Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

14.06.13, 12:27 | 'looking at the world over the rim of my tea cup'
Wir sitzen auf dem Balkon in der Abendsonne, hinter ihm schmaucht der Grill, und ich greife nach dem Kartoffelsalat, während sie den Fisch zerlegt, vornübergebeugt, weil ihr riesiger Bauch sie von der Tischkante abhält. Und sie erzählt von Wehenhemmern und vom erzwungenen Liegen und davon, daß die letzten Wochen einer Schwangerschaft kein Spaß mehr sind, weil sie sich beschäftigen will, und stattdessen liest sie nun Zeitung und Internet und bestellt Dinge, und sie weiß selbst, wie sehr ihn das ermüdet und wie er sich Mühe gibt, und die beiden freuen sich aneinander, an genau diesem gegenseitigen Aufwand an Mühe, und dann lächeln sich die beiden an, die machen das richtig.
Wir schauen den Wolken zu, die über den Abendhimmel hereinziehen, dann herbeistürmen, und plötzlich rüttelt es an den Balkonpflanzen, wir tragen alles Mögliche nach drinnen, und dann stehe ich draußen unterm Dachvorsprung, und würde ich rauchen, wäre jetzt die Zeit dazu, weil der Sturm in den Bäumen rauscht und in den Häusern die Lichter angehen, den Häusern von altem Sandstein und modernem Glas und Stahl, mit Weinranken oder blanken Zäunen, mit dem alten Saab 900 und dem Porsche, und ich bin einige Zeit durch diese Siedlung geradelt, weil ich mir diesen Straßennamen um kein Verrecken nicht merken kann. So überlege ich und ertappe mich sogar dabei, einen Arm auf den anderen zu stützen, die Hand vor dem Mund, und irgendwann werde ich Zigaretten kaufen, für genau diese Momente, und die Luft riecht nach Regen, der Sturm drückt mir auf die Lungen, es kühlt schnell ab und der Boden fühlt sich immer wärmer an unter meinen nackten Sohlen.
Dann schließe ich die Tür und verteile Geschenke. Sie lachen und freuen sich, und ich bin heute die Unterhaltung gegen das Warten, und wir sehen uns Bilder aus Schottland auf einem riesigen Fernseher an, und Pixel beeindrucken mich ja immer. Ein Talent bist Du, sage ich, und dann spielen wir mit seiner Kamera, und irgendwann packt der Kenner eine Reihe von Whiskys aus, die er sich überlegt hat, und wir fangen mild an, lesen nach, was wir schmecken könnten, und dann rieche ich am Glas und finde den Honig, aber nicht den Ingwer, und der erste Schluck brennt kurz, und dann finde ich noch Erdbeeren, die da nicht sein sollten, und viel später enden wir bei einem dunklen, rauchigen Whisky, bei dem ich den Torf erst nennen kann, als er mir vorgelesen wird, weil Torf habe ich ja selten in Nase und Mund, und Kaffee sage ich noch, aber auch den kennt das schlaue Buch nicht, und was Toffee ist, weiß ich gleich gar nicht. Doch der Whisky hat eine Geschichte, vom Skifahren und von seinem Sturz und von der Reise mit dem Hubschrauber und davon, daß wir mehr gemeinsam unternehmen wollen. Und so steige ich spät in der Nacht wieder aufs Rad, bis an die Tür begleitet, und radle durch sanften Regen nach Hause, vielleicht zwanzig Minuten, und breite die Klamotten zum Trocknen aus, und das Brummen der neuen elektrischen Zahnbürste wiegt mich fast in den Schlaf. Nur ein Schritt rückwärts aus dem Bad, dann schlafe ich wirklich, und am nächsten Morgen sehe ich nach, was dieser Whisky kostet, und da brennt er gleich noch einmal, dieser Schlingel.

Rauchzeichen




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