Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 15. 09 09

15.09.09, 19:23 | 'Heller als tausend Sonnen'
Der Geruch wilder Minze beim Pflügen.
# |  4 RauchzeichenGas geben

Dienstag, 1. 09 09

01.09.09, 16:45 | 'Heller als tausend Sonnen'
"Ich nehme die Runde mit."
- "Die Rundliche?"
Sprach's und ging, die Rundliche auf dem Beifahrersitz und die Runde im Zugmaul angehängt.

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"Unendlicher Spaß" und was man darunter versteht.

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Der haarige Himbeerkuchen, der vor meinen enttäuschten Augen davongetragen wurde. Der zweite Himbeerkuchen, dank Kühlschrank haarlos, tauchte auf, da hatte ich schon zuviel vom frischen Brot, aber manchmal muß man sich eben zwingen. Und daß ich später, viel später, an der Geburtstagstafel saß, eingeklemmt zwischen der Bäurin und ihrer Schwester, die mir abwechselnd aus den verschiedenen Häfen und Kacheln schöpften, das machte mich auch nicht leichter, aber wer will das schon?

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"Spielerei!" schimpfte ich, doch es trieb mir die Freude nicht aus, bin ich doch nur glücklich, wenn ich in einem Glaskasten ungehört vor mich hin schimpfen darf.

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Der kurze Widerstand im Lenkrad beim ruckartigen Kurbeln, bis man spürt, daß die Ventile sich öffnen, das Öl zu fließen beginnt und die Räder sich kraftvoll drehen.

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Wie feinfühlig die Klappe am Auswurfbogen anspricht, und wie grob der Schwenkmotor.

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Beide Knöpfe gemeinsam drücken. Vollgas.

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Wie sich die Bewegungen ergänzen, das langsame Einklappen des Vorsatzes, während sich der lange Rohrbogen elegant zur Mitte dreht und dort in seiner Ruheposition ablegt. Wie das gewaltige, zertrümmernde Fauchen der Trommel nachlässt und langsam übertönt wird vom durchdringenden Fiepen des Trommelalarms, bis auch dieser verstummt. Wie der Motor aufs Standgas zurückfällt, und mit ihm der Lärm, das Brausen. Ohrenbetäubend, wie es einem beim Start erschien, und so zart und sonor, nach den Stunden des Achtzylinderdonnerns. Das erstickte Schnaufen der Lüftung. Mein eigenes Gebruddel, das ich selbst in meiner Konzentration nicht einmal wahrnehme, die halben Sätze, die ich nicht zu Ende - und überhaupt die wechselnden Beifahrer, die meinen Blicken aus den Fenstern und in die Spiegel ausweichen wollen. Sanft läuft die Zahnkette des Vorsatzes aus, unhörbar. Automotives Fahren, die Schalter knacken, als ich sie nacheinander drücke, in schnellem, sicherem Stakkato, schon blind, nach den wenigen Stunden. Als letztes die Rundumleuchten. Heimfahrt.
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Mittwoch, 26. 08 09

26.08.09, 16:04 | 'Heller als tausend Sonnen'
Ich erzähle von dem neuen Motorrad, das durch mich hindurchgeistert, den ganzen Sommer schon. Warum, fragt sie, und mir fällt nur das lapidare Schönsterben ein, also Sterben in Schön, wenn schon denn schon, und "Lieber tot und cool als lebendig und uncool", weil ich früher so Motorrad gefahren bin und früher immer alles besser war. Sie schiebt die Brauen hoch, und darin ist so wenig Böses und so viel Unverständnis, daß mir plötzlich wieder einfällt, wieso ich dieses Mädchen mal geliebt habe, und dann fragt sie, was ich zum Begräbnis haben möchte, und das ist ein sehr stiller Moment, weil das alles sehr scherzhaft war bis jetzt, und uns beiden fällt auf, daß man die Wahrheit manchmal nur im Scherz sagen darf, und ich überlege kurz, die anderen warten.
Eine Fichte, sage ich schließlich. Buchen dauern mir zu lange, und Eiche wäre vorbelastet, denke ich. Mammutbaum wär wohl zuviel und die kalifornische Zeder, die ich gern gehabt hätte, kann ich nicht einmal von einer normalen unterscheiden, und sowieso sind ja Fichten wie Zedern Kiefern, aber das habe ich auch eben erst gelesen. Außerdem bin ich im Januar zwischen Fichte und Kirsche grade mal so davongekommen, was man aber der Fichte so gar nicht anlasten kann, ich hab sie ja auch umgesägt.

Sie lacht nicht mehr, sie lächelt milde und verspricht mir die Fichte. Aus dem eigenen Wald, und auch ich lache nicht mehr, wir sehen uns nur an. Plötzlich weiß ich, daß sie dieses Versprechen halten wird, daß sie sich erinnern wird, und lächeln, und bei der Leich' wird sie die Stimme erheben und zum Besten geben, wie es denn zur Fichte kam.
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Mittwoch, 19. 08 09

19.08.09, 22:43 | 'Heller als tausend Sonnen'
Morgens der Anruf, und freilich bin ich dabei! Ich kann das nur nicht verständlich machen, die Damen schauen mich befremdet an, als ich beim Essen herumhample. Wir stehen draußen, eine der beiden raucht, und ich hample immer noch. Und habe nur Häcksler im Kopf. Häcksler. Häcksler. Jeden Satz beginne ich so, und das Herzklopfen zu beschreiben, die Vorfreude, das breite Grinsen, daran scheitere ich grandios.
Was macht Dir genug Freude, daß Du Dir eine Nacht um die Ohren schlagen würdest? frage ich, und sie muß nicht lang überlegen, um zu keinem Ergebnis zu kommen. Mir fehlten die Worte, und mir fehlen sie noch jetzt. Dieses Funktionieren, dieses Vorausdenken, dieses zwanghafte Stillhalten, um sich nur nirgends zu stoßen. Ich bin um vier da! rufe ich in den Hörer, und von da an singe ich.
Durch ein kleines Seitental, das ein Foto verdient hätte, wäre dort nicht eine Furie am Straßenrand gewesen, mit den Armen wedelnd und "Dreißig" rufend. Das Schild stand gute zweihundert Meter weiter weg, und sowieso, ich meine Häcksler, hallo?
Auf der Autobahn schlafe ich, weil unter Freunden. Auf dem Hof der Rundblick, Was nehmen wir alles mit? Und man sieht ihnen die Vorfreude an, die Neugierde, den Spaß, und mir geht es ja genauso.
Wir tüfteln noch ein wenig an der Route, und nach gerade mal fünf Kilometern stehe ich vor einer kleinen gemauerten Brücke. Dreieinhalb Tonnen. Ich schätze mich auf ungefähr siebzehn. Naja. Immerhin lässt das Schwänzeln des Hecklenkers schon nach, und ich traue mich auf größere Straßen. Auf vierspurige, und da wollte ich eigentlich nicht hin, denke ich noch, da stehe ich schon in Tübingen. Altstadt, herrjeh. Eine Baustelle, an der ich nicht vorbeipasse, und da darf der Dicke seine Wendigkeit einmal beweisen. Die Fußgänger staunen, ich winke ihnen vergnügt zu, das Lenkrad fest im Schoß. Ein blaues Schild, eine Kraftfahrstraße, was solls, Kraft habe ich ja genug, also drauf. Ich behindere hier den Verkehr sicher weniger als auf normalen Straßen, mit meinen dreieinhalb Metern Breite kann ich den Standstreifen wenigstens mitbenutzen. Oder mal einen Trottoir, was eben so kommt. Baustellen in Durchfahrtstraßen, kriminell niedrige Ampeln, und überall Außenspiegel, Außenspiegel. In irgendeinem Dorf fahre ich in einer Einbahnstraße nur noch auf gut Glück, und am Ende warten zwei und zeigen mir winkend die Daumen. Ich grüße die beiden mit den Scheinwerfern und mache einen elegant schlenkernden Hopser zurück auf die Hauptstraße.
Reserve, Reserve, und dabei ist der Tank doch groß genug! Nur leider leer, und die hundert Euro können da nicht viel daran ändern. Das Mädchen an der Tankstelle lacht Tränen, als sie uns sieht, und zum Abschied bittet sie nur um Gnade für ihr Dach und ihre Zapfsäulen. Der Eiertanz, der mich nah genug an den kurzen Schlauch gebracht hatte, scheint sie nicht von meiner Kunst zu überzeugen.
Immerhin dreht der Achtzylinder schön seine sechzehnhundert, außer ich erschrecke mich an der Ampel und reiße am Fahrhebel. Aber von dem Gebrüll höre ich hier drin nichts, ebenso vom Hupen der Verfolger. Ein sehr sonores Brummen, und ich wünsche mir jetzt nur noch, die Hauptkupplung drücken zu dürfen.
Daheim stellen wir ab, der Motor erstirbt, und wir stehen im Licht des Hofscheinwerfers und bestaunen wortlos, was wir noch gar nicht glauben können.
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Sonntag, 19. 07 09

19.07.09, 14:21 | 'Heller als tausend Sonnen'
Es will mir niemand diese Last abnehmen, die ich so dringend abgeben möchte, die ich so gar nicht zu meiner machen möchte.

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Ich bin immer noch müde.

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Wie ich mich hinaussehne. Hinaus, hinaus, ohne zu wissen. Sie geben mir Ruhe, geben mir Kraft. Ich reibe mich, mehr und mehr, in diesem Jahr.

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Samstagmorgen.


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Es muß ja gewittern. Es muß ja.


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Fahr vorbei.


Ich laufe darauf zu.


Oh ja. Sehr gern. Und da sitze ich dann, in den Radhosen, während es hinter mir brummt und tost.


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Wie sie alles meistern, und wie sie davon erzählen. Mit achtundzwanzig war ich verheiratet, erzählt er, und ich schaue hinüber zu seiner Frau, zwei Bänke weiter, und man sieht seinen Stolz und seine Liebe. Zu meinem neunundzwanzigsten Geburtstag bekam ich eine Tochter. Die ist jetzt vierzehn und hat seit einem Jahr einen Freund. Das alles erzählt er, und erfreut sich daran, sein Grinsen hält nur für Sekunden inne, wenn er lacht.
Wie sie alles gefunden haben. Der von der Alb, sie nennen ihn, wie man dort oben den Deckbullen nennt, und nichts wäre passender. Und seine Frau, spitzbübisch zwinkernd, wie sie ihn im Griff hat, ganz ohne Nasenring. Sie lässt ihn laufen, wenn ihr die Richtung gefällt, und sie beide wissen das, das kann ich sehen. Sie erzählt von den Männern, die ihr nachgingen, und er lacht, doch ich kann ihn auch schnauben sehen, wie er sich im Zaum hielt und noch halten muß.
Wie sie alle vorangehen. Da baut einer eine Anlage, Biogas, weil man von Nahrung nicht mehr leben kann, und ein anderer zeigt seine rheumatischen Hände. Sie erzählen so bereitwillig, alle hier, und ich überlege lange herum, wie das kommen kann. Ob das der Menschenschlag ist. Und dann erst komme ich darauf, daß sie einfach mit sich im Reinen sind, daß sie klar sind und richtig. Sie erzählen Überzeugungen, Wahrheiten, Feststellungen wie sie Fehler erzählen, die sie gemacht und geradegebogen haben, mit Lachen und Kraft.
Wie er nicht mehr nach hause kriechen konnte, erzählt einer vom Rheuma, und daß es ihn machtlos macht und ihm das nehmen wird, was er tut. Die Versicherung, sagt er, und dann muß ich ja gar nichts mehr tun. Darf nicht, und da werden seine Augen trüb. Kein Wort über Gott, keins über Schicksal. Ich sehe die starken Hände auf den Tischen ruhen und schäme mich. Oft genug war ich dort, war unschlüssig, und ich möchte ja selbst nicht, daß mich jemand schwach sieht und krank, und da habe ich dann eben verzichtet und ihn nicht angerufen. Wenn das alle tun, denke ich jetzt, aus falscher Rücksicht.
Wie ihre Freundlichkeit sich Bahn bricht. Ich habe Dich angerufen, ruft mir einer zu, dem ich nachts einmal ausgeholfen habe, aber da warst Du wohl schon im Bett. Und er zwinkert, denn auch dort kann man ja was tun. Nein, sage ich, Du hast die falsche Nummer gewählt. Von Deinem Anruf wüsste ich. Und da erzähle ich, daß ich tags darauf vorbeigefahren bin, mit dem Rad die Runde um den Hof zur Spionage, und er lacht bärig und droht mir, den Hund auf mich zu hetzen, sollte ich jemals wieder am Hof vorbeifahren, ohne anzuhalten, ohne einzukehren bei ihm.
Wie sie ihren Luxus bejahen. Die Dauerkarte im Freibad, mal über den Mittag eine Stunde, und das Essen zu hause. Die Kinder nicht nach Plan zu sehen, die Zeit, die sie einteilen dürfen. Auch, daß Zeit unwichtig wird neben dem, was zu tun ist. Wie sie ihre Autos fahren und ihre Maschinen, da kann einer froh sein an den wenigen Stunden, und ein anderer stolz auf die vielen.
Wie sie ihre Art weitergeben, allein dadurch, daß sie so sind. Der Bub des einen angelt am Weiher, er hat einen guten Moment erwischt, denn er kann niemanden fragen, der nicht da ist, und das ist ein Ja. Da fragt man ihn, ob er denn angeln dürfe, und nach seinem Angelschein, und da lügt er wie gedruckt. Zuhause malt er sich einen Angelschein, und sein Vater hat das längst mit dem Verein geklärt. Wie er im Hintergrund seinem Jüngsten den Weg ebnet, indem er eben selbst den Angelschein macht, und ihn dann begleiten wird.
Bauerngeburtstage.

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Wie noch einer Vater geworden ist, erfahre ich abends. Noch ein Mädchen, da sind es dann drei. Und wie er lacht und sich freut, als ich ihn beglückwünsche. Mädchen mußt Du machen, sage ich ihm, dann kommen die Buben von alleine.
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Mittwoch, 8. 07 09

08.07.09, 23:01 | 'Heller als tausend Sonnen'
Hach.

(via, und ohne Parteiengedanke)
# |  Rauchfrei | Gas geben

Freitag, 19. 06 09

19.06.09, 16:35 | 'Heller als tausend Sonnen'
Vor Kindern kann man sich nicht lächerlich machen. Mit Kindern kann man sich nicht lächerlich machen. Das ist schön, das sollten alle wissen.
Und so sitzen und stehen sie da, die das nicht wissen, die Erwachsenen, auf dem Sommerfest der Büroabteilung, sie fachsimpeln rund um den teuren Gasgrill und loben die mitgebrachten Salate, während dem Mädchen langweilig ist. Ihr geht es wie mir, ich drehe mein Glas unruhig in den Händen. Mama, ruft sie, was soll ich machen? Und wieder, Mama, schau!
Wir essen, und wieder drehe ich mein Glas. Sie reden Geschäftliches, Privates, und ich schaue dem Mädchen zu, wie es über die Wiese läuft. Plötzlich bin ich dabei, wir klauen unreife Äpfel vom Baum und die Plastikdeckel von den Salatschüsseln. Apfeltennis! ruft sie begeistert, und ich juble mit ihr. Wir schlagen Räder, üben Handstand und Radwende, und als ich sie im Kreis in der Luft herumwirble, jauchzt sie, daß die Erwachsenen von ihren Bierbänken aufschauen.
Schwitzend und schnaufend machen wir eine Pause. Wir trinken Wasser aus großen Gläsern, die wir mit beiden Händen halten. Grinsen uns an. Rennen wieder los und streifen die Schuhe ab.
Schau, Deine Eltern wollen gehen, sage ich ihr irgendwann. Und Du mußt morgen zur Schule.
Nein, schmollt sie zuerst, aber sie gibt nach, als ich ihr erkläre, daß ihr Chef auch meiner ist. Und selbstverständlich turnen wir noch eine Runde um die Wiese, bevor ich mich wieder ruhig an einen der Tische setzen kann. Wir ziehen die Schuhe wieder an und verabschieden uns anständig. Ich streiche ihr die klatschnassen Haare von den geröteten Wangen. Bis zum nächsten Jahr, sagt sie.
Ja, sage ich, Bis zum nächsten Jahr.
# |  2 RauchzeichenGas geben

Mittwoch, 10. 06 09

10.06.09, 10:58 | 'Heller als tausend Sonnen'
Und wie ich gestern abend durchs Dorf radle, um mal wieder mit dem Berg zu kämpfen, mit einer Steigung, an der man nicht mehr antreten kann, wenn man einmal abgestiegen ist, die einem nichts verzeiht, und die einen hochführt zur Ruine und zur Aussicht, da ruft mir einer zu, und plötzlich fährt ein Bub neben mir her, Woher, Wohin? und ich antworte lachend, und daß mich die Kinder hier kennen, das danke ich dem Dorf mit Treue, mit Seßhaftigkeit. Grüß Deine Eltern von mir, rufe ich, und dann bin ich schon am Berg, und als mir irgendwo einer begegnet, da habe ich kaum noch Luft zum Grüßen, aber Grunzen zählt auch, und als ich von oben hinunterschaue aufs Dorf und aufs Land, da ist alles luftig und leicht und alles Glück. Liegt auf dem Rücken der Erde, und Home is, where your heart is, sowieso.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Freitag, 29. 05 09

29.05.09, 10:31 | 'Heller als tausend Sonnen'
Ich habe es heute morgen auf dem Weg zur Arbeit, in der knappen halben Stunde im Auto geschafft, mich völlig heiser zu singen und meine Hände vom Trommeln auf dem Armaturenbrett prickeln zu machen. Die Blicke der Vorausfahrenden aus ihren Rückspiegeln sind leer und verständnislos, sie werden nicht über den Parkplatz tänzeln und ihre Taschen schwingen. Sie tun mir leid, sie geben mir Recht.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Sonntag, 24. 05 09

24.05.09, 16:29 | 'Heller als tausend Sonnen'
Es macht mich traurig, daß ich nicht schon früher, nicht schon immer so war. Aber es macht mich auch froh, daß ich noch hierher gefunden habe.
Daß ich überhaupt dort bin, dort sitze. Weil meine Prioritäten wackeln, und daß ich solches überhaupt je schreiben würde! Ich habe nicht einmal gezweifelt an mir, ich habe den Großschwader dort hingebracht, wo er benötigt wird, und bin dann gegangen. Sollte ich viel öfter tun, vielleicht.
Ich fahre also los, ich habe Würste dabei, und Käse, Wecken und Brezeln, und Wasser. Freunde, denke ich auf der Fahrt, und auf dem Parkplatz traut sich die Wehmut aus ihrem Loch.
Wir begrüßen uns, und ich versteige mich in das, was ich für Deutsch halte. Die Dame ist hübsch und blond und trägt große, braune Augen, Rehaugen möchte ich sagen, aber ich habe letztens erst wieder ein Kitz zermäht, und das trennt mich zu sehr. Von allem hier. Im Stillen wünsche ich dem Freund und ihr viel Glück, und bin schon fast mit dem Kopf geflüchtet, zum Kitz, auf die Wiesen, in die Singularität, da entwischt ihr ein Wort, ein Diminuitiv, ein rollendes R und ein Sch, wo keines hingehört. Schwob? frage ich, und sie lacht. Wir brauchen uns beide nicht mehr zu verstellen, ich sage Kreizkrabbasack! und für alle anderen hat sich wohl gar nichts geändert. Gehört haben nur wir beide, was passiert ist. Und das macht mir gar nichts mehr aus - das Schnöselhafte des Deutschen ist einem simplen Verstandenwerden gewichen, vielleicht macht das das Alter, vielleicht das Arbeiten, ich wechsle spielend ins Englische, ins Deutsche, mit Mühe ins Französische, und beim Essen wieder ins Heimische. Ich gewinne nur, ich verliere nicht. Ich kann das bewahren und trotzdem zugewinnen, und das ist eine Erkenntnis für mich, jaläckmeno, zur Not fluche ich auch auf Deutsch.
Wir grillen und fachsimpeln, und sie haben alle Salate gebracht. Aus den Ecken dröhnt Musik, und überall helle Fenster! Ich war noch nie samstags im Wohnheim, an langen Wochenenden sowieso. Und wie sie lachen, sie vermissen nichts, und mir gefällt es auch. Ich bin sehr ruhig und sehr warm, ich erzähle und höre zu, und ich habe das Gefühl eines großen Gleichgewichtes, und einer gewissen Ähnlichkeit, zwischen all denen, die hier sind.
"Als ich gegangen bin, warst Du verzweifelter Erstsemester. Jetzt bist Du Tutor", sage ich zu einem, und er grinst. I've come a long way.
Ich versuche das auszudrücken, gegenüber einem, daß ich das jetzt vermisse, da ich es wieder spüre, das Fachliche, das Elitäre - ich habs geschrieben, hol mich der Teufel. Wem kann ich denn vom Feinstanzen erzählen, und wem höre ich bei Verpackungen von Kabelrollen zu? Man muß schon verliebt sein, in sein Fach, um hier zu bleiben, um fünf, sechs Jahre in Benztown durchzustehen. Maschinenbau zu studieren, Maschinenwesen heißt es hier. Und daß Maschinen Wesen sind, und man sie mögen kann, darin sind sich die einig, die bis hier gekämpft haben. Das ist mehr als ein Beruf, denke ich, aber so richtig erklären kann ich es nicht, was uns eint. Es ist das Hinarbeiten, es ist das Nichtaufhaltenlassen, es ist das Lernen von Volumenintegralen ohne zu Murren. Gehört eben dazu, da muß er durch, der Lurch, wenn er ein Frosch werden will.
Genau so rede ich, und werde verstanden, und auch das eint uns, und das vermisse ich ehrlich. Das ist, vielleicht, endlich die Zusage, eine Universität lieben zu lernen, und einer Fachhochschule zu entsagen. Ihr seid nicht tief genug, denke ich, aber ich weiß doch auch nicht, ob das stimmt. Adiabat, erinnere ich mich, und Seiliger, und Cetan, und das gibt es nur hier, denke ich, aber noch zweifle ich, und auch das Abwägende, das Ambivalente, das SoundSo, ist von uns. Habt ihr das auch?
Wir spielen Tischtennis in der Dämmerung, und unterhalten uns zu zweit. Ich erzähle von der Medizinerin, weil sie hier niemand kennt. Man glaubt mir trotzdem mein Reden vom Engel, von den Eiswasserdampfaugen, und ab und zu geht ein Ball an mir vorbei, wenn ich wieder nur am Gestikulieren bin.
Eine korpulente Lettin drängt meinen Spielpartner ab und spielt mit mir, wir lachen, und ich lächle ihrer hübschen Freundin zu. Irgendwann spielt sie mit mir, und dann sitzen wir schon da und reden, als wäre es das Einfachste der Welt, kennenzulernen. Ich laufe über den Hof und rede mit anderen, mit Fremden, sie trägt rotes, langes Haar, und die anderen sitzen bereits drinnen. Bin ich nur langsamer, werde ich langsamer alt? Wie lange seid ihr verheiratet, frage ich den Freund, und das Blitzen in den Augen zeigt mir, daß wir doch nicht so schnell auseinanderdriften, alles halb so wild, wieder mal.
Ich gehe wieder nach draußen, sage Nurkurz und weiß doch, und wir beiden laufen ein wenig umher. Ich zeige, was ich kenne, und das ist wenig genug. Als ich hier gewohnt habe, bin ich nie gelaufen, nie ziellos, und ich verfluche die Abende am Fenster, neunzehn Zoll messend, und ich verfluche das, was mich hielt, und immer noch fluchend schwöre ich, daß es mich nie wieder kriegen soll.
Sie nimmt meine Hand, und mir wird warm, ihre Finger fahren die Adern auf meinem Arm nach, und irgendwo hört der Weg auf, hier war ich noch nie, oder schon sehr lange nicht mehr.
In ihrem Zimmer schraube ich eine neue Birne ein, die banalste Ausrede der Welt, und dann wieder draußen, sie hat ein Notizbuch dabei und liest mir russische Buchstaben vor. "Stol" heißt Tisch, und den Rest habe ich vergessen. Sie stützt sich auf mich, lehnt sich an mich, und ich schreibe meinen Namen in das Buch. Sie schreibt ihn noch einmal, in kyrillischen Buchstaben, und das sieht auch nett aus. Sie trinkt Kräuterlikör, ich trinke weiter Wasser und erzähle vom Bodensee.
Irgendwann liest sie meine Handlinien, ich rieche in ihrem Haar und wir küssen uns. Dann gehe ich. Montag, sagt sie, und Freitag, sage ich. Erst muss das Öl warm sein, dann kann man Gas geben, denke ich mir, und das Auto empfängt mich freundlich leuchtend. Was sich nicht alles getan hat, so bei zweihundertzehn, auf der tausendfach gefahrenen Autobahn, klappernd zuerst, gequält dann, so einfach jetzt, und das waren nicht nur die drei, vier Fahrzeuge, die ich besaß.
In dem Fenster brannte eben kein Licht mehr, sie sind schon nach hause, aber vielleicht hängt das an der Zweisamkeit, die sie suchen.
Dann trifft mich der Schlag, der Blitz, und ich erweitere hiermit: Es ist immer noch die Suche nach dem Antrieb. Doch es sind auch Ansichten, Einsichten, Aussichten, die ich suche. Sehen, sehen, und plötzlich verstehe ich auch das Reisen, zumindest kann ich es nachvollziehen, herrjeh.

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Ich bin Fuchs genug, Molekularbiologie zu suchen im Internet, und an den Freund zu denken, der legitim zum Vatertag durfte, aber ungewollt. Aber am Ende sind das Kleinigkeiten, es ist ein großes Spiel, und ich halte meine Hände über meinen Karten. Hohe Karten, hohes Setzen, denke ich.

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Am Nachmittag noch, da läuft sie um unser Bädle, unser Schwimmbad, und ich schnappe sie, und halte sie über das Wasser. Sie kreischt, und ich lasse sie wieder herunter, und selbst das hätte ich nie getan, wo kommt das her, was soll das bitte, und wieso fühlt es sich so gut an?

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Tags zuvor schon, als ich radle, eine Nachricht, und ich fahre vorbei, und wieder vorbei, und beim dritten Mal halte ich an. Die Pedalplatten knirschen auf dem Waschbeton, und da sitzt ein Mann im Wintergarten, den ich nach seiner Tochter frage. Unter seinen Augen unterhalten wir uns in er Wiese, und irgendwann fällt mir das Spiegelbildliche auf, die verschränkten Arme, die zurückgenommenen Schultern. Da erschrecke ich dann doch, und fahre davon. Ruf mich an, sage ich, und das ist so einfach. Nur das Nichthoffen, das Unhoffen, das simple Probieren, das lerne ich noch.
Was soll man erhoffen, von einem Engel? frage ich, und Erlösung, Du Depp, schreie ich mir zu und schlage mir die Hand an die Stirn.
Ach ja, denke ich, Du hast ja recht.

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Jetzt eben doch noch das, dem ich mich verweigerte bis jetzt. Vatertag. Nüchtern, und staunend stehe ich im Zelt.
Ich habe einen Engel an der Hand, das blonde Haar gewellt, und mir fällt immer noch ein, wie sich die Farbe im Sommer änderte, von der Sonne gebleicht, und wie sich das Sehnen anfühlte.
Wo sind denn alle, fragt sie, und ich fühle mich, als müsste ich präsentieren. Qualifizieren, und so kann das nicht gutgehen. Wir sitzen dann da mit Freunden, und irgendwann driften wir dann, sie sendet mir einen Rettungsring auf den leuchtenden kleinen Schirm, und daran hängt ein Seil, und Seile sind etwas tolles, weil sie einen Kreis bieten, und nicht nur einen Bogen, und weil man von beiden Seiten ziehen kann, und auf beiden Seiten Knoten lösen. Seile kann man auswerfen, und Schlingen knüpfen, und zur Not kann man sich daran aufhängen, wenn -.
Ich treffe einen Studienkollegen, Diplomand, und daran hätte ich ja nie geglaubt. An das Reden, das Treffen, nicht das Diplom.
Ich stehe dann an der Bar und schaue dem Treiben zu. Herze und umarme, und wieso erst jetzt, denke ich immer wieder. Ich kenne euch doch alle schon, aber eure Namen? Jetzt, da ich euch vorstellen soll, da stocke ich, und das trifft mich, und wer wäre ich, das nicht aufholen zu wollen?
Wir frischen Nummern auf, und Zeugs, und Geschichten. Wir lachen, und ich gefalle mir.
Irgendwann kommt eine, die auch dieses Augenfeuer hat, die mich schmelzen und erstarren lassen kann, und nimmt mich in den Arm. Komm mit mir, sagt sie, und sie versucht, mit einem fremden Geldschein zu bezahlen.
Ich rufe "Ramsaschtruat!" und sehe zum ersten Mal ein Lächeln von dort. Woher, woher, wenn ich das wüsste.
Ich schaue der Traube zu, die sich um den Engel bildet, und ein Freund packt mich an der Schulter. Sein Haar ist wirr und schön, sein Blick gilt mir, wir trinken einen, und "Nicht nachlaufen!" sagt er mir, schulterklopfend, und ich weiß, daß er es gut meint. Aber Engel, sage ich, und weiß doch.
Mach Dich nackich, höre ich, und da steht einer, ein Großer, und lacht, und sagt, daß ihm diese Anmache gar zu billig wäre. Stunden später werde ich ihn wieder treffen, und er wird mich nach dem Engel fragen. Sie hat einen anderen aufgefordert, und der hat sich nicht geziert, so schlage ich dem ehemals Großen um die Ohren, und sehe ihm zu, wie er schrumpft. Man kann auch zu selbstsicher sein, aber anderer Leute Elend, was solls, ich hab mein eigenes.
Der Engel trägt eine Jacke, die mich sticht, weil sie nicht von mir ist. Ihre Schuhe sind schmutzig, ihr Blick fiebrig. Du gehörst ins Bett, sage ich, und Ja, Papa, sagt sie. Sie wird nicht gehen, das weiß ich, also lasse ich sie. Nicht mein Elend, denke ich wieder, aber doch irgendwie. (Ihre schmutzigen Schuhe hatte sie tags darauf erneut an, und dieser Anblick hatte etwas Tröstendes für mich, er brach die Perfektion, den Engelsschimmer, und dadurch wurde dann wieder alles noch perfekter und schimmernder, und ich dachte mir, Was solls, besser wirds nimmer, und ich gestand zunächst mir, bevor ich ihr einmal gestehen werde.)
Irgendwann fahre ich, mit zweien, und mit einer rede ich lange, und da wächst ihr plötzlich ein Herz, oder vielleicht sehe ich das erst jetzt, weil es verdeckt war, oder ich zu weit davon entfernt gesucht habe, und mir wächst eine kleine Verliebtheit, nein, ein Mögen, das an die Stelle von etwas anderem tritt, für das ich mich heute schäme.
Ich ruf Dich an, klingelt es, und da schlafe ich schon.

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Gekauft: Badehose. Mit Totenkopf.

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Als ich radle, wieder, da halten sie mich an, mit dem Auto, mit den Händen, und ich habe mehr Worte als Kilometer abgespult, und da schaue ich mein Rad an und denke, wenn das Dein Schicksal ist, dann ist es gut.
# |  Rauchfrei | Gas geben

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