Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 14. 10 15

14.10.15, 15:12 | 'Ansatzlos'
Ein sehr dezenter Ganzkörpermuskelkater beim Aufwachen, den ich sehr genieße. Es gilt eben doch, gegen Ende noch hart zu klettern, um die Konzentration zu zwingen und Positionen auszutüfteln, die kraftlos genug sind, daß die brennenden Arme sie noch halten können. Überhaupt mehr Toleranz gegen das Brennen. Das hindert mich vor allem im Überhang noch stark.

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Über diesen Gedanken trödle ich herum, bis es nur noch für einen Kaffee im Stehen reicht. Der Bus könnte ja rein theoretisch auch mal pünktlich sein. Allerdings ringt mir dieser Gedanke schon am zweiten Bustag nur noch ein müdes Grinsen ab.

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Stellenanzeigen durchforstet. Mehr auf meinen Widerwillen zu hören, verspreche ich mir. Der scheint mein sicherstes Sensorium zu sein.

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Über eine Benachrichtigung in die Vergangenheit gestolpert. Nicht gut. Wie viele Tage in den letzten drei Jahren war ich wohl glücklich? Reicht das?

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Konsumplanung. Kletterschuhe, eine Kaffeedose, Kopfhörer. Und irgendein Gerät, das mir Musik auf die Kopfhörer spielt. Da sitze ich dann vor dem Eingabefeld und weiß nicht recht, was ich tippen soll. So alt bin ich also, denke ich. Oder mache ich nur alles falsch und alles anders als die anderen? Musik habe ich auf CD, und neuerdings auch auf Festplatte. Aber wie soll sie von dort in meine Ohren kommen? Ich brauche doch nur ein Gerät, das MP3 an USB lesen kann und daraus Musik über Bluetooth verteilt, denn mit APTX soll das angeblich auch noch klingen. Das kann doch nicht so schwierig sein, denke ich. Aber die Suche liefert mir nur Internetradios oder sündig teure Verstärker. Da scheint ein Produkt zu fehlen, denke ich, oder keiner braucht das so. Und dann fühle ich mich ein wenig alt.

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Ein Termin, ein Termin! So ungewöhnlich ist das bei mir, daß ich ihn glatt vergesse. Na, zum Glück ist der erst übermorgen.

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Ich komme im Dunkeln nach Hause, laufe zum Einkaufen, höre aus einem Fenster einen Chor singen. Es gibt also Leben in dieser Stadt. Die Verkäuferin grüßt mich nicht, dabei kaufe ich seit Jahren hier ein, weil nur ein Laden so spät noch geöffnet ist. Dann rede ich heute eben nichts, denke ich, und laufe wieder nach Hause.

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Wie machen andere Leute das, frage ich mich. Alltag und so. Keine Ahnung, wann ich Kletterschuhe kaufen soll. Abends um acht?

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Dann wird mir klar, daß das ein Countdown ist. Nicht noch ein Jahr, auf keinen Fall mehr. Nicht mehr hier, nicht mehr so. Und dann laufe ich ein wenig leichter durch die Straßen, ein wenig aufmerksamer an den Fenstern vorbei. Pferdegeruch in der Nähe des Stalls.

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Statt noch laufen zu gehen, lege ich mich mit einem Buch nieder. Packe dann ein anderes weg, bei dem ich schon ewig auf den letzten hundert Seiten herumkaue. Warum sollte ich lesen, was mich nicht interessiert? Auch ein Umberto Eco kann mich langweilen, und dann liegt das halt an mir, ich kann es auch nicht ändern.
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