Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

08.03.09, 14:54 | 'All colours blue'
Du ähnelst Amélie, meinst Du nicht?

#
Auf meinem Schoß sitzend übst Du das Zehnfingerschreiben, nachts um zwei.

#
Und all die Zweifel, wegen Unterschieden und Überlegenheiten, sie plagen mich nicht mehr.

#
Ich lümmle im Sessel, eine Flasche an den Schenkel gelehnt, und die Hose mag sich fast nicht über den Knien krümmen, stabil und widerspenstig steht sie ab, mit dem groben schwarzen Besatz, und den dreifachen Nähten, und habe ich heute schon Kevlar gesagt, denke ich, und zupfe ein wenig an mir herum, als stünde ich vor einem Spiegel, und nicht einmal da mache ich das, denke ich noch.
Wir waren unterwegs, sage ich, und vor dem Zuzweitsein war mir bange, doch sechs Stunden, sage ich laut, sechs Stunden, und nicht leergeredet, nicht vollgehört.
Er klatscht sich auf die Schenkel, dann warst das doch Du, Du neuer Schwiegersohn; und ich grinse verschämt und besänftige, daß noch nichts geschrieben ist, bisher, und nur keine Hektik, dämpfe ich mit den Händen, doch man sieht mich leuchten, und das macht die Freunde grinsen.
Ich dachte mir das schon, mischt sie sich ein, als Du Bescheid wußtest, über Desperate Housewives, und so. Und ich sehe ihr an, daß sie sich freut für mich. Und daß mich solche Dinge stets überlisten, das freut mich.

Wie könnt ihr das wissen, frage ich, und wie kommt ihr dazu, ich habe doch niemandem, beginne ich zu stammeln.
Er lehnt sich zurück, denn der Klatsch ist sein Revier und seine Kombinationsgabe so groß wie gefürchtet, und jetzt beweist er sich. In der Wirtschaft, heute, da saßen sie beim Stammtisch, und da wurde erzählt von einem, der mit einer, und da dachte ich mir gleich, wegen dem Beruf des Vaters, und die Leute sahen einen Beemes, und in blau. Und dann konntest das ja nur Du sein mit ihr, wie Du heute dasitzt und erzählst, grinst er und verschränkt die Arme vor dem mächtigen Ranzen, und das ist einer der Momente, die ich bewahren möchte.
Freilich, sie kennen mich in der Wirtschaft, ich habe da mal an einem Computer, und dann noch ein Bier oder zwei, und dann war da dieses Weihnachtsessen.
Ich interessiere mich für die Wege des Redens, weil ich so wenig rede. Weil ich so wenig interessiert bin an anderen. Das ist nicht richtig so, das stimmt so nicht. An zweiten Händen bin ich nicht interessiert, so kann man das stehenlassen. Subjekt und Objekt, und da darf es keine Trennung geben.
Die Verflechtungen, die Netze, die interessieren mich, doch stets sind es nur die Spatzen, die es von den Dächern pfeifen. Es wird dies ein Geheimnis sein, das mir unerschlossen bleiben wird, vermute ich.

Mir wäre das nicht recht, mischt sich einer ein, wenn über mich geredet würde.
Ach, so lange geredet wird, lebst Du, sagt er wieder, der vom Reden, fürs Reden lebt, weil es ein Wissen ist, das nicht geschrieben steht, sondern überliefert wird, und das kann man nicht lernen, dazu muß man gehören.
Nein, sage ich, und denke an pinkfarbenes Haar, die Leute nehmen sich Zeit, um über einen zu reden. Man muß es die Zeit wert machen, und das trifft so gar nicht meine Meinung; aber das gehört zum Spiel, das ist meine Meinung, anderer Leute Meinung zu vertreten, heute, und morgen anders, um nicht erkannt zu werden, um zu bewahren. Ich kann nicht entscheiden, was geredet wird, doch ich kann bestimmen, was ich rede. Und wenn ihr wüsstet, griene ich hinterher, weil das muß dann doch, das kleine Sticheln.

Und dann muß ich mich beherrschen, denn das Offenbaren von Sehnsüchten und Wünschen, das verbiete ich mir, das hat mich zu oft schon geschlagen.

#
Es ist fast elf, als das Telefon läutet, und ich habe mir das stundenlang nicht eingestanden, das Warten.

Rauchzeichen