Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

11.09.10, 22:52 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Streichen. Ein Zimmer, und dann eben noch den Flur. Und für das Treppenhaus reicht die Farbe auch noch. Jetzt laufe ich seit einer Woche diese Treppen hoch und runter, und jedes Mal freue ich mich an der frischen weißen Wand.

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Mir fehlt die Musik. Dabei habe ich derzeit nichts zu entdecken. Ich bin radioverstopft, möchte ich meinen. Oder ich habe einen seltsamen inneren Speicher, der jetzt eben voll ist. Dann wird es für mich keine neue gute Musik mehr geben, und irgendwann wird sie womöglich verschwinden.

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Wenn nicht für Geld und nicht für gute Worte - wofür denn dann überhaupt noch?

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Abendliches Mähen nach der Arbeit. Nächtliches Schrauben. Wieder Arbeit. Wieder Mähen. Wieder Arbeit. Silowalzen. So bringt man die Tage auch weg.

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Jetzt müsste man nur noch wissen, wie das Problem mit dem Glück zu lösen ist.

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Wort zweitausendsieben. Ach Gottchen. Jeden Tag eine neue Datei. Keep seven steps, hieß es einst. Fünf Wochentage, eine Woche, ein Monat.

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Manches, das an mir nagt. Manches, das sich durchfrisst durch den Firnis aus Glück, den ich mir jeden Tag neu überpinsle. Ein Kloben wäre ich manchmal gern, anstatt des Baumes, den der Kupfernagel langsam fällt.

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Ich mache eine Zeitreise und gable Öhmd in ein Gebläse. Wie seltsam, daß alle genau so arbeiten, daß die Arbeit reicht. Für hundert Kühe werden Großpacken gepresst, und für zehn wird eben gegabelt.

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Meine Arbeit wird gebraucht. Dafür kann ich auch am Schreibtisch sitzen.

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Man müsste sich etwas suchen, das einen beschäftigt und antreibt.

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Er zeigt mir eine kleine Rötung am Hals - "wo die Hanteln drücken." Ich lache, und dann rät er mir, ihm nie wieder zu begegnen.

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Wenn man ein Aber gegen etwas hat, dann ist das der Jedoch der schlimmste Streit, den man sich vorstellen kann.

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Jetzt eine Richtung.

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In immer kürzeren Abständen der Drang, die Brocken hinzuwerfen. Ich weiß nicht, wie viel man von sich selbst amputieren kann, ohne sich zu verlieren.

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Und plötzlich ist man sehr weit weg.

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Abendschule. Als bekäme ich nicht genug.

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Die Redewendung "auf zwei Hochzeiten tanzen" bekommt eine neue Dimension: das Männerballett. Du liebe Zeit.

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Ich werde nächstes Wochenende drei Mal heiraten. Im Frack. Ich habe übrigens im letzten Jahr schon einmal geheiratet. Damals mit Zylinder. Ich glaube wirklich, das reicht.

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Stehen zehn Bauern um ein paar Reihen Mais, befingern Kolben und vergleichen Stengelhöhen, während sie mit den Füßen die dicken Stoppeln auf dem Acker umtreten. Am Feldrand eine Fahne, und irgendwann wird es dunkel. Maistag.

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Es scheint tatsächlich nur diese wenigen Wirkprinzipien zu geben. Selbst die Patente sind nur geschickte Anwendungen, keine genialen Lösungen. Das entmutigt mich und treibt mich zugleich an. Es muß etwas da sein.

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Ach, der Kutzbachplan. Den mochte ich schon immer.

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"Wie isst man einen Elefanten?"
Ich schaue fragend.
"In kleinen Stücken."
Ich habe einen guten Chef erwischt.

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Ich komme mir alt vor, und dabei so unerfahren. Es gibt viel aufzuholen.

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Manchmal frage ich mich, wie es Dir geht. Warum ausgerechnet Deine Spuren noch da sind.

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Herbst! Endlich darf ich wieder dicke Strümpfe tragen!

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Mir gegenüber sitzt ein Mädchen mit hohen Schuhen und glänzenden Strümpfen. Sie sieht gelangweilt aus, und ich halte das nicht mehr für Überlegenheit. Langeweile kann auch sehr tumb sein.

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Je älter ich werde, um so schneller kann ich einschätzen, welche Mädchen sie anziehen. Welche gern anziehend wären. Und über welche sie in zehn Jahren nachdenken werden und sich selbst Esel schelten, dafür, daß -.
Da sitzt einer, der das schon weiß. Er macht nicht mit, er produziert sich nicht. Die beiden werden sehr glücklich werden miteinander, auch wenn ihn jetzt niemand versteht.

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"Machst Du Cocktails", werde ich gefragt.
- "Ja", sage ich, denn ich habe noch die Flasche in der Hand. "Auch einen?"
- "Gern."
Ich lasse sie von meinem probieren, und den trägt sie dann gleich davon. Aha.

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Und irgendwie stehe ich dann oben am Berg und fotografiere in den Regen und in die untergehende Sonne.

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Gebannt stehe ich da vor meinem Schlepper und starre auf meinen Hausberg, als ob ich ihn zum ersten Mal erblickt hätte. Ein anderer Acker, eine andere Perspektive. Von hier aus sieht er sehr alpin aus, mit seiner scharfen Kante und den tiefen Kluften. Foto habe ich keinen dabei.

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Überhaupt Bilder. Ich mache kaum mehr welche, merke ich, als ich durchs Telefon blättere. Die letzten sind drei Wochen alt.

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Na gut, eines.


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Und wenn ich jetzt noch wüsste, wohin mit der Wut.

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Auf seiner Einladung sind in einer Zeitleiste all seine Fahrzeuge. Das zeigt ihn, und das zeigt einen selbst. Mein bester Freund wird dreißig.

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Ich komme gern, um Dir zu helfen, sage ich zu einem. Er grinst, die Krucke in der Hand, in Gummistiefeln auf den Spalten im Stall stehend, aus seinem dichten Bart heraus, während die lange Zunge einer Kuh nach seinem Hosenbein schnellt, und spricht.
Komm doch auch mal zum Kaffee.

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Ich kann mich immer noch nicht zurückfallen lassen.

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Mit der Suche nach einem Zitat fängt jede meiner Arbeiten an.
"And tomorrow brings another train
Another young man steals away
But you're the one I remember
From these valleys of green and grey."
Die Danksagung füllt so eben eine Seite.

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Mit Pauken und Trompeten oder still und leise? Gesagt ist gesagt, nur das Gedachte kann man noch streichen.

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Ein Teil könnte sein, daß ich wirklich glaube, es besser zu können.

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Am Montag: Passbilder. Nachdem ich erst wieder aus dem Laden geflüchtet bin - die Schlange in Form der Person, die eben bedient wurde, redete ich mir ein - muß ich jetzt.

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Und so sitzen wir nach dem Paso Doble in einer Kneipe, und einer fragt. Ich muß dann immer tief durchatmen und mich sortieren, bevor ich erzähle.
Was machst Du so? Gute Frage.

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Dieser Tanz gefällt mir. Die Promenade, vor der man aufstampft. Die Dame als Tuch, der Herr als Torero.

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Wie schleudert man ein Mädchen, ohne es zu verletzen? Ich frage wegen der blauen Flecken.

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Und eine lassen wir fast fallen. Hoppla.

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Ich bin irgendwo falsch abgebogen, glaube ich.

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Wie es an den Samstagen an allen Ecken und Enden werkelt. Überall Latzhosen, überall Zollstöcke.

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Ich mag Dich. Aber nicht mit Dir reden. Nicht teilen.

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Solange Du bewahrst anstatt zu teilen.

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Und plötzlich der drängende Wunsch, übermächtig, mich in den Sattel zu schwingen und durch die letzten warmen Nächte zu fahren. Ich fahre gern nachts Motorrad. Nur zu selten.

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Mit dem Rad ins Büro.

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Nächste Woche: Organisatorisches. Das kann ja heiter werden.

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Vielleicht drei, vier Monate Pause. Mich zwingen.

Rauchzeichen