Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 30. 01 24

30.01.24, 12:34
Auf die Frage, wie man alles noch komplizierter machen kann, hat eine Stadt in Süddeutschland eine beeindruckende Antwort gefunden. Die Grundsteuer, mit einem Hebesatz von mehr als fünfhundert Prozent zunächst kein Schnäppchen, wird berechnet. Dann wird sie auf vier Fälligkeitstermine aufgeteilt, von denen der vierte einen um drei Cent höheren Betrag hat. Es gibt nun keine Möglichkeit, einen mehrjährigen Dauerauftrag so einzurichten, dass an verschiedenen Terminen unterschiedliche Beträge zu zahlen sind, also müssen vier Daueraufträge geschrieben und im nächsten Jahr vermutlich wieder angepasst werden, wenn der Stadt mal wieder das Geld ausgeht. Ich will mir allein den Verwaltungsaufwand gar nicht vorstellen, der entsteht, wenn ein Gutteil der Steuerpflichtigen die kleingedruckte Änderung des letzten Betrags in der Tabelle überhaupt nicht bemerkt und wegen weniger Cent gemahnt wird. Überweisungen unterhalb eines Euros führt zumindest meine Bank überhaupt nicht aus, und es ist doch alles nur noch zum Kopfschütteln.

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Um meine schlechte Steuerzahlerlaune noch zu steigern, rechne ich alle Zahlungen, die ich zum Anfang eines jeden Jahres neu anlegen oder verändern muss, mit einem Faktor um. Dieser beträgt für das laufende Jahr offiziell Eins durch sechsunddreißigkommadreisechs. Also 1/36,36. Ein komischer Faktor, wird man einwenden, aber nichtsdestotrotz ein sehr gut zu merkender. Multipliziere ich jede Zahlung nämlich mit diesem Faktor, so kenne ich die Zahl an Tagen, an denen ich mir vostelle, die Frisur einer Bundestagspräsidentin finanziert zu haben. Daraus ergibt sich mit wenig Rechnerei übrigens noch ein weiterer Betrag: Zweihundertundsiebenundzwanzig Euro und siebzig Cent. Sobald ich etwas um diesen Betrag einkaufe, was zum Glück nicht so oft vorkommt, finanziere ich diese Frisur mit der darin enthaltenen Mehrwertsteuer einen weiteren Tag. Und es geht mir dabei gar nicht um die Summe oder um die Frage, was denn die sinnloseste Ausgabe des letzten Jahres gewesen sein könnte - diese Frage hat die irre Lotterieförderung von PV-Anlagen mit Wallboxen und Elektroautos auf zusammenbrechenden Servern bereits abschließend beantwortet - sondern darum, wie solche Ausgaben mit dem Mantra kontrastieren, dass alle ihren Beitrag zu den Einsparungen zu leisten hätten. Sie kontrastieren stark, und es ist natürlich nur ein Treppenwitz, wie genau diese Jahresfrisurensumme zu dem passt, was zwei Bürgergeldempfänger in einem Jahr für ihren Lebensunterhalt bekommen. Wenn man sich also die soziale Schere im Land anschauen möchte, ist dies ein farbenreiches, aber hässliches Bild: Von einer Jahresbundestagspräsidentinnenfrisur sollen zwei Menschen ein Jahr leben können.
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