10.12.09, 12:13 | 'Das Auge des Betrachters'
Ich schaue die großen Pakete an, die vor der Tür liegen. Mein Name steht drauf. Ich hebe sie hoch, eins nach dem anderen. Da müssen die Seitenanlagen drin sein, denke ich. Und da die Meißel. Was ist im dritten? Ich reiße es auf. Die Schrauben, wie schön.
Ich rufe laut "Nikolaus", als ich über den Hof marschiere, um den Pflug zu holen. Wer bekommt schon zentnerweise geschmiedeten Stahl und freut sich daran?
Zufrieden vor mich hin grummelnd schraube ich bis zum Einbruch der Dunkelheit vor mich hin. Zufrieden gehe ich zum Kaffee nach drinnen, ziehe die vielen Schichten aus und setze mich als Neunter an den Esstisch im Erker. Von draußen kann man uns jetzt sehr schön sehen, durch die Fenster, lachend, redend, essend.
Noch einen Reifen im Dunkeln aufpumpen. Das Telefon hat keine Taschen- aber eine Videolampe. Still sitze ich in der Kälte und höre dem Kompressor zu. Dem zischenden Ventil. Und versehentlich fange ich all das ein, als ich mit klammen Fingern am Telefon herumdrücke. Ich hätte Ihnen das gern gezeigt, aber die Datei ist ein wenig größer als das zulässige Maximum.
So müssen Sie sich das eben vorstellen. Ein Manometer im kalten Licht einer Leuchtdiode. Eine Hand am Griff. Der Druck auf der Anzeige steigt gemächlich. Der Reifen drückt sich langsam in die Höhe. Der Kompressor klappert. Es ist kalt. Es wird Winter. Die Dunkelheit bringt Ruhe mit.
Haben Sie einen schönen Tag.
Ich rufe laut "Nikolaus", als ich über den Hof marschiere, um den Pflug zu holen. Wer bekommt schon zentnerweise geschmiedeten Stahl und freut sich daran?
Zufrieden vor mich hin grummelnd schraube ich bis zum Einbruch der Dunkelheit vor mich hin. Zufrieden gehe ich zum Kaffee nach drinnen, ziehe die vielen Schichten aus und setze mich als Neunter an den Esstisch im Erker. Von draußen kann man uns jetzt sehr schön sehen, durch die Fenster, lachend, redend, essend.
Noch einen Reifen im Dunkeln aufpumpen. Das Telefon hat keine Taschen- aber eine Videolampe. Still sitze ich in der Kälte und höre dem Kompressor zu. Dem zischenden Ventil. Und versehentlich fange ich all das ein, als ich mit klammen Fingern am Telefon herumdrücke. Ich hätte Ihnen das gern gezeigt, aber die Datei ist ein wenig größer als das zulässige Maximum.
So müssen Sie sich das eben vorstellen. Ein Manometer im kalten Licht einer Leuchtdiode. Eine Hand am Griff. Der Druck auf der Anzeige steigt gemächlich. Der Reifen drückt sich langsam in die Höhe. Der Kompressor klappert. Es ist kalt. Es wird Winter. Die Dunkelheit bringt Ruhe mit.
Haben Sie einen schönen Tag.
24.11.09, 14:15 | 'Das Auge des Betrachters'
Der Betreuer steht im Türrahmen, als ich Bilder zeige und Anekdoten erzähle.
"Du machst aber viel", sagt er. "Und ich sitze nur hier."
"Du machst aber viel", sagt er. "Und ich sitze nur hier."
19.10.09, 23:24 | 'Das Auge des Betrachters'
Sie ist blond und findet es schon schlimm, daß ihr Chef seine Mitarbeiterinnen nach dem Aussehen auswählt. Obwohl, sagt sie und wird nachdenklich, obwohl -.
Ich tue ihr unrecht. In ihrem Beruf spielt das Aussehen eben eine Rolle. Weil sich das, was sie tut, von der Reparatur zur Verschönerung, vom Sicherstellen der Funktion zum Verbessern der Außenwirkung gewandelt hat. Als würde man ein Auto lackieren, weil die Bremsen verschlissen sind. Und in ihrer Zaghaftigkeit findet sich diese ganze, verwandelte Philosophie, die ihr viel zu schnell geht, als daß sie sie begreifen könnte. Ich kann ihr nicht helfen, ich gehe ja sowieso ungern zum Zahnarzt.
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Sie nestelt an ihrem Hemdchen herum. Das spannt an Stellen, und ist doch zu weit. Ich foppe sie ein wenig und frage, ob sie Pickel auf dem Busen hat oder ob das ihre Brustwarzen sind, und halte dabei ihren Blick mit meinem oben, so daß sie nichts nachprüfen kann, was sie sowieso weiß.
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Morgens tranken wir noch Kaffee am Stehtisch, und jetzt sitzt sie da, mit dem Bauern, der so grob und so lustig ist in seiner Verachtung alles Konventionellen. Der sich selbst so weit übertreibt, daß er nicht mehr zurückfindet zu einem normalen Gespräch, er redet plötzlich, und völlig ernst hört er sich an, daß ihre Kutsche Scheibenbremsen hat.
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Als ich komme, die Gräfin ausgestiegen ist, erkenne ich ein Auto. Ihren Ibi, wie sie ihn liebevoll nennt, und sollte sie jemals einen Kerl so lieben, er wäre verloren. Das Mädchen mit den blauen Augen ist hier, und ich winke ihr zu, bevor ich wieder davonfahre.
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Auf diesem Geburtstag sind wir zu siebt. Immerhin. Eins der Mädchen döst auf dem Sofa, und ich frage mich wirklich, ob sie so schnell alt werden wollen. Ich lache, werfe ein Glas vom Tisch und ein Stück Kuchen, und nach einem Probierschlückchen des köstlichen Erdbeerlimes bin ich auch schon wieder weg.
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Es trifft mich, die beiden hier zu sehen. Ich zeige ihm die Faust und den gestreckten Finger, denn das soll ihn immer erinnern, das werde ich ihm nicht erlassen. Ich weiß nicht, was die beiden reden heute, sage ich später, über das Geburtstagskind können sie ja schlecht schimpfen, wenn sie an dessen Tisch sitzen.
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Sie hat etwas verloren, in ihren blauen Augen. Ich suche nach den Seen und finde nur trübe Pfützen. Ich tue ihr unrecht, auch hier, und irgendwann sagt sie das auch. Ich bin schon verzaubert, sage ich, und von da an können wir wieder lachen.
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Heute kann ich mich niemandem zumuten, denke ich. Also backen, und daß ich darauf nicht gleich gekommen bin! Wie ein Maschinenbauer, denke ich, wenn nur nicht die dummen Ideen wären. Und als ich für die zweite Runde die Parameter angepasst habe, sauber als "loop 2" auf dem Rezept vermerkt, da wird mir erst klar, daß ich tatsächlich verzaubert bin.
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Ein Päckchen, und ich stolz platzend.
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Nach der Probe spiele ich mit einem der Engelchen, werfe sie hoch und schleudere sie im Kreis herum. Wie sie lacht, wie sie das tragische Stück vergisst, das man sie hat ansehen lassen. Und mit ihrem Gegenstück gemeinsam werde ich den beiden nicht mehr Herr, ich gehe zu Boden und lasse mich besiegen. Und selbstverständlich dürfen sie im Auto vorn sitzen, denn wer sollte ihnen sonst die Dummheiten beibringen?
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Erneutes Feiern, und ich mit Freunden. Ich zeige ihnen die Damenwelt, welche ist verstellt, welche mit Vorsicht zu genießen? Und wie unterschiedlich man Menschen sehen kann, denke ich noch.

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Du bekommst die Bäurin, wenn ich die Hektar bekomme, rufe ich dem Vetter zu, und die beiden lachen durch den Lärm.
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Tanzen, und daß da einer wie ein Pferd ausschlagen muß, das zeigt mir wieder, daß seine Pferde mehr Hirn haben als er.
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Immer wieder das Umdrehen, und mir bleiben die Worte stecken, die begeisterten Beschreibungen, als da niemand steht. Ich gehe auf französisch, und irgendwann schreibt mir der Kleine. Lachend falle ich ins Bett.
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Als die Rede zu Ende und das Essen angesagt ist, stolpere ich unfreiwillig durch den Vorhang, die Motorradhosen in den Knien hängend, werde durch den Eingang geschoben. Hallo, rufe ich, da bin ich ja richtig! Und erst beim Essen fällt mir ein, daß ich zwar richtig bin, aber vielleicht nicht komplett.
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Überhaupt die Frage, ob ich denn nicht auch woanders? Nein, nicht ganz. Ich zweifle meine Auswahl nicht an, ich spüre sie nur. Daß da zwei Orte sind, an denen ich sein möchte.
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Wir wandern, und ich finde wieder zu meinen Cousinen. Alle Frauen unserer Familie sind groß und schön und schlank, denke ich, und daß es doch sehr ungerecht ist, einer der beiden die großväterliche Nase zu vererben.
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Zwei Gänse verfolgen uns, und ich erkläre der Medizinerin, warum eine Kuh jedes Jahr kalbt.
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Eine erzählt von Mexiko.
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Wir spinnen uns ein Häuschen in Schweden, eine Kutsche, und schlußendlich einigen wir uns sogar auf drei statt meiner dreihundert Kühe. Dafür bekommt sie nur zwei Hunde, und ich weiß jetzt, daß wir unseren Knall geerbt haben. Immerhin gleichmäßig verteilt, denke ich, als mir zwei einfallen, die fehlen. In Malawi Waisenhäuser bauen, irgendwo einen Film drehen. Na, vielleicht ist die Verteilung doch nicht so gerecht gelaufen, denke ich, und überhole die Autos, aus denen sie mir zuwinken, weil da ja noch Platz ist, zwischen ihnen und dem Gegenverkehr.
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Wir mussten Wurzeln schlagen, um uns näherkommen zu können.
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Termin ist am siebzehnten Juli, sagt ihr Vater, und ich frage sofort, ob in der Kirche oder im Kreißsaal.
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Als ich im Supermarkt stehe, weil man mir erzählt hat vom Scheibenwischwasser, das ich ja immer brauchen kann, das aber längst ausgegangen ist, und so sinniere, wie das so ist mit den billigen Artikeln, die einen auch enttäuschen können, und ob es die Mark denn wert ist, enttäuscht zu werden und weiterfahren zu müssen, um dann doch die Mark mehr zu bezahlen, weil man ja weiß, daß es das Wasser dort auch gibt, und ich weiß schon, warum ich keine Prospekte lese, warum ich immer zu den Gleichen gehe und die Gleichen frage.
Da steht sie, die Sonnenbrille im Haar, und sie trägt Bauch, wie ich das schon erfahren habe. Wie es denn geht, palavern wir zwischen den Regalen, und daß sie sich eben eine neue Herausforderung gesucht hat, sagt sie grinsend. Ich lege mein Zeug auf das Band, Süßes fürs Büro, weil man ja dort auch leben muß, wie ich immer wieder vorgeführt bekomme, und irgendwas will ich ja dort auch lernen, und wenn es nur das Leben ist, und sie legt ihr Zeug dazu. Ich mache einen Scherz über die Oliven und ob sie die Sahne vergessen hat, und die Kasse registriert fleißig piepend, und bevor ich nun einen Aufstand mache, bezahle ich ihren Einkauf eben mit. Ich bestehe darauf, ihren Einkauf zu ihrem neuen Auto, dem Keksbomber, zu tragen und lasse ihr den Kassenzettel, weil sie im Moment nicht einmal ihre Kleidergröße kennt und die Wäsche wohl sowieso zurücktragen muß. Ich habs bezahlt, ich will das sehen, grinse ich, und dann schauen wir beide auf ihren Bauch. Zehn Jahre zu spät, sagt sie, lässt lachend die Reifen quietschen, als sie davonfährt, und ich weiß, daß da jemand eine sehr tolle Mama bekommt.
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Verantwortung ist, daß ich mir eher die Hände wasche, wenn ich aus der Krankenbucht in den Kälberstall muß, als vor dem Essen.

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Das Lachen im Rittersaal, und wir in der Eingangshalle.
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Ach, Hase.
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Was ich zeigen möchte, ums Gefallen bangend, und was ich nicht erzählen kann.
Ich tue ihr unrecht. In ihrem Beruf spielt das Aussehen eben eine Rolle. Weil sich das, was sie tut, von der Reparatur zur Verschönerung, vom Sicherstellen der Funktion zum Verbessern der Außenwirkung gewandelt hat. Als würde man ein Auto lackieren, weil die Bremsen verschlissen sind. Und in ihrer Zaghaftigkeit findet sich diese ganze, verwandelte Philosophie, die ihr viel zu schnell geht, als daß sie sie begreifen könnte. Ich kann ihr nicht helfen, ich gehe ja sowieso ungern zum Zahnarzt.
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Sie nestelt an ihrem Hemdchen herum. Das spannt an Stellen, und ist doch zu weit. Ich foppe sie ein wenig und frage, ob sie Pickel auf dem Busen hat oder ob das ihre Brustwarzen sind, und halte dabei ihren Blick mit meinem oben, so daß sie nichts nachprüfen kann, was sie sowieso weiß.
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Morgens tranken wir noch Kaffee am Stehtisch, und jetzt sitzt sie da, mit dem Bauern, der so grob und so lustig ist in seiner Verachtung alles Konventionellen. Der sich selbst so weit übertreibt, daß er nicht mehr zurückfindet zu einem normalen Gespräch, er redet plötzlich, und völlig ernst hört er sich an, daß ihre Kutsche Scheibenbremsen hat.
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Als ich komme, die Gräfin ausgestiegen ist, erkenne ich ein Auto. Ihren Ibi, wie sie ihn liebevoll nennt, und sollte sie jemals einen Kerl so lieben, er wäre verloren. Das Mädchen mit den blauen Augen ist hier, und ich winke ihr zu, bevor ich wieder davonfahre.
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Auf diesem Geburtstag sind wir zu siebt. Immerhin. Eins der Mädchen döst auf dem Sofa, und ich frage mich wirklich, ob sie so schnell alt werden wollen. Ich lache, werfe ein Glas vom Tisch und ein Stück Kuchen, und nach einem Probierschlückchen des köstlichen Erdbeerlimes bin ich auch schon wieder weg.
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Es trifft mich, die beiden hier zu sehen. Ich zeige ihm die Faust und den gestreckten Finger, denn das soll ihn immer erinnern, das werde ich ihm nicht erlassen. Ich weiß nicht, was die beiden reden heute, sage ich später, über das Geburtstagskind können sie ja schlecht schimpfen, wenn sie an dessen Tisch sitzen.
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Sie hat etwas verloren, in ihren blauen Augen. Ich suche nach den Seen und finde nur trübe Pfützen. Ich tue ihr unrecht, auch hier, und irgendwann sagt sie das auch. Ich bin schon verzaubert, sage ich, und von da an können wir wieder lachen.
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Heute kann ich mich niemandem zumuten, denke ich. Also backen, und daß ich darauf nicht gleich gekommen bin! Wie ein Maschinenbauer, denke ich, wenn nur nicht die dummen Ideen wären. Und als ich für die zweite Runde die Parameter angepasst habe, sauber als "loop 2" auf dem Rezept vermerkt, da wird mir erst klar, daß ich tatsächlich verzaubert bin.
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Ein Päckchen, und ich stolz platzend.
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Nach der Probe spiele ich mit einem der Engelchen, werfe sie hoch und schleudere sie im Kreis herum. Wie sie lacht, wie sie das tragische Stück vergisst, das man sie hat ansehen lassen. Und mit ihrem Gegenstück gemeinsam werde ich den beiden nicht mehr Herr, ich gehe zu Boden und lasse mich besiegen. Und selbstverständlich dürfen sie im Auto vorn sitzen, denn wer sollte ihnen sonst die Dummheiten beibringen?
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Erneutes Feiern, und ich mit Freunden. Ich zeige ihnen die Damenwelt, welche ist verstellt, welche mit Vorsicht zu genießen? Und wie unterschiedlich man Menschen sehen kann, denke ich noch.

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Du bekommst die Bäurin, wenn ich die Hektar bekomme, rufe ich dem Vetter zu, und die beiden lachen durch den Lärm.
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Tanzen, und daß da einer wie ein Pferd ausschlagen muß, das zeigt mir wieder, daß seine Pferde mehr Hirn haben als er.
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Immer wieder das Umdrehen, und mir bleiben die Worte stecken, die begeisterten Beschreibungen, als da niemand steht. Ich gehe auf französisch, und irgendwann schreibt mir der Kleine. Lachend falle ich ins Bett.
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Als die Rede zu Ende und das Essen angesagt ist, stolpere ich unfreiwillig durch den Vorhang, die Motorradhosen in den Knien hängend, werde durch den Eingang geschoben. Hallo, rufe ich, da bin ich ja richtig! Und erst beim Essen fällt mir ein, daß ich zwar richtig bin, aber vielleicht nicht komplett.
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Überhaupt die Frage, ob ich denn nicht auch woanders? Nein, nicht ganz. Ich zweifle meine Auswahl nicht an, ich spüre sie nur. Daß da zwei Orte sind, an denen ich sein möchte.
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Wir wandern, und ich finde wieder zu meinen Cousinen. Alle Frauen unserer Familie sind groß und schön und schlank, denke ich, und daß es doch sehr ungerecht ist, einer der beiden die großväterliche Nase zu vererben.
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Zwei Gänse verfolgen uns, und ich erkläre der Medizinerin, warum eine Kuh jedes Jahr kalbt.
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Eine erzählt von Mexiko.
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Wir spinnen uns ein Häuschen in Schweden, eine Kutsche, und schlußendlich einigen wir uns sogar auf drei statt meiner dreihundert Kühe. Dafür bekommt sie nur zwei Hunde, und ich weiß jetzt, daß wir unseren Knall geerbt haben. Immerhin gleichmäßig verteilt, denke ich, als mir zwei einfallen, die fehlen. In Malawi Waisenhäuser bauen, irgendwo einen Film drehen. Na, vielleicht ist die Verteilung doch nicht so gerecht gelaufen, denke ich, und überhole die Autos, aus denen sie mir zuwinken, weil da ja noch Platz ist, zwischen ihnen und dem Gegenverkehr.
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Wir mussten Wurzeln schlagen, um uns näherkommen zu können.
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Termin ist am siebzehnten Juli, sagt ihr Vater, und ich frage sofort, ob in der Kirche oder im Kreißsaal.
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Als ich im Supermarkt stehe, weil man mir erzählt hat vom Scheibenwischwasser, das ich ja immer brauchen kann, das aber längst ausgegangen ist, und so sinniere, wie das so ist mit den billigen Artikeln, die einen auch enttäuschen können, und ob es die Mark denn wert ist, enttäuscht zu werden und weiterfahren zu müssen, um dann doch die Mark mehr zu bezahlen, weil man ja weiß, daß es das Wasser dort auch gibt, und ich weiß schon, warum ich keine Prospekte lese, warum ich immer zu den Gleichen gehe und die Gleichen frage.
Da steht sie, die Sonnenbrille im Haar, und sie trägt Bauch, wie ich das schon erfahren habe. Wie es denn geht, palavern wir zwischen den Regalen, und daß sie sich eben eine neue Herausforderung gesucht hat, sagt sie grinsend. Ich lege mein Zeug auf das Band, Süßes fürs Büro, weil man ja dort auch leben muß, wie ich immer wieder vorgeführt bekomme, und irgendwas will ich ja dort auch lernen, und wenn es nur das Leben ist, und sie legt ihr Zeug dazu. Ich mache einen Scherz über die Oliven und ob sie die Sahne vergessen hat, und die Kasse registriert fleißig piepend, und bevor ich nun einen Aufstand mache, bezahle ich ihren Einkauf eben mit. Ich bestehe darauf, ihren Einkauf zu ihrem neuen Auto, dem Keksbomber, zu tragen und lasse ihr den Kassenzettel, weil sie im Moment nicht einmal ihre Kleidergröße kennt und die Wäsche wohl sowieso zurücktragen muß. Ich habs bezahlt, ich will das sehen, grinse ich, und dann schauen wir beide auf ihren Bauch. Zehn Jahre zu spät, sagt sie, lässt lachend die Reifen quietschen, als sie davonfährt, und ich weiß, daß da jemand eine sehr tolle Mama bekommt.
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Verantwortung ist, daß ich mir eher die Hände wasche, wenn ich aus der Krankenbucht in den Kälberstall muß, als vor dem Essen.

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Das Lachen im Rittersaal, und wir in der Eingangshalle.
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Ach, Hase.
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Was ich zeigen möchte, ums Gefallen bangend, und was ich nicht erzählen kann.
13.10.09, 10:52 | 'Das Auge des Betrachters'
Das hier ist genau die Art Knall, die ich liebenswert finde. Weltsichten, Mann!
05.10.09, 22:55 | 'Das Auge des Betrachters'
Mal eben ins Allgäu, Traktoren fotografieren.
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Schnell packe ich meine Tasche. Drei Tage, also. Ich fahre den Schrank mit den Händen ab und werfe das Nötigste in die große Tasche. Ich werde nicht die Hälfte davon brauchen, und trotzdem die Badeschlappen und die Jacke vermissen. Ich besitze gar keine Badeschlappen. Und die Jacke hätte sowieso nicht in die Tasche gehört.
#
Die neue Tasche ist viel zu groß. Mit Schlafsack und Isomatte ist sie nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Laut ratternd holpert sie hinter mir her und versucht ständig, von ihrer schmalen Achse auf die Straße zu fallen. Ich nehme sie an den zu langen Handgriffen hoch, damit sie mir bei jedem Schritt in die Kniekehlen schlagen kann. Einen Schulterriemen kann man nirgends befestigen. Ich hasse Geburtstagsgeschenke.
#
Am Schulhof warten schon einige. Mit noch größeren Taschen, und den Schlafsäcken dazu. Immer wieder fährt ein Auto vor, einer steigt aus und nimmt eine weitere riesige Tasche aus dem Kofferraum. Das Auto fährt davon. Hätte mir auch einfallen können.
#
Einem, der früher Feind war, schaue ich in die Augen. Messen. Wie geht er mich diesmal an? Wer ist gewachsen, in den Jahren? Er schaut zu Boden, ich atme auf. Öffne die geballte Faust. Ob ich ihn angeknurrt habe, weiß ich nicht mehr.
#
Ein Rahniger mit Hut und einem winzigen Tonkrug um den Hals lädt mich zum Schnaps ein.
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Ein Passant. Ein älterer Mann, hager und groß. "Wo geht's denn hin?" spricht er mich freundlich an. "Ausflug", antworte ich knapp.
"Wäre schön gewesen, hätte man das zuvor gewusst" lächelt er. "Warum?" frage ich, wie immer. Ich stelle Gegenfragen, statt zu antworten, und meistens frage ich nicht einmal. Warum.
"Ach, des Frühstücks wegen" sagt er, und die großen Gründe drängen sich unausgesprochen um den kleinsten herum. "Ich habe doch seit Jahren nicht mehr mit euch gefrühstückt", sage ich zu einem Herumstehenden, und erst da merke ich, wie bitter ich bin. Wie gallig, abweisend, und ich schäme mich fast. Ich möchte noch etwas sagen, die Schärfe weichscherzen, doch mein Vater geht schon weiter. Ein älterer Mann, hager und groß und leicht gebeugt.
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Wir beladen den Bus, der Mittelgang voll Kisten, und alles noch einmal, nur diesmal quer.
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Einige sehe ich nur noch selten. Wie die alle Partner gefunden haben, denen man es nie zugetraut hatte. Wie sie genau die zu hause lassen, und ich frage mich, ob ich nicht etwas sehr Grundsätzliches mißverstanden habe.
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Wochen zuvor: Ich sehe spät in der Nacht die ersten Gleichwertigen. Denen ich die Partnerschaft ansehe, und bei denen ich keinen einseitigen Nutzen riechen kann. Engumschlungen tanzten sie, und ich kam nicht umhin, an der Bar lehnend und bis zur Klarheit betrunken, sie zu bedauern. Was, wenn einer verlassen wird von einem Gleichwertigen? Muß das nicht der eine, der tödliche Schlag sein, zu sehen, daß es keinen Grund gibt? Daß keiner die Schultern zucken kann und alles lange vorhergesehen haben? Muß nicht die Drohung, die Gebärde dieses Schlags, sie lähmen und zurückschrecken lassen? Das Gleichgewicht verspricht Ewigkeit, und was, wenn es sie nicht -?
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Kurzärmelig fröstle ich mit meiner Tasche. Es ist dunkel, wie Schafe stehen wir auf einem Parkplatz. Ab und an ploppt ein Kronkorken. Zwei Kleinbusse fahren vor, und wie Schafe werden wir hineingepfercht.
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Ich trabe hinterher, will mich nicht orientieren. In der Herdenmitte bleiben, geborgen sein. Ich werfe meine Tasche auf ein Stockbett, oben, welch Ehrgeiz der Jugend stak darin, im oberen Bett liegen zu dürfen? Im Aufenthaltsraum Spiele, an den Tischen Gelächter. Überhaupt die ganze Zeit, über allem, lautstarkes Gelächter. Ich möchte die Gruppen zählen, die Alten von den Jungen trennen, und die Dörfelnden von den Städtelnden, doch ich werde sehr müde dabei, und sowieso mischt und wirbelt alles, und ich denke noch, daß ich diese Musik schon lange nicht mehr gehört habe und wieso eigentlich.
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Ein Kronkorken ploppt und fliegt mir an die Nase. Ich schlage die Augen auf. "Frühstückshälbchen?" fragt grinsend einer von gegenüber, und wir fotografieren uns gegenseitig. Das machen wir sehr oft an diesem Wochenende. Ich glaube, wir sind Freunde.
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Ein Pärchen in einem Achtzig-Zentimeter-Bettchen. Daneben noch eines. Die vier haben als einzige Bettwäsche dabei, und welcher Teufel hat es angestellt, mich Schaf ins Pärchenzimmer zu quetschen?
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Kaffee coretto.
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Hochseilgarten. Was die beiden Artisten mit Geschicklichkeit und affenartiger Geschwindigkeit vorlegen, gleiche ich mit Kraft und Beharrlichkeit aus, und so jagen sie mich vor ihnen her durch die Baumgipfel, und ich hatte selten mehr Spaß. Als keiner zusieht, entsichern wir und fühlen die Strömung.
Meine alte Lieblingshose hat ein neues Loch, mein Taschenmesser ist aus der gelben Plastikkiste verschwunden, und wir geben als letzte unsere Gurte ab und suchen nach den anderen, die in der Sonne trinken.
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Der Trainer, der uns die Gurte anlegt, hat ein sehr verquollenes Gesicht, halb überwuchert von Verwachsungen. Mit Lust und Kraft führt er uns durch den kurzen Lehrpfad und lässt uns dann laufen.
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Sie sitzen vor der Mittelstation, in unterschiedlichen Stadien der Zerstörung. Zum Mittag haben sie dem Alleinunterhalter mit seiner Quetsche noch vorgetanzt und die Besucher unterhalten.
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Die Nachbarlandjugend steht hinter uns in der Schlange, und ich rede mit einer Schäferstochter. Ich fahre allein, sage ich zu ihr, als sie fragt. Ich mag keine Rodelbahnen, stelle ich fest, und dann muß es auch noch die längste sein.
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Kein Erlebnis in der Erlebnisbrauerei. Schön, trotzdem, und das Essen ist wundervoll. Muß man ja auch mal sagen.
Der Wirt spendiert eine Runde, und ich bin ganz ruhig. Ich mag keine Schnäpse, und früher habe ich das lautstark bekundet. Heute lasse ich das Gläschen stehen und bleibe still. Mir gegenüber sitzt wieder der Rahnige und schüttet sich die Gläschen in den Rachen, eines nach dem anderen schieben sie ihm zu. Seine Freundin will ihn bremsen, doch er hält sie lachend auf: "Never touch a running system!" und das Johlen hallt im Gewölbe.
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Der Hüttenabend zerfasert. Die einen schreien und toben, die anderen sitzen. Die genervten Nachbargruppen kommen nicht gegen uns an. "Wann gibt es Essen?" frage ich unseren Vorstand, und als er die Schultern zuckt, gehe ich eben selbst in die Küche. Unser Mitgebrachtes ist in Folien verpackt und einfach zu kochen. Einer klaut mir eine Knoblauchzehe und isst sie aus der Hand. Dann eben ohne Knoblauch, denke ich, und meine Peperoni hat er ja zum Glück übersehen. Das Essen wird übrigens gelobt und die Reste am nächsten Morgen gerne genommen.
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Wieder werde ich müde, und als ich aufwache ist es dunkel. Nicht leise, aber dunkel. Ich nehme eines mit in den Schlafsack, und von irgendwoher ein Buch. Ich habe selbst keines dabei, und auch keine Ohrhörer, ich wollte doch nicht alleine sein, mich nicht absondern.
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Auf fast allen Bildern Gesichter.
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All die Szenen, die außen vor blieben. Die nicht mir passiert sind, die ich vielleicht nicht einmal gesehen habe. Die zuzuordnen wären. Die nicht schriftreif zu bekommen sind, die einfach erlebt und erzählt bleiben müssen. Nicht festgehalten.
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Immer wieder der "Böhmische Traum". Dazwischen "Das geht ab", und ich frage mich, was genau eine Generation ist.
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Acht Nackte im Whirlpool. Wir stolzieren, die Handtücher um die Schultern gelegt. Panoramasauna, und zum Glück bin ich kurzsichtig. Ein älterer Herr legt seine Brille nicht ab.
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Ich döse auf einer Liege und schrecke immer wieder auf, wenn eine Gruppe Mädchen auf den Fliesen vorbeiklatscht. Diese Gewohnheit möchte ich in Frage stellen, möchte Reflex und Erlerntes trennen, doch ich bin auch sehr müde.
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Anfang Oktober in der Badehose draußen auf einer Wiese sitzen, die Alpen im Blick. Mitgebrachtes aus Flaschen. Im Liegen schluckt er, und den Rest trinken sie aus der Grube an seiner Kehle. Die Wespen umsummen ihn fröhlich. Oben die Nacktbar, und immer wieder Handtücher.
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Einer schläft im Dampfbad ein. Einen anderen haben wir im Bus vergessen. Wir holen ihn ab, als uns das auffällt. Ein Glück, er schläft noch.
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Gruppenbild mit Fehler.
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Der bullige Jungspund, die Faust erhoben.
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Wie sie der Alkohol fällt.
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Irgendwie bin ich froh, daß ich keinen einzigen der Bolzen selbst gedreht habe. Mich nur amüsiert. Durchdrehen, aber wenn man es sich genau besieht, geht bei uns nicht viel zu Bruch. Eine Scheibe, ein Finger, Kleinigkeiten. Sie können uns nicht böse sein, irgendwie, auch wenn wir nie irgendwo wiederkommen dürfen.
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Die Altersgruppen trennen sich doch, irgendwann. Und vermischen sich wieder. Wie unterschiedlich sie trinken.
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Ich stehe verwirrt an einem Gatter. Fünfzig Pfennig, eine Mark also. Ich halte den Betrieb auf, bemerke ich, als eine unserer Damen mir ein Geldstück leiht. Ich folge ihr blind, und lange betrachte ich fasziniert die sich drehende Brille. Ein ratternder Automat reinigt sie, mehr schlecht als recht. Ich öffne die Tür, die Damen lachen. Es sind sehr viele, denke ich noch, als ich nach draußen gehe. Ich grüße freundlich.
In Hundertwasser-Raststätten kann ich nicht einmal die Schilder lesen, und als ich wieder am Bus bin, wissen schon alle Bescheid. Mein kleiner Bolzen, denn irgendwas ist ja immer.
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Als ich gehe, meine zu große Tasche schwenkend, stolpert einer und fällt. Der Bus fährt an mir vorbei in die Nacht, ich winke ihm mit der Flasche nach.
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Ich habe viel übers Erwachsensein nachgedacht. Über Stadien. Über richtige und falsche Paare. Nicht falsch, nur noch nicht eingespielt. Sie bekommt feuchte Augen, er testet Grenzen. Wie sie achtgeben. Wie frei die anderen beiden sind. Wie frei der, der allein dabei ist. Wie sie altern, wie sie sich entwickeln, und ich bin fern jeder Überheblichkeit dabei.
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Ich habe eine rote Decke aus Synthetiksamt, die mir nicht gehört. Doch woher, und wieso in meiner Tasche?
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Neben der Autobahn pflügt jemand, und ich vermisse den Stall.
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Was ist noch Selbstschutz, wo fängt die bewußte Grausamkeit an? Vier Wochen noch, und doch wissen sie nichts.
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Schnell packe ich meine Tasche. Drei Tage, also. Ich fahre den Schrank mit den Händen ab und werfe das Nötigste in die große Tasche. Ich werde nicht die Hälfte davon brauchen, und trotzdem die Badeschlappen und die Jacke vermissen. Ich besitze gar keine Badeschlappen. Und die Jacke hätte sowieso nicht in die Tasche gehört.
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Die neue Tasche ist viel zu groß. Mit Schlafsack und Isomatte ist sie nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Laut ratternd holpert sie hinter mir her und versucht ständig, von ihrer schmalen Achse auf die Straße zu fallen. Ich nehme sie an den zu langen Handgriffen hoch, damit sie mir bei jedem Schritt in die Kniekehlen schlagen kann. Einen Schulterriemen kann man nirgends befestigen. Ich hasse Geburtstagsgeschenke.
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Am Schulhof warten schon einige. Mit noch größeren Taschen, und den Schlafsäcken dazu. Immer wieder fährt ein Auto vor, einer steigt aus und nimmt eine weitere riesige Tasche aus dem Kofferraum. Das Auto fährt davon. Hätte mir auch einfallen können.
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Einem, der früher Feind war, schaue ich in die Augen. Messen. Wie geht er mich diesmal an? Wer ist gewachsen, in den Jahren? Er schaut zu Boden, ich atme auf. Öffne die geballte Faust. Ob ich ihn angeknurrt habe, weiß ich nicht mehr.
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Ein Rahniger mit Hut und einem winzigen Tonkrug um den Hals lädt mich zum Schnaps ein.
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Ein Passant. Ein älterer Mann, hager und groß. "Wo geht's denn hin?" spricht er mich freundlich an. "Ausflug", antworte ich knapp.
"Wäre schön gewesen, hätte man das zuvor gewusst" lächelt er. "Warum?" frage ich, wie immer. Ich stelle Gegenfragen, statt zu antworten, und meistens frage ich nicht einmal. Warum.
"Ach, des Frühstücks wegen" sagt er, und die großen Gründe drängen sich unausgesprochen um den kleinsten herum. "Ich habe doch seit Jahren nicht mehr mit euch gefrühstückt", sage ich zu einem Herumstehenden, und erst da merke ich, wie bitter ich bin. Wie gallig, abweisend, und ich schäme mich fast. Ich möchte noch etwas sagen, die Schärfe weichscherzen, doch mein Vater geht schon weiter. Ein älterer Mann, hager und groß und leicht gebeugt.
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Wir beladen den Bus, der Mittelgang voll Kisten, und alles noch einmal, nur diesmal quer.
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Einige sehe ich nur noch selten. Wie die alle Partner gefunden haben, denen man es nie zugetraut hatte. Wie sie genau die zu hause lassen, und ich frage mich, ob ich nicht etwas sehr Grundsätzliches mißverstanden habe.
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Wochen zuvor: Ich sehe spät in der Nacht die ersten Gleichwertigen. Denen ich die Partnerschaft ansehe, und bei denen ich keinen einseitigen Nutzen riechen kann. Engumschlungen tanzten sie, und ich kam nicht umhin, an der Bar lehnend und bis zur Klarheit betrunken, sie zu bedauern. Was, wenn einer verlassen wird von einem Gleichwertigen? Muß das nicht der eine, der tödliche Schlag sein, zu sehen, daß es keinen Grund gibt? Daß keiner die Schultern zucken kann und alles lange vorhergesehen haben? Muß nicht die Drohung, die Gebärde dieses Schlags, sie lähmen und zurückschrecken lassen? Das Gleichgewicht verspricht Ewigkeit, und was, wenn es sie nicht -?
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Kurzärmelig fröstle ich mit meiner Tasche. Es ist dunkel, wie Schafe stehen wir auf einem Parkplatz. Ab und an ploppt ein Kronkorken. Zwei Kleinbusse fahren vor, und wie Schafe werden wir hineingepfercht.
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Ich trabe hinterher, will mich nicht orientieren. In der Herdenmitte bleiben, geborgen sein. Ich werfe meine Tasche auf ein Stockbett, oben, welch Ehrgeiz der Jugend stak darin, im oberen Bett liegen zu dürfen? Im Aufenthaltsraum Spiele, an den Tischen Gelächter. Überhaupt die ganze Zeit, über allem, lautstarkes Gelächter. Ich möchte die Gruppen zählen, die Alten von den Jungen trennen, und die Dörfelnden von den Städtelnden, doch ich werde sehr müde dabei, und sowieso mischt und wirbelt alles, und ich denke noch, daß ich diese Musik schon lange nicht mehr gehört habe und wieso eigentlich.
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Ein Kronkorken ploppt und fliegt mir an die Nase. Ich schlage die Augen auf. "Frühstückshälbchen?" fragt grinsend einer von gegenüber, und wir fotografieren uns gegenseitig. Das machen wir sehr oft an diesem Wochenende. Ich glaube, wir sind Freunde.
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Ein Pärchen in einem Achtzig-Zentimeter-Bettchen. Daneben noch eines. Die vier haben als einzige Bettwäsche dabei, und welcher Teufel hat es angestellt, mich Schaf ins Pärchenzimmer zu quetschen?
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Kaffee coretto.
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Hochseilgarten. Was die beiden Artisten mit Geschicklichkeit und affenartiger Geschwindigkeit vorlegen, gleiche ich mit Kraft und Beharrlichkeit aus, und so jagen sie mich vor ihnen her durch die Baumgipfel, und ich hatte selten mehr Spaß. Als keiner zusieht, entsichern wir und fühlen die Strömung.
Meine alte Lieblingshose hat ein neues Loch, mein Taschenmesser ist aus der gelben Plastikkiste verschwunden, und wir geben als letzte unsere Gurte ab und suchen nach den anderen, die in der Sonne trinken.
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Der Trainer, der uns die Gurte anlegt, hat ein sehr verquollenes Gesicht, halb überwuchert von Verwachsungen. Mit Lust und Kraft führt er uns durch den kurzen Lehrpfad und lässt uns dann laufen.
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Sie sitzen vor der Mittelstation, in unterschiedlichen Stadien der Zerstörung. Zum Mittag haben sie dem Alleinunterhalter mit seiner Quetsche noch vorgetanzt und die Besucher unterhalten.
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Die Nachbarlandjugend steht hinter uns in der Schlange, und ich rede mit einer Schäferstochter. Ich fahre allein, sage ich zu ihr, als sie fragt. Ich mag keine Rodelbahnen, stelle ich fest, und dann muß es auch noch die längste sein.
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Kein Erlebnis in der Erlebnisbrauerei. Schön, trotzdem, und das Essen ist wundervoll. Muß man ja auch mal sagen.
Der Wirt spendiert eine Runde, und ich bin ganz ruhig. Ich mag keine Schnäpse, und früher habe ich das lautstark bekundet. Heute lasse ich das Gläschen stehen und bleibe still. Mir gegenüber sitzt wieder der Rahnige und schüttet sich die Gläschen in den Rachen, eines nach dem anderen schieben sie ihm zu. Seine Freundin will ihn bremsen, doch er hält sie lachend auf: "Never touch a running system!" und das Johlen hallt im Gewölbe.
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Der Hüttenabend zerfasert. Die einen schreien und toben, die anderen sitzen. Die genervten Nachbargruppen kommen nicht gegen uns an. "Wann gibt es Essen?" frage ich unseren Vorstand, und als er die Schultern zuckt, gehe ich eben selbst in die Küche. Unser Mitgebrachtes ist in Folien verpackt und einfach zu kochen. Einer klaut mir eine Knoblauchzehe und isst sie aus der Hand. Dann eben ohne Knoblauch, denke ich, und meine Peperoni hat er ja zum Glück übersehen. Das Essen wird übrigens gelobt und die Reste am nächsten Morgen gerne genommen.
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Wieder werde ich müde, und als ich aufwache ist es dunkel. Nicht leise, aber dunkel. Ich nehme eines mit in den Schlafsack, und von irgendwoher ein Buch. Ich habe selbst keines dabei, und auch keine Ohrhörer, ich wollte doch nicht alleine sein, mich nicht absondern.
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Auf fast allen Bildern Gesichter.
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All die Szenen, die außen vor blieben. Die nicht mir passiert sind, die ich vielleicht nicht einmal gesehen habe. Die zuzuordnen wären. Die nicht schriftreif zu bekommen sind, die einfach erlebt und erzählt bleiben müssen. Nicht festgehalten.
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Immer wieder der "Böhmische Traum". Dazwischen "Das geht ab", und ich frage mich, was genau eine Generation ist.
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Acht Nackte im Whirlpool. Wir stolzieren, die Handtücher um die Schultern gelegt. Panoramasauna, und zum Glück bin ich kurzsichtig. Ein älterer Herr legt seine Brille nicht ab.
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Ich döse auf einer Liege und schrecke immer wieder auf, wenn eine Gruppe Mädchen auf den Fliesen vorbeiklatscht. Diese Gewohnheit möchte ich in Frage stellen, möchte Reflex und Erlerntes trennen, doch ich bin auch sehr müde.
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Anfang Oktober in der Badehose draußen auf einer Wiese sitzen, die Alpen im Blick. Mitgebrachtes aus Flaschen. Im Liegen schluckt er, und den Rest trinken sie aus der Grube an seiner Kehle. Die Wespen umsummen ihn fröhlich. Oben die Nacktbar, und immer wieder Handtücher.
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Einer schläft im Dampfbad ein. Einen anderen haben wir im Bus vergessen. Wir holen ihn ab, als uns das auffällt. Ein Glück, er schläft noch.
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Gruppenbild mit Fehler.
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Der bullige Jungspund, die Faust erhoben.
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Wie sie der Alkohol fällt.
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Irgendwie bin ich froh, daß ich keinen einzigen der Bolzen selbst gedreht habe. Mich nur amüsiert. Durchdrehen, aber wenn man es sich genau besieht, geht bei uns nicht viel zu Bruch. Eine Scheibe, ein Finger, Kleinigkeiten. Sie können uns nicht böse sein, irgendwie, auch wenn wir nie irgendwo wiederkommen dürfen.
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Die Altersgruppen trennen sich doch, irgendwann. Und vermischen sich wieder. Wie unterschiedlich sie trinken.
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Ich stehe verwirrt an einem Gatter. Fünfzig Pfennig, eine Mark also. Ich halte den Betrieb auf, bemerke ich, als eine unserer Damen mir ein Geldstück leiht. Ich folge ihr blind, und lange betrachte ich fasziniert die sich drehende Brille. Ein ratternder Automat reinigt sie, mehr schlecht als recht. Ich öffne die Tür, die Damen lachen. Es sind sehr viele, denke ich noch, als ich nach draußen gehe. Ich grüße freundlich.
In Hundertwasser-Raststätten kann ich nicht einmal die Schilder lesen, und als ich wieder am Bus bin, wissen schon alle Bescheid. Mein kleiner Bolzen, denn irgendwas ist ja immer.
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Als ich gehe, meine zu große Tasche schwenkend, stolpert einer und fällt. Der Bus fährt an mir vorbei in die Nacht, ich winke ihm mit der Flasche nach.
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Ich habe viel übers Erwachsensein nachgedacht. Über Stadien. Über richtige und falsche Paare. Nicht falsch, nur noch nicht eingespielt. Sie bekommt feuchte Augen, er testet Grenzen. Wie sie achtgeben. Wie frei die anderen beiden sind. Wie frei der, der allein dabei ist. Wie sie altern, wie sie sich entwickeln, und ich bin fern jeder Überheblichkeit dabei.
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Ich habe eine rote Decke aus Synthetiksamt, die mir nicht gehört. Doch woher, und wieso in meiner Tasche?
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Neben der Autobahn pflügt jemand, und ich vermisse den Stall.
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Was ist noch Selbstschutz, wo fängt die bewußte Grausamkeit an? Vier Wochen noch, und doch wissen sie nichts.
21.09.09, 19:15 | 'Das Auge des Betrachters'
Manchmal glaube ich, in einer Traumwelt zu leben. Und manchmal frage ich mich, was denn schlimm daran sein soll.
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In einem Traum leben | einen Traum leben.
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Manchmal frage ich mich auch, ob das wirklich ich selbst bin, wenn ich etwas tue. Ob ich das bestimmt habe, dies zu tun. Und ob diese Fragen verknüpft sind. Eine Antwort überspringend, stellt sich die nächste Frage: Wer, wenn nicht? und an dieser Stelle gebe ich meistens auf.
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In einer Samstagnachmittagspause zwischen Feld und Stall sitze ich auf dem Hosenboden im Hof und poliere hingebungsvoll meine Felgen, während mir die Sonne auf den Rücken scheint.
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Daseinsberechtigung.
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Es trifft mich, daß mich das trifft. Daß ich überhaupt zu treffen bin. Unantastbarkeit als Ziel. Vielleicht.
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Daß die Tage hier so kurz sein müssen, das unterscheidet unser Haus vielleicht von anderen. Das Gehen auf Zehenspitzen. Das konzentrierte Sitzen, einzelne helle Punkte in dunklen Räumen. Rauch. Das Einhalten der Stille. Wieviel davon, wie die durchlässige Holzbalkendecke und das innenliegende Treppenhaus, ist Absicht des Erbauers, wieviel ist Entwicklung, und was bedingt beide?
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Immer wieder die Flucht in die erlösende Lautstärke. Das Untergehen der eigenen Stimme im fremden Gesang, an selten einsamen Tagen. Dieses Haus ist groß genug, um stille Menschen einsam zu machen. Es ist mir darin viel zu groß, und doch zu klein, um Abgeschiedenheit zu ermöglichen. Zu groß, zu klein, und unabänderlich. Ich werde es abreißen lassen oder verkaufen, hatte ich einst verkündet, und ich weiß, daß ihn nichts mehr treffen kann als das.
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Für all das, was ich mir selbst gern jeden Tag zu tun verschreiben würde, wäre ich mein eigener Arzt, für all das, von dem ich glaube, ich sollte es täglich tun, ist doch zu wenig Zeit. Ich könnte nur noch dies tun, ich würde meinen Tag damit füllen, und ich kann das nicht mehr erstrebenswert finden. Jedoch, die Losgelöstheit genießen von diesen Routinen, das kann ich gut.
#
Mit dem, Agevausechsundachtzig!, den das Verlassensein trifft, saß ich zwei Nächte im Qualm und redete, und daß er mein Aufbrechen mit einem Griff hinter die Bar verneinte, das gefiel mir sehr.
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Ich überschätze meine Flächenleistung je Stunde, weil ich die des Bauern unterschätze. Ich gleiche das aus mit meiner Stundenleistung je Tag, und sogar die habe ich schon überschätzt. Es wächst doch immer die Arbeit den Möglichkeiten davon, und beiden voraus das großsprecherische Abtun.
Es gibt zwei Arten, sich nicht zu übernehmen, meinte der Bauer einmal, mit der Hand auf meiner Schulter. Man macht mehr, oder man nimmt sich weniger vor. Ich habe gelacht.
#
Ich möchte eigentlich sitzenbleiben, beim verlängerten Stammtisch. Ich bin ja wie immer zu spät gekommen, entschuldige ich mich. Ich zwinge mich, und gegen elf bin ich dort.
#
Ein Mädchen mit kurzen roten Haaren. Burschikos schaut sie, und so redet sie auch. Nennt ihren Namen und ist erstaunt, als ich den nicht kenne. Zählt Milchkühe auf, Anbindestall. Schweine. Ackerbau.
Irgendwann zeigt sie mir den Ring, der Länge nach durch ihre Zunge, und den Ring in ihrer Brust. Ob sich das so nach unten durchzieht, frage ich, oder ob sie den untersten Ring quer trägt. Sie lacht über meine Abwehr und lässt ihre Aggressivität sinken. Irgendwann erzählt sie von der Krankheit ihres Vaters, und die Sätze, die ich sagen sollte, sind nur noch Pausen. Ich bitte sie, zu lächeln und gehe.
#
Eine Blonde, sehr Blonde, und sehr schlank. Alle sind sie sehr aggressiv, und dabei bin ich doch so ruhig und in mich gekehrt heute, was soll denn das, muß denn das sein? Sie stellt sich vor und ich sage ehrlich, daß ich mir ihren Namen sowieso nicht merken kann. Das will sie prüfen, sagt sie, und tänzelt davon.
Irgendwann taucht sie wieder auf und prüft, und ist sehr stolz auf mein Gedächtnis. Stolz auch auf ihre Pferde und ihren Führerschein, und ich bin schon sehr müde, als sie von mir ablässt.
#
Draußen stehe ich, weil das Büffet auch da steht. Ich esse und winke den Grüppchen zu. Zu mir gesellt sich ein Mädchen, das sehr ruhig ist, geradezu auffällt in dieser Umgebung. Ich esse, und irgendwann stellen wir uns vor. Polizeianwärterin, und das hätte ich dann doch nicht gedacht. Ja, sagt sie, und daß sie noch zunehmen müsse, und sie sagt das so ganz frei von Koketterie, sondern sehr nachdenklich, weil man ja nicht wissen kann, wie das zu bewerkstelligen ist, an einem Büffet stehend vor einem, der beidhändig und genüßlich isst.
Dann sind wir still. Ich mag das, wenn man still sein kann und trotzdem zu zweit. Und ich überlege gerade, wie ich das sagen soll, ohne zu erklären, als die Tür aufgeht und die Musik herausschwappt. Einer zieht sie nach drinnen, und als sie mich ansieht, merke ich, daß ich nicht erklären muß.
Ich würde sie gern anrufen, aber ich kann sie ja nicht anrufen und still sein. Und dann reden alle von moderner Technik.
#
Da sitzt einer, etwas abseits. Ich spreche ihn an, und er erzählt, er beschreibt, und ich sehe den Raum, den Lärm und den Rauch und die Zappelnden plötzlich wie er. Ich wechsle immer die Seiten, ich bin ja immer auf der Seite dessen, der mir erzählt, ich schlüpfe ständig in fremde Häute.
Plötzlich sehe ich, wie er, die Kaputten, die Übriggebliebenen in der Masse, und ich werde schwermütig, weil ich sie doch so mag. Doch ich folge ihm, wie ich Geschichten folge, und viel später erst frage ich mich, wieviel davon Verbitterung ist gegenüber jenen, die ihn abseits stehenlassen.
#
Ein Mädchen zerrt mich davon. Sie ist sehr betrunken, und für einen Augenblick wäre ich das auch gern. Wir tanzen, und für einen anderen Augenblick denke ich daran, wie wir jetzt für den abseits Stehenden aussehen müssen. Wie wir im Geflimmer, in der Masse verschwinden, ich, den er für einen Verbündeten hielt und sie, von der er nichts hält.
#
Der Bauer kommt noch einmal, sogar seine Latzhosen lachen mit ihm, und dann kommt noch einer, der einen Rock trägt, aber das ist nicht schlimm. Sie reißen sich die Hemden vom Leib, und wie ihre Hälse in den Krägen steckenbleiben, das stößt mich ab. Ihre Bäuche sind mir egal, ich schütze meine Flasche mit der Hand. Die Bäurin tanzt, und zwischendurch kommt sie zu mir. Der Bauer wird fünfzig, sagt sie, und fünfundzwanzig Jahre ist der Junior, und so lange sind sie auch schon verheiratet. Bevor ich etwas sagen kann, wirbelt sie wieder davon.
#
Der Junior lacht nur zu Anfang, als ich mich zu ihm geselle. Später trinkt er allein und verbissen, und irgendwann schläft er ein. Ich habe Mitleid mit ihm, das ich nicht haben müsste.
#
Auf dem Heimweg habe ich eine Begleitung. Sie trägt einen kurzen Rock und weiße Stiefelchen, und erst in der ruhigen Nacht sehe ich viel mehr. Beschämt verabschiede ich mich, und freue mich auf den Morgenkaffee dort, wo ich immer ein Bett habe.
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In einem Traum leben | einen Traum leben.
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Manchmal frage ich mich auch, ob das wirklich ich selbst bin, wenn ich etwas tue. Ob ich das bestimmt habe, dies zu tun. Und ob diese Fragen verknüpft sind. Eine Antwort überspringend, stellt sich die nächste Frage: Wer, wenn nicht? und an dieser Stelle gebe ich meistens auf.
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In einer Samstagnachmittagspause zwischen Feld und Stall sitze ich auf dem Hosenboden im Hof und poliere hingebungsvoll meine Felgen, während mir die Sonne auf den Rücken scheint.
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Daseinsberechtigung.
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Es trifft mich, daß mich das trifft. Daß ich überhaupt zu treffen bin. Unantastbarkeit als Ziel. Vielleicht.
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Daß die Tage hier so kurz sein müssen, das unterscheidet unser Haus vielleicht von anderen. Das Gehen auf Zehenspitzen. Das konzentrierte Sitzen, einzelne helle Punkte in dunklen Räumen. Rauch. Das Einhalten der Stille. Wieviel davon, wie die durchlässige Holzbalkendecke und das innenliegende Treppenhaus, ist Absicht des Erbauers, wieviel ist Entwicklung, und was bedingt beide?
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Immer wieder die Flucht in die erlösende Lautstärke. Das Untergehen der eigenen Stimme im fremden Gesang, an selten einsamen Tagen. Dieses Haus ist groß genug, um stille Menschen einsam zu machen. Es ist mir darin viel zu groß, und doch zu klein, um Abgeschiedenheit zu ermöglichen. Zu groß, zu klein, und unabänderlich. Ich werde es abreißen lassen oder verkaufen, hatte ich einst verkündet, und ich weiß, daß ihn nichts mehr treffen kann als das.
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Für all das, was ich mir selbst gern jeden Tag zu tun verschreiben würde, wäre ich mein eigener Arzt, für all das, von dem ich glaube, ich sollte es täglich tun, ist doch zu wenig Zeit. Ich könnte nur noch dies tun, ich würde meinen Tag damit füllen, und ich kann das nicht mehr erstrebenswert finden. Jedoch, die Losgelöstheit genießen von diesen Routinen, das kann ich gut.
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Mit dem, Agevausechsundachtzig!, den das Verlassensein trifft, saß ich zwei Nächte im Qualm und redete, und daß er mein Aufbrechen mit einem Griff hinter die Bar verneinte, das gefiel mir sehr.
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Ich überschätze meine Flächenleistung je Stunde, weil ich die des Bauern unterschätze. Ich gleiche das aus mit meiner Stundenleistung je Tag, und sogar die habe ich schon überschätzt. Es wächst doch immer die Arbeit den Möglichkeiten davon, und beiden voraus das großsprecherische Abtun.
Es gibt zwei Arten, sich nicht zu übernehmen, meinte der Bauer einmal, mit der Hand auf meiner Schulter. Man macht mehr, oder man nimmt sich weniger vor. Ich habe gelacht.
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Ich möchte eigentlich sitzenbleiben, beim verlängerten Stammtisch. Ich bin ja wie immer zu spät gekommen, entschuldige ich mich. Ich zwinge mich, und gegen elf bin ich dort.
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Ein Mädchen mit kurzen roten Haaren. Burschikos schaut sie, und so redet sie auch. Nennt ihren Namen und ist erstaunt, als ich den nicht kenne. Zählt Milchkühe auf, Anbindestall. Schweine. Ackerbau.
Irgendwann zeigt sie mir den Ring, der Länge nach durch ihre Zunge, und den Ring in ihrer Brust. Ob sich das so nach unten durchzieht, frage ich, oder ob sie den untersten Ring quer trägt. Sie lacht über meine Abwehr und lässt ihre Aggressivität sinken. Irgendwann erzählt sie von der Krankheit ihres Vaters, und die Sätze, die ich sagen sollte, sind nur noch Pausen. Ich bitte sie, zu lächeln und gehe.
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Eine Blonde, sehr Blonde, und sehr schlank. Alle sind sie sehr aggressiv, und dabei bin ich doch so ruhig und in mich gekehrt heute, was soll denn das, muß denn das sein? Sie stellt sich vor und ich sage ehrlich, daß ich mir ihren Namen sowieso nicht merken kann. Das will sie prüfen, sagt sie, und tänzelt davon.
Irgendwann taucht sie wieder auf und prüft, und ist sehr stolz auf mein Gedächtnis. Stolz auch auf ihre Pferde und ihren Führerschein, und ich bin schon sehr müde, als sie von mir ablässt.
#
Draußen stehe ich, weil das Büffet auch da steht. Ich esse und winke den Grüppchen zu. Zu mir gesellt sich ein Mädchen, das sehr ruhig ist, geradezu auffällt in dieser Umgebung. Ich esse, und irgendwann stellen wir uns vor. Polizeianwärterin, und das hätte ich dann doch nicht gedacht. Ja, sagt sie, und daß sie noch zunehmen müsse, und sie sagt das so ganz frei von Koketterie, sondern sehr nachdenklich, weil man ja nicht wissen kann, wie das zu bewerkstelligen ist, an einem Büffet stehend vor einem, der beidhändig und genüßlich isst.
Dann sind wir still. Ich mag das, wenn man still sein kann und trotzdem zu zweit. Und ich überlege gerade, wie ich das sagen soll, ohne zu erklären, als die Tür aufgeht und die Musik herausschwappt. Einer zieht sie nach drinnen, und als sie mich ansieht, merke ich, daß ich nicht erklären muß.
Ich würde sie gern anrufen, aber ich kann sie ja nicht anrufen und still sein. Und dann reden alle von moderner Technik.
#
Da sitzt einer, etwas abseits. Ich spreche ihn an, und er erzählt, er beschreibt, und ich sehe den Raum, den Lärm und den Rauch und die Zappelnden plötzlich wie er. Ich wechsle immer die Seiten, ich bin ja immer auf der Seite dessen, der mir erzählt, ich schlüpfe ständig in fremde Häute.
Plötzlich sehe ich, wie er, die Kaputten, die Übriggebliebenen in der Masse, und ich werde schwermütig, weil ich sie doch so mag. Doch ich folge ihm, wie ich Geschichten folge, und viel später erst frage ich mich, wieviel davon Verbitterung ist gegenüber jenen, die ihn abseits stehenlassen.
#
Ein Mädchen zerrt mich davon. Sie ist sehr betrunken, und für einen Augenblick wäre ich das auch gern. Wir tanzen, und für einen anderen Augenblick denke ich daran, wie wir jetzt für den abseits Stehenden aussehen müssen. Wie wir im Geflimmer, in der Masse verschwinden, ich, den er für einen Verbündeten hielt und sie, von der er nichts hält.
#
Der Bauer kommt noch einmal, sogar seine Latzhosen lachen mit ihm, und dann kommt noch einer, der einen Rock trägt, aber das ist nicht schlimm. Sie reißen sich die Hemden vom Leib, und wie ihre Hälse in den Krägen steckenbleiben, das stößt mich ab. Ihre Bäuche sind mir egal, ich schütze meine Flasche mit der Hand. Die Bäurin tanzt, und zwischendurch kommt sie zu mir. Der Bauer wird fünfzig, sagt sie, und fünfundzwanzig Jahre ist der Junior, und so lange sind sie auch schon verheiratet. Bevor ich etwas sagen kann, wirbelt sie wieder davon.
#
Der Junior lacht nur zu Anfang, als ich mich zu ihm geselle. Später trinkt er allein und verbissen, und irgendwann schläft er ein. Ich habe Mitleid mit ihm, das ich nicht haben müsste.
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Auf dem Heimweg habe ich eine Begleitung. Sie trägt einen kurzen Rock und weiße Stiefelchen, und erst in der ruhigen Nacht sehe ich viel mehr. Beschämt verabschiede ich mich, und freue mich auf den Morgenkaffee dort, wo ich immer ein Bett habe.
30.08.09, 18:16 | 'Das Auge des Betrachters'
Sie erzählt vom Exmann und ihren beiden Kindern, und dabei komme ich mir sehr stehengeblieben vor, sehr jung, sehr unwissend. Ich muß mich anstrengen, um mein Alter zu sehen.
#
Ein Auto mit zerdelltem Heck auf der Straße. Scherben. Ein Motorrad liegt am Straßenrand, daneben der Fahrer. Um ihn herum stehen sie, betroffen. Der Form halber biete ich Hilfe an, die abgelehnt wird. Ich trete wieder an, weiter den Berg hoch. Ein Kind starrt auf den Verletzten, zwischen den Erwachsenen hindurch.
#
Eine Rast, und ich sage nicht, daß ich das noch nie gemacht habe. Als Frau bezahlt sie die Getränke, und als Mädchen flüchtet sie vor den Wespen. Ich mag den Rollenwechsel, ich mag dieses Lächeln, und ihre Erzählungen vom Radfahren in den Alpen sauge ich in mich auf.
#
Es ist Nacht, es ist laut, was suche ich in der Bar? Da stehen einige, mit denen ich Worte wechsle, um nicht stumm dazustehen. Einer anderen luchse ich ein Freigetränk ab, als ich ihren Wagen errate. Sie kann sich nicht vorstellen, mich schon einmal gesehen zu haben, als ich dort oben gewartet habe, auf meine Strohballen und sie aus dem Haus trat, ins Auto stieg und wortlos davonfuhr.
#
Mein Gedächtnis scheint doch ein Fotograf zu sein; ein sehr wählerischer, leider.
#
Ich döse tatsächlich in der Sonne, den Finger zwischen den Buchseiten.
#
Irgendwann versuche ich, im Auto zu schlafen. Das hier wäre die Suche, sage ich mir. Zwinge mich. Streife durch die Menge. Sehe sie reden und frage mich, was ich denn erzählen könnte, durch den Lärm in ein Ohr brüllend. Stattdessen lege ich mich im Sitz zurecht. Stimmen von draußen. Jemand übergibt sich neben dem Wagen. Türen schlagen, der Motor startet, der Wagen fährt davon.
#

#
Hinter allem Routine.
#
Morgen häckseln.
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"Eine Grube noch", sagt der Bauer beim Essen, und selbstverständlich biete ich ihm die Urlaubswoche an, die ich noch habe.
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Ein Auto mit zerdelltem Heck auf der Straße. Scherben. Ein Motorrad liegt am Straßenrand, daneben der Fahrer. Um ihn herum stehen sie, betroffen. Der Form halber biete ich Hilfe an, die abgelehnt wird. Ich trete wieder an, weiter den Berg hoch. Ein Kind starrt auf den Verletzten, zwischen den Erwachsenen hindurch.
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Eine Rast, und ich sage nicht, daß ich das noch nie gemacht habe. Als Frau bezahlt sie die Getränke, und als Mädchen flüchtet sie vor den Wespen. Ich mag den Rollenwechsel, ich mag dieses Lächeln, und ihre Erzählungen vom Radfahren in den Alpen sauge ich in mich auf.
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Es ist Nacht, es ist laut, was suche ich in der Bar? Da stehen einige, mit denen ich Worte wechsle, um nicht stumm dazustehen. Einer anderen luchse ich ein Freigetränk ab, als ich ihren Wagen errate. Sie kann sich nicht vorstellen, mich schon einmal gesehen zu haben, als ich dort oben gewartet habe, auf meine Strohballen und sie aus dem Haus trat, ins Auto stieg und wortlos davonfuhr.
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Mein Gedächtnis scheint doch ein Fotograf zu sein; ein sehr wählerischer, leider.
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Ich döse tatsächlich in der Sonne, den Finger zwischen den Buchseiten.
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Irgendwann versuche ich, im Auto zu schlafen. Das hier wäre die Suche, sage ich mir. Zwinge mich. Streife durch die Menge. Sehe sie reden und frage mich, was ich denn erzählen könnte, durch den Lärm in ein Ohr brüllend. Stattdessen lege ich mich im Sitz zurecht. Stimmen von draußen. Jemand übergibt sich neben dem Wagen. Türen schlagen, der Motor startet, der Wagen fährt davon.
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Hinter allem Routine.
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Morgen häckseln.
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"Eine Grube noch", sagt der Bauer beim Essen, und selbstverständlich biete ich ihm die Urlaubswoche an, die ich noch habe.
07.08.09, 11:31 | 'Das Auge des Betrachters'
Es ist so ermüdend, wie sie ihr Glück betont.
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Geburtstage sind doof, weil alle Räder stillstehen. Ich kann ja nicht einmal jemanden anrufen, um ihn einzuladen für Samstag, weil wenn ich das an meinem Geburtstag tue, dann schämt er sich dafür, mich vergessen zu haben oder später anrufen zu wollen; ich kann ihm da schlecht zuvorkommen, und solche Dinge denke ich wirklich.
#
Der Engel, der Engel. Auf dem Bild von ihr ist ein rotes Hemdchen mit einem grimmigen Tweety und der Aufschrift "just so sassy", und ich kann mir den Text vorstellen, den sie mir schreibt, und wie sie dabei gluckst und grinst, das kann ich sogar hören, ihr halblautes Kieksen und die ausgestreckten Hände, dieses Tussihafte, das nur sie kann und darf, weil das so aufgesetzt ist und mit so viel Ironie vorgetragen wird, daß ich in die Knie gehen könnte vor -.
#
Sie schütteln mir die Hand, und dann decken wir das Silo zu. Die Folie ist zu schmal, doch heute macht das nichts. Wir ziehen eine neue hoch, die Sandsäcke laufen leicht heute nacht.
#
Wer gern beleidigt ist, ist gern beleidigt. Da bleibt nur Schulterzucken, und wenn ich das gelernt haben werde, wird alles gut sein.
#
Frühmorgens gönne ich mir ein Lied auf der Stereoanlage. Zähneputzen zum Jokerman, denn Bob hat mir noch jedes Mal geholfen.
#
Je näher der Geburtstag rückt, desto weniger Lust zum Feiern habe ich. Das Warten, die Urlauber, und alle bekommt man ja doch nie zusammen.
#
Geburtstage sind doof, weil alle Räder stillstehen. Ich kann ja nicht einmal jemanden anrufen, um ihn einzuladen für Samstag, weil wenn ich das an meinem Geburtstag tue, dann schämt er sich dafür, mich vergessen zu haben oder später anrufen zu wollen; ich kann ihm da schlecht zuvorkommen, und solche Dinge denke ich wirklich.
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Der Engel, der Engel. Auf dem Bild von ihr ist ein rotes Hemdchen mit einem grimmigen Tweety und der Aufschrift "just so sassy", und ich kann mir den Text vorstellen, den sie mir schreibt, und wie sie dabei gluckst und grinst, das kann ich sogar hören, ihr halblautes Kieksen und die ausgestreckten Hände, dieses Tussihafte, das nur sie kann und darf, weil das so aufgesetzt ist und mit so viel Ironie vorgetragen wird, daß ich in die Knie gehen könnte vor -.
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Sie schütteln mir die Hand, und dann decken wir das Silo zu. Die Folie ist zu schmal, doch heute macht das nichts. Wir ziehen eine neue hoch, die Sandsäcke laufen leicht heute nacht.
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Wer gern beleidigt ist, ist gern beleidigt. Da bleibt nur Schulterzucken, und wenn ich das gelernt haben werde, wird alles gut sein.
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Frühmorgens gönne ich mir ein Lied auf der Stereoanlage. Zähneputzen zum Jokerman, denn Bob hat mir noch jedes Mal geholfen.
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Je näher der Geburtstag rückt, desto weniger Lust zum Feiern habe ich. Das Warten, die Urlauber, und alle bekommt man ja doch nie zusammen.
04.08.09, 11:16 | 'Das Auge des Betrachters'
Wie man sich heimisch macht, ohne das zu merken. Wie man Gegenstände um sich arrangiert, und Gegebenheiten, und sich selbst. Die üblichen Scherze über meine Vesperbox, die Anzüglichkeiten über den Schreibtisch hinweg. Wie man in ein solches Terrarium hineinwächst, in einen vorgefertigten Lebensraum. Verschiedene Arten, alt und jung, verheiratet, geschieden, ledig, mit einem Thema versehen, das sie bearbeiten, und mit einer Sprache, die sie von den anderen trennt. "Savings" rufen sie hier, und "Komm mal in mein Office" sagt ein anderer hinter seinem Schreibtisch hervor. Man kennt die Leute, man kennt das Umfeld, das Fremde wird vertraut, wird zur "comfort zone", da kommt einer immer erst um neun, da lehnt sich ein anderer jeden Tag um neun für zehn Minuten in seinem Stuhl zurück.
Und dann der Bruch, nur für drei Tage, und da merkt man das erst. Und das mir, dem Herdentier, das unruhig wird, wenn es die Herde nicht wittert, das sich abseits hält von fremden Gruppen. Wie anstrengend es ist, wie vorsichtig man sein muß. Schnuppern, lauschen, verstehen.
Und dann der Bruch, nur für drei Tage, und da merkt man das erst. Und das mir, dem Herdentier, das unruhig wird, wenn es die Herde nicht wittert, das sich abseits hält von fremden Gruppen. Wie anstrengend es ist, wie vorsichtig man sein muß. Schnuppern, lauschen, verstehen.
14.07.09, 11:07 | 'Das Auge des Betrachters'
Beim Auffüllen des Tackers schlage ich mir nur noch eine Seite der Nadel durch die Fingerkuppe, und ich möchte das durchaus als Fortschritt gesehen haben.
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Unwirklich, wie meine Hände nach frischem Gras riechen, während sie doch nur Tasten drücken sollen, Tabellen mit abgestandenen Zahlen füllen.
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Irgendwann werde ich sie fragen, die Schulmedizinerin, was denn nun Menschen antreibt. Und mahnend werde ich die Hand heben, den Finger recken dabei. Was ist denn nun Energie? Ist sie nicht mehr als die chemischen Verbindungen, die wir zersetzen, während wir auf dem Sofa dösen oder einen Marathon laufen, während wir auf gepolsterten Stühlen mit Armlehnen sitzen oder Sandsäcke schleppen? Was ist Energie, was ist der Treibstoff? Und wann, werde ich fragen, geht er denn nun zur Neige? Und ich weiß, daß sie mich verlachen werden für mein mechanistisches Weltbild, weil sie nicht einsehen wollen, daß alles eins ist, die Chemie, der Antrieb.
#
Ich wache nicht wirklich auf, als es zu regnen beginnt. Die Fenster sind am Morgen jedoch geschlossen, und man hat mich laut dieses Wetter verfluchen hören in der Nacht.
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"Da ist ein Einhorn drauf, und glitzernder Staub", und nie habe ich etwas Einleuchtenderes gehört, mein Engel.
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Unwirklich, wie meine Hände nach frischem Gras riechen, während sie doch nur Tasten drücken sollen, Tabellen mit abgestandenen Zahlen füllen.
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Irgendwann werde ich sie fragen, die Schulmedizinerin, was denn nun Menschen antreibt. Und mahnend werde ich die Hand heben, den Finger recken dabei. Was ist denn nun Energie? Ist sie nicht mehr als die chemischen Verbindungen, die wir zersetzen, während wir auf dem Sofa dösen oder einen Marathon laufen, während wir auf gepolsterten Stühlen mit Armlehnen sitzen oder Sandsäcke schleppen? Was ist Energie, was ist der Treibstoff? Und wann, werde ich fragen, geht er denn nun zur Neige? Und ich weiß, daß sie mich verlachen werden für mein mechanistisches Weltbild, weil sie nicht einsehen wollen, daß alles eins ist, die Chemie, der Antrieb.
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Ich wache nicht wirklich auf, als es zu regnen beginnt. Die Fenster sind am Morgen jedoch geschlossen, und man hat mich laut dieses Wetter verfluchen hören in der Nacht.
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"Da ist ein Einhorn drauf, und glitzernder Staub", und nie habe ich etwas Einleuchtenderes gehört, mein Engel.
... Rückwärts fahren