Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

22.09.11, 10:08 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Man rauscht wie ein Eilzug ins Wochenende, und beim Abbremsen eckt man auch immer irgendwo an.

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Am Freitag nichts vor. Ich steige schweren Herzens irgendwann vom Walzschlepper, noch immer das scheppernd höhnische "Dieses Jahr ohne Mais" im Ohr, das mich so herablassend traf, so über den Kopf streichelnd, daß es mir die Lefzen hochzieht, weil der Mais, das Maisen, weil das alles so erstrebenswert für mich ist, ein Sommer voller Hoffnung und Wachstum in jedem Pflänzchen, und weil sie das so abtun.

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Was Du nicht ernst nimmst, das wird Dich beißen.

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Ach, der Freitag. Den verbringe ich dann in Gesellschaft von Menschen, die ich nicht leiden kann, mit denen ich mich so gar nicht zur Deckung bringen kann. Die anderen fahren, ich kann das riechen, selbst von dort aus, und nebenan das Geräusch abwickelnder Ballenfolie, und ich zähle gewohnheitsmäßig die Umdrehungen und schnüffle in die Luft nach dem frischen Gras, das zu silieren beginnt. Subterranean homesick blues.

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Euer Morgen geht von zehn bis zwölf.

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Menschen, die bekunden, kein Auto zu brauchen. Denen fährt man ja doch nur hinterher, und es ist ja nicht das Fahren, das mich stört, sondern die Selbstgefälligkeit.

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Die Ökoüberhebliche, die mit ihrem großen Dieselkombi im Dorf umherfährt.

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Architekten zusammenbringen. Schön das, denn dann kann ich ruhig meinen eigenen Gedanken nachhängen, inmitten all derer, und zwischendurch trifft mein unscharfer Blick auf den des alten Herrn, und wir grinsen uns an. So sind wir verwandt, getrennt von allen anderen, getrennt von uns.

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Da müssen wir noch hin, und ich gebe mich geschlagen und unterdrücke ein Gähnen. Natürlich fahre ich, Du brauchst ja kein Auto.

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Hier haben Menschen Spaß, und wir sichten eine Discokugel. Was an diesem Spaß schlimm sein soll, frage ich mich immer wieder, auch wenn mir die Musik nicht gefällt. Die Überheblichkeit, daß es in der Stadt besser sei, daß es hier eben recht für die einfachen Landmenschen sei, die stinkt mir. Ich wäre ja gern woanders. Aber nicht in der Stadt. Seid ihr nur glücklich da, aber lasst mich doch hier zufrieden sein. Große Welt ist doch mittlerweile überall, und hohe Schuhe machen noch keine großen Menschen.

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Frustration. Egalität ist angenehmer.

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Nein, ich will mich nicht in eine weitere Familie integrieren.

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Baden. Wir lassen uns im Kreis treiben, und ich schaue an die Decke, wie sich das Wasser spiegelt. Luxus.

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Meine Passagierin und die Parallelwelt.

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Mannschaftssport lebt von den Motivatoren. Deshalb fahre ich Rad.

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Die besoffenen Dorftölpel feiern ihn als neuen Bürgermeister, wie er da mit ihnen sitzt und kontrolliertkonzentriert die Augen nicht verdreht, und hinterher werden sie sich das Maul zerreißen, auf beiden Seiten.

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Spaßbieter. Die Partei, die Linke, ein Spielhallenbetreiber, ein Jungspund. Was unsere Wahlzettel brauchen, ist ein Leckt-mich-Kreuzchen.

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Wie er sie einlullt und aufs Kreuz legt. Wahlkampf ist also doch einfach.

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Großes Familienvesper. Großes Geschrei. Große Diskussion. Noch einmal großes Geschrei. Ich finde es so gar nicht schlimm, daß es bei uns keine Vespertradition gibt.

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Was mich versöhnt: Wie Du Dich morgens im Halbschlaf auf die Stelle rollst, an der ich eben noch gelegen bin. Einen Arm ausstreckst und wieder unter die Decke ziehst. Seufzst. Dann wird Dein Schlaf wieder ruhiger, und ich ziehe die Tür hinter mir zu.

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Nicht so viel reden müssen, und nicht so viel detaillieren.

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Nebenan pflügt der Nachbar, und als er aufhört zur Stallzeit, da steigt er kurz auf, und an seinem Lachen freue ich mich.

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Wie mich die Dunkelheit irgendwann in den Feierabend treibt. Daß ich hier nachgebe und irgendwann gern ein Feuer anschüre und hineinschaue, daß das mein Abend ist, das zeigt mir mein Altern, aber auch das ist gut so.

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Bier beim Bauern.

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Wie ungern ich anderer Leute Sonntage störe.

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Da ziehen zwei in eine Wohnung, die ich mir auch schon angeschaut habe. Eine Wohnung für zwei. Wohnungen sind für einen ja nicht sinnvoll, denke ich mir immer.

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Ab jetzt: vier Tage Mais und Gras, noch einmal ohne Pause. Auf sie mit Gebrüll!

Rauchzeichen