Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

30.04.06, 15:23 | 'Nachdenken im Dativ'
Und die seltsame Verkleinerung und Verfremdung der Welt auf diesen winzigen Schirmen, tausendmal dasselbe Bild in grellblauweißleuchtend, knipsen statt gröhlen, darüber ist schon zuviel geschrieben worden; Merkwürdige Stimmung, so inmitten von himmelwärts gerichtetenTelefonen zu stehen; strange things and I; wenn Dich der Wahnsinn anlacht; toller Bildausschnitt, so von den Schultern zum Bauchnabel; don´t care about who can see you; wild wichsend durchs Dorf rennend; Armut, seelische und geistige; kein Text mehr im Kopf, kein Gehüpfe in den Beinen. Nur dieses beschissene Tittenfotografieren. Digitalismus als Krankheit, als Lebensersatz, Soma gewissermaßen. Apologeten der Schönen Neuen Welt. Live for the memory war gestern, live binary ist heute, Leben ohne Beweis ist nichts, und Bloggen ist keinen Deut besser als Tittenfotografieren, wenn man nur mal ehrlich zu sich selbst ist. (Und live for the moment, das bedeutet Zeitlosigkeit, was für ein Unsinn. Jähzorn, Wut, Raserei sind die größtmögliche Näherung. Das Ich dehnt sich aus und verdrängt die Zeit ein wenig, bis man aufschreckt und feststellt, daß nur die Menschen um einen zurückgetreten sind und einen Kreis gebildet haben um den Wahnsinnigen, der nur mal eben leben wollte, und mit den Fingern zeigen sie auf ihn, den Wahnsinnigen, das Kuriosum.)
Nunja, wenigstens tittenfotografiere ich mich selbst. Macht die Sache nur wenig ehrlicher, aber um einiges unschöner.
Das Leben ist keine Einheit mehr, aufgedröselt und zerstückelt, eine peer group hier, eine dort, Internetbekanntschaft. Was früher ein Tuch war, dichtgewebt und warm, ist heute ein Netz, klebrig und tödlich, auf lange Sicht. Bandshirts sind sowas von zweitausendundzwei. Und Schönheit in Buchstabenform, von A bis Doppel-D vielleicht. Wie der Junge, gestern vormittag in der Stadt, in diesem Laden, mit diesem teuren Zeug: "Ich traue mich garnicht, etwas zu kaufen. Schließlich trainiere ich gerade wieder. Und da wächst ja alles." Alles fließt. Und wozu zieht man an, was einem nicht passt? Großartige Metapher aufs Leben, eigentlich. Stattdessen kauft der Junge ein Trainigsshirt. Elasthan, dehnt sich mit. Wächst mit seinem Leben. Brennt auch recht gut.

"Du bist Ultraist", sagte jemand. "Du meinst einen Altruisten?" - "Genau, genau das meine ich. You see?"
Aber Leben? Wozu eigentlich? Sowieso irrsinniges Konzept, so eine riesige Welt, solch riesenhafte Bedürfnisse, eingebildet oder eingeprägt, oder gar nur aufgesetzt von außerhalb. Und dann eine Zeitbegrenzung? Countdown, sozusagen. Und unsichtbar noch dazu - man sieht ja die letzten zehn Minuten nie. Das ist kein Spiel, das man mitspielen sollte. Ach so, man wird ja auch garnicht gefragt. Und schließlich hat niemand behauptet, das Leben sei gerecht. Vielleicht ist aber mal wieder alles halb so wild und ich sollte nur aufhören, über Konzerte zu schreiben, solche mit schmerzenden Knien und schlechtem Gehörschutz, mit einem wunderschönen Mädchen im Arm, das man nie wiedersehen wird. I was begging for salvation, and they gave me a leathal dose.

Nachtrag: Ach, Gottverdammich, meinen schön-schnulzigen Schluß macht sie zunichte mit ihrem Telefon und meinem, das ich gerade eben noch beheult habe. "I ain´t done yet. Come along."
Das ist es, das Leben. You ain´t done yet. Come along. Das ist Hoffnung und Verzweiflung, vereinigt. Nie abgeschlossen. Hinter der nächsten Ecke warten ein Nackenschlag und ein Wunder. Kein Endgegner. Endgegner sind Idiotie. Levels sind Idiotie. Punkte sind Idiotie. Und vielleicht gibt es auch garkeine Verlierer. Wie wäre es mit einem Unentschieden? Mit oder ohne Rückspiel? Revanche für nichts?
Und diese schwarzen Buchstaben auf leuchtendem Grund bedeuten garnichts. Sie erzählen nur von Bedeutung, sie sind es nicht. You can tell a lot, but you can´t explain anything.
Es ist ein armes Leben, für jemand anderen gelebt. Und es ist ein armes Leben, für sich selbst. But I ain´t no time for talking, I just keep right on walking. Vielleicht finde ich irgendwann heraus, warum.

Rauchzeichen




die-kleine-anja   |   02.05.2006, 22:23   |  
dahinter ist nur das niemandsland.

texas-jim   |   05.05.2006, 20:27   |  
Ich denke da nun schon eine Weile nach.
Aber mir fällt nichts dazu ein.

die-kleine-anja   |   07.05.2006, 23:12   |  
damit kann ich leben ;-)

texas-jim   |   08.05.2006, 14:11   |  
Sie müssen wohl immer das letzte Wort haben, ja?

die-kleine-anja   |   08.05.2006, 21:09   |  
manchmal ja ;-)

texas-jim   |   09.05.2006, 16:48   |  
Dann lasse ich Ihnen das natürlich.

die-kleine-anja   |   11.05.2006, 22:37   |  
sehr aufmerksam.
Mitrauchen