Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 17. 05 09

17.05.09, 16:59 | 'Night after night'
Wie die beiden Mädchen ohne ihre Begleiter dastehen, leicht gebeugt und mit hochgezogenen Schultern. Sie stehen an der Bar, die ihnen nicht Nahrung gibt, sondern die sie abtrennt, die sie schützen soll vor dem Tosen, vor den Menschen, und sie lächeln sich verschüchtert an, halten die Gläser und die Strohhalme darin fest, und morgen werden sie von diesem wunderschönen Abend berichten.
Müde stehe ich da, die Arme verschränkt, an die Wand gelehnt, und lasse mich treiben. Mal grüßt einer, mal kommt eine auf ein paar Worte vorbei. Ich schließe die Augen und höre den beiden zu.
Rosen, sagt die eine schmachtend, und deutet auf einen, der sich durch die Menge drückt, mit einem Strauß in der Hand, suchend, ein Verkäufer.
Als er den lauten, verrauchten Raum verlässt, stoße ich mich von der Wand ab und folge ihm. Zwei Stück, bitte. Ja, rote. Danke.
Ich nähere mich den beiden unbemerkt und überreiche ihnen die Rosen. Sie bedanken sich lachend und sind sofort dabei, der Kellnerin ein Glas Wasser als Vase abzuschwatzen, das sie mit den beiden langstieligen Rosen vor sich auf der Theke abstellen.
Ich lehne wieder an der Wand und sehe, wie sie sich nicht überwinden können, ihre schützende Theke loszulassen. Sie giggeln herüber zu mir, und ich schließe wieder die Augen. Die Musik wiegt mich.
Als ich gehe, kommen die beiden auf mich zu und bedanken sich, die Stiele vorsichtig in den Händen. Es sind keine Dornen daran. Rosen statt Bier, denke ich noch, als ich im Rückspiegel meine beiden Leichen auf der Rückbank betrachte. Ich halte im Hof und warte, bis sie im Haus sind, bevor ich wegfahre.
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17.05.09, 15:34 | 'was von den Jahren uebrigbleibt'
Wie ich es hasse, Dein Leben als Ordner- und Dateinamen im Kopierfenster an mir vorüberziehen zu sehen, während ich Deine Daten sichere.
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17.05.09, 14:53 | 'foire aux questions'


"Und Du kannst echt ein Herz in den Wolken sehen?" fragt er mich, als ich vor dem Stall stehe, das Telefon in den Himmel gerichtet.
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17.05.09, 13:04 | 'Dying to say this to you'
Das Schlimme an diesen kleinen Zirkeln ist ja, daß man immer den Leuten wieder begegnet, die man nicht mehr sehen möchte.

(Disclaimer: Ich liebe diese kleinen Zirkel. Nur nicht alle, die darin sind.)

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Ich kann tatsächlich nicht stillsitzen. Jetzt weniger als zuvor.

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Oh, denke ich, als ich nachmittags aus dem Wald komme, die Fressgitter sind nicht umgebaut und am Mischwagen hängt ein Blech in Fetzen. Und der Großschwader, der sowieso.
Und da lasse ich die Schultern hängen, weil es sowieso wieder alles für den Sonntag taugt, an dem ich eigentlich mit einer Wiedergewonnenen, ach -. Sie ist daran gewöhnt.

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Auf dem Schreibtisch noch ein Patient, und ich könnte mich schwarz ärgern, daß ich am Sonntagmorgen um acht, als die Backups noch drei Stunden brauchen, keinen sehr speziellen Gewindeschneider herbekomme, damit ich anderes tun kann.

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"Geh doch mit!" sagt er zu mir, "warte, hier, bei ihr, wir melden Dich an", und stupft ihr in die Seite, "er möchte noch mit!"
Und da stehe ich dann, der ich mich eben noch über Zirkel beschwert habe, wie ein Zwingerhund, der plötzlich die Türe offen findet, und schnüffle und wedle und drehe mich aufgeregt im Kreis.

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No rest for the wicked.

Oder: If it all was worthy, only time will tell.

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Und dann sitze ich da, mit meinen schmerzenden Knochen, und ich würde zu gern mitgehen, weil sie sich auf das Zeltfest alle so freuen, aber da ist das Morgen, das wieder nur vierundzwanzig Stunden dauert, und da ist der Mischwagen und der Patient, und dieses Mädchen, Sie kennen es als das Mädchen aus der Erdnusstadt, vielleicht, und das ist da noch und macht mich ganz -.

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"Kommst Du am Montag wieder?" fragt er, und ohne nachzudenken sage ich freilich, ich bejahe nicht, ich befreiliche. Dabei ist doch, und hier, und da, und Theater und meinen Text kann ich auch noch nicht.

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Ich bin übrigens der Meinung, daß ich heute jammerberechtigt bin. Fremdmeinungen bitte an der Tür abgeben.

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"Bei dr Sach' bleiba!"

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(Ich sitze hier und habe keine Ahnung mehr, wo ich am Freitag war.)

Ach, doch, auf diesem Geburtstag in dieser Bar, wo die Barfrau ihre Kunden beißt, und ein Auto auf dem Rücken trägt, mit Flügeltüren. Habe ich mich eigentlich amüsiert? Ich schmückendes Beiwerk, möchte ich sagen, aber schmückend ist schon wieder, ach Füllstoff, vielleicht.
Ich weiß wieder, ich kam mir wie eines dieser Schaumstoffteilchen vor, die empfindliche Geräte beim Transport schützen. Analogien, jaja, nur in der Masse, MittelzumZweck, Opferundsoweiter, aber dafür war ich rosa, und die anderen grau. Ich fühlte mich rosa, und alles war gut.

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Wie wir da saßen, Donnerstagnacht, mit unseren Eisbechern, und mir die Augen zufielen vom Graben und Waten in den Drecklöchern, die dereinst Gruben werden, und wie sich das alles nett liest, wenn ich ihr das schreibe, mit den Zentnern Lehm an den Schuhen und dem Wasser, das mir in den Bauchnabel läuft und dort gluckert, ich schwöre. Aber die Auswirkungen, daß ich müde bin, daß es spät ist, das alles, die hören sich anders an, und ich sehe ihr das Umdenken an, wie sie erzählt, und auch meine Faszination lässt nach; das Dummbetonte mag ich immer noch, aber Fatalismus, baby! möchte ich sagen und weiß doch nicht. Wir küssen uns zögernd, und habe ich das eben geschrieben? Wir zögern, uns zu küssen, und irgendwann fahre ich nach hause, weil Blasen platzen, Lauf der Welt. Fatalismus, baby, denke ich, und muß dann doch grinsen, weil alles, was andere sticheln soll, mich dann doch trifft. Und wenn da Tränen wären, ich würde eine zerdrücken, und lachend würde ich sie mir von der Wange stibitzen mit der Zungenspitze, -.

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Ich sichere im Moment all das, was ich nicht bräuchte, bekäme ich Dich, durch dieses Sichern.

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Und wie ich da so kämpfe, an diesem Morgen, an diesem letzten der Wintersaison, der Holzsaison - ich habe mich all die Zeilen davor gedrückt, doch - und mir alles so leicht fällt, weil ich am Morgen Erster war, und ich denke mir, die Hälfte ist gespalten und aufgeladen, und ich bin grad erst naßgeschwitzt, das läuft ja wie das Katzenmachen.
Und dann stehen wir und essen Brezeln, und sie drücken mir eine Flasche in die Hand, und schon machen wir weiter, ich schiebe die Scheite auf den Wagen, bis ich nicht mehr nach oben langen kann, so hoch.
Und dann ist da das Rumoren, und dann diese Schulter, und ich rede ihr zu, Du bist doch die andere Schulter, was soll das denn jetzt, Du hast doch fast nichts zu tun, und dann beiße ich nur noch die Zähne zusammen und spiele ein Grinsen, das ein Fletschen ist, weil der Schmerz wechselt den Geschmack. Er ist nicht mehr süßlich wie frisches Blut, sondern stinkend und abgestanden, wie Eiter aus einer verwachsenen Spreißelwunde. Ich lache ihn aus, und sie schauen mich an, die beiden Freunde, und einer kommt und nimmt mir ab und an etwas ab, und wie er schweigend mehr tut, da reißt es mich, hol mich der Teufel, mehr Gas, und der Schweiß perlt mir von der Nasenspitze, und prustend lasse ich die Tropfen fliegen, wo sind wir denn hier, wer hat denn hier das Sagen.
Und das sehen die beiden freilich, und sie grinsen sich an, sie wissen schon, und irgendwann sagt einer "Lademeister", und das trägt mich noch ein Stück, und schon sehe ich das Ende, die Heimfahrt, da.
Ich habe das nicht begriffen, denke ich. Du bist krank. Das ist kein Spaß, und dann schlägt mich der Himmel, Du weißt nicht einmal, ob Du das im nächsten Winter noch kannst, wenn es Dich so plagt, wie es ihn geplagt hat. Und die Zeit wird mit einem Mal sehr knapp und sehr kostbar, und ich stolpere schneller in meinen Stiefeln, ein halbes Vermögen haben sie gekostet, denke ich, als ich auf die Kappen schaue, und noch nicht einmal durchgelaufen. Es ist nicht das Stehenbleiben, das mich reizt, es ist das Laufen, das Beschleunigen, um alles durchzubekommen, wo man doch schon weiß, daß man nie alles durchbekommen kann. Du kannst das Rennen nicht gewinnen, es gibt kein Ziel, Du kannst nur so schnell laufen, wie Du kannst, und dann noch schneller, und noch schneller, und die Hände in die Seiten stemmen und das Sticheln und Stechen liebgewinnen, eine passive, empfangende Liebe, und wieder schneller, um nicht nach dem Sieg und der Zeit und dem Ziel auch noch die Richtung zu verlieren. Solange Du läufst, ist alles gut. Solange Du fährst, ist alles gut. Solange Du wütend bist, ist alles gut.
Und bei der Wut, da denke ich an einen, und an meine geballten Hände, das Herz rast, der Kampfreflex, ein Fluchttier war ich noch nie, und da denke ich mir, wenn ich Dich in den Fingern haben könnte, jetzt und hier, und wie sie mich einst gefragt haben, ihre Uniform zu tragen, und wie ich gesagt habe, Gebt mir kein Beil, sonst fehlt einer. Und wenn ich im nächsten Jahr nicht mehr die Kraft haben werde, wenn es mir die Wut nehmen wird? Ohnmacht, Ohnmacht ist das Übel. Ich denke mir wieder, wie es plötzlich zu rauschen begann, wie die Dämme barsten, und ich zu ihm ging und ihm zehn Sekunden gab, und wie berauscht ich war von dieser Gewissheit, von dieser Macht, und wie ich durch seine Augen die Kraft gesaugt habe, verdaut, und wie sie mir mehr Kraft gab; und all das soll mir fehlen? Ich würde verzweifeln, wäre ich ohnmächtig, ich würde, ich weiß es nicht.
Und über all dem habe ich nicht aufgepasst, und ein Scheit fährt unterm hydraulischen Keil auseinander, es kracht und schlitzt, Donnerkeil, denke ich, und mein Daumen pocht, und das ist ein schönes Gefühl, dieses Pochen, weil man es bekämpfen kann, und Kampf ist gut, und er schaut mich an: Treffer? und ich nicke, weil mir die Luft fehlt, aber der Anker ist da, das Pochen hält mich, solange es pulsiert und schwindet, ist alles gut.
Und über all dem kommen wir nach hause, und Abladen? fragen sie, und weil ich grade so kaputt bin, verfreiliche ich, weil Nachgeben nicht gilt. Und immer wieder die Hand, die Hände, und es wächst ein Unglauben, daß es anders werden kann, daß es mir die Wut und die Kraft nehmen kann, denn ich wußte doch schon, wo all das sitzt, daß der Trieb kein körperlicher ist, daß wir die Uhren ohne Batterien sind; deshalb mag ich doch das Leben so, alles Leben, weil es treibt und strebt und keine Fragen stellt, und so treibt es mich, und so wächst der Trieb mit den Seilen, die ihn fesseln sollen, und auch das liebe ich so, daß er sich nicht halten lässt. Man is not made for defeat, aber das wußte ich längst, es war nur kurz weg, und da stand ich eben noch, antriebslos, und erfuhr, wie der Tod ist, für einen momentenlangen Morgen, bevor die Hefe wieder zu treiben, zu fressen begann.

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Nicht zu wissen, wie ich nach hause kommen soll des nachts, und nicht zu wissen, wie ich trinken soll des abends, das hat mich nie gestört, das muß das Alter sein.

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Vor einem Jahr war strahlender Sonnenschein, sagt er, und ich denke zurück, und Ja, sage ich, und wir trugen alle schwarz, nu die Sonne scherte sich nicht.

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Und dann dieser Anruf, unterbrochen, und wieder, und noch einmal, und da sah ich die Verzweiflung, und die Nerven, und ich liebte sie sehr, in diesem kurzen Moment, und wollte ihr tragen helfen, mehr noch, ihr alles abnehmen, weil sie lachen soll, weil Lachende kann ich nicht verlieren. Ich habe schon eine Lachende, eine Leuchtende verloren, vielleicht ist es auch das. Und wie ich so versuchte, den Wert dieses Deines Lachens zu werten, einzuordnen, da -.

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Ich wollte noch unbedingt!
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