Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 16. 04 14

16.04.14, 23:13 | 'Ansatzlos'
Wie seine Eltern da standen, in diesem kleinen Wohnheimszimmerchen, und nicht recht wussten. Da war die lächelnde Erinnerung an das eigene Studium, da war die Angst um den ach so kleinen Sohn und eine Menge Unglauben, daß jemand so leben kann und will. Lieber als daheim. Dann gehen sie, und wir trinken Bier.
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Mittwoch, 29. 01 14

29.01.14, 09:52 | 'Ansatzlos'
Am Sonntagabend auf dem Ecksofa, jeder auf einer Seite, die Köpfe beieinander. Ich schaue vom Buch hoch und aus dem Fenster, über die Stadt hinweg. Muß man ja auch erst einunddreißig werden, um zu begreifen, wofür andere Menschen Wohnungen mieten und ausstatten, daß sie mehr sind als Schlafhöhlen.

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Nur noch Fahrradteile kaufen, die leichter sind. Warum? Warum nicht? Es ist irgendein Gefühl des Standards, den man mit dem Rahmen, mit der Arbeit, mit dem Wickeln des Lenkerbandes setzt. Und dann denkt man ernsthaft über die Preise von Pedalen nach, anstatt die zu nehmen, die sich schon bewährt haben. Meine Eigenbauten laufen wunderbar leicht, und dank einiger Feilarbeit dürften sie auch ebenso leichtgewichtig sein. Mal sehen.

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Und die verdickten Stellen oben sind Absicht! Nicht, daß mir Lenkerband übriggeblieben wäre, das ich dann schwäbisch-sparsam halt noch verbauen wollte. (Aber schon ein wenig gefreut hab ich mich trotzdem, daß ich nur einen kurzen, schrägen Streifen abschneiden musste. Und der kommt als Rahmenschutz an ein anderes Rad, das an der Stelle zufällig auch schwarz ist. Hach, ich bin Schwabe, und so gelacht über mich selbst und meinen Spaß an der Sparsamkeit habe ich ja selten wie an den letzten beiden Sonntagnachmittagen.) Nein, das neue Rad hat einen an dieser Stelle etwas verdickten Lenker, und daß meine großen Hände da wundervoll drauf und drumherum passen, hat mir so gefallen, daß ich das nachempfunden habe. Memo an mich nach einiger Auf- und Abwickelei: Der mittige Klebestreifen sitzt neben dem Lenkerband, dann wird die Wicklung schön. Der mittige Klebestreifen sitzt gerade noch so auf dem Band, dann wird die Wicklung dick. Und außerdem reicht das Lenkerband dann so exakt aus, daß es eine Freude ist!

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Zähneknirschend gebe ich fünf Euro für eine M8-Mutter aus.

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Jetzt kann ich anfangen, Teile zu "rutschen". Am alten Rennrad ist der Sattel hinüber, die Decke hat sich aufgelöst, das Polster sieht aus wie von meinem Gesäß angenagt. Ich kaufe einen neuen, gebrauchten, schönen, und der kommt an das Trek und spart dort hundert Gramm, und der vom Trek kommt an das alte Rennrad und spart dort ebenfalls hundert Gramm. Wie schön! Und zumindest beim zu tauschenden Sattel weiß ich schon, daß er mir passt. Beim neuen weiß ich nur Gewicht und Farbe. Aber er sieht schmal aus, und das wollen Sie sicher alles gar nicht wissen.

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Sehr eng sind die Wochenenden gerade. Und sehr atemlos. Verschwitzt und mit langen, müden Armen an den Abenden, und völlig zerkratzten Händen vom Gestrüpp.

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Und daß ich am liebsten allein dort hochfahre, lang durch den Wald, wo ich irgendwo in eine unscheinbare Fuhre abbiege und dort den Schlepper stehenlasse, mit den schweren Stiefeln, der weiten Hose und den Kanistern die letzten paar Meter laufe, und dann sägend den Tag verbringe, gedämpft durch den Helm und vibrierend vor Konzentration, wenn einer der alten Riesen auf den Boden kracht. Sägen am Hang, wenn es schlitzt und Stämme unvorhergesehene Hüpfer machen, wenn man schlechten Stand hat und auch mal die Säge weg und sich selbst hinter den nächsten Baum wirft. Lieber einmal zu oft Angst zeigen als einmal doof unterm Baum liegen, aber meistens schaue ich dann doch fasziniert ins Geäst nach oben, wie ich das nie gelernt habe, wo plötzliche eine Lücke klafft und die Äste einander zum Abschied winken.

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Plötzlich ein Tag, der läuft. So müssen sich Menschen fühlen, die jeden Tag ihr Pensum erreichen. Ich wäre ja gern so.

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Ein DI-Typ, sagt der Test. Ein SG-Typ, sagen die anderen Teilnehmer. Über Kongruenz sagt keiner was, und dann bin ich auch schon der einzige, der kommunikativen Kaffee mit unkollegialen Kollegen anzweifelt.

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Viel Whisky habe ich ja nicht getrunken. Aber die Frucht noch in der Nase. Leider trotz der Kleinstmenge auch den Dunst noch im Kopf, und deshalb lasse ich das lieber bleiben.

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Als sie irgendwann die Klammer öffnet, sich mit den Händen durch die Haare fährt, den Kopf schüttelt und dann auf die Schulter ihres Mannes lehnt, als dann beide in das Lächeln kommen, das nach innen geht und nur für sie beide ist, da sind sie wieder das schönste Paar der Welt für mich.

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Ich erzähle von der Wechselhaftigkeit, als wäre das erstrebenswert. Daß ich eben lerne, "Nein, danke" zu sagen, daß ich eben lerne, kein Vielleicht mehr zu akzeptieren und keinem "Wirdschonnoch" mehr zu glauben, sage ich nicht.

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Und dann sitze ich da, an einem Montagmorgen, an dem ich längst bei der Arbeit sein sollte, und könnte heulen. Alles okay und nichts gut.
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Mittwoch, 9. 10 13

09.10.13, 11:37 | 'Ansatzlos'
Ab nächsten Montag: Gitarre und Gesang. Aus der Reihe der Dinge, die ich schon lange mal oder schon längst wieder mal machen wollte. Bei der Terminvereinbarung haben wir sehr gelacht:
"Wir haben leider nur noch den Montag frei."
"Das passt mir gut - da hat die Kletterhalle geschlossen."
"Und leider erst um halb acht."
"Auch das passt - dann kann ich länger im Büro bleiben."
"Was machen Sie denn da?"
"Ich versuche, zu promovieren."
"Und nebenbei klettern Sie?"
"Nur, wenn ich nicht radeln bin. Und nicht reiten kann."
"Und jetzt wollen Sie Gitarre spielen?"
"Ja. Und singen. Danke."
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Montag, 5. 08 13

05.08.13, 14:57 | 'Ansatzlos'
Vom Hagel niedergeschlagen worden. Über die Alpen geradelt. Einen Stein verschenkt. Heu gestapelt, Stroh gefahren. Jetzt noch taube Finger. Was eben so geht, in einer Urlaubswoche.
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Montag, 15. 07 13

15.07.13, 16:08 | 'Ansatzlos'

Vorwärts.


Rückwärts.

Die Faszination der geraden Linien.
Was einen so durch die Nacht trägt.


Heiß hier.


Kleine Spielzeuge.


Große Spielzeuge.

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Am Sonntag beim Sprung aus einem Überhang die Rippen geprellt. Beim Reiten die Schenkel wundgerieben. An der Feuerstelle von Mücken zerstochen worden. Die schönsten Sportverletzungen der Welt.

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Menschen, mit denen man nicht an einem Tisch sitzen möchte.

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"Nächste Woche aber!" dröhnt es, als ich mich verabschiede, und eine riesige Hand landet flach und schwer auf meiner Schulter. Und davon werde ich ja immer größer statt kleiner.

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Der Ausblick auf den Fluß.

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Ein kleiner Schuh auf meiner Hand.

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Langsam machen.

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Der Duft von Gras hebt meine Stimmung. Die rauhen Kuhzungen bringen mich zum Lachen. Schlechte Laune hält hier nicht durch, und der Gestank einer Nachgeburtsverhaltung ändert da nichts. Nur beim Kaffee muß ich dann am offenen Fenster sitzen.

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Kommunikationswegewandel.

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Siebenunddreißig Kilo, sagt sie leise, und ich erschrecke. Ich werde Schokolade kaufen, nehme ich mir vor. Mehr Schokolade. Und mehr backen.

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Das Bild zeigt mich schwitzend und angespannt, mit erhobenen Händen, konzentriert und beruhigend nach oben sprechend. Spring, sage ich irgendwann, und das nächste Bild zeigt mich schon neben ihr stehend, mit herabhängenden Armen und dem Lachen der Erleichterung.

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Ich gebe mir Mühe, ja.

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Ich werde für das Beherrschen von Gangarten gelobt, die ich noch nicht einmal beim Namen kenne. Der Hund umjubelt mich, hinter einer Hecke ein Läufer und ein schnelles Auto, das Pferd auf der Hinterhand, ich stehe in den Steigbügeln, und bevor ich noch recht meinen Namen wieder weiß, wundere ich mich schon, daß mir die Geschwindigkeit, der muskulöse Wirbel von Hufen auf der Erde so gefällt.

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Wie mein Urlaub immer schiefgehen muß. Göttliche Komödie.

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Löwenherz.

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Das Unausgesprochene zwischen vier und sechs. Ich frage nicht nach.

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Saure Muskeln mögen lernen.

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Ruhig, Brauner. Steh und geh.

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"Geht schon so" möchte ich nicht von Dir hören. Ich könnte das glauben.

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Bin ich denn der einzige, der auf klare Ansagen steht? frage ich laut und theatralisch an der Autobahntankstelle im Nirgendwo.
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Freitag, 31. 05 13

31.05.13, 15:31 | 'Ansatzlos'
Der Wetterbericht zeigt Regen. Drei Tage, sieben Tage, sechzehn Tage, Langzeitregen. Draußen scheint die Sonne, das Telefon klingelt, und ich ringe mich durch. Wir flitzen durch die Stadt, der Hund sitzt im Kofferraum, legt den Kopf auf die Rückbank und schaut mir durch den Rückspiegel beim Fahren zu, während er genüßlich auf die Schulter der im Fond Sitzenden sabbert. Ich muß lachen, und dann sind wir schon in den Weinbergen. Links, rechts, und das Navi kennt zwar noch die Straßennamen, aber längst keinen Weg mehr. Das ist nicht schlimm, wir parken im Wald und laufen den Rest. Der Hund verliert seinen mitgebrachten Knochen an einen halbgaren Wolf, aber lang stört ihn das nicht. Man muß auch mal gönnen können, streichle ich ihn, und irgendwann ziehen schwere Wolken auf, ein Polizist winkt mir auf der Heimfahrt, das Licht einzuschalten, auf den Straßen sammeln sich riesige Pfützen, wir lassen den Hund in Begleitung im Auto und später mache ich noch ein Beweisfoto mit acht Beinen in meiner kleinen Küche. Das geht, wenn vier davon zum Hund gehören. Dann essen wir Käse, Wurst und Salat, und das Zwiebelbrot hatten wir im Laden schon fast vernichtet. Ich mache Kaffee, verabschiede Hund und Gäste, und dann kehre ich eine Schaufel voller Haare zusammen, putze jeder Pfoten- und Sabberspur nach, und das Spülen vertage ich. Morgen ist auch noch ein Tag. Und es wird regnen.
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Montag, 4. 02 13

04.02.13, 18:06 | 'Ansatzlos'
Der Moment, als ich an der Tankstellenkasse bezahle, mit Schlüsseln jonglierend, telefonierend und lächelnd, und mich der junge Mann an der Kasse anfeixt, ob ich einen Kaffe dazu möchte, und ich grinsend abwinke, während ich weiter beschwichtige und beruhige.

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Der Moment, als sie mitbekommt, daß der Auftritt ausfällt, auf den sie sich so gefreut hat. Als ihr das Gesicht einfriert, entgleist und sie sich mühsam wieder in den Griff bekommt.

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Der Moment, als wir lachend aufeinander zu tanzen. Als mir klar wird, daß ich jetzt gehen muß, und nicht noch eins trinken.

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Der Moment, als ich meine kalten Hände sehe, die Finger wie Klauen, denen der Wind die nasse Folie entrissen hat, während meine Füße den Boden verlieren, der Mais unter mir bröselt und ich mich winde und krümme, um vier Meter tiefer nicht auf dem Rücken zu landen.

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Der Moment, als ich die schweren Stiefel abstreife und einen wohligen Schmerz in den Fußsohlen verspüre.

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Der Moment, in dem ich noch einmal auf das schwarze, stumme Telefon sehe, auf das weiße Leuchten in der Ecke hoffend.

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Der Moment, als ich absage, so leid es mir tut.

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Der Moment, als ich von seinem Unterrock rutsche und unsere schöne Pyramide vermassele.

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Der Moment, als die Tänzerin ihr Bein auf dem Geländer neben mir dehnt und mir zulächelt.

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Der Moment, als ich auf den Bühnenboden falle, das Glas emporgereckt, und wieder hochgerissen werde von dem, dem ich eben entglitten bin.

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Der Moment allein an der Bar.

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Der Moment, als ich in die Stiefel steige und mir seine riesige Jacke überwerfe, um den Sonntagsdienst zu versehen, langsam durch den Stall zu laufen, Futter zu schieben, Kühe zu beobachten, ruhig und sicher und gewiß.

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Der Moment, als ich ihren Dank lese. Ihre guten Wünsche. Du bist einer von den Guten, sagt sie.

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Der Moment, als ich mich niederlasse, an diesen großen Tisch, zu dieser Familie, zu denen, die immer ein Lachen für mich haben.

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Der Moment, als wir in Dreierreihen die Straße entlanglaufen, in jeder Reihe den Mittleren untergehakt, die Füße auf dem Boden schleifend.

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Der Moment des Erwachens, wie ein täglicher Schlag.

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Der Moment, in dem sie ihre Hand auf meine legt und sagt, daß man durch muß, und in dem ich begreife, daß sie mit mir durch alles gehen wird.

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Der Moment, in dem ich die Lautstärke zurücknehme. Einfach so. Flüstermusik.
# |  6 RauchzeichenGas geben

Freitag, 23. 11 12

23.11.12, 12:06 | 'Ansatzlos'


Stellen Sie sich eine Autobahnbrücke vor. Und einen frühmorgendlichen Radler, mit Mütze und Handschuhen, der seine Kamera auf ein kleines Stativ klemmt, an diesen und jenen Knöpfen drückt, auf den leuchtenden Bildschirm starrt und immer wieder prüfend brummt. Im Kopf hat er ein Bild von der Autobahn am frühen Morgen. Die Autos sind schnell und hinterlassen rote und weiße Streifen auf dem Bild, die Ränder verschwimmen im Dunkel.
Stattdessen das, was Sie hier sehen. Kameras dürfen nämlich nicht mit ins Büro, und auch das Telefon nur abgeklebt. Stellen Sie sich jetzt einen Radler vor, der endlich daran gedacht hat, einen solchen Kleber mitzunehmen, und der heute morgen viel zu spät dran ist, daß die Sonne schon längst da ist, und dann steht er da auf dieser Brücke und flucht, weil sich der alte Kleber mit den kalten Pfoten schlecht wegkratzen lässt, und die Linse bleibt klebrig und verdreckt, und wie er dann damit fertig ist, nibbelt er mit den eiskalten Pfoten zwischen Kleber und Trägerfolie, nibbelt sich dann den Kleber von den Fingerspitzen und den Kleber vom Kleber, weil der mal wieder mit sich selber klebt, flucht leise vor sich hin und findet eigentlich alles viel zu kompliziert.
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Freitag, 3. 08 12

03.08.12, 10:36 | 'Ansatzlos'
An der Tankstelle fährt eine weiße Großraumlimousine neben mir vor. Ein Arm aus dem Fenster, ein Lachen, ein amerikanisches "Hai!", und so sehe ich mal einen Kollegen wieder. Er freut sich, und das freut mich, denn man weiß ja nie, was man so hinterlässt. Er tankt nicht einmal, hat mich nur gesehen und angehalten. "You look older, doctor", sagt er, und ich muß lachen. Älter, ja. Das gehört dazu, sage ich.

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"Alles zuviel im Moment", sagt er, und wenn das solch große Männer sagen, mit diesem freudigen Arbeiten, mit diesen riesigen Händen, zu denen ich aufsehe seit siebenundneunzig, als hier eine Baustelle war und wir zwei baustellengeile Jungs auftauchten und einfach geblieben sind. Ich weiß nicht recht, und dann müssen wir noch dieses heben und dort noch Stroh, und abends sitzen wir unter Leuten, unter den Kastanienbäumen, und ich denke, daß sein Lachen müde klingt. Wenn es schon Männer wie ihn zermürbt, denke ich dann, aber das ist sicher nur der Sommer und all die angefangenen und die wenigen abgeschlossenen Sachen, die einen unruhig machen, und ein wenig die Ruhe der anderen.

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Ich hoffe auf milde Winter, jetzt, wo ich so weit fahren muß. Jetzt, wo ich noch schwitze, und hoffe, daß der frühe Wunsch den Wurm fängt. Oder so.

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Das Radeln durchs Dorf, der Bräkel hier und dort, die Rindviecher, die Gartenwirtschaft, das hat nichts damit zu tun, um was ich mich kümmern muß. Und es hilft, denn dort sortiert irgendjemand all das, was ich in mich hineinstopfe, und tags darauf mache ich dann einfach.
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Montag, 25. 06 12

25.06.12, 10:22 | 'Ansatzlos'
Die Kunst ist vielleicht, bescheiden zu werden, bevor einen das Alter dazu zwingt.
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