immer aneinander gemessen. Wir reden ehrlich, aber voller Freude, und so rede ich am liebsten. Es ist ja nicht alles schlimm, und was schlimm ist, lässt sich im Reden vielleicht verbessern. Alles ist Streben, alles ist von der Sonne gewärmt.

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Der Plastiknobelhobel auf dem Ipf, fast schon drüben in Bayern.

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Wie schön es ist, Interessen zu teilen. Wir kennen gemeinsame Menschen, wir zeigen uns gegenseitig Getreide und Felder.

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Einen Tag Dreck fahren. Ein Tag auf dem Bagger im Regen, und wie schwer dieses Glück wiegt, gedachte Bewegungen durch die Hände in die Maschine zu leiten.

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Im Zelt ist es eng und laut, und ich spüre mich schrumpfen. Ich darf das, sage ich mir, ich muß das nicht mögen. Und so grüßen wir freundlich und freuen uns daran, die größten Chaoten zu kennen, die mit Hut und Krawatte durch den See schwimmen und sich an sich selber freuen. Wir essen, trinken und winken, und ich freue mich am Handschlag.

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Wir radeln in einen Hof hinein, einfach so. Da stehen einige Männer, und plötzlich sitzen wir auf einem Kirchenfest, im Garten eines hunderte Jahre alten Gebäudes, wir essen Kuchen und trinken Kaffee und schauen den Kindern beim Spielen zu.

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Ein schönes Gesicht, denke ich und blinzle in die Sonne. Sie fragt mich irgendwann, und ich stelle mich einfach als den Vetter vor. Ich mache es mir gern einfach. Sie denkt ein wenig nach. Da war mal jemand, sagt sie, bei meiner Tochter, der wollte immer einen alten Porsche fahren. Ja, sage ich leichthin und doch ertappt, dann war das wohl ich. Aber dem Porsche bin ich nicht näher, sage ich lächelnd dazu. Sie scheint unter eine Wolke zu geraten, als sie von der Tochter erzählt, und ich habe plötzlich wieder das Bild im Kopf, auf meinem Sofa, in der Nacht vor meinem Geburtstag, vor tausend Jahren, in der Nacht nach dem Fest, Hand in Hand, in der Wärme und mit nichts im Garten, im Schwimmbad auf dem Rücken in den Himmel starrend, bis mich ein Schwall Wasser traf, und wie dann doch daraus nichts geworden ist. Sie ist weit weg, und ich bin noch da, und vielleicht sind Eltern ja immer so besorgt um ihre Kinder, müssen ihnen das Beste und die Nähe wünschen, und was wäre da besser und näher als ein Ingenieur, dessen einziges Laster Fahrzeuge sind? Die Wolken erdrücken sie fast, und mit fällt nichts ein, als zu sagen, daß die Welt hier für manche zu eng sein muß. Wir sehen uns um, das Lachen im Garten, Sonnenwärme, diese freie, ruhige Anhöhe mit der schönsten Aussicht der Welt. Ich bin ein Trottel und kein Trost, und ich habe heute, dreizehn Jahre später, noch einmal eine Mutter traurig gemacht. Es tut mir leid, denke ich, daß ich all das nicht geschafft habe, nie geschafft habe, in allen Anläufen nicht und nicht mit aller Kraft, mit allem Wollen und allem guten Willen.

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Wir verabschieden uns von der Gesellschaft und von einander, und ich sehe nach Stunden erstmals wieder auf die Uhr und auf das Telefon. Tage, von denen man nicht wissen möchte, daß sie vergehen.
Ich radle also noch ein Stück weiter, bis ich endlich überhaupt nicht mehr kann. Ich bin leer, ich bin erschöpft, und ich wundere mich selbst, daß ich noch mit einem Herrn vom Sicherheitsdienst ins Gespräch komme, daß ich nach Hause finde, daß ich noch essen und trinken und duschen kann, und daß ich dann im Liegen langsam abkühle, wach mit geschlossenen Augen und am Morgen mit schweren Gliedern.

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Zuvor noch am Bahnhof messe ich mein Glück in den Minuten, die ich auf die Bahn warten muß. Das funktioniert nur, wenn man weder weiß, wann die Bahnen fahren, noch wie spät es ist. Hektik kann ich nicht mehr, das geben die Beine nicht mehr her. Ich muß einundzwanzig von dreißig möglichen Minuten warten, und das ist ganz guter Durchschnitt hier. Ich sitze also in der Sonne, ziehe das Telefon hervor und beantworte die gesammelten Nachrichten. Telefoniere laut und lachend mit einem, der wieder am frischgemähten Gras mich wird berauschen lassen. Ende der Woche, sagt er.
Das Bild, das ich gegen Mittag noch gezeigt habe, ist ausgetauscht, und man sieht die feinen Linien der Arme nicht mehr, nur noch Strohhut und Lachen statt Kleidchen, und ich freue mich trotzdem schon und sehe es gar nicht ein, mich nicht an Schönheit freuen zu dürfen.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Mittwoch, 6. 05 15

06.05.15, 16:03 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Es ist mitten in der Nacht, ich bin übermüdet, überhitzt und überfahren, überwältigt irgendwie. Und genau dann bin ich ja dran mit Zähnezeigen. Dann will ich mir nichts mehr gefallen lassen, dann will ich mich nicht bedrängen lassen und mir schon gar nicht sagen lassen, was ich zu tun und zu lassen habe. Und dann muß sie eben dran glauben, diese verfluchte Nase an der Zahnbürstenhalterung, weil ich verflucht noch eins bestimme, welche Bürste ich wo benutze und wann ich sie in den Müll werfe. Weil ich genau dann stur auf meinen kleinen Schritten beharren muß, wenn die Rettung der Welt ein klein bißchen viel für den kurzen Rest der Nacht erscheint.
# |  7 RauchzeichenGas geben

Montag, 2. 03 15

02.03.15, 11:59 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Im März versuche ich mich an dem Experiment Produktivität. Ich versuche also, ein fleißiges Bienchen zu sein. Ich versuche, zu arbeiten, wenn ich arbeiten soll, mich zu bewegen, wenn ich das kann und will, und zu ruhen, wenn mein Körper und mein Kopf danach verlangen. Was das Herzchen will, das bekommt es ja sowieso nicht, dafür möchte ich im März neue Schäden vermeiden. Kann man ja mal machen: Arbeiten, trainieren, erholen. Prototypisch gutes Arbeiterverhalten, selbstoptimiert und alles. Oder einfach nur: Schaff mal was, fauler Texaner. Und denk mal drüber nach, ob das alles so richtig läuft. Denk mal drüber nach, warum Du Dir so vorkommst, als könntest Du nicht mehr richtig denken. Nur noch kurze Tippelschritte weit, ohne große Ideen, ziellos, entmutigt. Das alles möchte ich versuchen, in diesem März. Und Urlaub. Ein fremdes Land mit fremder Sprache, ein langer Flug, ein Rucksack, eine gute Freundin als Begleitung.

Bis dann, im April.
Haben Sie es wohl.
# |  2 RauchzeichenGas geben

Montag, 9. 02 15

09.02.15, 14:57 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Ich muß ja immer alles nacharbeiten. Die Umarmungen, das Lachen. Die Zurückweisungen, das Annähern. Die kleinen Umarmungen, die langen Blicke. Ich kann das Leben ja nie so schnell verdauen, wie ich es fressen möchte.
# |  4 RauchzeichenGas geben

Dienstag, 3. 02 15

03.02.15, 17:13 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Rückwärts erzählen.

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Doch noch gelaufen, weil ich auf der Heimfahrt diesen Jogger sah. Ich wollte aber nicht an den Hauptstraßen laufen, und Nebenstrecken werden hier ja nicht geräumt. Wunderbare grüne Stadt, denke ich, in der die Bürgersteige so spiegelglatt sind, daß selbst jemand, der auf einem Bein auf einem Balanceboard stehend in einem glatt gefliesten Badezimmer freihändig Zähneputzen kann, nicht mehr laufen kann. Ich schlittere im Stehen den Hang hinunter und wundere mich nicht mehr, daß niemand unterwegs ist. Die Straßen sind trocken von Salz. Klar, da sind ja die wichtigen Autos, die man aber eigentlich überhaupt nicht mehr in der Stadt haben will. Dreißig Prozent weniger will der Oberhäuptling, und dann setzt der sich in seinen Dienstwagen, lässt die Straßen räumen und die Radwege und Bürgersteige so vereisen, daß sich niemand mehr bewegen kann. So mag ich die Grünen ja am liebsten, wenn ich so richtig sauer auf sie sein kann.
Ich biege irgendwo ab, lande im Wald, lande in knietiefen Pfützen, die unterm Schnee versteckt sind. Zehn Kilometer am Schluß, ha! Dann spüle ich in Unterwäsche ab, weil ich ja immer nachschwitze, winke der Nachbarin, nehme eine Dusche und ein Bier auf dem Sofa. Easy living.

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Ich bin so euphorisiert, daß ich lieber falsch als langsam spiele. Offbeat, sagt der Lehrer ein ums andere Mal. Offbeat. Tod und Teufel, und ich wollte immer einigermaßen synchron sein. Trotzdem: Follow me in Dauerschleife. Und meine Nachbarn müssen das ertragen.

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Es ist schön, mit dem Faschingsverein essen zu gehen. Die Jungen Wilden, die noch jüngeren Schüchternen, und wir alten Herren des Elferrates.

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Dichtes Schneetreiben vor dem Umzug, und erst, als wir auf dem Wagen stehen, scheint die Sonne. "Wir machen das noch nicht so lange" sagen mir die jüngsten Gardemädels, und auf dem Heimweg sind sie schon frech genug, mir die Blume aus dem Knopfloch zu stehlen. Ich nenne sie einfach alle Schatz, weil ich mir ihre Namen zu den glatten Gesichtern nicht merken kann.

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Vielleicht ist mein Problem, daß ich es nicht Arbeit nennen mag.

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Der Wocheneinkauf ist teuer diese Woche. Kommt davon, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Und Bier kauft. Aber hey, ich habe wieder Bier im Haus und muß nicht mehr am Bahnhofskiosk grüne Flaschen kaufen.

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Der nächtliche Abbau. Es ist wie immer, das Fest ist mir zu schnell vorüber. Jetzt, genau jetzt hätte es noch ewig so weitergehen können.

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Einhundertundfünf Kilometer gelaufen im Januar. Gegen Ende ein wenig nachgelassen. Dafür sind die Waden und Fußgelenke nun wieder schmerzfrei. Dauermuskelkater ist ja auch nicht so meins.

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Unbedingt wieder mit dem Beastmaker trainieren. Fingerkraft.

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Einen Vortrag sollte ich ja auch noch halten. Huch.

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Arbeitskonzentration fällt mir so schwer.

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Auf dem Weg ins völlige Durcheinander. Nur noch Fetzen hinterlassen hier.

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Ich spüle Gläser und Becher und betrinke mich gewissenhaft. Und immer wieder ein einzelner Becher mit pinkfarbenem, klebrigen Lippenstift. Sie trinkt ganz schön viel, denke ich.

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Das Gefühl, zu alt zu sein. Ich gehöre hier nicht mehr her, denke ich, als ich allein in der Halle stehe, umgeben von der tobenden Jugend. Ich gehöre mit Dir irgendwohin, wo wir laut lachen können und uns leise in die Augen sehen. Wo mir nicht vom Stehen die Beine wehtun, sondern vom Tanzen der Schweiß hinabrinnt. Wo ich nicht schauen muß, wer in wessen Armen liegt, sondern wo ich wissen kann, daß wir in einem Bett liegen werden. Ach, Mist.

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Dann ist plötzlich Februar, mitten in der Nacht, und ich sehe sehr oft aufs Telefon und muß mich noch mehr am Riemen reißen. Ich denke an diesen Morgen, als Dein Telefon klingelte und Du Dich entschuldigt hast - dieser Ton gehört Deiner Schwester. Und dann standest Du da, nackt im Morgen vor dem Bett, das Telefon am Ohr, die andere Hand verlegen in den Haaren, und ich konnte die Frage nur erahnen, wo Du bleiben würdest, und Du nanntest nur den Namen der großen kleinen Stadt, fragend, entschuldigend, lächelnd, und ich war froh und glücklich darüber, denn das war freundlich zu mir und dieser Stadt, das war verheißungsvoll und versprechend, und eine Woche später saß ich dann bei Deiner Schwester am Tisch und sagte den Namen Deiner Stadt und lächelte, als sie mich etwas ganz Ähnliches gefragt hatte.

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Das Freitagsklettern an der Hochschule gefällt mir. Dieses Mal bricht ein Griff unter meinem wuchtigen Antritt weg, und ich schleudere brachial und unkontrolliert gegen die Wand. Es kracht, und das sind die wichtigen Stürze, denke ich. Die machen stark im Kopf. Oder sie versauen mich ganz fürs Felsklettern, denn von dem im Herbst ausgerissenen Brocken und dem Glück, nun nicht ein zweites Holzkreuz an meinem Heimatfels zu sein, komme ich immer noch nicht recht los. Ich reibe mir das Blut vom Schienbein und klettere noch einmal. Ein Reibungstritt an der Wand, etwas mehr Gewalt an den Fingerspitzen.

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Wie mir die Frau des besten Freundes beiläufig mitteilt, daß sein Vater gestorben ist. Seine Augen glänzen, und ich bemerke erst jetzt die Stille, die ich bislang zerredet habe. Ich weiß nicht, was sagen, ich weiß nicht, was denken. Tut mir leid, sage ich leise, und als sich die Damen auf das Sofa verziehen, da trinken wir still und leise Whisky und Bier. Vielleicht ist es das, was Freunde tun können, tun müssen. Ich weiß es nicht. Noch einen, fragt er leise, und ich nicke. Ich bin da, sage ich durch das bernsteinfarbene, scharfe Gesöff. Ich bin da, und wenn es alle Flaschen Whisky dieser Welt kostet.

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Es ist eine ziemliche Arbeit, die Liebe zu relativieren, denke ich mir. Und es ist immer, immer wieder schade drum.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Dienstag, 20. 01 15

20.01.15, 11:47 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Am Freitag, da fahre ich erstmals einen Umweg für mein Telefon, das ich liegen gelassen habe. Und erst da wird mir klar, wie man sich heute verabredet: Wo genau? Ich melde mich. Wann genau? Ich melde mich. Wie genau? Ich melde mich. Und das alles ohne Telefon?

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Hach, diese Hochschule. Wir legen die Matten im Treppenhaus aus und bouldern, bis die Schultern schmerzen. Dann ein wenig Fingerkraft, und neben uns sehen ein paar Boxer erstaunt hoch, wie wir an den dünnen Leisten hängen. "You're tough" sagt einer, und von seinen Handschuhfäusten möchte ich keine gescheuert bekommen.

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Dann sitze ich tatsächlich im falschen Café. Oder im richtigen, so genau kann das keiner sagen. Wir finden uns, dank sei dem Telefon, und dann essen wir gemeinsam und erzählen uns was. Sie packt irgendwann ein Kartenspiel aus, mit Zerstörungspunkten, Dinosauriern und Robotern. Es ist spät, als ich sie nach Hause begleite, durch die Kopfsteinpflasterstadt am Hang, im leichten Niesel, wir beide unter unseren Kapuzen.

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Auf dem Heimweg denke ich noch an ihre Erzählung von der Kreuzfahrt, und wie das alles so gar nicht zu mir passen kann. Dabei kann ich mir eine Kreuzfahrt überhaupt nicht vorstellen, oder besser, ich weiß gar nicht mehr, was ich mir alles vorstellen kann oder was zu mir passt.

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Wir bauen den Faschingswagen auf, und der Bauunternehmer bringt seinen Lastwagen dazu. "Du kannst doch Stapler fahren und Schweißen" sagt er zu mir, und so wird das ein ganz großer Morgen.

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Eine Generalprobe in der staubigen Holzwerkstatt.

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Ein Schläfchen.

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Eine Generalprobe im Gymnastikraum.

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Wir fahren mit dem Bus zum Auftritt, und dort gebe ich mich weltmännisch, als mir eine junge Dame den Preiszettel vom Hut klauben will. Das gehört so, sage ich und tue, als würden sie mir alle nachstellen. Ich sehe sie nicht wieder an diesem Abend.

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Kabinenfeiern.

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Die Konfettikanone im Mund.

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Hallo? Hallo? Hallo?

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Unser Kreis, und wie er uns anzuschreien versucht.

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Sie stoßen die Köpfe aneinander.

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Hektisches Umziehen. Ich bin gleich noch einmal dran.

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Ich stehe gern verschwitzt und halbnackt auf einer Bühne. Liegen ist aber auch okay.

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Wir fallen in der Nacht noch über einen Geburtstag her. Wir trinken sehr viel. Und wir essen wilde Dinge. Pizzaschnitzel, Muffinschnitzel, Schnitzel. Der Vetter und ich, wir zwei Maschinen.

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Ich bin der Älteste hier, und das Unwohlsein trinke ich weg.

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Dann pöbelt mich einer an. Einer, der anstrengend ist, und den ich deshalb schon lang ignoriere. Der mir immer wieder etwas erzählen wollte, das ich nicht hören will. Warum immer ich, überlege ich und versuche, ruhig zu bleiben. Was treibt euch denn dazu, mich auszusuchen, zuerst für eure Vertraulichkeiten, dann für Zudringlichkeit, und mit meinem Unwillen dann zur frustrierten Aggression? Ich sage nichts, ich atme tief durch, und erst auf dem Heimweg denke ich mir, wie befreiend das Zuschlagen früher gewesen war. Warum nicht? Muß ich denn immer älter und klüger werden? Habe ich nur Angst vor meiner Schwäche? Davor, daß ich immer noch nicht zuschlagen kann wie andere, daß ich innehalte, daß ich Rücksicht nehme?

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Das Vermissen in Wellen. Ich wache immer noch an Dir auf. Ich sehe immer noch die Hundehaare auf meinem Beifahrersitz, und wie Du verschwitzt und rotwangig den aufgedrehten Hund herztest, eine Hand auf meinem Oberschenkel.

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Ich kann heute nicht laufen, ich bin noch immer wie erschlagen. Stattdessen wandern wir durch den Wald und lachen, und warum machen wir das eigentlich nicht immer? Das Jugendhaus als Treffpunkt, als Basis für gemeinsame Unternehmungen, wann ging das verloren? Mit dem Telefon, das weiß ich längst, denn damals ging auch ich verloren.

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Erst am Montag ziehe ich den Sonntagslauf nach. Jetzt auch mit Herzfrequenzmessung, und so recht weiß ich auch noch nicht, was ich damit anfangen soll. Außer, daß ich nach wenigen Kilometern am Ende bin, weit entfernt von der angepeilten großen Runde.

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Regale aufbauen.

Es ist ziemlicher Quatsch, das hier zu tun, wo ich nicht sein will. Und allein, wo ich ständig drei Hände bräuchte. Aber es ist richtig, es muß sein, denn der Aufwand zeigt mir Wert. Dann war da heute morgen noch ein Artikel, den ich nicht mehr finde, über Männer und ihre Wohnungen, und ich erinnere mich plötzlich an Dein Entsetzen, als Du in meiner Wohnung standest. Vielleicht ist es ja auch nur das.

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Wie Du damals in meinem Schrank geschaut hast, und mich gefragt, ob ich denn tatsächlich nicht mehr zum Anziehen besitzen würde. Doch, habe ich gesagt, aber die Anzüge trage ich selten, und die Arbeitskleidung nicht hier.

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Wie mir diese halbe Stunde in der Woche dann doch immer wieder die Begeisterung an der Gitarre zeigt. "Du singst gern", sagt er, und ich muß lächeln. Ja, das tue ich.

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Früh zu Bett, der Körper rumort. Nachts schwitze ich schwer.
# |  10 RauchzeichenGas geben

Dienstag, 13. 01 15

13.01.15, 10:52 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Mein Leben mit einer kommentarlosen Empfangsbestätigung. Es gilt nun, bis zum Februar durchzuhalten.
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Montag, 24. 11 14

24.11.14, 11:38 | 'Der Vollstaendigkeit halber'

Wagenrennen.


Rosafarbene Schabracken können Füchse einfach nicht tragen.


Und plötzlich verstehe ich Flamenco.


Leichte Runden enden ja immer mit Schmerzen und zweitausend Höhenmetern.


Ich bin ja sehr verliebt in diese meine Heimat.

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Und all das möchte ich unbedingt teilen.

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Ich verschicke Herzchen und pfeife auf die ironische Distanz.

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Es ist schön hier, mit Tanzprobe und Gelächter und gemeinsamen Filmen. Anderswo ist es auch schön, und damit muß ich ja auch erst mal klarkommen.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Dienstag, 9. 09 14

09.09.14, 12:49 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Am Montagmorgen bin ich um vier wach. Ich liege dann noch eine Weile unter einer viel zu warmen Decke und schaue der Nacht zu, wie sie dem Tag weicht. Um fünf klingelt ein fremder Wecker für mich, ich schnappe mir mein totes Telefon und den Rest meiner verstreuten Habseligkeiten und tappe ins Bad. Keine Zahnbürste, dafür eine Waage. Schon in Schuhen und immer noch mit dem toten Telefon in der Hand stelle ich mich darauf. Siebzig geradeaus. Es ist eben doch ein Unterschied zwischen der massiven Muskulatur, die sich im Klettertraining und am Campusboard bildet, und der säurefesten Ausdauer, die sich beim Radfahren ergibt. Ich mag meinen Körper, denke ich, und ich mag, wie er sich anpasst.
Als ich das Auto starte, ist es zehn nach fünf. Es ist wenig Verkehr, und es ist guter Verkehr heute; ich fahre um sechs ins Erdgeschoß des Parkhauses ein. Schnell genug, daß ich meine Wohnung aufgeben könnte, denke ich, aber dann -. Ich ziehe mir im leeren, dunklen Büro tauglichere Hosen an, spüle die Zähne wenigstens mit Mundwasser durch, das ich hier aufbewahre. Den künstlichen Kantinengeschmack bekämpfe ich ab und zu mit genauso künstlichem blauen, nach Minze riechendem Wasser.
Ich teile mit, daß ich übers Telefon nicht erreichbar bin. Ab und zu schaue ich dann auf den leeren Platz auf meinem Schreibtisch, während ich an meiner Wochenarbeitsliste hin und her hangle, ohne wirklich bei einem Thema einzusteigen. Dringend, wichtig, sofort, aber im Moment mag das nicht recht funktionieren. Eine Nachricht im Entwürfe-Ordner, die ich nicht verschicken mag. Ich würde so gern ein freundliches Lebewohl verschicken, finde aber die Worte nicht.
Ich verabrede mich für fünf, mit c.t., wie immer, wenn ich mit dem Auto in die Stadt muß. Ich gehe um halb fünf und fühle mich wie halbtags, auch wenn ich schon mehr als zehn Stunden hier bin. Effizienz statt Zeit, sage ich mir, aber Effizienz ist eben auch nicht jeden Tag.
Wir sehen uns nicht, wir können uns nicht schreiben, wir treffen uns, als die Kabinentüren hinter uns zufallen. Lachend steigen wir die Treppen hoch.
Zu Beginn klettere ich ein wenig härter, lasse irgendwann nach, als mir die Finger nachgeben. Das sind Deine Touren, und ich gebe mir Mühe, mitzuhalten. Es ginge noch was, denke ich, aber es geht ja immer noch was. Eine Gestalt aus den Augenwinkeln, dunkle, lange Hosen, ein ärmelloses Oberteil. Ich kann Deine Gegenwart immer noch spüren, aber nicht mehr jeder kann sie mir ansehen. Wir reden zwischen den Routen, zu Beginn ich, bis ich leergeredet bin, dann Du mit Deinen Gedanken, Fragen, Geschichten. Ich bin ein guter Zuhörer, wenn ich nichts mehr loswerden muß, und ich bewundere, wie Du das abwartest und mit mir lachst bis dahin.
Ich hänge noch ein wenig, steige am Campusboard, mache Schwimmbewegungen auf der Matte, die Nase nur Zentimeter vom Boden rieche ich den Schweiß und den Staub. Eine Blonde läuft vorbei, und ich bin alt genug, um bauchfrei nicht mehr gut zu finden, obwohl sie es durchaus tragen kann. Ich mag aber hier nicht abgelenkt werden und wende mich wieder ab. Zwei hangeln sich um den Biertisch, lachend, und ich bin kurz davor, sie zu ihren langen Beinen zu beglückwünschen. Konzentration, noch eine Runde an den Ringen. Auf dem Weg zur Hangwaage, auf dem Weg zur menschlichen Flagge. Dann dusche ich ausgiebig, und als ein Mitarbeiter nach dem Licht schauen will, lache ich, daß ich mich auch im Dunkeln waschen kann.
Es ist zehn, als ich in meine Wohnung komme. Sie riecht frisch nach dem gekippten Fenster, und es ist immer noch warm draußen. Ich lade das Ersatztelefon und esse Käse und Oliven aus dem Kühlschrank. Ich bin schon zu müde, um mir Brot zu backen, und ich bin viel zu müde, um das Bier auszutrinken. Meine Decke ist angenehm leicht, und ich muß die englischen Sätze aus "Going Solo" mehrmals lesen, weil mir der Kopf davonschwimmt. Auf dem Ersatztelefon sammeln sich die Nachrichten des Tages. Um elf schlafe ich, und wache erst um sieben wieder auf. Der Nacken ist ein wenig steif, die Finger bewegen sich etwas rauh. Sonst keine Schmerzen.
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