Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 12. 05 09

12.05.09, 01:26 | 'Dying to say this to you'
Als ich mit den Lackschuhen und dem karierten Hemd über die Baustelle tigere, grinst der Capo des Bautrupps und winkt mir zu. Mit der eingebundenen Hand winke ich zurück und rufe ihm zu, daß ich mich nur eben schnell umziehe.
"Was hast Du mit Deiner Hand gemacht?" fragt er lachend und wedelt mit der Mattenschere nach mir.
"Ich hatte eine Diskussion mit einem Pilsglas", sage ich wahrheitsgemäß. Er spricht ein wundervoll eingefärbtes Bayrisch mit einem schweren, rollenden R, das seinen Weg über den Kontinent dokumentiert. Ich verstehe ihn, und er mich, und trotzdem redet man aneinander vorbei. Ist aber oft genug so und hängt gar nicht mit der Sprache zusammen, scheint mir. Mit dem Sprechen schon immer, aber was solls auch.
Er hält inne, lässt die meterlange Schere sinken. "Das hat der aber nicht überlebt", grinst er und macht ganz selbstverständlich weiter mit seiner Arbeit.
"Ich habe ja noch eine Hand", sage ich und halte die ausgestreckte Rechte hoch, mit den leicht gekrümmten Fingern, wie eine Klaue sieht sie aus an solchen Tagen. Und es freuen mich diese Menschen, die mit dieser Selbstverständlichkeit auf verbundene Hände reagieren, mit dieser Souveränität auf drohende Glasscherben, mit diesem Schulterzucken auf Beschwerden und Schmerz. Es freut mich, daß sie mich so aufnehmen, als einen von ihnen, daß ich das Mißtrauen, das mit einem Hemd daherkommt, so schnell abarbeiten konnte, daß sie den Wechsel vom Lackschuh zum Arbeitsstiefel so aufnehmen, daß sie ihn gutheißen, daß sie mich mögen.
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