Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Donnerstag, 25. 07 19

25.07.19, 07:09 | 'Night after night'
Er war der Sandlerkönig, er war wie der Wein,
ein Vagabondo del amor so echt und rein.
Er war der Sandlerkönig, er war wie der Wein,
doch wie bei Romeo und Julia - es hod net soll'n sein!
Lange her, und hätte man mich nach Liedern dieser Band gefragt, ich hätte den Sandlerkönig womöglich nicht einmal mehr nennen können. Nun stehe ich aber hier im Schloßhof, einen Plastikbecher in der Hand, der Himmel in allen Farben blau, auf der Bühne die ersten Takte nach einer längeren Einleitung, die so mäandernd daherkam, daß ich bis zur Musik nicht wußte, worauf man hinauswollte - und es hatte mich, ganz bräsig gut unterhaltener Gast, auch nicht gekümmert. Nun horche ich dem Echo der letzten Sätze in mir nach, bis die Musik sie wegspült. Diese traurige Geschichte, die abstruse Freude daran, sie immer wieder erzählt zu bekommen. Zehn Jahre her, daß wir das Lied vom Gevatter sangen, im Bus stehend, vom Trinken ebenso gefühlsduselig wie grob geworden, uns in den Armen hielten und wir ihm damit ein Lächeln abrangen. Lange Haare trug er, das Gesicht schon gezeichnet, einer von den Guten, von den ganz Guten und durch Glücklosigkeit, durch ein unbenanntes Fehlen von irgendwas auf einen Weg getrieben, den er die nächsten Jahre fortsetzen sollte, wer hätte das damals schon gewußt. Alle bis auf mich vermutlich, schelte ich mich. Ich sehe ja immer Himmel und nie Abgründe, nur Flügel und keine brennenden Triebwerke. Bis einer heult, wiederhole ich den alten Spruch, den ich so mag: man sieht es dann doch kommen, den Aufprall, die Tränen, seufzend, freut sich am Toben doch zu sehr, um alles abzuwenden. Gehört dazu, vielleicht, vielleicht auch nicht, aber lieber hoch und runter, als nie zu fliegen. Die Verführung trägt das Lied, die Verführung, die eine große Sache, fehl und vorbei, als einzige und größte zu bezeichnen, währenddessen vielleicht noch legitim, danach aber tödlich, unverzeihlich falsch, weil sie die Möglichkeit zu Größerem verneint, zu erneutem Aufstieg, weil sie die Anstrengung verunsinnt, weil sie das Aufrappeln allzu sehr beschwert und das Absaufen erleichtert. Wozu noch einmal, wenn man stattdessen Sandlerkönig sein kann, und diese Verführung spüren alle, hingeben dürfen wir uns nicht: Man is not made for defeat, nehme ich wieder meinen alten Mann her, Man can be destroyed but not defeated. Und wie die Strophen über das Gelände ziehen, wird mir der Becher schwer und das Bier schal, denn solang man sich die Unterscheidung zwischen dem zerbrochenen Großen und dem Größten noch selbst zutraut, solang ist alles vielleicht zerbrochen und zerstört, doch nicht besiegt. Und so sitze ich dann später in einem Cabrio, den Kopf im Nacken, die Bäume links und rechts als Schatten, die Sterne bleiben einfach stehen. Ein paar Meter noch zu Fuß, ein paar wenige Verrichtungen noch, dann schnelles Schlafen. Was den einen dann zum Sandlerkönig macht, frage ich mich noch. Vielleicht ist es die Hoffnung, denke ich, die uns auf- und antreibt, vielleicht die Suche nach Größe, Höhe, Weite, vielleicht der Blick nach vorne statt zurück, zu den Sternen statt zum Scherbenhaufen.
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Mittwoch, 12. 08 15

12.08.15, 11:22 | 'Night after night'
Ich war wieder den ganzen Tag nicht draußen, habe die Welt nur durchs Fenster gesehen, wenn mir keine Worte mehr eingefallen sind. Dann dusche ich, werfe mich in das enge Hemd, richte mir die Haare und schwitze schon wieder, als ich zum Auto laufe.
Eine Stadt als man in the middle. Eine Stadt, zu der wir beide eine Stunde fahren müssen. Fast hätte ich mir den Rechner ins Auto gepackt, mich aber dann doch einen Narren geheißen.
Du kennst Dich hier aus, hast hier mal ein Jahr wohnen müssen, wie Du mit lachendem Kopfschütteln mal erzählt hast. Ich fahre dem Navi und der Nase nach, und dann sitze ich auf einem Brückengeländer und schaue den Menschen zu, wie sie im Heck ihrer Motorboote sitzen. Ein kurzer blauer Rock, eine rote Bluse, das Gesicht erhitzt. Du bist da, und wir umarmen uns.
Laufen dann durch die Stadt, reden und essen, und unsere Bögen um die Themen sind kleiner. Immer wieder etwas, das wir uns schon erzählt haben: Weißt Du noch, als wir hier waren? Diesmal habe ich aber Geld dabei, lache ich. Weißt Du noch, hier und da? Was macht das Pferd, was macht die Diss, was macht die Arbeit, war da nicht was? Du erzählst vom Laufen im Gewitter mit einem Freund, und es ist die Phrase oder die Betonung, ich weiß es nicht, was mich daran sticht. Ich würde gern mehr wissen, ich würde gern alles wissen, und auf der anderen Seite wäre auch längst nicht alles glorreich und erzählbar was mich angeht in dieser Zwischenzeit. Und vielleicht ist das bei Dir ja auch so, hoffe ich ein wenig vor mich hin, daß vieles einfach nicht erzählenswert ist.
An Deinen Fersen kleben Pflaster, und wenn Du gehst, sieht man Deinen Beinen nicht mehr nur das Laufen an, sondern auch die Jahre. Das trifft mich ein wenig, weil man mir das nicht ansieht, weil ich Dich gern perfekt hätte, engelsgleich und unberührbar, weniger menschlich vielleicht.
Das alte Spiel mit dem Schwaben und dem Bezahlen, und wie immer komme ich an Deiner Großzügigkeit nicht vorbei. Dann sitzen wir wieder in unseren Autos, Du öffnest das Dach und fährst dann hinter mir. Ich sehe Dich im Spiegel, die flache Scheibe des Cabrios, die Sonnenbrille, eine Haarsträhne im Wind.
Wir fahren auf eine sommerharte Wiese ein, stellen die Autos ab. Ich stehe neben Dir, als sich das Dach schließt, und ich kann Dir das Glück ansehen. Ein Cabrio taugt Dir wie mir das Motorrad, denke ich, und dann hebe ich die Absperrbänder an, damit Du unter ihnen hindurchlaufen kannst, eines nach dem anderen.
Wir holen uns zu trinken, wir suchen uns Plätze, ich sehe Deine offene Hand, die ich so lang gehalten habe, mein Rettungsanker, mein Bohrhaken, mein wärmendes Feuer, bevor Du mich hast fallen lassen ins tiefe Wasser, ein endloser Sturz, dunkel und kalt. Ich nehme Deine Hand nicht.
Du ziehst die Beine hoch, legst die Arme um die Knie, und so saßen wir auch schon einmal, damals. Daß es jetzt schon ein Damals gibt für uns. Ich schaue Dir auf die Beine, als könnte ich das unauffällig, und ich schaue den Schatten in Deinem Dekolleté nach, und ich schaue Dir in die Augen, aber die sind vielfarbig, tief und gefährlich.
Wir sehen uns Bilder an von Island, und vorne steht einer mit einer Gitarre, und dann sagen wir Island! und ich sage Moped, und Du sagst Pferd, und gemeinsam sagen wir wieder: zu Fuß! Ach, Traumwelt.
Nun die Filme. Da hängt einer mit einer Hand an einem Kran, ganz ruhig, da fährt einer bei Nacht mit dem Kajak einen Wasserfall hinunter, da fahren sie mit Faltbooten durch die Mongolei, da radeln sie wild und wedeln bei Nacht durch den Schnee. Pause.
Du erzählst von den Kursen, die Du mit dem Kajak gemacht hast, und mit dem Freund mit Betonung. Du erzählst vom Urlaub, der noch nicht geplant ist, aber Du fährst sicher noch weg, und diese Schnelligkeit und Entschiedenheit bewundere ich ja an Dir.
Ein Film dreht sich um Mut. Um Angst. Daß man sich entscheiden kann, und daß Mut nur die Entscheidung gegen die Angst ist. Daß Angst unfrei macht, und in dem Moment sieht man dem jungen Gesicht auf der Leinwand an, wie er um Freiheit ringt. Daß er für diese Freiheit irgendwann sterben wird, daß Mut auch nur Flucht vor der Angst ist, aber vielleicht in die richtige Richtung. Mutig sein, denke ich, und mutig zu reden. Fest auftreten statt zu schleichen, und da ist man dann ganz schnell einen Schritt zu weit, und so nehme ich Deine Hand weiter nicht, denn sie gehört Dir und nicht meinem Mut, aber wie sie zwei Hände je berühren sollen, das weiß ich ja auch nicht.
Ich habe mir ziemlich weh getan mit Dir, denke ich in der Pause, und ich würde genau dieses Risiko wieder eingehen. Ich würde mir wieder weh tun. Vielleicht ist das Mut. Ich überlege, was ich erwarte, und mir fällt nichts ein. Ich fülle unsere Gewinnspielkarten aus, ich weiß Deine Straße noch, nur Deine Postleitzahl muß ich eben nachschlagen, und als Du wiederkommst, lachst Du, ob ich schummle.
Sie rufen dann schnell die Gewinner aus, da stehe ich noch dumm im Mittelgang. Du lachst, den verlosten Rucksack hättest Du gebrauchen können, und in dem Moment hätte ich Dir alle Rucksäcke dieser Welt gekauft. Stattdessen schiebe ich nur die Karten in die Tasche, wo sollte ich auch hin damit. Es gibt ein zu spät, denke ich, das gibt es wirklich.
Dann wieder Filme. Höhlen, und ich flüstere Dir ein paar Sätze zu von der Höhle auf Kuba, in der ich für ewige Jugend gebadet habe. Klettern im Eis, Klettern ohne Seil. Bilder von Fingern, die sich an winzige Felsvorsprünge klammern. Ein Lächeln des Kletterers, und ich gehe unwillkürlich jede Bewegung mit. Ich versuche, Freiheit zu beschreiben. Es wird kühl, Du trägst jetzt ein Tuch um den Hals und eine Weste um die Schulter. Ich glaube, Du hast kalte Hände, aber ich lasse sie. Ich sehe kurz nach meinen Nachrichten, während Du nach Deinen siehst. Die Filme sind vorbei, die Leute drängen sich nach außen. Ich bin noch voller Bilder, unsortiert, durcheinander.
Bei den Autos umarmen wir uns. Lass uns mal schreiben, sagst Du. Ja, sage ich, und wir umarmen uns noch einmal. Mut, denke ich, und weiß dann, was ich will. Ich will, daß Du willst, daß ich mutig bin.
Ein paar Straßen, dann die dunkle, leere Autobahn. Breit und nachtschwarz, und weil ich nicht weiß, was ich hören will, drücke ich die Radiosender durch, drehe dann die Lautstärke auf. Gitarren wie Stromschläge, das Schlagzeug wie ein Tritt, die Stimme von allen Seiten, daß sie auch aus mir kommen könnte. Ich singe unhörbar, klopfe einmal auf das Armaturenbrett. Gas.
Drehzahlmesser, Tachometer. Die Nadeln ziehen synchron hoch. Die Verbindung zwischen Gasfuß und Geschwindigkeit ist kein Gummiband, sondern hart und direkt, wie bei allen starken Fahrzeugen. Ich mag das, und während ich über die Bahn fliege, denke ich an all die Schrauben, die ich an meinem Auto schon angezogen habe. Räder. Bremsen. Verkleidungen. Magst Du, flüstere ich mit dem Gasfuß, und heute nacht mögen wir. Ich singe Lieder mit. Ich denke an die heiße Diskussion, die wir damals geführt haben, als ein schnell Fahrender bei Nacht eine langsam Fahrende vielleicht bedrängt hatte, ohne sie zu berühren, und diese daraufhin von der Straße abkam, aber ich weiß nicht mehr, wie ich damals argumentiert habe und ob da eine Ähnlichkeit zu aktuellen Fragen besteht. Ich bin schon lang nicht mehr so schnell gefahren, ich bin der Regler, der uns auf der Straße hält. Die Unebenheiten versuchen, die Räder abzuschütteln, die Dämpfer pumpen und rütteln, und ich nehme weiße Linien als Begrenzungen wahr, gleiche die Ausschläge aus. Ich kann den Turbo fühlen, als es bergan geht, das Grollen wird zum Fauchen, knapp unter Vollast sind wir am besten. Als die Geschwindigkeit wieder begrenzt wird, lasse ich es ausrollen, lasse das Öl von der Luft kühlen und die Hitze aus den Teilen nehmen, die ich eben noch so geplagt habe. Irgendwann rollen wir durch meine Straße, irgendwann schließe ich meine Tür auf, irgendwann liege ich mit einem Bier im Bett und schaue in die Luft. Vielen Dank für die Einladung, schreibe ich. Komm gut nach Hause. Dann drehen die Gedanken weiter die Bilder an mir vorbei, von mir und von irgendwem und von irgendwas, und je mehr ich denke, um so weniger weiß ich dann. Mut.
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Montag, 4. 05 15

04.05.15, 18:17 | 'Night after night'
Ein Platzhalter für den wundervollen Tag im Regen, mit zwei kleinen Mädchen um mich, die mir unverfroren Schönheit attestierten, die sich und ihre Matschhosen bis zu den Nasenspitzen einsauten, von ihrem lachenden Vater mir überlassen, um Würmer und Steine zu sammeln und Quatsch zu machen, während einen Meter entfernt die Profis durch den Schlamm rasten.
"Sie können mit Kindern", sagte er zu mir. "Ich sehe das", und ich bedankte mich nickend. "Wahrscheinlich haben Sie selbst Kinder. Dafür sind Sie ja gemacht", und er verschwindet dann für Stunden, und ich verneine leise, schüttle sanft den Kopf, während mir ein Sturm von Gründen zwischen den Ohren tost, warum denn ausgerechnet ich keine Kinder habe.
Und dann zeigen sie mir Bilder von ihren Kaninchen, von ihren Pflegepferden, den Katzen und dem Hund. "Meine Mama ist neununddreißig", sagt die Ältere, und dann rechnen wir aus, daß ihre Mama hundertundneun sein wird, wenn sie selbst ihren Hundertsten feiert. Meinen Hundertsten werde ich alleine feiern, denke ich, aber solche Gedanken sind nichts für Kinder und nichts für diese wundervollen Regentage, die man mit den Kindern draußen im Matsch verbringt und an denen man wieder lernt, daß es nur Wärme und Zeit braucht, und vielleicht ein bißchen Spaß am Ringeln der Würmer auf meiner Hand.
Um den Abschied zu vergessen, die Umarmungen verglimmen zu lassen, die verkrampfte Hand zu öffnen, die immer noch meint, eine kleine Faust umschließen und wärmen zu dürfen, um mit dem Schicksal und der Zeit zu hadern und schließlich über das Spiel zu lachen, das man im Begriff zu verlieren ist, weil man es so lange nicht verstanden hat, und weil man ein schlechter Spieler ist, ein schlechter Mensch womöglich, wenn alles seine Ordnung hat und die Guten gewinnen, wie sich das gehört, um all das zu verarbeiten und einzustampfen in den harten Boden, auf dem man sich an normalen Tagen bewegt, dazu gibt es die Nächte, und die letzte mußte sehr lang sein, denn es gab so viel zu bedauern, und sie mußte sehr einsam und sehr kalt sein, um das Feuer zu löschen und den Brand zu lindern, damit die Ruinen der Traumschlösser zu Asche werden können, damit sie nicht im Weg herumstehen, wenn man am nächsten Tag erwacht und sich wundert, daß es hell ist, sich wundert über die dünne Decke, die doch die Wärme hält, und so strecke ich denn mich wundernd die Hände hinaus in die Kälte, ziehe sie zurück und wiederhole das, bis all die Wärme verschwunden ist, und dann stehe ich mechanisch auf und denke mir, daß selbst meine eigene Wärme so schnell verschwindet, daß ich sie mir wohl nur eingebildet habe, auch wenn sie mich am Leben gehalten hat, während ich schlief, und vielleicht ist da kein Herz, sondern nur ein stotternder Zweizylinder, ein Selbstzünder, der einfach laufen muß, bis ihm der Treibstoff ausgeht, die Hefe des Lebens, oder bis man ihn dann doch einmal überdreht, ihn abwürgt und nicht mehr zum Laufen kriegt, weil da keiner ist, der noch einen Funken hat.

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Warum ich meinen Eltern ihre Versäumnisse nachtragen muß.

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Was tun, hirne ich noch, und das werfe ich mir ja selbst vor, daß ich an allem Spaß haben kann und doch nie weiß, was mir Spaß macht, und so erscheine ich unentschieden und unwillig im Sinne von willenlos, und dann ein Satz, ich sitze im Auto, ich trabe durch den Regen, ich warte an der großen Kreuzung, an der ich nie weiß, wo ich denn nun bin oder in welche Richtung ich Ausschau halten soll, und sie kommt die Straße hinunter auf mich zu, die Ampelmännchen sind grün, ich spüre ihre Wange an meiner, ich schäme mich für das neue Hemd, das mich ausweist als einen, der ein Wochenende im Jahr im Schlamm verbringt, damit beschäftigt, an einem Plastikband zu stehen und dafür zu sorgen, daß die mit den Rädern drin und die anderen draußen bleiben, ich schäme mich für meine nassen Hundehaare und für die Spuren der Samstage auf meinen Händen, die ich immer erst am Dienstag wieder los bin, wenn nicht zufällig eine Scharte länger zum Heilen braucht. Und dann sitzen wir an der Theke und ich weiß nicht, ob sie von mir abrückt oder auf mich zu, ich spüre das heute nicht, ich habe noch Kinderherzen im Kopf, aber ach! das soll keine Ausrede sein, ich kann das ja auch sonst nicht, ich kann keine Menschen lesen, und dann lacht der Bärtige hinter der Theke und erzählt von einer Berliner Mikrobrauerei, wir sitzen auf Stühlen, auf Abstand, getrennt von der Bedienung, die immer wieder zu den Tischen läuft, und beim zweiten Tatort meines Lebens fällt immer mal wieder der Strom aus, und ich grinse sehr an der Technik, die den Frauen die Stimmen raubt, aber vielleicht denke das auch nur ich. Sie trinkt noch eins an der Bar, als das Licht wieder angeht und Tische gerückt werden, und ich trinke keines mehr, denn das würde mich nur traurig machen heute, und ich bin schon randvoll mit Traurigkeit, daß ich sogar die blonde Filmfrau beneide für ihre noble Hütte mit dem Schwimmbad im Garten, dem Baumhaus, Sohn und Mann, auch wenn der nun mal zum Mordopfer werden mußte, denn an solchen Abenden kann ja nun keiner trauriger sein, als ich es bin, auch wenn ich rede und lache und glücklich bin, neben dieser Wärmenden zu sitzen, die ein Strom ist, die fließt und verbreitet, sich und ihre Wärme verteilt mit ihrem Lächeln, und Sie wissen das so gut wie ich, daß man traurig sein kann und glücklich zugleich. Und dann verabschieden wir uns an der Bahn, ich schicke ihr noch einen Gruß nach anstatt der Frage, die ich uns erspart habe, denn eine Zeit lang häuft sich das Glück der Träume höher, als die Schwere der Wirklichkeit es an den Boden pressen kann, und so lange häuft man, was immer man kann, damit der Haufen nur schneller wachsen möge, als er abrutschen kann. Ich sinniere dann so über den Schüttwinkel des Glücks und den Teufel, der angeblich nur auf die großen Haufen scheißt, und dann lösche ich das Licht und lege die Beine parallel, strecke die Arme aus, biete der Nacht das größtmögliche Ziel. Der Stolz, mich nicht zu krümmen, mich nicht zusammenzurollen, mich den Treffern auszusetzen, reglos zu verharren in den langen Nächten.

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Am Morgen eine Benachrichtigung, ein schönes Bild, an eine Mauer gelehnt in kurzen Hosen, ein lachendes Dezemberkind, und wenn ich nur wüßte, denke ich dann, was ich nur immer verkehrt mache.
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Mittwoch, 29. 01 14

29.01.14, 12:54 | 'Night after night'
"Du hast ausgesehen wie ein schlafender Hund", sagt sie, und daß sie sich wohlfühle. Das gefällt mir, aber es ist dann doch sehr weit weg. Es passt nicht in die Bürotage und in die Traktorennächte, in die Stallsamstage und in die Bastelsonntage, und plötzlich ist so ein Leben ja sehr voll und man fragt sich, was man denn nun eigentlich gesucht hat und wofür, für welche Gelegenheit, für welche Stimmung, und wenn man versuchen muß, andere in die eigenen Zeiten zu pressen, wenn man Menschentetris spielt, dann kann es doch gar nicht richtig sein, glaube ich und weiß schon, daß ich wieder scheitern werde, mit dem Wissen diesmal, daß der Drang weg ist, daß das Verlangen nicht ausreicht, und mit genügend Strategien gegen Einsamkeit und Unglück, auch wenn das heißt, daß ich noch viele Räder kaufen werde und das Lesen zu zweit nicht bleiben wird.
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Dienstag, 26. 11 13

26.11.13, 13:05 | 'Night after night'
Und plötzlich stand ich da, mit zwei Paar Socken an den Füßen, inmitten meines kleinen Glücks, in dieser kleinen Wohnung, die ich so langsam verändere durch mein Dasein, durch meinen gestalterischen Willen, der den Erhalt und die Bewahrung verdrängt und dazu Löcher in Mauern bohrt, da stehe ich also, packe meine Tasche für die Radtour zur Arbeit, die Augen auf dem großen Bildschirm, auf dem ein Countdown heruntergezählt wird, während weiter unten die große Blechkiste warme Luft in den Raum bläst, und ich will eben das Radio ausschalten, da höre ich jemanden erzählen, von seiner Mitbewohnerin, seiner Freundin, die heute vor einem Jahr ums Leben kam, und davon, wie er sie vermisst. Da läuft mir eine Träne herunter, die ich erst gar nicht wahrnehme, weil ich nie weine. Ich rechne kurz nach, anstatt sie wegzuwischen; in drei Wochen werden es zwanzig Jahre, die ich Dich schon vermisse, und in den zwanzig Jahren sind noch einige dazugekommen zu den Vermissten, aber mit Dir fing es an damals. Die Träne versickert in meinem warmen Pullover. Der saugt sie auf und wechselt nicht einmal die Farbe dabei. Kein Fleck bleibt zurück. Ich schalte den Bildschirm ab und das Radio, und dann radle ich durch die Kälte und den ersten schönen Schnee des Winters.

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In der Nacht zuvor aufgewacht, im Dunkeln, nur ein unruhiges Lämpchen blinkt seine Bereitschaft in das Zimmer, und ich ziehe die kalten Füße an und schaue im Dunkeln an die Decke, bis ich wieder hier bin, zurück aus dem Zimmer in den Bergen, zurück aus der Vertrautheit zu mir selbst, und an der Tür hängen nicht mehr unsere Helme und unsere verschwitzten Radklamotten, im Zimmer stehen nicht mehr unsere großen Taschen, und Du wäschst nicht mehr Deine Füße im Waschbecken, lachend und balancierend und schön.

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Ich mag Dich nicht sterben sehen. Ich mag Dich lachen sehen und leben.
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Dienstag, 12. 11 13

12.11.13, 13:30 | 'Night after night'
Und dann stehen wir an einem Bahnsteig, umschlungen, und die Wärme zwischen uns mildert nicht die Kälte, sondern nur die Körperfläche, die der Kälte ausgesetzt ist, und vielleicht funktionieren Menschen so, vielleicht darf ich nicht so schnell an Abschiedsbriefe denken, vielleicht darf ich nicht so schnell glauben, daß sich meine Zuneigung nicht messen kann, daß sie vielleicht eigensüchtig ist, diese Wärme und Liebe aufsaugt und viel zu wenig davon geben kann, daß ich ein verfluchter Holzklotz bin, wenn ich das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen sehe, immer, immer sind sie so glücklich mit den kleinen Happen, mit denen ich sie füttere, und dann komme ich mir falsch und schlecht vor, weil sie mit vollen Händen geben und mit so wenig zufrieden sind, weil ich nehme und nehme und nicht satt werde und nur so wenig geben kann, weil meine Aufmerksamkeit mäandert, weil mein Kopf mir immer dazwischenredet und fragt. Kann sie mithalten, fragt er, und kannst Du aushalten? Willst Du, will sie, und was, wenn nicht? Kann sie, kannst Du was Besseres bekommen? Etwas, das Dich schmückt, eine Trophäe Deiner Jagd, und was bist Du eigentlich für ein Arschloch, daran zu denken, während sie Dir bedingungslos Ihre ganze Liebe nachträgt, aber vielleicht ist eine Trophäe auch kein Schmuck, sondern ein Symbol der Anstrengung, und angestrengt muß ich doch sein, will ich sein, das muß von Dir kommen und an Dir liegen, Du musst mich anstrengen, fordern, arbeiten lassen, für Dich als Ziel. Letzten Sonntag lernte ich jemanden kennen, die mir von ihrem Hund erzählte, von seinem Arbeltsbedürfnis und wie sie das befriedigen möchte, und manchmal sehe ich mich ja als Labrador.
Ich koche für Dich, denke ich, und esse dann selbst viel mehr. Ich fahre zu Dir, denke ich, und mache doch nur einen Umweg auf dem Weg nach Hause. Ich spüre Deine Fingernägel in meinem Rücken, aber mehr noch spüre ich mich selbst in Dir. Ich muß hier weg, denke ich dann, ich will Dir nichts nehmen. Dich nicht beschädigen, Dir nichts abverlangen. Und ich weiß doch, wie ich wirken muß, wenn ich so abwesend bin, plötzlich aus meiner normalen, lächelnden Begeisterung heraus, wenn mich das Denken überkommt, und wie frustrierend es sein muß, daß Du dann ein Rad schlagen könntest, und ich bliebe doch mit mir beschäftigt. Ich kenne ihn selbst, meinen schätzenden, wertenden Blick, der Dich verletzen könnte mit dem, was ich dann denke, und dann frage ich mich doch wieder, ob ich mich dafür verurteilen kann, Muskeln zu mögen und langes Haar.
Ich will ehrlich sein, habe ich gesagt, und doch ist das gar nicht möglich. Wie will ich Dir erzählen, was ich selbst nicht begreife? Wie will ich alle Geschichten auf einmal erzählen? Es sind doch immer die selben, die ich erzähle, als Beispiel für mich, als Hinweis für Dich. Schau, sagt die Geschichte meiner unfreiwilligen Kranfahrt, da ist einer, der sich ans Leben klammert, der aber trotzdem lachen kann, wenn es schief geht. Und sieh, sagt die Geschichte von der Ninja im Graben, da ist einer, der verdammt viel Hurra haben kann, aber manchmal auch verdammt wenig Verstand. Ich warne vor mir, und das zieht Dich an.
Ich will ruhig bleiben, mir eine Chance geben, es überhaupt angehen lassen, und doch habe ich das Gefühl, schnell und schneller weg zu müssen, wie immer. Denn am meisten mag ich doch, so scheint es, das Vermissen. In dem kleinen, gestreckten Altbaubadezimmer neulich, da hingen an der Tür Hesses "Stufen", und die gefährden mich ja immer, weil ich zu gern auf dem Sprung bin, zu schnell und zu hart mit der Säge, mit dem Beil, das zertrümmert und trennt.
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Mittwoch, 5. 06 13

05.06.13, 12:03 | 'Night after night'

Nach den zwei Stunden an der Tafel vor Professoren und Studenten, eingekesselt und freigekämpft, mit dreißig Minuten Überziehung sitze ich mit schlackernden Hosen und einem Becher Kaffee auf dem Hof in der Sonne, wundere mich darüber, wie man nicht doch auch arbeiten kann, so ganz anders als anders, ich muß darüber mal nachdenken, aber zuvor denke ich mir Fragen aus und blinzle ein wenig, ein Eis wäre nicht schlecht, und das sind so Tage, an denen ist es grad egal, denn das ist Arbeit wie Urlaub, da darf man auch an Eis denken.

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Morgens auf dem Rad noch dem Mädchen mit dem Pferd begegnet. In der Bib ein Buch abgegeben und eines geholt, dem Mädchen begegnet, das sie Troublemaker nennen. Beim Warten dem Doktoranden begegnet, der fertig wird in diesen Wochen. Abends dann lang gesessen in der Stadt, und mir von Hunden und Wohnungssuche erzählen lassen, von Autounfällen und davon, wie sie in einen Hauseingang gedrängt wurde und um sich geschlagen hatte, davonrannte und weinte, und da bin ich atemlos und ziellos wütend, und weiß doch nichts zu sagen. Dann wieder Theater und Querschnittslähmung, und wohin so ein Gespräch nicht immer mäandert, denke ich, und dann lasse ich mir von einer wissenschaftlichen Arbeit erzählen, von der ich kein Wort verstehe, und mir gegenüber wechseln sie die Plätze, und die Sonne ist längst untergegangen und um uns wird es ruhiger, aber ich bin im Warmen, ich bin warm mit euch, und irgendwie will ich das sagen, aber ich stolpere ja doch immer, über Zusammenhänge und über meine Zunge, und als wir aufstehen zur Not auch über meinen Rucksack.
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Samstag, 6. 04 13

06.04.13, 15:45 | 'Night after night'
Dieser unwirkliche Moment an diesem unwirklichen Abend, als ich zwischen all diesen verehrungswürdigen Mädchen saß, die ich gar nicht kenne, nur vom Sehen, wenn sie von Siegertreppchen winken oder auf vielen Schultern durch Zelte getragen werden, und ich ertappe mich, uns, dabei, uns kennenzulernen, wie wir über die Welt reden, über das Ende des Studiums, die Arbeit und den luxuriös kurzen Weg dahin, über das Wohnen und die Heimat, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede und was man denn so macht, zu zweien, und was einen stört und begeistert, und über Gott reden wir auch, tatsächlich, und ich schaue sie an, wie sie an ihren Gläsern spielen, den Kopf in die Hände stützen, wie sie sich einander und mir zuwenden, wie sie lachen und lächeln, und ich sehe einen scharfen Pagenschnitt und wallendes Blondhaar, ich sehe römische Wangen, Stupsnasen und feine Brauen, und irgendwo fällt mir ein Zahn auf, der ein ganz klein wenig schief steht, ein ganz klein wenig weißer ist als die anderen, und da wird dieses lachende Gesicht voller Sommersprossen noch schöner, und als plötzlich alle innehalten, um mir über die Schulter zu schauen, als die Musik aufbrüllt und ich nicht mehr recht weiß und mich dann doch umsehe, da hängt eine junge Dame, die ich gar nicht wahrgenommen hatte, an einer Gerüststange, die ich gleichfalls nicht wahrgenommen hatte, und sie hängt da kopfunter, mit den Beinen die Stange umschlingend, in langen Lackstiefeln, die sicher furchtbar rutschig sind, und das macht mich noch ein wenig sprachloser als die Polizeimütze, die auf ihrem Kopf noch hält, obwohl die Dame kopfunter hängt, ich habe das schon erwähnt, und sie dreht und windet sich, und sonst trägt sie nicht viel, und selbst das tauscht sie irgendwann gegen ein dünnes rotes Tuch, und dabei kannte ich das Geburtstagskind bis zu diesem Abend noch gar nicht und sehe ihm doch jetzt schon zu, wie er unter diesem Tuch verschwindet; und ganz wunderbare Hamburger habe ich auch noch gegessen, und dann saßen wir noch ein Weilchen im Auto mit unseren Ängsten, bis zum "quality hug", und ich wünschte eine gute Reise und fuhr dann los, langsam diese furchtbar wellige Straße entlang, die ich nie finde in diesem riesigen Wohngebiet.
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Mittwoch, 3. 04 13

03.04.13, 18:54 | 'Night after night'
Ich besiege das Heimweh, das mich immer am letzten Werktag packt. Die Stadt ist ruhig an Gründonnerstag.

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Ich nenne Dich Supergirl, ist das in Ordnung so?

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Ganz andere Menschen. Die Einordnung anderer als Problem der Optimal Control Theory: Dinge, die gar nicht gehen als "Infeasibilities". Die unterschiedlichen Zustands- und Kontrollvariablen der Menschen: was mich abstößt, was mich nicht berührt, was mich nur im zeitlichen Verlauf interessiert.

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Spät in der Nacht tauche ich auf. Es wird geraucht und geredet und getrunken. Ich gratuliere und lasse mir vom Skifahren erzählen, von der Wohnung und vom Leben. Alt ist sie geworden, denke ich. Leicht kann das nicht gewesen sein. Und irgendwie bin ich froh, daß sie wieder da ist. Für sie, für ihn.

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"Verkehrst auch nicht mehr da?" fragt einer freundlich. Nein, sage ich leise. Und er erzählt mir, was man so hört, was so erzählt wird, und ich höre so gern von denen, die mir genommen wurden, daß ich um ein Haar nachgefragt hätte. Stattdessen trinke ich aus und verabschiede mich. Und daß ich zum großen Fest tags darauf nicht erscheinen werde, weiß ich jetzt schon, glaube ich.

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Noch später in der Nacht tauche ich auf. Lasse mich treiben, verscheuche die alte Furcht. Rede und lache, hier und dort. Tanze mit dem Kleinen, erzähle dem mit Bäuchlein und Brille, proste dem Vetter zu und winke dem Zimmerer zu. Ach, Freunde.

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Die Sportskanone und ich. Ich schicke ein Bild in die große Stadt, zur Versöhnung und als Lebenszeichen. Sei mir nicht böse, will ich sagen. Dann legen wir los, lachen über die Eigenheiten der Kasse, und vorbereitet sind wir as hell. Am Ende habe ich wohltuend schmerzende Ellenbogen.

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Die fliegende Frau und der Meckermohr. Man muß diesen Film nun wirklich nicht gesehen haben. Ich mag es nicht, wie ich ungewollt lachen muß. Wie ich nicht empört sein kann, und nicht boshaft. Wie mir Tarantino die üblichen Reaktionen verbaut, durch die Verortung und die Brutalität und die Lächerlichkeit.

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Wieviel Prozent liegen zwischen Pflicht und Erfüllung? Und wieviel davon macht die Sonne, lässt uns umherschleichen und die erforenenen Hände aufwärmen, lässt uns früh zum Mittagessen erscheinen und lange sitzen? Ich mag das haben, wenn es nicht so recht Winter werden mag. Wenn es naß und kühl ist statt klirrend kalt. Aber jetzt mag ich Sonne, ich mag Regen und trocknende Erde, und nicht diese Trübe, nicht das Suchen nach Sonnenflecken am Himmel und das Suchen nach windgeschützten Plätzchen auf dem Hof.

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Anna Tolle und die wahre Liebe. Kann man alles lesen. Und danach mal wieder die Smiths hören. Und Maike Rosa Vogel. Aber die kennen Sie ja schon von mir.

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Aufbaubier.

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Ich schaue ins Feuer, sitze im Dunkeln. Wann kann man das schon mal?

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Am Bahnhof fallen wir uns in die Arme. Sitzen dann lange und reden vom Leben und vom Glück. Es mag das Alter sein, denke ich erst, aber ich kann mich noch erinnern, daß wir einst in unserer kleinen Hütte saßen, bei Kerzenschein und Autoradio, und auch schon vom Leben und vom Glück redeten. Vielleicht sind das wir, vielleicht sind das die Freunde, und vielleicht ist das auch schon recht so.
Du bist schon recht so, sage ich. Du bist anders. Du bist in Ordnung. Du bist gut. Jetzt mußt Du nur noch glücklich sein.

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Ach, eins noch, denke ich und laufe der Osterhasenparty nach. Es ist mal wieder spät in der Nacht. Trinken. Tanzen. Es sind mehr Mädchen da als je zuvor, sage ich zu einem. Der lacht.
Der General stellt sich vor mir auf. Sie schwankt leicht, als sie salutiert, und ich nehme dieses drahtige Bündel Knochen in den Arm, schwinge sie durch die Luft und stelle sie wieder auf ihre eigenen Beine. Dann trinken wir, und dann sehe ich ihr beim Tanzen zu.

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Herrenrunde. The lonely shepherd. Painted by numbers. Es ist kurz nach drei, als ich über die Bauerntochter stolpere. Sie lacht. Das hätte ich mir doch auch nie träumen lassen.

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Wir sind noch zwei, dann wieder drei. Wir tanzen und trinken, und ganz laut rufen wir nach der Freiheit der Tanzfläche, unter der Lichtorgel, hinter den dicken Kissen, mit denen die Fenster abgedichtet sind. Und irgendwann wird mir was klar, und auf diesen Schreck suche ich mir ein Lied für mich und noch zwei Bier für uns. Auf einem Bein tanzen wir um uns herum, eine Hand erhoben, ein Daumen auf der Flasche.

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Beim Festessen mache ich eine recht klägliche Figur.

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Nächtliche Touren über gesperrte Straßen. Erkundungsfahrten. Der Imbiss ist dunkel, und amerikanisch mag keiner. Trotzdem.
Da stehen zwei, und ich könnte lachen, in den Forsthosen, den guten, und in schweren Stiefeln mit Schnee auf den Spitzen, und bestellen an der Theke.
Wir kochen dann doch lieber.
Um mich schlafen alle, als sich der Fernseher abschaltet. Ich schaue die Fernbedienung hilflos an. Dann mache ich das Licht an und rufe aus, daß es Zeit zu gehen sei.

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Noch ein Sonntag, und nach zwei Sonntagen lobe ich mir ja die Werktage.

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Ich sitze morgens vor der Kirche in der Sonne, weil ich Sonne viel lieber mag als Kirchen.

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Ich bin ja jetzt mehr bei Twitter. Ich schaue sowieso viel zu oft aufs Telefon.

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Zwischen Sektempfang und Essen passt ein Kaffee am Küchentisch, denke ich und treffe dort meinen Senior mit der gleichen Idee. Wir Flüchtlinge.

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Ich sitze am Kindertisch und lasse mir das Würfeln erklären. Lasse mir Pommes stehlen. Erzähle den beiden vom Hasenmarkt, und daß sie sich einen aussuchen dürfen. Ich lasse mich mit Eis füttern und freue mich, daß ich Kinder einfach so mögen darf.

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Sie möchte sich wegsetzen, nicht im Weg sein. Lass, sage ich bestimmt, und das Essen über unterhalte ich mich mit ihr. Einen Menschen glücklich machen.

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"Aber zum Kaffee seid ihr wieder hier!" Und das sind wir dann auch.

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Menschen, die einen zu selten anlächeln.

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Mädchen, fahr mit mir!

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Der alte Mann läuft wieder gerade, und das freut mich dann doch ganz heimlich.

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Nur eines im Heizraum, und dann stehen wir lang und im schweren Rauch, mit Anzug und Krawatte und dem geborgten Mantel, in dem es so zieht, daß man die Krawatte gern eng trägt.

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Til Schweiger mag ich ja nur, weil er keine Schals mag.

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Der Nuschelapparat.

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Bevor ich ins Bett falle, kann ich kaum mehr das Hemd loswerden. Um vier wache ich auf. Ruhig bleibe ich liegen. Man gewöhnt sich dran, hat mir einer gesagt, der das auch kennt.

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Heute werden es drei Jahre. Welch lange Zeit.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Donnerstag, 13. 12 12

13.12.12, 14:52 | 'Night after night'
Selbstbildnis als der ausgenüchterte Hank Chinaski, die nackten Füße von den kalten Fliesen in der Toilette hebend.
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