Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

07.07.09, 10:44 | 'You're the storm'
Um elf, als ich längst die Kissen nach dem Schlaf durchwühle, der mir so fehlt, und ja, ich habe zwei Kissen, eines für Bücher und eines für meinen Dummkopf, jedenfalls klingelt um elf das Telefon auf dem Nachttisch.
Draußen Wetterleuchten, entfernt grollt Donner. Regen prasselt auf den Fenstersims, rauscht auf dem Dach. Er flaut ab und kehrt wieder, zurückgeworfen von den Bergen, die mein kleines Tal in einen Kessel, einen Hexenkessel verwandeln, bei Gewittern.
Ja, sage ich. Ich liege still auf dem Rücken, das Telefon am Ohr, und schaue an die Deckenbalken.
- Habe ich Dich gestört?
Mein Engel. Mein Herz klopft, schlägt von unten heftig an meine Zunge, an den Gaumen Ich schlucke trocken und hart. Deine Stimme in meinem Bett, dazu Regen.
Nein, sage ich kehlig. Was gibts?
- Bist Du denn schon im Bett?
- Ja. Was gibts?
- Hast Du etwa schon geschlafen? Um elf? Du klingst entsetzt, und ich fühle mich plötzlich wie ein alter Mann. Du machst mein Leben sehr leer, weißt Du das?
- Ja. Was gibts? Ich lüge, und ich bilde mir ein, daß man das nicht hört, wenn ich einsilbig bleibe.
- Das Bild vom Samstag war sehr schön. Ich hätte trumpfen können mit dem Bodensee.
Du lachst hell. Und ich kam mir toll vor, an einem Samstag, an dem ich den Feierabend um fünf fand, um auf unserer Wiese zu liegen, in unserem Bädchen zu planschen, da lagst Du am Bodensee, mit -. Es ist sehr armselig, was ich hier mache, und ich komme mir sehr klein vor, Dir gegenüber. Sehr begrenzt. Und sehr allein. Ich kann mir vorstellen, wie sie Dich einladen allenthalben, wie es Dir zufliegt das Leben und sich Dir zu Füßen legt, wie ich es tue. Wie es sein soll, bei einem Engel.
- Ja. Was gibts?
- Was Du neulich gemacht hast, an meinem Rechner: Ich verstehe das nicht.
Und Du fragst, und ich erkläre, und wie hätte ich nur hoffen dürfen auf einen zwecklosen Anruf, ein WiegehtsDir? ein WobistDuichmußDirwaserzählenkommsofortvorbei!
Hatte ich lange nicht mehr, das alles.
Irgendwann ist alles erklärt, und Du verabschiedest Dich schnell.
-Ja. Passt schon.
Das Telefon wird stumm, es leuchtet kurz auf und verglimmt dann. Ich halte es weiter am Ohr und sage halblaut den Satz, den ich Dir sagen wollte. Der Donner rumpelt noch einmal. Immerhin.
Schlaf finde ich keinen und verfluche stattdessen das Herz, das klamme, das so beharrlich an Dir festhält, die Du irgendwo sitzt und lernst, im Schein einer Lampe, die Dein Haar zum Leuchten bringt. Die Du an meinem geliebten Bodensee liegst, den ich nur einmal im Jahr sehe, ohne mir das erklären zu können.
Und immer wieder das Gefühl, etwas tun zu müssen. Die wändezerkratzende Angst, mit diesem Leben einen Fehler zu machen. Aber irgendeiner muß doch hierbleiben, denke ich dann, und Wurstbrote essen, und auf euch warten; irgendeiner muß doch all das erhalten, zu dem ihr zurückkehren könnt.

Rauchzeichen




von aschenbach   |   07.07.2009, 11:56   |  
:/

texas-jim   |   07.07.2009, 13:45   |  
Ah ja. (Wie meinen?)
Mitrauchen