Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

19.08.09, 22:43 | 'Heller als tausend Sonnen'
Morgens der Anruf, und freilich bin ich dabei! Ich kann das nur nicht verständlich machen, die Damen schauen mich befremdet an, als ich beim Essen herumhample. Wir stehen draußen, eine der beiden raucht, und ich hample immer noch. Und habe nur Häcksler im Kopf. Häcksler. Häcksler. Jeden Satz beginne ich so, und das Herzklopfen zu beschreiben, die Vorfreude, das breite Grinsen, daran scheitere ich grandios.
Was macht Dir genug Freude, daß Du Dir eine Nacht um die Ohren schlagen würdest? frage ich, und sie muß nicht lang überlegen, um zu keinem Ergebnis zu kommen. Mir fehlten die Worte, und mir fehlen sie noch jetzt. Dieses Funktionieren, dieses Vorausdenken, dieses zwanghafte Stillhalten, um sich nur nirgends zu stoßen. Ich bin um vier da! rufe ich in den Hörer, und von da an singe ich.
Durch ein kleines Seitental, das ein Foto verdient hätte, wäre dort nicht eine Furie am Straßenrand gewesen, mit den Armen wedelnd und "Dreißig" rufend. Das Schild stand gute zweihundert Meter weiter weg, und sowieso, ich meine Häcksler, hallo?
Auf der Autobahn schlafe ich, weil unter Freunden. Auf dem Hof der Rundblick, Was nehmen wir alles mit? Und man sieht ihnen die Vorfreude an, die Neugierde, den Spaß, und mir geht es ja genauso.
Wir tüfteln noch ein wenig an der Route, und nach gerade mal fünf Kilometern stehe ich vor einer kleinen gemauerten Brücke. Dreieinhalb Tonnen. Ich schätze mich auf ungefähr siebzehn. Naja. Immerhin lässt das Schwänzeln des Hecklenkers schon nach, und ich traue mich auf größere Straßen. Auf vierspurige, und da wollte ich eigentlich nicht hin, denke ich noch, da stehe ich schon in Tübingen. Altstadt, herrjeh. Eine Baustelle, an der ich nicht vorbeipasse, und da darf der Dicke seine Wendigkeit einmal beweisen. Die Fußgänger staunen, ich winke ihnen vergnügt zu, das Lenkrad fest im Schoß. Ein blaues Schild, eine Kraftfahrstraße, was solls, Kraft habe ich ja genug, also drauf. Ich behindere hier den Verkehr sicher weniger als auf normalen Straßen, mit meinen dreieinhalb Metern Breite kann ich den Standstreifen wenigstens mitbenutzen. Oder mal einen Trottoir, was eben so kommt. Baustellen in Durchfahrtstraßen, kriminell niedrige Ampeln, und überall Außenspiegel, Außenspiegel. In irgendeinem Dorf fahre ich in einer Einbahnstraße nur noch auf gut Glück, und am Ende warten zwei und zeigen mir winkend die Daumen. Ich grüße die beiden mit den Scheinwerfern und mache einen elegant schlenkernden Hopser zurück auf die Hauptstraße.
Reserve, Reserve, und dabei ist der Tank doch groß genug! Nur leider leer, und die hundert Euro können da nicht viel daran ändern. Das Mädchen an der Tankstelle lacht Tränen, als sie uns sieht, und zum Abschied bittet sie nur um Gnade für ihr Dach und ihre Zapfsäulen. Der Eiertanz, der mich nah genug an den kurzen Schlauch gebracht hatte, scheint sie nicht von meiner Kunst zu überzeugen.
Immerhin dreht der Achtzylinder schön seine sechzehnhundert, außer ich erschrecke mich an der Ampel und reiße am Fahrhebel. Aber von dem Gebrüll höre ich hier drin nichts, ebenso vom Hupen der Verfolger. Ein sehr sonores Brummen, und ich wünsche mir jetzt nur noch, die Hauptkupplung drücken zu dürfen.
Daheim stellen wir ab, der Motor erstirbt, und wir stehen im Licht des Hofscheinwerfers und bestaunen wortlos, was wir noch gar nicht glauben können.

Rauchzeichen




pandora77   |   19.08.2009, 23:16   |  
Da fehlt ein Foto. Zu den Bildern im Text.

texas-jim   |   20.08.2009, 08:50   |  
Ich nehme das als Kompliment, haben Sie Dank. Und die Bilder sind selbstverständlich hier.
Mitrauchen
 

jean stubenzweig   |   20.08.2009, 03:37   |  
Seh'n Sie – das sind die Rennen, in denen ich bei Ihnen gerne mitfahre. Ein wenig mag's aber auch daran liegen, wie schön erzählend Sie immer wieder die Erinnerung daran wachrufen, daß die Milch nicht aus der Tüte kommt. Allerdings habe ich das sowie die Tatsache, daß diese dicken Geräte nicht alleine zur Verkehrsbehinderung entwickelt und gebaut werden, auch erst gelernt, seit ich einen Teil von mir aufs Land umgesiedelt habe.

texas-jim   |   20.08.2009, 08:51   |  
Ach, das Geschludere hier schulde ich der Hitze, der Müdigkeit und der wenigen Zeit, die ich noch draußen verbringen darf. Haben Sie Dank!

nnier   |   21.08.2009, 18:25   |  
Schludern Sie mal so weiter, mir gefällt's auch ausgesprochen gut!

texas-jim   |   24.08.2009, 10:47   |  
Haben Sie Dank, ich werde mir Mühe geben.
Mitrauchen