Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

03.11.10, 16:08 | 'Nichts lieber als Dich'
Wir mögen beide den alten Mann und das Meer.

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Schmerzhaft: ein Ohrring im Auge.

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Es ist kein Zucken, das mich stutzig macht, es ist ein Erstarren. Die Muskeln in Deinem Rücken, die ich eben gedankenverloren mit den Fingern nachgezeichnet habe, durch den feinen, weichen Stoff hindurch, die Muskeln spannen sich, versteifen den biegsamen, weichen Körper zu einem harten, wehrhaften Fremdkörper. Ich lasse meine Hand ruhen, ich unterdrücke den Impuls, mich zu entziehen, weil ich diese für mich so typische Reaktion plötzlich nicht mehr ertragen könnte, und zwinge mich zur Bewegungslosigkeit. Was ist, frage ich heiser, und ich bin plötzlich voll mühsam kontrollierter Panik und frage mich gleichzeitig, wie ich, der ich üblicherweise aggressiv flüchte, so bleiben kann, mit dieser offen dargebotenen Flanke, und ich merke plötzlich, daß mir Dein Schmerz viel mehr ist als meiner. Ich muß das wissen, auch wenn ich mir damit wehtun werde. Was Dich schmerzt, kann ich nicht ertragen, und noch weniger, nicht davon zu wissen. Ich muß vorwärts, muß Dich fangen und schützen, ich muß mir ins Fleisch schneiden, weil ich mich vor Dir nicht schützen könnte. Was ist, frage ich noch einmal, und da hebst Du den Kopf und ich muß Deine glänzenden Augen sehen, ich muß Deinen Kummer zu meinem machen, ich könnte nichts anderes, nicht anders. Eine Träne fällt heiß auf meine Wange, kocht und siedet und durchdringt meine Gedanken, bis der wirre Malstrom zur wilden Brandung wird: Ich will, daß es gut wird.
Tu mir bitte nicht weh, sagst Du leise und vergräbst Deinen Kopf wieder an meiner Schulter.
Nein, sage ich nach langer Zeit, während der ich ganz sanft die Spannung aus Deinem Rücken gestrichen habe, während der ich Dich gedrückt und Dir leise zugemurmelt habe, Deinem Atem zugehorcht und Deinem Herzschlag nachgefühlt habe; Nein. Das werde ich nie tun. Dann sind wir sehr lange still.

Rauchzeichen