Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 27. 07 09

27.07.09, 15:27 | ''S isch wia bei de Maedle au'
"He isch wia vareckt!"
# |  Rauchfrei | Gas geben


27.07.09, 13:31 | 'Nicht drueber nachdenken'
"Du machst mir echt Angst. Ich habe eben nicht aufgepasst, wo Du hingeniest hast. Womöglich in Deine Hand. Man soll doch so", und sie führt es vor, "in die Armbeuge niesen. Deine Hände hast Du schließlich gleich wieder überall."
Schweinegrippe, am Arsch na. Und meinen freundlichen Hinweis, daß ich meine Hände bei mir zu lassen pflege, belächelt sie bloß. Wenigstens mit Ironie wird sie sich nie anstecken.
# |  2 RauchzeichenGas geben


27.07.09, 11:48 | 'Press any key to reboot'
Ich rufe irgendwo an. Sie lacht und fragt, wer da? Ich nenne meinen Namen, das Lachen erstirbt. Ich rufe Dich an, sagt sie leise. Ach, schade, schreibe ich ihr einen Tag später.
# |  Rauchfrei | Gas geben


27.07.09, 10:25 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Es packt mich der Zorn, und ich rufe an. Es ist furchtbar, nicht fahren zu dürfen.

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Meine Stimme, die nicht ausreicht. Und immer wieder der Griff zum kratzenden Kehlkopf.

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Die Sterbeszene. Die Szene des Wetterns. Ich bleibe das Sorgenkind, weil ich mir den Text nicht merken kann. Diese Sätze sind so steif und unzusammenhängend, ich bringe sie nicht zum Fließen.

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Allein sitze ich vor der Hütte, die Wolken ziehen mir schnell entgegen, in mehreren Schichten. Der Schaum fällt golden im Flaschenhals zusammen. Von drinnen "Blonde on blonde". Die Sonne geht unter. Honey, I want you.

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Bitter lache ich, und stelle die Flasche auf den Sims. Als ich wieder aufwache, regnet es.

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Ich vermisse mein Rad, denke ich, und bastle mir einen Tag, der auch den Regen einschließt. Das Telefon zerreißt mir den Tag, und das stört mich so gar nicht, so wenig ist mir das wert.

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Wir kleben die Dämmung mit Teer an die Kellerwände. Die Sonne scheint, und wir lachen. Da sind zehn Jahre, die uns vorsichtig machen, tastend, doch an einem einzelnen Vormittag trampeln wir sie nieder, stampfen sie in den Boden. Er klatscht mir Teer ans Bein, und als ich den Klumpen wieder abziehe, bleibt eine haarlose Stelle zurück. Vor lauter Reden säge ich einen Bogen, und "So krumm ist nicht einmal mein Haus" lacht er.
Hier im Baugebiet werden die Unterschiede deutlich. Große, kleine, Fertig- und klassische Häuser, Giebel, Gauben, Dachfenster, Solar. Nebenan die Baustelle der Konkurrenz. Sie sind fast gleich alt, den Unterschied schätze ich auf eine Viertelmillion. Beiden habe ich meine Hilfe angeboten. Beide erzählen mir, wenn ich sie besuche, und beide lästern ein wenig.
Irgendwann sitzen wir auf der Treppe, mit Radler und Feierabend, schauen der Sonne nach, und den Hausbergen, und horchen, wie es leise wird im Baugebiet. Beim nächsten bin ich dabei, am Gegenhang, sage ich. Ach Du, sagt er, dann kann ich Dir wieder ins Schlafzimmer schauen.
Wir laufen eine Runde und begutachten Balkone und Fenster, Dachziegel und Lichtschächte, Sickersteine und Vliese. Einig sind wir uns darin, keine betonierten Terrassen zu mögen und Erkerchen zu verachten, und das reicht uns schon. Da steht ein Baumwollfarmerhaus, und das mag ich, weil es sehr symmetrisch ist. Da steht ein kleines, kleines Haus, vor dem sie eine riesige Garage bauen. In Richtung Westen, und das verstehen wir beide nicht.

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Ich fahre beim Bauern vorbei. Dort steht der Vetter ratlos vor der Schieberbahn. Sie quietscht erbärmlich, die Umlenkrolle steht. In die Overalls und in den Dreck, wir schrauben den Deckel ab. Das Stahlseil hat sich durch die gusseiserne Scheibe gefressen, das Lager zerstört und die Welle schon angekratzt. Da steht er dann, der Landwirtschaft studiert hat und der so ein Kuhmensch ist, und irgendwie bin ich stolz auf seine Ratlosigkeit, die mir Antrieb ist. Am Samstagabend um acht fange ich an zu basteln. Ich schweiße die Welle auf und schleife sie wieder rund. Ich biege Baustahl und Nägel in die Scheibe, und der Guss spritzt beim Schweißen. Ein Provisorium, ein schlimmes, ich kanns selbst kaum mit ansehen. Zehn Jahre Garantie! rufe ich ihm zu, der ein wenig Abstand hält. Es muß bis Montag halten, sagt er, und wir wetten, daß es auch bis nächsten Samstag hält, wenn es denn schon bis Montag - so sind die Bauern hier, was will man machen außer Schweißen?
Elektroden wechseln, wieder verschleifen, die Schlacke abklopfen. Ein glühender Tropfen auf meinem Oberschenkel, und auch dort fehlen jetzt die Haare. Ich begutachte meine Untaten an der Scheibe und kühle sie mit Druckluft und Öl. Wasser, fragt er, und ich erkläre ihm, daß der Guss dabei reißt. Daß er sich nicht einmal richtig schweißen lässt, sondern nur behelfsmäßig flicken, aber auf sein Warum weiß ich dann auch nicht weiter.
Wir bauen das Gelumpe wieder ein, auf dem Bauch im Mist liegend, und dabei fluchen und lachen wir, daß sich die Damen neugierig am Gatter versammeln. Eine Schraube ist länger als die andere, und wie war noch der Deckel drauf? Als wir hin und her basteln, wird das Konzept für mich immer klarer, und mit der Klarheit gewinnt der verdreckte Edelstahl an Schönheit für mich, und das versteht dann wieder keiner. Die lange Schraube? Eine Putzschraube, sage ich, die in die Nut der Umlenkrolle hineinragt und den Dreck herauskratzt. Putzschraube, lacht er, Putzschraube! Wer käme auf sowas? Maschinenbauer, sage ich stolz und wische mir die Finger ab. Ich lasse die Schiebersteuerung anlaufen, die Rolle dreht sich ein wenig und bleibt wieder stehen. Wie auch, ohne Lager, denke ich und habe schon den Plan in der Tasche. Den Schieber zurückziehen, und dann ist da der Praktikant... Ich bin nicht sparsam mit Arbeitskraft.
Noch einmal, sagt er, und ich lasse den Schieber wieder vorwärts laufen. Die Rolle dreht sich ein wenig, bleibt stehen. Die Putzschraube! rufe ich und komme mir vor wie Archimedes. Zu weit hineingedreht bleibt sie an einem Schweißklumpen hängen. Ich reiße ihm den Schlüssel aus der Hand, drehe einmal, zweimal, die Rolle läuft, ich tanze wild und fuchtle mit dem Schraubenschlüssel, daß der Dreck nur so spritzt.
Wir waschen uns drinnen, einträchtig am Wasserhahn, und ich grinse ihn an, Wie ist das mit der Freundin und dem Stallgeruch? Er verzieht das Gesicht zu einem schiefen Grinsen: Zahnpasta, Seife und Schrubben.
Beim Bauern gibt es Vesper und Pils. Wir können Dich ja nicht immer anrufen, sagt die Bäurin. Das müßt ihr sogar, sage ich und meine das auch.
Ach Du, Du, sagt sie, Und hier und dort bin ich dem Mädchen begegnet. Die war doch so hübsch und so nett. Ich nicke mit vollem Mund, sie hat ja recht.
Die Beraterin, ruft sie und klatscht. Der Bauer lacht, der Vetter ist begeistert: Da kannst Du schaffen, Tag und Nacht.
Und wie sie das so sagen, mit dem großen Betrieb und der wenigen Zeit, da klingt das alles nach einem Plan. Aber was, frage ich ins Gelächter, was, wenn ich dann im Bayrischen bin? Was ist dann hier?
Da hast Du recht, sagt sie, ohne Dich geht nichts, und mir wird warm, wie sie das sagt, wie sie das meint.
Irgendwann stehen wir draußen, an die Autotüren gelehnt, der Vetter und ich. Er fährt zu seiner Dame, ich weiß noch nicht. Er raucht, ich warte. Der glühende Stummel fliegt, und ich wünsche ihm viel Glück. Grüß mir die Schreck-, ich meine Putzschraube! rufe ich ihm nach und meine das gar nicht böse.
Im Fahren rufe ich an, Geschrei im Hintergrund, Es ist mitten in der Nacht, ist noch was los? Und sie laden mich ein, und wenn das kein Grund ist.

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Da sitzen sie dann, die Meisterschüler, und betrinken sich. Sie sind laut und lustig, und da ist der Zimmerer, zu dem setze ich mich. Wie gehts, frage ich einen, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Ich mag ihn, weil er Hemden trägt, weil er ein wenig spricht, weil er nicht so sicher ist wie die anderen, weil er abwägt und ganz fragend schauen kann. Spät in der Nacht verabschiede ich mich wieder. Im Geschrei falle ich gar nicht auf. Keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht, brüllt einer, und ein anderer antwortet mit einer Verballhornung des Hausnamens. Ich höre noch ein wenig zu, bevor ich losfahre.

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Ein Hupen um acht. Ich weiß, daß ich das später noch lesen kann, und döse selig weg. Ein Hupen um halb neun, und noch eins, und dann Gesang aus dem Telefon. Freibad um halb eins, kräht eine fröhlich. Ich bin dabei, und jetzt bin ich sowieso wach, also Kaffee. Ich fahre zum Bauern, der eben fertig ist. Das Stahlseil ist gerissen, heute nacht, und schon längst wieder geflickt.
Ich geh dann mal, rufe ich, als ich den Grubber anhänge. Und über die Geräusche eines schwer arbeitenden Motors könnte ich Romane schreiben, aber das wissen Sie ja. Ich freue mich an der Sonne, den Spaziergängern, dem Fahrtwind und der aufgewühlten Erde. Das Stroh rauscht an den Scharen, die Schollen werfen sich auf und brechen, werden zerkrümelt und bleiben dann liegen, in der Sonne wartend.

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Im Freibad mit den beiden, und ich hätte nicht gedacht, daß ich so gönnend sein kann, ohne gönnerhaft zu sein. Ein Eis, ein Radler, wie lange war ich nicht mehr im Freibad? Vier Jahre? Fünf? Hier, genau hier, da war mal was, mit einem Rücken und einem Buch, aber das ist zu lange her. Halbwertszeit, denke ich und vergesse gleich wieder.
Am Sprungbrett machen wir Kapriolen, mit einer Hand in der Tasche, um die Hosen anzubehalten. Als ich neben ihr auftauche, lacht sie. Wie kann man nur so wenig sein? Ich weiß es nicht, und das ist kein Diätgeheimnis, grinse ich.
Auf dem Fünfmeterturm denke ich noch, wieso ich mich eigentlich festhalte, wo ich doch sowieso gleich fallen werde. Da schubst mich einer, und ich klatsche ins Wasser.
Dazwischen drei, vier Mal Gesang aus dem Telefon, ich erkläre Flurstücke und suche Telefonnummern, und neben mir verdreht sie die Augen und zieht sich Riefen in die Stirn.

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Zurück, zurück, über schmale Wege und durch kleine Weiler. Ab und zu grüßt einer, ab und zu weichen wir Traktoren aus. Ich werfe mein Zeug in eine Ecke und bin schon wieder weg. Meine kleine Weltreise, fast vierzig Kilometer mit dem Tieflader. Vierundzwanzig Ballen? fragt er, und Achtundzwanzig! sage ich. Passt genau, und drei Spanngurte dazu. Es ist dunkel, als ich durch die Kreisstadt fege. Wird schon nichts sein, lache ich, und rauf auf die Kraftfahrstraße, das erspart mir das Industriegebiet.

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Sonntagnacht, ich schlafe nicht. Der Wind rauscht, ein Vogel kommt durchs Fenster, ich warte auf den Morgen. Als ich gehe, ist der Vogel noch da. Er sitzt am offenen Fenster, und ich wünsche dem Schlaflosen einen schönen Morgen.
# |  Rauchfrei | Gas geben