Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Freitag, 23. 06 06

23.06.06, 00:43 | 'Minimaler Blauanteil'
Fällt mir erst jetzt wieder ein, weil ich so furchtbar betrunken war, letztens: Ich war ja am Sonntagmorgen Brötchen holen. Morgens um vier.

Wir hatten so an der Bar gestanden, wie wir es immer tun. Es war luftig drinnen, die Türen standen offen und die Raucher zum großen Teil draußen. Das ergänzt sich prima und sollte als Hauptargument für Sommerfeste übrigens ausreichen.
"... Tradition", sagte sie.
- "Hä?" Die Musik war lauter als sie schön war. Bei dem Mädchen war es genau umgekehrt, was eine normale Verständigung mit mir weiter erschwert - ich habe nicht nur ein Problem damit, Stimmen von lauter Musik zu trennen, sondern auch eines, das eng mit hübschen Mädchen und eigener Sprachlosigkeit zusammenhängt. Ersteres habe ich ganz gut dadurch im Griff, daß ich grundsätzlich nicke, "Ach was" oder "Jaja, freilich" brülle und außerdem darauf verzichte, Lieder mitzugröhlen, deren Texte ich noch nicht lesenderweise verifiziert habe. Ansonsten erzähle ich einfach sinnlose Geschichten, bei denen mich mein Gegenüber entweder für sehr betrunken oder meschugge hält, weil sie absolut nichts mit dem zu tun haben, was ich gerade eben nicht mitbekommen habe. Ich versuche dann, lieber betrunken zu wirken.
"Das ist ja beinahe Tradition", wiederholte sie.
- "Jaja. Freilich."
- "Also Frühstück bei mir?"
- "Ach was?"
- "Bis später also!" Und weg war sie.

Ich war mir nicht sicher, wie ich gerade gewirkt hatte, also suchte ich mir jemanden, der weniger redete und dafür etwas mehr trank. Ich schaute mich um - es hätte jeder sein können.
Nach dieser etwas niederschmetternden Erkenntnis trank ich einfach allein weiter. Das fiel mir allerdings immer schwerer, da sich ungute Gefühle wie auch Getränke bei mir im Magen ansammeln. Während die einen sich verzweifelt nach oben kämpfen, um meinem Großhirn mal so richtig die Meinung zu sagen, drängen die anderen eher nach unten. Was sie da unten tun, kann ich zwar nicht genau sagen. Ich vermute allerdings, sie tanzen dort Ringelreihen. Deshalb wird mir sicher auch immer schwindlig, wenn ich getrunken habe. Getränkeunwucht, sozusagen.

Ich stand also an ihrer Tür und klingelte. Ich wartete. Dann schaltete ich das Licht über der Tür wieder aus und klingelte erneut. Ich wartete wieder, bevor ich versuchte, wieder auf die Treppenstufe vor der Tür zu steigen, von der ich gefallen war, und klingelte erneut. Während ich wartete, stellte ich den Kaktus neben der Tür wieder auf, den ich umgeworfen hatte, zog mir einen Stachel aus der Hand und versuchte gerade, die herausgefallene Erde mit dem Fuß wegzuscharren während ich wartete, als die Tür aufging.
Ich blinzelte ins Licht.
"Hallo."
Ich blinzelte immer noch. Ich beschloß, das Licht zu hassen. Dann eilte ich dem Hass hinterher, um ihn daran zu hindern, sich auf meinem Gesicht zu zeigen. Stattdessen schickte ich ein umwerfendes Lächeln los, das aber wohl im Moment keine Zeit hatte und sich durch ein eher dümmliches Grinsen vertreten ließ.
Also beschloß ich, etwas Intelligentes zu sagen.

"Hallo."
Ich war überrascht. Was ich gesagt hatte, klang fast genauso wie das, was ich hatte sagen wollen. Dabei ist diese Hirn-zu-Mund-zu-Ohr-und-zurück-zum-Hirn-Geschichte wohl der komplizierteste Regelkreis, den man erfinden kann. Was dabei alles schiefgehen kann! Fehler über Fehler können da passieren.
Ein Fehler ist übrigens, nicht zuzuhören.
"Brötchen", bekam ich noch mit, bevor mir die Tür fast auf die Nase fiel. Geistesgegenwärtig blieb ich blitzschnell einfach stocksteif stehen, um meine Verachtung für das Leben im Allgemeinen und auf meine Nase zukommende Türen im Besonderen auszudrücken. Zu dieser Reaktion gratulierte ich mir ausdauernd selbst, während ich die Straße zum Bäcker zurückschwamm. Genaugenommen weiß ich nicht, ob ich geschwommen bin, aber Rad zu fahren hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt und laufen konnte ich auch nicht mehr so besonders.
Zum Glück ist die Backstube gegenüber.

Ich stand also beim Beck. Der sah mich an. "Wecken?"
- "Ja, bitte. Ich muß doch zum Frühstück, zu diesem Mädchen, und da brauche ich..." Solange ich stammelte, grinste der Beck, packte eine Tüte voll mit wunderbar warmen Brötchen und machte mir ein Bier auf.
Um zu trinken, mußte ich aufhören, mich zu rechtfertigen und hatte Zeit, nach meinem Geld zu kramen. Der Beck grinste und drohte mir mit dem Finger: "Keine Chance. Sonst prügle ich Dich aus der Backstube." Mit dem Beck ist nicht gut Kirschen essen, wenn er einem mit dem Finger droht. Also trank ich stattdessen mein Bier aus und versuchte eine Zeitlang, die leere Flasche in meine Hosentasche zu bekommen und meinen Geldbeutel in die Bierkiste.
"Bleib nach dem Frühstück einfach bei Deinem Mädchen", sagte der Beck, als er mich zur Tür hinausschob. "Sonst wird das doch nie was."
Ich hätte ihn knuddeln können in dem Moment, meinen Beck, wäre er nicht zwei Meter groß und hätte er nicht längst die Tür vor meiner Nase zugeschlagen. Also sagte ich nochmal ganz laut "Danke" und ging, die Tüte unter den Arm geklemmt, zurück zu dem hübschen Mädchen.

Kaffee gab es übrigens auch.
# |  Rauchfrei | Gas geben


22.06.06, 14:32 | 'Heller als tausend Sonnen'
Heute abend aus der Ferne in ihren Geburtstag hineintrinken. In den Geburtstag des Indiepopmädchens. Dank für Metric und mehr Musik, Dank für Emo und sowieso und überhaupt.

Sounds like a plan to me.
# |  Rauchfrei | Gas geben


22.06.06, 02:09 | 'Nicht drueber nachdenken'
Beim Suchegriff "mangelnde Romantik" bin ich übrigens ganz vorne, wie ich gerade erfahren mußte.
*Hier das schriftliche Äqivalent eines naserümpfenden Schnaubens ("Hhrmmpfh", bitte mit kurzem "r") einsetzen*
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