Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 23. 11 10

23.11.10, 00:26 | 'Nichts lieber als Dich'
Einer, der so selten anruft, der das auch nicht kann, dieses Ziellose, der einen Grund braucht und dann doch noch einmal überlegt, bis er so aufdringlich werden mag, weil es so dringlich ist. Dabei freue ich mich, von ihm zu hören, und daran möchte ich denken, wenn ich anrufe.
Schlamper! sagt er, pass bloß auf dieses Mädchen auf. Die ist ganz toll, die ist ganz wertvoll, und ich nicke so energisch ins Telefon, daß er das mitbekommt. Der Vorwand sind meine großen Felgen, die noch auf dem Hof liegen, und daß er die gesucht haben muß, das macht mich grinsen, weil sie so nichtig sind, so recht als Vorwand und sonst nichts.
Mach nicht mehr so viel, sagt er leiser, lass die anderen machen. Mach es mit ihr, mach es für sie, gib das Mädchen nicht mehr her.
Danke, sage ich ebenso leise, und nach einer Pause, die von der Zeit erzählt, in der er sich überwunden und Vorwände gesucht hat, reden wir dann von Wiesen und Betonspalten, vom Winter und vom Stall, und das lenkt uns nicht ab, das macht nur noch eindringlicher, was er zu sagen hatte.
# |  Rauchfrei | Gas geben


23.11.10, 00:21 | 'Heller als tausend Sonnen'
Es ist das Glück, das die Zeit verschlingt und mich gerade so sprachlos macht.

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Ich fühle mich nicht wohl auf diesem Fest. Und dabei wollte ich so gerne hierher! Das gelobte Land, so weit entfernt war es einst, und jetzt ist es mir viel zu nah.

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When the night comes
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Nur Russinnen schaffen es, sich in kleinen Grüppchen zu treffen und sich derart abfällig über die Feiernden zu erheben. Anschließend tanzen sie auf den Tischen, sie wollen begeifert sein und genau dafür wollen sie die Geifernden verachten.

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Mein Lieblingsplatz ist die Kuchenbar.

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Nachts fahre ich uns nach hause durch den Regen. Gelobtes Land, adieu, ich habe das meine gefunden.

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Schleichend wächst der Abstand.

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Wen die Götter vernichten wollen, den schlagen sie zuerst mit Blindheit.

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Wir sind hier und dort, und schon bringe ich durcheinander, wo. Es zählt das Wir.

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Ich muß nicht mehr mit meiner Fremdheit in der Stadt kokettieren. Sie ist Wirklichkeit geworden, und neben Deiner Gewandheit fällt mein plumpes Staunen noch mehr auf.

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Da haben sich zwei in einer Wohnung eingerichtet und leben dort. Unten eine Straße, oben zwei Leben. Wenn ich das begriffen habe, werde ich ein Haus bauen.

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Ich muß, ich kann mich um nichts kümmern, denn es ist alles schnell und fremd, und ich lasse mich ziehen, führen, leiten; und ich fürchte nur, Du könntest dessen irgendwann überdrüssig werden.

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Ach, Zügel! Wie ein Hund würde ich Dir nachlaufen, wie ein Hund würde ich mich von einem Wort abhalten lassen, wie ein Hund müsste ich leiden, wie ein Hund liebe ich Dich.

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Unten rauscht der Verkehr, während oben einer das Fenster aufreißt: Luft! ruft er, und ich weiß für einen Moment nicht, wie er das meint.

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Diese Ski haben auf Dich gewartet! ruft er begeistert, und das ist mir Grund genug.

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Die Projektion der eigenen Wünsche. Sie leuchtet hell und verführerisch, und ich zerstöre sie, indem ich die Wünsche äußere.

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Der Ball einer Fachhochschule mit lustigen Grafiken, die auf breitgezogene Präsentationsbilder gepappt worden sind. Ich will ja nicht überheblich sein, aber diese Veranstaltung, die sie abwechselnd "Ball" und "Fest" nennen, die lässt mich an die Universität glauben.

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Dagegen das Video dreier Studenten, die sich am See treffen. Kunst, und ich sitze staunend davor, und dann überkommt es mich wieder, dieses Internet.

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Irgendwann siehst Du nicht mehr zu mir her, und dann antwortest Du nicht einmal mehr. Das ist die Hölle.

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Hilflos stehe ich, immer noch in Schuhen auf den kalten Fliesen, und sage, daß ich gehen werde, wenn Du es verlangst. Ich wüßte nicht, wohin. Ich wüßte nicht, wie. Ich weiß, es würde mich zerreißen, und ich weiß, ich würde es tun. Die Füße marschieren lange, wenn der Wille sie treibt, und sie werden nicht nachgeben, wenn es Dein Wille verlangt.


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Irgendwie lande ich in der evangelischen Kirche, und das findet auch der Bauer auf der Empore sehr komisch. Er lacht, stupst seine Frau. Sie lacht und winkt der Tochter, die gegenüber bei den Musikern sitzt. Fragend schaut sie umher, und als sie mich erblickt, kann ich den Misston sogar sehen, den sie in ihre Posaune prustet.

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Wir fahren mit den Rädern zu einem Melkroboter und sind zurück, bevor es dunkel und kalt wird. Ich lehne die Räder aneinander.

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Immer öfter der Drang, die kurzen Abende zu nutzen.

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Ein Balkon und ein Holzofen, das wäre genug.

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Ich habe keine Ahnung vom Reitsport. Menschenpyramiden, einer, der auf galoppierenden Pferden steht. Die dabei über Hindernisse springen. Freihändig, also der Stehende. Verrückt. Und es fesselt mich tatsächlich, daß man die unterschiedlichen Linien erkennen kann. Es sind gut zwanzig Reiter, und ich rufe am lautesten, als einer die Lichtschranke für den Start einfach nicht durchreitet, ich leide am meisten am Wassergraben, wo einer seinen Gaul einfach hindurchbrüllt, und sein Schrei gellt durch die riesige Halle, die in einem Moment totenstill innehielt und im nächsten vor Lachen tobt. Schauen Sie sich einmal ein Turnier an, wenn Sie die Gelegenheit haben. Und seien Sie kein solcher Esel wie ich und vergessen Sie die Kamera nicht. Danke. Gewonnen hat übrigens der Weltmeister. Und daß ich einen derartigen Klassenunterschied bemerken würde, das konnte ich mir zuvor nicht denken.

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Vesper gemacht zu bekommen hat etwas Königliches, und sie wundern sich alle, als ich ihnen begeistert meine Brote vorführe.

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Einen Moment achte ich nicht auf meine zügellosen Gedanken, und schon sitze ich beim Friseur. Antonio! schallt es, denn mit der Friseurin spiele ich Theater, und das weiß jetzt auch der ganze Salon. Hallo auch, denke ich, und dann setze ich die Brille ab. Drei, vier Mal hindert sie mich daran, danach zu greifen und sie aufzusetzen, damit ich mich im Spiegel sehe. Kritisch steht sie dann hinter mir, zupft und lässt die Schneiden schwirren, und am Ende habe ich einen Vokuhila. Sie konnte sich nicht von den Locken trennen, sagt sie, und ich überlege, ob ich eine aus dem Riesenberg auf dem Boden aufheben und ihr schenken soll.

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Sie spielen sehr diszipliniert, und sie merken sich die Regeln. Die Verlierer sind nicht so schnell genervt, und ich glaube fast an eine andere Welt, bis sich unten im Keller die Jungs mit den harten Alkoholika in den Jackentaschen breitmachen.

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Ein paar Tage zuvor ruft er an. Wald? Wald!
Und wie immer fluche ich zwischendurch auf diese Idee, die mich vor sechs aus dem Bett treibt, um Meterscheite durch die Gegend zu werfen.

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Unsere Unterhaltung wird durch den Lärm nicht gestört. Sobald ich einen Schritt mache, unterbricht er seinen Satz und führt ihn fort, sobald ich wieder da bin.

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Nur im Stehen ist es kalt. Nur kurz, nur ganz nebenbei erzählt er von dem, was zerbricht. Sehr lang von dem, was sie sich eben aufbauen. Alles Gute, sage ich, als ich gehe.

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Ich bin sehr stolz, daß ich die Säge nicht gekauft habe. Obwohl in einen Kofferraum eine Säge gehört. Eh klar. Aber halt sie mir noch eine Woche frei, sage ich. Manche Dummheiten sieht man eben kommen.

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Raclette, und ich bin verwundert, wie klein die Welt ist. Daß man sich an mich erinnert. Daß auch ich mich erinnere, an diesen seltenen Namen. Einen gemeinsamen Bekannten haben wir verloren, und uns so zufällig wiedergesehen. Kreise, denke ich, und wenn ich das einmal begriffen habe, werde ich vielleicht reich damit oder Wissenschaftler, aber so bin ich nur glücklich.

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Die beiden kahlen Laubbäume links und rechts vom Weg aus Knochensteinen, auf der Kuppe zwischen den Dörfern, und wie sie in die Nacht ragen, während wir darauf zulaufen.

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Alle heiraten sie und zeigen die Alben ihrer Hochzeitsreisen. Sie ähneln sich so. Und für einen Moment komme ich mir sehr alt und sehr unerfahren vor. Stimmt beides. Und als noch Nachwuchs angekündigt wird und die Stimmen laut und schrill werden, da habe ich wieder dieses Gefühl von Wohnungen und Leben und innen und außen. Ich möchte sehr vorsichtig damit umgehen, ich möchte es behalten, ich möchte es pflegen und wachsen lassen, bis es groß genug ist, daß ich es Dir zu Füßen legen kann.

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Überall Kerzen, und uns gegenüber eine, die so gern erzählen möchte, die so sprudelt, die all die Behutsamkeit verdient hat, die sie ihr entgegenbringen.

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Das süße Nichtstun. Ich sehe dem Tag zu, wie er hell wird, und ich sehe ihm zu, wie er vergeht.

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Und jetzt ist es spät.
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