Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

17.06.14, 11:05 | 'Die Verehrung des Wurstsalates'
Beim Mittagessen bin ich noch überrascht, daß Deutschland schon spielen soll. Um vier lasse ich mich überreden, und um zehn nach sechs stehen wir in der Stadt vor einer fremden Wohnung, und als wir klingeln, öffnet niemand. Stattdessen Gebrüll aus allerhand Fenstern. Der Freund verzweifelt, und trotzdem kommen wir rechtzeitig, denn bis so ein Elfmeter vorbereitet ist, hat irgendjemand die Zeit, uns einzulassen. Dann sitzen sie auf einem Sofa und ich auf einem Stuhl, und ich bewundere die schöne Altbauwohnung mit dem Kachelofen. Darauf das Modell eines Porsche, darüber ein Kalender, daneben ein Produktkatalog. Auf dem Katalog die Bestellung, aber das bekomme ich erzählt, das sehe ich nicht. Stattdessen schaue ich durch die Türen in die noch nicht fertig eingerichteten Zimmer oder durchs Fenster, wo sich draußen ein Bäumchen in der Brise schaukelt, als hätte es Spaß daran. Die Topfpflanze ist ein Bananenbaum, und als ich irgendwann lange genug nichts gesagt habe, denke ich mir etwas aus. Nur nichts zum Fußball, also sage ich plötzlich, daß ich noch nie einen so großen Fernseher gesehen habe. Das finden alle sehr lustig, glaube ich. Dann denke ich noch, daß er ganz furchtbar hässliche Beine hat und besser an einer Wand weit oben hängen sollte. Seit die Dinger flach sind, geht das ja. Und Beine bräuchte er dann auch nicht. Dann ist Halbzeit, und es gibt frisches Bier für die anderen.
Später laufen wir in die Stadt, und ich sehe, wie sich Menschen zusammenrotten. Die Polizei ist auch da, und sie ermahnen ab und zu einen, der aus einem Auto hängt oder auf eine Laterne klettert. Überall Fahnen, Bierbecher und Geschrei. Zwischendrin lassen Motorräder die Reifen rauchen. Wir gehen Essen.
Nobel ist es hier, und irgendwas mit Orient. Im Endeffekt ein Dönerladen mit komplizierter Speisekarte, denke ich, als ich so nutzlos im Weg stehe. Ein Mädchen winkt mich zu ihr, und ich wehre ab. Lass mich noch ein wenig denken, sage ich, und als ich dann zu ihr an die Theke komme, lacht sie: "Ausgedacht?"
Ja, sage ich und bestelle. Dann darf ich bezahlen und werde weggeschickt. Wird gebracht. Wir setzen uns nach draußen und bekommen unser Essen. Der Kellner erzählt etwas von RFID, und tatsächlich sind große Kleber auf den Tabletts angebracht. Mein Essen ist trotzdem nicht, was ich bestellt habe, aber weil es eben in Fladenbrot gewickelt ist, bemerke ich das erst beim Essen. Das freundliche Mädchen kommt, und obwohl ich nichts sage, bemerkt sie den Fehler. Ich bringe noch einen, sagt sie, und ich nicke kauend. Ich beiße in das zweite Fladenbrot - wieder verkehrt. Sie bringt lachend ein drittes, und ich bitte um Gnade. Ich kann nicht mehr essen. Wir reden dann von einem, der noch im Büro sitzt und berät, und ich denke mir etwas aus mit verschiedenfarbigen Papieren statt des doofen RFID. Wäre ich Berater, könnte ich damit reich werden. Dann müsste ich aber auch Folien machen und könnte um diese Uhrzeit nicht draußen beim Essen sitzen.

Zurück in der Wohnung bewundere ich meine Teekräuter, die meine Abwesenheit zum Wachsen genutzt haben. Ruhe scheint also gut für sie zu sein. Aha. Dann gehe ich eben ins Bett.

Rauchzeichen




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