Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

20.05.09, 10:59 | 'You're the storm'
Eine durchfahrene Nacht. Erst eine. Man sieht noch nichts. Neulich, nach zwei Nächten, da sah ich komisch aus, sagten die Kollegen. Durchgefeiert? So ähnlich. Ackerparty, Schlepperdisco. Aber laut habe ich das nicht gesagt.

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Dafür Magenschmerzen. Von den riesigen Tabletten, die sich so schlecht schlucken lassen. Vom Automatenkaffee, der mich vom Gähnen bewahren soll. Friß mich nicht! hat der Chef gesagt, und ich mußte im Gähnen lachen.

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Überhaupt Automatenkaffee. Die Größe des Automaten scheint ja im reziproken Verhältnis zum Geschmack zu stehen. Oder vielleicht der Anteil der Handarbeit. Automaten, die sogar das Tassenspülen vermeiden, indem sie Plastikbecher ausgeben, die sind ganz unten in der Hierarchie.

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Gestern saß ich so auf der Terrasse, und die Bäurin brachte mir eine Tasse. Ich meine, eine Tasse. Ich meine, brachte. Ich meine, hallo? So weit weg ist der Himmel wohl nicht. Ist ja auch steil genug hier am Berg.

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Und der Berg. An dem hört man ein Brummen und ein helles Sirren, das an- und abschwillt, wenn die Mähwerke in den Seitentälern verschwinden und wieder auftauchen. Ich sitze da also beim Kaffee und höre dem Mähen zu. Vielleicht ists so schon am Schönsten.

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Und dann bin ich irgendwo am Schwaden, entlang dieser Schnellstraße, und alles ist krumm und verbogen von den Sonnenbrillenfahrern, und da ist ein Riß im Metall, und dort singt das Getriebe, und überhaupt verstellt sich der hintere Schwadkreisel, wie er lustig ist. Ich köchle so in meiner Wut vor mich hin, weil es hier auch noch viel zu feucht zum Schwaden ist, und dann muß ich immer besondere Kunststücke austüfteln, damit kein Dreck ins Gras - und wie ich das so denke, ersaufen die kleinen Rädchen in einer Pfütze, und die Zinken rechen im Matsch, und ich fluche laut und lästerlich, daß der Druck nach außen kann, und mir ist so gar nicht mehr zum Lachen grade.
Da vibriert es in der Tasche, und ich ziehe die Frontscheibe zu. Jetzt kann ich auch das Läuten hören, den Refrain eines Lieblingslieds, so weit sind wir schon, ach je, ich singe mit und gehe ran.
"Hast Du einen Computer in der Nähe?" Ich sehe mich um, sehe die digitalen Anzeigen und die Kontrolleuchten, die vielen Knöpfe und Schalter, und sage Nein.
Du suchst eine Apotheke, und da rufst Du mich an, und da ist er, der Grund fürs Ichtelefon, da entschwindet er, da war er.
So bleibt mir nichts, als Dir zuzuhören, und irgendwann kommst Du vom Lamentieren ins Erzählen, und dann ins Lachen, und dieses Umschwenken, das ist sehr schön, das macht meinen Tag sehr hell und warm. Wir können ja Tabletten tauschen, sage ich begeistert, meine sind rosa und rund, und Deine?
Lachend trennst Du die Leitung, und ich weiß, daß da eine Leere entsteht, wenn man plötzlich wieder allein ist, Du dort, ich hier, und da schreibe ich Dir noch schnell und danke der Technik, die das möglich macht, ich halte ja immer noch das Telefon hoch, wenn ich was verschicke, das macht ja sonst auch niemand mehr, jedenfalls schreibe ich Dir ein Augenzwinkern und ein Schulterklopfen, und dann fahre ich wieder nur noch, aber die Dämmerung ist heller geworden, und das Abendrot war vorhin auch noch nicht da, und ich könnte schwören, ich habe vorhin noch nicht gesungen. This is yours, möchte ich noch sagen, aber da versagt dann die Technik, und ich auch, und so freue ich mich einfach an den Arbeitsscheinwerfern, die ich neulich noch zerlegt und geputzt habe, und die jetzt wieder hell und klar sind, und die blanken Zinken aufblitzen lassen, auf ihrer ewigen Kreisfahrt.

Rauchzeichen