Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 20. 11 12

20.11.12, 11:40 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Dicker weißer Nebel, der sich auf meiner Brille niederschlägt. Der das grelle Licht meiner Stirnlampe bremst und aufsaugt. Ich überschlage kurz, wie oft ich diesen Weg schon gefahren bin und komme auf etwa hundert Mal. Aber diese Abzweigung, die mich plötzlich auslacht? Ich kann mich an einen Wasserturm erinnern. Der müsste etwa hundert Meter links von mir sein, und jeden Abend wundere ich mich, daß ich ihn morgens übersehen habe. Und hundert Meter sehe ich sowieso nicht. Fünf vielleicht, denke ich und holpere durch ein Schlagloch, das ich übersehen habe. Vier also.
Nur beim Teer, da bin ich mir sicher. Schotter war da keiner. Jetzt schon. Ich bin also falsch. Aber immerhin geht es bergab, und so habe ich noch immer die schönsten Strecken gefunden. Von vorne höre ich die Autobahn. Das heißt nicht viel, denn hier kreuzen sich zwei, und weil das alles verkehrsplanerisch etwas in die Hosen gegangen ist, gibt es einen ganzen Wust von Verbindungen, Kurven, Abzweigungen und ähnlichem. Dazu die Auffahrten für die Fahrzeuge der Straßenmeistereien, für den Rettungsdienst und die Polizei und einen Wahnsinnigen mit dem Fahrrad.
Die Autobahn habe ich also gefunden. Eine Autobahn. Ich kann nicht weit genug sehen, ob es nun vier oder fünf Spuren in jede Richtung sind. Der Nebel tropft mir von der Nasenspitze und trieft mir in die Hosen. Die Einkäufe im Rucksack sind schwer, und bei Nacht und Nebel können mich eh alle.
Können ja sowieso nicht schnell fahren. Man sieht ja nix. Ich steige also vom Rad und sprinte zur Fahrbahnmitte. Die ist aus Beton und einen guten Meter hoch. In der Mitte Erde und eine frisch gepflanzte Hecke.
Da hocke ich dann, das Rad an der Hand, und um mich bricht die Hölle los. Autos sind ziemlich schnell, wenn man auf dem Mittelstreifen einer Autobahn steht. Aber nachts ist hier nie etwas los, denke ich der Realität entgegen, bis die ein Einsehen hat und der Verkehr nachlässt. Das muß ein Schwung von einem der ampelgeregelten Zubringer sein, denke ich, denn jetzt kommt wieder keiner mehr. Ich hüpfe also vom Tableau und schiebe das Rad flott weiter. Autobahnteer fühlt sich anders an, denke ich, aber den hat man ja auch selten unter den Schuhen. Ich zähle fünf Spuren, also kreuze ich die richtige Straße. Schön.
Die Standspur hat keine solche Auffahrt wie auf der Gegenseite, und so finde ich einen weiteren kleinen Denkfehler in der Verkehrsplanung. Niemand hat an kreuzende Radler gedacht. Dafür an Leitplanken und eine Menge Gestrüpp. Aber das geht unter im Lärm der nächsten Verkehrswelle.
Richtung Osten, denke ich, und was einem als Ingenieur nicht alles passieren kann. Abenteuer des Bürohengstes, grinse ich. Könnte man sicher irgendwelchen Outdoorarschgeigen als Event verkaufen, aber vielleicht bin ich gerade auch nur ein wenig frustriert, weil ich hier stehen muß, während die anderen Fallschirmspringen, ein Abendessen kochen oder vor dem Fernseher sitzen. Die Lage ist also hoffnungslos, aber nicht ernst, und ein paar Meter weiter ist auch schon eine Lücke im Gebüsch. Leere Papiertüten vom örtlichen Müllverarbeiter-Drive-In, Flaschen und Dosen haben die Hecke wohl erdrückt. Man läuft seltsam im Müll, und vielleicht muß man das auch mal gemacht haben. Ich stoße auf einen Weg, folge ihm in Richtung Osten, und knapp zwei Stunden später hole ich einen famosen Zwiebelkuchen aus meinem kleinen Ofen. Nur Fernseher habe ich keinen. Brauche ich nicht.
# |  13 RauchzeichenGas geben