Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 17. 01 06

17.01.06, 21:44 | 'Highway 61 revisited'
Das unglaublich gute, erwachsene Gefühl, als ich an der Kasse ruhig Zigaretten fordere. "HB", sage ich, weil mein Vater die auch raucht. Und sonst niemand.
Ich habe ewig keine Schatel mehr in der Hand gehabt. Ein rotes Dreieck ist dazugekommen, und der Trauerflor nimmt mittlerweile fast die halbe Vorderseite ein. Gedankenverloren streiche ich über die geriffelte Oberfläche und frage mich, warum es sich immer noch so anfühlt, als ob die Schachtel gleich platzen wollte. "Classic blend" steht oben, das verstehe ich nicht.
Ich ziehe das Zellophan ab und schiebe es in die Tasche. Ich klopfe die Schachtel in meine Handfläche, zertrenne mit dem Nagel die Steuermarke und nehme das Silberpapier heraus. Ein paar Tabakkrümel puste ich von den weißen Filtern, die ich so gern zwischen den Fingern zusammenpresse. Und ich ärgere mich, daß ich keinen Zehnmarkschein mehr habe. Zwischen Zellophan und Schachtel gehört einfach ein Zehnmarkschein. Aber das ist wohl vorbei.
Als ich mit den Lippen nach einer Zigarette und mit der Rechten nach dem Feuerzeg in meiner Tasche suche, rieche ich den Duft des Tabaks, des Papiers, Diesen Duft von Erwachsenwerden, das große Gefühl, endlich die ersten eigenen Zigaretten auf dem Tisch liegen zu sehen. Eifersüchtig Feuer und Schachtel bewachen und ihr zusehen, wie sie jedes Mal, wenn ich sie aus der Tasche ziehe, ein wenig zerknautschter aussieht. Mit der nächsten fängt das Spiel von vorne an, unendlich schön, dieser Kreis. Eine jede könnte eine Geschichte erzählen. Morgens, wenn ich mich wundere, nur noch zwei, drei drin, sie klappern schon herum in der Packung.
Und ich falle zurück in die Zeit, in der man Telefonnummern auf den Rücken der Packungen schrieb und kleine Zettelchen hineinsteckte. Die Rituale der letzten hier, und der allerletzten auf dem Heimweg, und dann der allerallerletzten bei ihr an der Tür, bevor sie im Treppenhaus verschwand, und das Licht im Hof erlosch. Nur zwei Punkte am Boden glommen noch ein wenig nach und kündeten von dem Glück, das man nur in fremden Hauseingängen, spät in der Nacht an die Wand gelehnt erfahren kann.
Das letzte Zigarettchen, geteilt mit dem, mit dem ich alles teilte damals, an irgendeiner Bar, als das Licht bereits wieder brannte und die Helfer begannen, um uns herum abzubauen. Die letzte Zigarettenlänge durften wir noch bleiben, kein Problem.
Später, als ich - wieder gegen den Strom, ja klar - nur für mich rauchte, die Nächte am Fensterbrett, als der Rauch hinauszog, sich in Schwaden wand und vom Wind zerfasert wurde, und ich mit den Fingernägeln Muster in die Alufolie kratzte, die an den Hälsen der Pilsfläschchen klebte. Lesen, rauchen, in die Nacht starren, der Welt zusehen, wie sie über mir zusammenbrach. Horchen, wie sich die Glut ganz leise in das dünne Papier fraß. Die Zigarette in der Hand rollen und die wundervollen Spiralen aus Rauch bei der Auflösung beobachten. Ganz langsam atmen, ruhig. Die Tür geschlossen, zehn Meter über der Welt schwebend. Die Wolken vor dem Mond warfen Schatten auf den Pfaffensturz. Irgendwo erklang Musik, als eine Tür geöffnet wurde, und erstarb wieder. Stimmen der Heimkehrer auf der Straße, darüber ich, rauchend, unerreichbar, unantastbar. Die Kippe aus dem Fenster werfen, und dem Funkenregen nachtrauern, der auf dem Asphalt hüpft und verlischt.

Ich stecke mir die Zigarette an und ziehe. Statt der guten alten Zeit packt mich ein Hustenanfall, und ich werfe sie weg, Zigarette und gute alte Zeit.
# |  2 RauchzeichenGas geben


17.01.06, 17:45 | 'Nicht drueber nachdenken'
Why'd you have to go and make things so complicated?


Man übersetze "things so complicated" mit "Kabel so kurz".
# |  Rauchfrei | Gas geben


17.01.06, 17:03 | 'Minimaler Blauanteil'
Vielleicht ist ja doch das Papier die Wurzel allen Übels?
# |  Rauchfrei | Gas geben