Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 7. 08 13

07.08.13, 14:00 | 'Single Trails'
Als ich auf die Uhr schaue, ist es drei vor sechs. Sonnenaufgang. Ich packe mein Zeug und verabschiede mich vom Paradies. Als ich im Dorf ankomme, öffnet eben der Bäcker. Kaffee verkauft er keinen, dafür Cola, Brötchen und allerhand anderes. Außerdem wundert er sich, wo ich denn um die Uhrzeit schon herkomme, erkennt mich aber gleich als Olp'ngrossa. Ja, sage ich strahlend, und ich verliere meine gute Laune auch nicht, als er mir erklärt, daß es eine ziemlich doofe Idee war, ins Tal zu radeln, wo ich doch gleich wieder hoch muß. Ich mag keine Straßen fahren, also folge ich seinem Rat nur so halb und schiebe entlang eines kleinen Baches unterhalb der Straße zurück auf den Arlbergpass. Dort gibt es Kaffee, aber nicht um die Uhrzeit. Und Wanderwege in meine Richtung auch nicht. Ich fahre also auf der Straße nach Sankt Anton. Stanton City, lache ich in den Wind, weil meine Eltern das immer sagen. Die Tradition, über Neujahr dort zu sein, hat sich im Dorf tatsächlich bis heute gehalten. Ich biege am Ortseingang rechts ab, schaue mir das Wasserkraftwerk an und radle dann zur Konstanzer Hütte.

Dort muß ich draußen bleiben, weil drinnen eben geputzt wird. Im Flur darf ich mein Telefon laden, und hinterm Haus entdecke ich Steckdosen für Ebikes und eine kleine Kletterwand. Ein Mädchen, das hier wohl eben einen Ferienjob begonnen hat, bringt mir Kaffee und Kuchen, während sie sich allerhand freundliche Anweisungen vom Wirt anhört. Eine ältere Dame setzt sich zu mir, in voller Wandermontur, und sie erzählt von ihren Damentouren, der Hüfte, dem Abstieg und davon, daß wir sogar im gleichen Stadtteil wohnen. Hihi, sage ich, und würde mich tatsächlich freuen, sie wiederzusehen. Die Wirtin fährt weg, ich renne ihr nach, damit sie die Dame mitnimmt, aber ich bin leider zu langsam. Nur ein Kaffee bisher, sage ich entschuldigend, als ich wieder um die Hütte biege. Sie lacht und rüstet sich zum Loslaufen. Mein Telefon ist auch fast voll geladen, der Kaffee ist leer und der Kuchenteller saubergeleckt. Ich klicke ein und radle los.

Schön ist es im Verwall, denke ich und freue mich an den Schildern. Hochverwall. Trittsicherheit erforderlich. Something to talk about. Immer wieder begegne ich rastenden Wanderern, Kühen und Viehgattern. Ich finde Hüttenruinen, und irgendwann hört der Weg auf. Ich schaue zurück ins Tal, klemme mir den Fahrradsattel über die Schulter und mache mich an den Aufstieg. Immer wieder kontrolliere ich meine Route am Telefon und sehe nach, wie weit es noch zur nächsten Rast ist. Die Entfernung in Luftlinie ist überschaubar, schwindet aber in meinem Schweiß auch nur ganz langsam dahin. Erst auf den letzten paar Metern kann ich wieder radeln. Ein paar kleine Seen hat es hier, und den Schildern zufolge dienen sie der Trinkwasserversorgung und dürfen daher nicht betreten werden. Die gummibestiefelten Hutträger, die drin herumpatschen und ihre Würmer baden, kümmert das nicht besonders. Vielleicht dürfen die das.

Ich konzentriere mich wieder auf den steilen Schotterweg, und darauf, wenigstens ein paar von der Gruppe vor mir einzuholen. Eine junge Dame trägt ihr Trikot umgebunden und sonst nicht mehr viel. Ich grüße, als ich vorbeifahre. Das Rad auf der Schulter steige ich schließlich die Treppe zur Terrasse der Heilbronner Hütte hinauf. Langsam, damit ich in der Sonnenglut nicht wieder rückwärts hinunterfalle. Von der anderen Seite kommt mir das Mädchen entgegen, es gibt also auch einen Weg um die Hütte, den ich übersehen hatte. Mir läuft aber auch die ganze Zeit der Schweiß in die Augen! Ich setze mich auf eine Bank, und aus dem Mädchen wird eine Gruppe von Radlern, die sich gegenseitig Riegel anbieten und die Pulsuhren ablesen. Sechzehnjährige Profis, denke ich, und als ich auf der Terrasse schnell mein Trikot wechsle, mich mit Sonnenschutz einsprühe und das nasse Hemd übers Geländer hänge, hört das Geschnatter kurz auf. Doch keine Profis, denke ich, winke den Mädels zu und bestelle Kuchen, Cola und Wasser bei der lederbehosten Wirtin und esse mit Genuss. In der Küche darf ich mein Telefon laden, im Bad meine Flaschen füllen. Quellwasser, sagt die Wirtin, und ich denke an die ersäuften Angelwürmer. Die Profigruppe ist gerade mit den Nudeln durch und wendet sich dem Salat zu, als es mich reißt. Ich will weiter. Ich muß weiter. Ich schaue auf die Uhr. Ich würde heute noch gern auf das Idjoch kommen. Bis zwölf in Ischgl, hatte ich mir gedacht, aber zwölf ist es schon auf der Heilbronner Hütte.

Ich zahle also, hole das Telefon aus der Küche und radle wieder los. Die Trails hochtragen, die Schotterwege abfahren. Selber Profi, denke ich, mache dann aber doch den Dämpfer auf, die Knie und Schultern locker, und lasse es laufen. Vorbei an schwitzend Emporfahrenden, vorbei am Kopser Stausee und weiteren Anglern darin und deren Autos direkt am Ufer. Ich begegne dem ersten Radverbotsschild - ausgenommen bergwärts steht da - und fahre durch Galtür und allerhand Skiorte bergab. Irgendwo finde ich einen Supermarkt, decke mich mit Wasser, Nusszopf und Wurst ein und wechsle dann auf einen Wanderweg nach Ischgl. Schön ist Ischgl nicht, wenn man darauf zu radelt. Es ist nach zwei, und ich finde ein Schild, das mich zur Bodenalpe führt. Zunächst auf Teer begegnen mir einige Wanderer und eine Menge Betonmischer. Es wird gebaut am Berg. Ich fahre irgendwann aus dem Schatten in die Sonne, die Serpentinen werden steil und steiler, und immer wieder muß ich anhalten oder eine Runde schieben. Die Schilder für das Ironbike-Rennen sind schon aufgehängt, und ab und zu überholt mich ein eingeölter Profi in einem derartigen Höllentempo, daß ich bereits nach einigen Metern schon wieder abreißen lassen muß. Der Dampf reicht gerade so eben für langsames Kurbeln, mehr ist nicht drin in der Hitze. Als ein Wanderweg die Strecke kreuzt, sehe ich ein paar orthodoxe Juden mit Kindern, Kippa und schwarzen Mänteln beim Wandern und freue mich, daß meine Religion fürs Radeln keine Kleiderordnung bereithält. Außer Radhosen trage ich nämlich längst keine mehr. Vier Stunden zur Bodenalpe stand auf dem Schild im Tal, und die Differenz zwischen Wander- und Radelzeit weist deutlich auf die Radelmöglichkeiten hin. Trage ich, bin ich kaum schneller. Rolle ich durch die Ebene, lache ich im Minutentakt.

Jetzt ist mir nicht mehr nach Lachen. Meine Fersen sind wund vom Schieben in den Steilstücken und den harten Schuhen. Meine Waden brennen, weil ich genau die wohl nicht recht eingesprüht habe. Meine Schultern schmerzen vom Rucksack, und ich überlege ernsthaft, eine Reserveunterhose zurückzulassen. Auf dem Gipfel tauchen Kräne auf, ich quere die Mittelstation und irgendwann bin ich an der Bodenalpe. Alle anderen scheinen in guter Verfassung, in teuren Klamotten und unverschwitzt. Das Restaurant ist umzäunt, weil hier oben noch Kühe weiden. Weiter unten habe ich einen nagelneuen Stall gesehen, tatsächlich wird also noch für Anbindehaltung gebaut. Ich mag nicht in das Restaurant, ich mag mich nicht zu den Schönen und Kühlen setzen, da bleibe ich lieber heiß und leere meine erste Wasserflasche. Dann radle und schiebe ich auf Schotter weiter zu einem kleinen See, noch weiter an Schneefeldern und den wohlbekannten schwarzen Pisten vorbei, die mir sogar jetzt noch ein gutes Angstgefühl verpassen. Da soll ich runter? Jetzt muß ich aber zuerst einmal nach oben. Ich ignoriere die Fersen, die Waden, alles, trete einen Meter nach vorn und rutsche wieder einen zurück. Dann bin ich oben. Es ist fast fünf, der Wind pfeift, ich ziehe mir etwas an und schaue hinab in die Schweiz. Das wars. Ich suche mir vorsichtig einen Weg nach unten. Nur jetzt keinen Fehler machen und ein paar hundert Höhenmeter zurück müssen. Die Bauarbeiter gegenüber haben Feierabend, die Ausflügler steigen in die letzte Gondel, ich bin allein. Erhaben trifft es ganz gut, und juchzend biege ich, alle Vorsicht vergessend, auf den Enduro-Trail ab.

Mal möchte mich mein Rucksack von oben überholen, mal muß ich eine Linie auslassen, weil ich die Kurve nicht kriege, dann muß ich mich auf den groben Steinen wieder zu Geschwindigkeiten zwingen, die mich drüberfliegen lassen. Aber irgendwann bin ich an der Mittelstation und schaue zurück. Die Sonne verschwindet hinterm Grat, ich habe noch nicht einmal die Sattelstütze eingefahren. Ich bin gut mit mir und der Welt, und wieder möchte ich kein Hotel. Stattdessen fahre ich noch ein wenig ab, vespere auf einer Wiese und schaue den Bauern beim Heuen zu. Dann machen auch die Feierabend, und ich schaue mir ein paar der leeren Hütten an, suche mir die schönste aus, die noch in der Sonne liegt.

Ich wasche mich mit Wasser aus der Flasche und setze mich dann doch splitterfasernackt in den kleinen Gebirgsbach weiter unten. So könnte ich sitzenbleiben, denke ich, und erfriere dann doch fast. Es wird dämmrig, ich wandere zurück auf den Grat und denke an nichts. Ich denke an tausend Dinge, aber ich denke nichts zu Ende. Jetzt hast Du Zeit, denke ich, aber mir wollen keine Schlüsse kommen. Vom Grat aus sieht man keine Lichter, keine Dörfer. Nur Berge, und ziemlich viel Himmel. Unter meinen Füßen glitzert etwas, ich hebe einen Stein auf. Ein Herz. Kantig, scharf und mit glitzernden Schichten von Quarz oder Katzengold oder wasauchimmer. Gestein kann ich nicht. Ich schiebe ihn ein und weiß plötzlich, wem er gehören soll. Ich habe einmal einen solchen Stein bekommen, und jetzt werde ich einen verschenken. Lauf der Welt, denke ich, und irgendwie verlässt mich die Trauer, ich schaue ihr nach, sie schwebt ins Tal, und ich bin leicht und warm.

Im Schlafsack verfluche ich die scharfe Wurst, den harten Boden und mein altes Kreuz. Ich lache mich aus, weil ich eine Packung Salzstangen auf den Berg geschleppt und keine gegessen habe. Was ich nicht alles gleichzeitig verfluchen und verlachen kann, in den drei Sekunden, bis ich einschlafe, denke ich noch. Oder nicht mehr.
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Dienstag, 6. 08 13

06.08.13, 13:02 | 'Single Trails'
Vorab: Die Bilder liegen auf der Speicherkarte, die Speicherkarte wiederum im Fotoapparat, und dieser ganz woanders. Daher vorerst ohne Bilder.

Ich starte am Samstag. Nein, da kaufe ich ein. Dann ist mir aber alles, also Regenjacke und Schlafsack, zu teuer, und ich kaufe stattdessen Schuhe. Einkaufen kann ich nicht.
Dann ist Sonntag, es hagelt mir die Ernte zu Boden, ich will weg. Nur eine Woche, denke ich. Also schnell.
Am Montag fahre ich zurück und kaufe ein. Reumütig bezahle ich, und ebenso reumütig stelle ich fest, daß nicht alles da ist, was ich haben wollte. Also kein Notzelt. Stattdessen lasse ich mir noch schnell einen Reisepass ausstellen und freue mich, als meine Billigbilder aus dem Automaten, den ich auch noch falsch eingestellt hatte, durch die computerisierte Kontrolle gehen, die felsengeschundenen Kletterfinger ebenso, während die Dame am Nachbartisch mit den teuren Fotografenbildern ebenso zu kämpfen hat wie mit den frisch manikürten Fingerchen.
Ich erzähle allen von der Reise, und jetzt muß es ganz schnell gehen. Das hatten wir doch schon. Es regnet immer noch, und am Abend packe ich dann.
Ach, eine Route brauche ich noch. Ich brauche Routen, ich brauche Pfeile, denen ich nachfahren kann. Sonst fahre ich immer nach Hause, ganz von selbst. Und da bin ich ja schon. Also klicke ich mir im Netz in ein paar Minuten einen Blödsinn zusammen, der sich von und zu schreibt. Von Blöd zu Sinn, denn ich will auf das Idjoch. Warum ist mir nicht so ganz klar, aber ich will da jedenfalls hin. So reisen Menschen also, und sonst kann das ja auch selten einer erklären, warum er nach Mallorca fliegt oder auf die Seychellen. Man will halt irgendwo hin, und ich will aufs Idjoch, und das macht mich doch irgendwie normal.
Schlafen kann ich dann trotzdem nicht.

Gegen Mittag komme ich in Sonthofen an. Bei Aldi. Ich kaufe Fladenbrot, Leberkäse und kalten Kaffee. Und fast hätte ich gefragt, ob ich mein Auto stehen lassen darf. Dann doch nicht. Stattdessen irre ich auf der smartphonegeleiteten Suche nach einem Industriegebiet herum, weil man in Industriegebieten parken kann. Das Gebiet wird aber gerade erst geplant und ist umstritten, beherrscht also das Sonthofener Internet und ist nicht beparkbar. Meine Laune sinkt.
Ich fahre nach Fischen, finde einen kleinen schattigen Parkplatz, ziehe die Radelhosen an, baue das Rad zusammen und fahre los. Arschlecken.

Ein paar Ortsnamen sagen mir etwas, und es fühlt sich komisch an, die Strecke wieder zu fahren, die wir vor einem Dreivierteljahr noch zu zweit gefahren sind. Was seither alles passiert ist, herrjeh. Und daß ich den Startpunkt ganz willkürlich auf einen Ort gesetzt habe, dessen Name mir von einem Besuch vor vielen Jahren noch vertraut war, von einem Techtelmechtel, das keines geworden ist, kommt noch dazu. Damals lag Schnee, wir liefen mit dem Hund spazieren, und alles kam mir sehr seltsam vor. Elf Jahre später ist immer noch alles seltsam, und wieder viel mit Hund. Aber jetzt nicht. Jetzt habe ich mich verfahren, auf der bekannten Route. Sowas. Also zurück und auf Schotterwegen entlang kleiner Seen.

Irgendwie verpasse ich Oberstdorf, und irgendwie lande ich im richtigen Tal. Auf Teer überhole ich ein schwitzendes Pärchen und halte erst oben auf einer Hütte an. Ich lasse mich von einem Mädchen mit Wasser aus der Viehtränke bespritzen und von einer Buttermilch überzeugen. Dann spritze ich dem vielen Wasser noch ein wenig Sonnenschutz hinterher, lege den Rucksack wieder an und radle weiter. Schrofenpass steht auf einem Schild.
Den wollte ich doch gar nicht, wird er doch in manchem Bericht als üble Schinderei mit schwerer Tragestrecke beschrieben. Stattdessen trete ich durch ein Viehgatter und schiebe, als der Weg aufhört und in eine schmale Spur übergeht. Ein Benzinkanister liegt in der Weide, irgendwo schneidet jemand recht wahllos an irgendwelchen Sträuchern herum. Ich schiebe noch ein wenig und trage dann. Ein nettes Schild weist mich in bemühten Versen darauf hin, mein Rad links zu tragen. Nun gut. Dann kommt die Aluleiter, unspektakulär und mit Halteseil. Ich freue mich trotzdem, denn mit dem Schrofenpass habe ich immerhin einen Namen auf der Probestrecke, den ich abhaken kann. Zehn Minuten später bin ich in Österreich. Aber meine Kamera mag ich nicht mehr für jedes Bild aus dem Rucksack kramen, also mache ich auch kaum mehr welche. Wenn mich jemand nach überflüssigem Gewicht fragt: Kamera. Und die dritte Unterhose, aber das wird sich erst am Ende zeigen. Außerdem überflüssig ist Buttermilch vor Schiebeschindereien. Aber das weiß man eigentlich zuvor und darf sich dann nicht über einen krampfenden Magen beklagen. Mache ich trotzdem, lautstark und ein wenig undeutlich, und hinterlasse eine kleine Buttermilchlache am Wegesrand.

Ansonsten folge ich brav meinem Telefon, das längst im Flugzeugmodus vor sich hin navigiert. Die ausgedruckte Roadmap habe ich ja liegenlassen. Schon wieder Gewicht gespart, dafür ein wenig Nervosität aufgeladen. Aber ich habe ja einen Ersatzakku dabei. Und sonst so? Was braucht man denn für drei, vier Tage in den Bergen, wenn man Texaner ist und sich für zäh und ausdauernd hält? Ich fahre mein Top Fuel, weil ich es am liebsten mag. Weil ich es genau dafür gekauft habe. Weil es leicht und schnell ist, weil es gut aussieht. Und vor allem, weil ich mich darauf wohl fühle. Ich brauche die Fixierung der Federgabel nicht einmal, am Dämpfer habe ich dafür auf jeder kleinen Abfahrt den Finger. Am Rad ist nichts weiter - nur eine Alutrinkflasche, die generös vor sich hin blubbert, wenn man Getränke mit Kohlensäure erwischt. Im Rucksack habe ich das Ministativ und die Kamera, was sich als unpraktisch erweist. Am Lenker stören die Magnetfüße des Stativs allerdings gern das Telefon, das dort in einer alten Hülle vor sich hin navigiert. Am Rucksack habe ich noch eine Flasche, und somit einen guten Liter Wasser an Bord, der zum Trinken und Waschen reichen muß. Zwei Unterhosen, zwei Unterhemden, ein kurzes Hemd, eine Jogginghose, eine kurze Hose, ein Pullover, die Regenjacke, ein Handtuch, Zahnbürste und zwei Tuben mit Duschgel und Zahnpasta, ein Waschlappen. Ein kleines Taschenmesser, die Stirnlampe, die gleichen Ersatzbatterien für Kamera und Lampe, ein Buff, kurze Radhandschuhe, zwei Paar Socken. Schlafsack und Isomatte hinten drauf, sechs Kilo, und nachmittags noch eine Extraportion Wasser, Wurst und Brot und einige Müsliriegel. Die Zeltfolie fehlt leider, die kam nicht rechtzeitig.

Vor Wart begegne ich ein paar Pfadfindern, die sich auskennen, mir aber trotzdem den Gefallen tun und mein tolles Navitelefon bewundern. Oberhalb von Zürs vespere ich auf einer Bank in der Sonne, mit Blick auf Schöne und Reiche mit Villa und Badeteich, die einen rauchenden Grill bedienen und ihre Hunde aus den Wiesen zurückrufen. Ich möchte gerade nicht tauschen. Ich radle einen Wanderweg nach Zürs entlang. Über mir rauscht der Verkehr im Tunnel gen Arlbergpass, und ich möchte schon wieder nicht tauschen. Ich schiebe noch ein wenig an einem Wildbach entlang, klettere vernünftigerweise nicht über die Felsen und fotografiere dummerweise auch nicht die Lärche, die sich in der Bachmitte auf einem der Felsen festkrallt. Zähes Ding.

Zürs ist tot. Leer und öd, und ich schaue, daß ich weiterkomme. Ein paar Meter auf der Straße, die dann wieder in einem Tunnel verschwindet. Ich verschwinde auch, und zwar auf einen Wanderweg, der im Zickzack ins Tal führt. Zu steil und zu ausgesetzt, um zu radeln, also schiebe und trage ich langsam, bis die Sonne verschwindet und ich mich nach einem Rastplatz umsehe. In der ersten Nacht will ich nicht schon in einer Pension verschwinden, und der nächste Ort ist womöglich noch toter als Zürs im Sommer. Ich quere eine Schfweide und finde das Paradies. Zumindest steht das auf dem hölzernen Schild über der Hüttentür. Niemand zu hause. Ich setze mich auf die Bank vor der Hütte und esse noch einmal. Ich fülle meine Flaschen aus der Tränke neben der Hütte, und als es dämmert, bade ich kurz und bibbernd im Trog. Abtrocknen, frische Klamotten, Matte und Schlafsack auf die Bank. Die Radkleidung hänge ich an ein Stück Schnur, und mit einem zweiten binde ich mir Rad und Rucksack ans Handgelenk. Dann komme ich mir doof vor und löse den Knoten wieder. Der Schlafsack ist warm und verlockend, die Nacht zieht herauf, und was gibt es Schöneres als Schlaf? In der Nacht wache ich mehrmals auf, weil Schafe blöken oder mich die harte Bank ins Kreuz drückt. Ich bin alt, denke ich und schlafe wieder ein.
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Freitag, 2. 08 13

02.08.13, 02:33 | 'Single Trails'
Besondere Situationen

erfordern besondere Posen.
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Donnerstag, 18. 07 13

18.07.13, 11:45 | 'Single Trails'
Race across America, Great Tour Divide, Transcontinental Race. Nur, falls Sie mal einen Vormittag lang vom ewigen Radeln träumen wollen.
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Dienstag, 16. 07 13

16.07.13, 17:54 | 'Single Trails'
Ich suche ein sportlich ambitioniertes, vollgefedertes Bergrad unter zehn Kilo Gesamtgewicht passend für eine Körpergröße jenseits aller Standardmaße: anderthalb Meter. Stattdessen lande ich ständig bei Carbonfeilen für meine Abmessungen. Das ist nicht zielführend, liebes Internet!
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Dienstag, 18. 06 13

18.06.13, 10:34 | 'Single Trails'
Wo die Idee herkam, weiß ich nicht mehr genau, aber sie klang sehr plausibel nach See und Süßem und einer langen Radtour. So machte ich mich denn nachmittags auf zu diesem See, mit einer Geraden zwischen Start und Ziel auf der Karte, der ich zu folgen gedachte, mit Badehose und Handtuch, mit Buch und einem Schluck Wasser, mit Sonnenbrille und der wohl besten Sonnencreme aller Zeiten.


Wir schwammen und lasen und naschten, und ich machte ein Fahrradbild wie die Profis, während um uns die Halbnackten sich ergötzten.


Schon sieben, sagte ich irgendwann schläfrig im Schatten. Dann sprang ich auf, über die Neckarbrücke und durch unzählige Täler.
Achtzig Kilometer, und auf dem Zahnfleisch kam ich am einzigen Laden an, der nach acht noch offen hatte. Kaffee und Milch hätte ich kaufen wollen, und mit einem Radler kam ich wieder aus dem klimatisierten Bunker heraus. Damit saß ich lang auf meinem Balkon, und aus der Dusche fiel ich irgendwann direkt ins Bett. Zweitausendzweihundert Höhenmeter, sagt das Telefon heute. Aha.
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Sonntag, 21. 04 13

21.04.13, 23:41 | 'Single Trails'


Einige Bilder dieses Wochenendes verstecken sich hinter einem Klick auf das obenstehende. Das war sehr bezeichnend für das gesamte Wochenende. Und leider habe ich längst nicht alle Wettbewerbe aufnehmen können - ich war ja zum Arbeiten dort. So entging mir der Downhill, und ich kann auch nicht mehr alle Bilder den Rennklassen zuordnen. Nun ja. Außerdem habe ich eine Speicherkarte in einer Pfütze suchen müssen. Aber was macht man nicht alles.
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21.04.13, 22:23 | 'Single Trails'

Ich hatte mich für Arbeitskleidung zum Arbeitseinsatz entschieden. Und damit lag ich nicht ganz falsch. Steigeisen wären noch besser gewesen auf meiner kleinen Rutschbahn. Aber mei.


Andere hüllten sich den ganzen Tag in Plastikfolien.


Wussten Sie, daß selbst beim Trialsport nach Männlein und Weiblein getrennt wird? Und daß es nur sehr wenige teilnehmende Damen gibt?


Nur beim Aufwärmen auf der Rolle wird einträchtig nebeneinander hergeradelt.


Eine Weltmeisterin, wie das Regenbogentrikot zeigt.


Hier eine Dame der sprintenden Zunft.


Und noch eine. Rosa wird im Radsport übrigens sparsam und zielgerichtet eingesetzt. Etwa beim obligatorischen Aufdruck "Girls - Herzchen - Trial" auf dem Gesäß, oder als Trinkflasche. Was aber ein "Bioracer" sein sollen, konnte ich nicht herausfinden.


Schließlich ging es die ganze Zeit ziemlich hoch her, und alle waren konzentriert und beschäftigt.




Das Sprintfinale der Herren konnte ich trotzdem ganz gut verfolgen. Dem Herrn mit dem abstehenden Bein geht es übrigens gut - er hat sich beim Start lediglich die Kette abgerissen. Er musste dann die beiden Runden laufen, denn nur wer das Ziel erreicht, bekommt Punkte für den Weltcup. Und Reparaturen waren nicht erlaubt. An der Bande bemerkt: ein Hauptsponsor war übrigens ein Kettenhersteller.


Trialsport widerspricht der Schwerkraft. Dem Regen, dem Matsch und dem Menschenverstand widerspricht er natürlich auch. Ich meine: zwanzig Zoll?


Für die kleinen Durchmesser bolzten sie allerdings ganz ordentlich.


Und die halbplatten Reifen müssen auch so.


Obwohl das Bild anderes zeigt: Im Trialsport haben die Felgenbremsen ihr Rückzugsgebiet gefunden.


Und sie tun dort unter widrigsten Bedingungen ihren quietschenden Dienst. Denn die meisten Felgenränder sind übel verkratzt und zerschunden - mit Absicht für mehr Biss.


Doch die erreichbaren Kurvengeschwindigkeiten bleiben trotzdem bescheiden.


Und laufen kann man mit so einem Trialbike kaum.


Das mochte ein wenig am Wetter liegen.


Dem mussten sich auch die großzügig Bereiften geschlagen geben. Die Zeit der sechsundzwanzig Zoll scheint vorbei zu sein.


Und vorschriftsmäßig vorsichtig fahren.


Auch die Kommisäre kämpften mit den Bodenverhältnissen. Mit erhobener Faust zeigen sie auch nicht ihre Meinung zum Wetter an, sondern die Strafpunkte, die der Fahrer auf der Sektion schon gesammelt hat. Vielleicht sind es deshalb auch nur fünf Stück bis zum Ausscheiden?


Da blieb so mancher lieber auf felsig festem Untergrund und lupfte das Vorderrad.


Oder flog über den Matsch hinweg.


Wenn auch das Ziel des Fluges nicht immer klar zu erkennen war.


Andere schoben einfach. Ob das leichter ist?


So lernt man wenigstens die verschiedenen Arten des fliegenden Absteigens.


Nach rechts und links.


Nach links und rechts.


Sie kennen mehr Worte für Matsch als ein Eskimo für Schnee.


Aber sie alle tragen ihr schmutziges Schicksal mit Fassung.


Das Radeln geht ihnen eben über alles. Und ich weiß jetzt, wozu superleichte Carbonrahmen gebaut werden.


Sie tragen sich doch gleich viel angenehmer.


Solange nur die Sonnenbrille dabei ist.


Hier eine Meisterin. Zu erkennen an den Streifen in Schwarz-Rot-Gold für Deutschland und in bunt für die ganze Welt.


An Meistern herrschte allerorten kein Mangel. Das liegt daran, daß in allen möglichen Klassen Meisterschaften durchgeführt werden. Und die meisten meistern auch noch jedes Jahr.


Daher auch mehrere deutsche Meisterinnen. Im gleichen Rennen.


Zum Beweis das Gegenbeispiel: eine Dame ohne Meistertitel.


Vielleicht eine Milchschokolade-Meisterin?


Manche arbeiten ja gerne im Team.


Andere eher so mit Augen zu und durch.


Und daß die sogar fliegen können, hatte ich schon erwähnt, ja?


Er freute sich wie Bolle über ein trockenes Palettchen.


Nur die Hindernisse wachsen übrgens bei Trockenheit.


Ich habe außerdem beim Trial mehr Felgen- als Reifenschäden gesehen.


Das könnte daran liegen, daß das Vorderrad auch bergab gern geschont wird.


Auch, wenn es mal spitzig wird.


Und der Landeplatz nicht für beide Räder reicht.


Pfahlsitzen mal anders.


Und wenn gar nichts mehr geht, nimmt man einen Fuß vom Pedal und einen Strafpunkt in Kauf.


Aber natürlich nicht gern und nicht freiwillig.


Technisch ist so ein Trialrad ja eher einfach. Ein Zahnkranz, ein Ritzel. Sowie die bereits erwähnte hydraulische Felgenbremse und die aufgerauhten Felgen. Bereifung in zwanzig oder sechsundzwanzig Zoll, je nach Klasse. Gefahren werden die selben Sektionen.


Da schauen die Mountainbiker ganz neidisch, wenn sich mal wieder Dreck um die Kette und diese sich um die Schaltung wickelt.


Ins Ziel kommen sie natürlich trotzdem mit einem Lächeln.


Noch mehr Ziellächeln.


Und Lächeln Helm an Helm.


Doch während die einen schon lächeln, sind die anderen noch unterwegs.


Wozu braucht man nochmal absenkbare Sattelstützen?


Manche haben ja noch nicht einmal einen Sattel!


Und nur wenige das perfekte Schuhwerk.


Strafpunkte gibt es übrigens auch, wenn zwischen Schuh und Fels nicht nur Matsch, sondern auch noch ein Pedal ist.


Deshalb schauen sich die Fahrer die Hindernisse vorher genau an.


Immer hilft das natürlich nicht.


Aber doch manchmal. Denn auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man sich eine Flugbahn bauen.


So werden Höhen und Abstände gemessen.


Und anschließend ein Tänzchen gewagt.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Donnerstag, 24. 01 13

24.01.13, 14:26 | 'Single Trails'
Wenn ich morgens im Büro die verkrusteten Überschuhe ablege, riechen meine Hände sehr angenehm nach Salz.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Mittwoch, 28. 11 12

28.11.12, 11:24 | 'Single Trails'


Von diesem Wetter-Widget fühle ich mich als Radler schon manchmal diskriminiert, wenn hinter mir am Ständer das Gummizeug vor sich hin tropft und ich mir die Brille trockenpuste, während der Rechner hpchfährt und mich so begrüßt.
Dafür habe ich morgens Platz auf dem Radweg. Und die Reifen sind nach den drei Radelmonaten fast hinüber. Ich hatte ja nur die gebrauchten vom Bergrad aufgezogen. Die kann ich ja nicht einfach wegwerfen. Aber jetzt habe ich ein Verschleißungleichgewicht. Das Bergrad braucht nicht ständig neue Reifen, weil ich es im Moment kaum bewege. Dann fallen auch nicht genügend halb abgefahrene Reifen für das Bürorad ab. Und grobstollige Reifen möchte ich da eigentlich auch gar nicht mehr so recht haben. Eher Slicks, schließlich finde ich auf dem Weg ins Büro nur dann Schotter, wenn ich mal ein Schlagloch übersehe.
Vielleicht sollte ich ja gleich ein neues Rad? Oder das alte rote zum Crosser mit Schutzblechen? Dann aber bitte gleich in weiß und silber. Oder vielleicht ein Crossrahmen und schicke Laufräder? Den Lenker drehen und kürzen? Ein Nabendynamo und vernünftiges Licht? Und was mache ich dann gegen Diebstahl? Ich bin unschlüssig.
# |  23 RauchzeichenGas geben

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