05.03.13, 09:08 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Und dann nimmt sie eine ihrer Kontaktlinsen heraus, feuchtet sie im Mund an und setzt sie dann wieder auf ihr Auge, und das alles dauert genau die schweigenden zwei Minuten, bis wir uns wieder gefangen haben.
Es ist nicht perfekt, sage ich. Nichts. Nirgends. Niemals. Mit niemandem. Und dann rede ich gegen ihr Heimweh an. Sage, daß sie die einzigen Sonnentage des Winters erwischt hat. Erzähle, wie viel Heimat man in sich tragen kann, bis sie lacht und mich bittet, aufzuhören, denn wer so schlecht lügt wie ich, dem muß es schon sehr ernst sein.
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Daß sich Gefühle nicht rechtfertigen müssen und nicht relativieren lassen.
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Manchmal denke ich an den hohen Heuboden im alten Stall. Wie die Balken aus den hohen Heustapeln ragen, sich in alle Richtungen verlieren. Es ist duster, ganz oben unterm First eine einzelne Glühbirne, von Staub und Spinnweben halb verdeckt. Es duftet und staubt. Man kann hier herkommen über die Treppe und den Fruchtboden, oder über die senkrechte Leiter auf der anderen Seite. Durch Ritzen zwischen den Dachplatten dringen Streifen von weißem Licht, in denen der Staub flimmert. In einer Ecke gibt es ein Loch, das ins Wohnzimmer des alten Hauses führt. Dort wird jetzt ebefalls Frucht gelagert. Mit einer gebogenen Gabel reißen wir das Heu aus dem Stapel. Ab und zu fallen große Mengen auf uns herunter. In großen Haufen schieben wir das Heu zur Luke. Die rohen Bodendielen sind davon ganz glattgeschliffen. Zum Schluß springen wir durch die Luke auf den Haufen, der auf dem Futtertisch liegt.
Im Kälberstall gegenüber ist das Heu in kleinen Ballen gestapelt bis unters Dach. Die Ballen sehen aus, als würden sie über den Haufen nach unten stolpern und dort irgendwann zum Liegen kommen, wenn man sie anschubst.
Das Jahr, in dem der Heuboden leer wurde. In dem ich die Reste zusammenfegte, und wir uns anlogen, die seien das Beste.
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Sie lehnt sich an meine Knie, und ich wende mich auf dem Barhocker zu ihr. Handball, sagt sie, und dabei spricht sie schnell und undeutlich. Ab und zu spüre ich einen Tropfen Speichel an meiner Wange. Als sie gehen, verabschiede ich mich freundlich. Und als sie spät nachts noch einmal anruft, antworte ich sanft, bis sie auflegt.
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"Was wäre, wenn wir?"
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"Woher weißt Du?" fragt er immer wieder. Er, der so laut und einnehmend war, ist hier leise und sediert. Ich stehe unversehens im Wohnzimmer der Wohngruppe, wo ich einen Flur erwartet hätte. Er führt mich zu einer Sitzgruppe am Fenster. Hölzerne Möbel. In den Nischen Ergometer. Der Raum ist sehr lang und schmal. Am anderen Ende kümmert sich jemand um den Kaffeetisch.
"Woher weißt Du?" fragt er wieder, und ich antworte mit der Wahrheit: Aus dem Dorf.
Daß ihn niemand besucht hat bis jetzt. Vier Monate.
Daß er in ein oder zwei Monaten wieder unterrichten wird.
Daß er nur noch nicht weiß, wie viele Stunden.
Daß er den letzten Walser nicht mehr zu Ende gelesen hat.
Daß er sich überhaupt noch an mich erinnert. An "meinen" Walser, an meine "Sonderstellung".
Daß er sicher war, daß aus mir etwas wird.
Ich erzähle viel, frage wenig. Das geht mich ja alles nichts an. Und ich weiß auch nicht mehr so genau, warum ich hier bin. Ich wollte mich bedanken dafür, daß er ein guter Lehrer war. Aber das kommt mir jetzt verkehrt vor. So sitze ich bloß und erzähle, bis er nervös wird und mir erklärt, daß sie freitags immer gemeinsam Kaffee trinken. Dann gehe ich.
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An diesem Abend bleibe ich lange im Melkstand. Singe während des Melkens. Während ich den Laufhof abschiebe, im grellen Licht einer riesigen LED. Während ich die Melkzeuge reinige und den Boden abspritze. Dann sitze ich lang vor der Transitgruppe auf einem Strohballen in der Kälte. Schaue den Atemwolken zu. Wickle mich in meine warme Jacke. Horche, wenn eines der Kälber gegen die Wand des Iglus stößt. Rieche Mist und Stroh, Kühe und Heu.
Nie dort zu landen, denke ich. Dir können sie gar nicht genug spritzen, daß Du dort nicht unglücklich bist. Die können doch niemanden heilen dort. Ich habe sogar meinen Werksausweis am Hosenbund gelassen, damit ich dort nicht verwechselt werde. Ich lache mir zu, klopfe das Stroh von meinen Hosen und mache das Licht aus.
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Ein Nachmittag unter dem Güllefass, das ich schön in der Sonne geparkt habe. Die Lenkachse braucht Pflege. Die Hebel brauchen neue Dichtringe. Die Zapfwelle Fett. Und die verbogenen Kotflügel zerre ich wieder gerade.
Bis später, sagt er lachend, und ich winke von unten.
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Da sitzen zwei mit einem Neugeborenen. Dort zwei mit einem Zweijährigen. Dort einer mit Gips, im kritischen Blick seiner Frau. Einer trinkt mit glasigem Blick.
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Ich sitze im Fond wie früher, und wie früher schaue ich aus dem Fenster und bekomme gar nicht mir, wer mit mir redet.
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Daß es immer Bänder sind, die unsere Wege zusammenschnürten. Daß es nun auseinandergeht, wo die Bänder fehlen. Man muß sich mehr strecken, um sich zu erreichen, denke ich. Kreuzt andere Wege. Das ist eben so, denke ich, und proste den beiden zu, die demnächst heiraten werden.
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Sonntagmorgenschreibtisch. Ich sortiere Post und Liegengebliebenes. Ich öle das Rad, und dann bin ich los. Fährst Du, oder trainierst Du? fragt das schlaue Buch. Heute trainiere ich, bleibe auf dem kleinen Blatt, suche einen runden Tritt. Kalte Hände, kalte Füße. Nach drei Stunden bin ich zurück. Habe diesmal einen anderen Weg gewählt. Den gewohnten darf ich nicht mehr fahren, denke ich. Wozu auch, und wohin?
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Dann packe ich mein Zeug, und früh am nächsten Morgen fahre ich wieder. Schon acht Monate.
Es ist nicht perfekt, sage ich. Nichts. Nirgends. Niemals. Mit niemandem. Und dann rede ich gegen ihr Heimweh an. Sage, daß sie die einzigen Sonnentage des Winters erwischt hat. Erzähle, wie viel Heimat man in sich tragen kann, bis sie lacht und mich bittet, aufzuhören, denn wer so schlecht lügt wie ich, dem muß es schon sehr ernst sein.
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Daß sich Gefühle nicht rechtfertigen müssen und nicht relativieren lassen.
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Manchmal denke ich an den hohen Heuboden im alten Stall. Wie die Balken aus den hohen Heustapeln ragen, sich in alle Richtungen verlieren. Es ist duster, ganz oben unterm First eine einzelne Glühbirne, von Staub und Spinnweben halb verdeckt. Es duftet und staubt. Man kann hier herkommen über die Treppe und den Fruchtboden, oder über die senkrechte Leiter auf der anderen Seite. Durch Ritzen zwischen den Dachplatten dringen Streifen von weißem Licht, in denen der Staub flimmert. In einer Ecke gibt es ein Loch, das ins Wohnzimmer des alten Hauses führt. Dort wird jetzt ebefalls Frucht gelagert. Mit einer gebogenen Gabel reißen wir das Heu aus dem Stapel. Ab und zu fallen große Mengen auf uns herunter. In großen Haufen schieben wir das Heu zur Luke. Die rohen Bodendielen sind davon ganz glattgeschliffen. Zum Schluß springen wir durch die Luke auf den Haufen, der auf dem Futtertisch liegt.
Im Kälberstall gegenüber ist das Heu in kleinen Ballen gestapelt bis unters Dach. Die Ballen sehen aus, als würden sie über den Haufen nach unten stolpern und dort irgendwann zum Liegen kommen, wenn man sie anschubst.
Das Jahr, in dem der Heuboden leer wurde. In dem ich die Reste zusammenfegte, und wir uns anlogen, die seien das Beste.
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Sie lehnt sich an meine Knie, und ich wende mich auf dem Barhocker zu ihr. Handball, sagt sie, und dabei spricht sie schnell und undeutlich. Ab und zu spüre ich einen Tropfen Speichel an meiner Wange. Als sie gehen, verabschiede ich mich freundlich. Und als sie spät nachts noch einmal anruft, antworte ich sanft, bis sie auflegt.
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I turned to look but it was goneIch tanze mit dem Freund aus Kindertagen und mit dem roten Unglück durch den leeren Saal, wo vorhin noch Jugendliche cool waren. Seine Freundin steht mit ihrem Freund an der Theke. Sie sehen uns zu und trinken Sekt. Und es kann gar nicht spät genug werden.
I cannot put my finger on it now
The child is grown
The dream is gone
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"Was wäre, wenn wir?"
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"Woher weißt Du?" fragt er immer wieder. Er, der so laut und einnehmend war, ist hier leise und sediert. Ich stehe unversehens im Wohnzimmer der Wohngruppe, wo ich einen Flur erwartet hätte. Er führt mich zu einer Sitzgruppe am Fenster. Hölzerne Möbel. In den Nischen Ergometer. Der Raum ist sehr lang und schmal. Am anderen Ende kümmert sich jemand um den Kaffeetisch.
"Woher weißt Du?" fragt er wieder, und ich antworte mit der Wahrheit: Aus dem Dorf.
Daß ihn niemand besucht hat bis jetzt. Vier Monate.
Daß er in ein oder zwei Monaten wieder unterrichten wird.
Daß er nur noch nicht weiß, wie viele Stunden.
Daß er den letzten Walser nicht mehr zu Ende gelesen hat.
Daß er sich überhaupt noch an mich erinnert. An "meinen" Walser, an meine "Sonderstellung".
Daß er sicher war, daß aus mir etwas wird.
Ich erzähle viel, frage wenig. Das geht mich ja alles nichts an. Und ich weiß auch nicht mehr so genau, warum ich hier bin. Ich wollte mich bedanken dafür, daß er ein guter Lehrer war. Aber das kommt mir jetzt verkehrt vor. So sitze ich bloß und erzähle, bis er nervös wird und mir erklärt, daß sie freitags immer gemeinsam Kaffee trinken. Dann gehe ich.
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An diesem Abend bleibe ich lange im Melkstand. Singe während des Melkens. Während ich den Laufhof abschiebe, im grellen Licht einer riesigen LED. Während ich die Melkzeuge reinige und den Boden abspritze. Dann sitze ich lang vor der Transitgruppe auf einem Strohballen in der Kälte. Schaue den Atemwolken zu. Wickle mich in meine warme Jacke. Horche, wenn eines der Kälber gegen die Wand des Iglus stößt. Rieche Mist und Stroh, Kühe und Heu.
Nie dort zu landen, denke ich. Dir können sie gar nicht genug spritzen, daß Du dort nicht unglücklich bist. Die können doch niemanden heilen dort. Ich habe sogar meinen Werksausweis am Hosenbund gelassen, damit ich dort nicht verwechselt werde. Ich lache mir zu, klopfe das Stroh von meinen Hosen und mache das Licht aus.
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Ein Nachmittag unter dem Güllefass, das ich schön in der Sonne geparkt habe. Die Lenkachse braucht Pflege. Die Hebel brauchen neue Dichtringe. Die Zapfwelle Fett. Und die verbogenen Kotflügel zerre ich wieder gerade.
Bis später, sagt er lachend, und ich winke von unten.
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Da sitzen zwei mit einem Neugeborenen. Dort zwei mit einem Zweijährigen. Dort einer mit Gips, im kritischen Blick seiner Frau. Einer trinkt mit glasigem Blick.
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Ich sitze im Fond wie früher, und wie früher schaue ich aus dem Fenster und bekomme gar nicht mir, wer mit mir redet.
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Daß es immer Bänder sind, die unsere Wege zusammenschnürten. Daß es nun auseinandergeht, wo die Bänder fehlen. Man muß sich mehr strecken, um sich zu erreichen, denke ich. Kreuzt andere Wege. Das ist eben so, denke ich, und proste den beiden zu, die demnächst heiraten werden.
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Sonntagmorgenschreibtisch. Ich sortiere Post und Liegengebliebenes. Ich öle das Rad, und dann bin ich los. Fährst Du, oder trainierst Du? fragt das schlaue Buch. Heute trainiere ich, bleibe auf dem kleinen Blatt, suche einen runden Tritt. Kalte Hände, kalte Füße. Nach drei Stunden bin ich zurück. Habe diesmal einen anderen Weg gewählt. Den gewohnten darf ich nicht mehr fahren, denke ich. Wozu auch, und wohin?
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Dann packe ich mein Zeug, und früh am nächsten Morgen fahre ich wieder. Schon acht Monate.
19.02.13, 09:25 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Wie wir bis Freitag kein Zimmer bekommen, und dann doch mit Handkuss. Kurzausflügler hinhalten.
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Daß meine Tasche immer die kleinste ist.
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Kurz vor sechs stehe ich bereit, die Ski im Kofferraum, die Tasche daneben, auf dem Beifahrersitz Pizza als Proviant.
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Wir entscheiden uns für den Fernpass als das kleinere Übel im Vergleich zum Arlbergtunnel. Vor dem Tunneleingang versucht einer zu drehen, steht quer vor mir auf allen Spuren. Fährt nicht vor und nicht zurück. Dann kracht es auch schon, ich sehe Fetzen fliegen und mogle mich elegant vorbei. Nach dem Tunnel kommt die Vollsperrung im Radio, nach uns lange kein Auto mehr.
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Pension, Skibus, Liftpass. Das Übliche. Wir lachen viel dabei, und wieder wundere ich mich, wie andere so auf den Ski stehen. Ich muß mich erst gewöhnen. An die Schwünge, die Bewegungen, an die Geschwindigkeit. Dann brettern wir abseits der Pisten über eine Spalte, daß es uns aushebelt. Meine Ski bleiben dran und ich finde fuchtelnd sowas wie ein Gleichgewicht. Dann grabe ich den lachenden Kollegen aus dem Schnee.
#
Wir werden schnell und schneller, finden uns bald am Pistenrand wieder, wo wir den Querenden ausweichen können.
#
Auf der Kuppe drehen, habe ich gelernt. Nur meine Ski nicht, die bleiben stehen, und das bleibt mein einziger kleiner Sturz.
#
Der Gichtnasenverein Adelhausen-Odelhausen hat offenbar Freigang. Oder die Trinksportgruppe macht ihren Jahresausflug. So geht das hier zu. Aber während alle an den Schirmen stehen, sind die Lifte und Pisten frei.
#
Kaum mehr einer ohne Helm, denke ich und ziehe die Mütze tiefer.
#
Auf der Theke tanzen Professionelle, aha. Um neun sind wir im Bett.
#
Ein wunderbares Rührei.
#
Wie sich unsere Zeiten ergänzen. Im Bad, beim Essen, als wären wir ein eingespieltes Team.
#
Irgendwie komme ich zu einer Riesenflasche Whiskey im Rucksack, zu duftendem Duschgel und Schokolade. Ich stehe etwas verloren in diesem Laden und lasse dann sogar die Sonnencreme stehen. Dafür fahren wir mit einer zweistöckigen Gondel, und sowas beeindruckt mich ja doch immer.
#
Unser Skiservice.
#
Der Nasenbremser, dem wir aus dem Lift heraus zusehen, wie er den Hang hinabrutscht. Haltlos, die Arme ausgestreckt, die ganze Piste bis in den Auslauf.
#
Brennende Ausdauer. Rasten kann ich ja so gar nicht.
#
Das etablierte schnelle Weizen an der Kneipe mit Blick auf die Bushaltestelle.
#
Nochmal, nochmal! rufe ich, als ich meine Spuren im glitzernden Schnee sehe.
#
Die Bergkapelle. Ein riesiger Fels mit runden Schichten, geformt wie eine kleine Höhle.
#
Die legendäre Vierzehn-B. Die schicke Vierzig. Die süße Sieben. Diese drei Pisten sind natürlich so verteilt, daß wir den ganzen Tag brauchen, um alle zu fahren. Schön so.
#
Unübersichtlich ist es hier schon. Um drei zieht es mich schon ins richtige Tal. Ich möchte nicht in der Schweiz stehenbleiben.
#
Unser Leben könnte viel schlechter sein.
#
Scherze mit Frau und Kind.
#
Lambada in Skischuhen, und die glänzenden Bauchmuskeln.
#
Teure Telefone und Kameras überall.
#
Ich bin dann doch weit hinter ihm. Kämpfe noch ein wenig mit den kleinen Radien und den flatternden Kanten. Nicht so schnell, bitte. Vor mir eine Gruppe, gebeugt um einen. Ich pflüge Furchen in den Schnee. Sammle Stöcke und Ski ein. Dann fasse ich mir ein Herz und dränge mich zum Sitzenden. Der schüttelt den Kopf.
Notfallmodus.
Ich spreche ihn an. Schaue ihm in die Augen. Wie heißt Du? Wie geht es Dir? Ich verscheuche den Finnen mit der Kamera auf dem Kopf, der mir immer wieder begeister erklärt, daß er alles aufgenommen hat. Best Crash so far! und Youtube! schreit er aufgedreht.
Hilfe holen oder zur Hilfe fahren? frage ich. Dann fahren wir ab, am Pistenrand, immer noch schneller als der Schnitt. Keine Operation, sagt er bittend, und ich verspreche alles, was ich nicht halten kann.
Er schwankt schon, als wir ankommen. Der Schock lässt wohl nach. Die Schmerzen kommen.
Ich erkläre hektisch den Profis, was ich haben will. Sie sind freundlich, und ich habe noch meine Ski an den Schuhen, da sitzt er schon auf dem Schlitten. Dann startet der Helikopter.
Ich fahre noch ein paar Runden. Mit Gewalt ein paar, mit Ruhe ein paar. Dann fange ich an, zu telefonieren. Seine Frau, Versicherungen, Krankenhäuser. Zwischendurch ein Handwerker, wo kommt der denn nun her?
Ich packe seine Ski zusammen und verfluche die modernen Stöcke ohne Schlaufen. Sie lassen mich nicht in den Lift mit meinem Handgepäck, und auf Diskussionen habe ich dann auch keine Lust mehr. Talabfahrt linkerhand also, mit einem Paar Ski und Stöcken auf den Schultern. Dann wackle ich fluchend durch den ganzen Ort, daß es den schönen Kinderwagenschieberinnen die Ohren stellt.
Am Eingang zum Krankenhaus ziehe ich ihm die Skischuhe aus und die Straßenschuhe an. Eine seitenverkehrte Schleife in die Schuhbändel. Ich lache pflichtbewusst über seine vollgedröhnten Scherze. Dann Gas. Seine Frau kann schon wieder lachen, als wir ankommen, und als sie begeistert von den ersten Tritten erzählt, die sie bekommt, weiß ich, daß unsere Tradition gesichert ist.
Und beim Fallen, sage ich zum Abschied, Arme zum Körper, und er grinst auch schon wieder.
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Daß meine Tasche immer die kleinste ist.
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Kurz vor sechs stehe ich bereit, die Ski im Kofferraum, die Tasche daneben, auf dem Beifahrersitz Pizza als Proviant.
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Wir entscheiden uns für den Fernpass als das kleinere Übel im Vergleich zum Arlbergtunnel. Vor dem Tunneleingang versucht einer zu drehen, steht quer vor mir auf allen Spuren. Fährt nicht vor und nicht zurück. Dann kracht es auch schon, ich sehe Fetzen fliegen und mogle mich elegant vorbei. Nach dem Tunnel kommt die Vollsperrung im Radio, nach uns lange kein Auto mehr.
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Pension, Skibus, Liftpass. Das Übliche. Wir lachen viel dabei, und wieder wundere ich mich, wie andere so auf den Ski stehen. Ich muß mich erst gewöhnen. An die Schwünge, die Bewegungen, an die Geschwindigkeit. Dann brettern wir abseits der Pisten über eine Spalte, daß es uns aushebelt. Meine Ski bleiben dran und ich finde fuchtelnd sowas wie ein Gleichgewicht. Dann grabe ich den lachenden Kollegen aus dem Schnee.
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Wir werden schnell und schneller, finden uns bald am Pistenrand wieder, wo wir den Querenden ausweichen können.
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Auf der Kuppe drehen, habe ich gelernt. Nur meine Ski nicht, die bleiben stehen, und das bleibt mein einziger kleiner Sturz.
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Der Gichtnasenverein Adelhausen-Odelhausen hat offenbar Freigang. Oder die Trinksportgruppe macht ihren Jahresausflug. So geht das hier zu. Aber während alle an den Schirmen stehen, sind die Lifte und Pisten frei.
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Kaum mehr einer ohne Helm, denke ich und ziehe die Mütze tiefer.
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Auf der Theke tanzen Professionelle, aha. Um neun sind wir im Bett.
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Ein wunderbares Rührei.
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Wie sich unsere Zeiten ergänzen. Im Bad, beim Essen, als wären wir ein eingespieltes Team.
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Irgendwie komme ich zu einer Riesenflasche Whiskey im Rucksack, zu duftendem Duschgel und Schokolade. Ich stehe etwas verloren in diesem Laden und lasse dann sogar die Sonnencreme stehen. Dafür fahren wir mit einer zweistöckigen Gondel, und sowas beeindruckt mich ja doch immer.
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Unser Skiservice.
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Der Nasenbremser, dem wir aus dem Lift heraus zusehen, wie er den Hang hinabrutscht. Haltlos, die Arme ausgestreckt, die ganze Piste bis in den Auslauf.
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Brennende Ausdauer. Rasten kann ich ja so gar nicht.
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Das etablierte schnelle Weizen an der Kneipe mit Blick auf die Bushaltestelle.
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Nochmal, nochmal! rufe ich, als ich meine Spuren im glitzernden Schnee sehe.
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Die Bergkapelle. Ein riesiger Fels mit runden Schichten, geformt wie eine kleine Höhle.
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Die legendäre Vierzehn-B. Die schicke Vierzig. Die süße Sieben. Diese drei Pisten sind natürlich so verteilt, daß wir den ganzen Tag brauchen, um alle zu fahren. Schön so.
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Unübersichtlich ist es hier schon. Um drei zieht es mich schon ins richtige Tal. Ich möchte nicht in der Schweiz stehenbleiben.
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Unser Leben könnte viel schlechter sein.
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Scherze mit Frau und Kind.
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Lambada in Skischuhen, und die glänzenden Bauchmuskeln.
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Teure Telefone und Kameras überall.
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Ich bin dann doch weit hinter ihm. Kämpfe noch ein wenig mit den kleinen Radien und den flatternden Kanten. Nicht so schnell, bitte. Vor mir eine Gruppe, gebeugt um einen. Ich pflüge Furchen in den Schnee. Sammle Stöcke und Ski ein. Dann fasse ich mir ein Herz und dränge mich zum Sitzenden. Der schüttelt den Kopf.
Notfallmodus.
Ich spreche ihn an. Schaue ihm in die Augen. Wie heißt Du? Wie geht es Dir? Ich verscheuche den Finnen mit der Kamera auf dem Kopf, der mir immer wieder begeister erklärt, daß er alles aufgenommen hat. Best Crash so far! und Youtube! schreit er aufgedreht.
Hilfe holen oder zur Hilfe fahren? frage ich. Dann fahren wir ab, am Pistenrand, immer noch schneller als der Schnitt. Keine Operation, sagt er bittend, und ich verspreche alles, was ich nicht halten kann.
Er schwankt schon, als wir ankommen. Der Schock lässt wohl nach. Die Schmerzen kommen.
Ich erkläre hektisch den Profis, was ich haben will. Sie sind freundlich, und ich habe noch meine Ski an den Schuhen, da sitzt er schon auf dem Schlitten. Dann startet der Helikopter.
Ich fahre noch ein paar Runden. Mit Gewalt ein paar, mit Ruhe ein paar. Dann fange ich an, zu telefonieren. Seine Frau, Versicherungen, Krankenhäuser. Zwischendurch ein Handwerker, wo kommt der denn nun her?
Ich packe seine Ski zusammen und verfluche die modernen Stöcke ohne Schlaufen. Sie lassen mich nicht in den Lift mit meinem Handgepäck, und auf Diskussionen habe ich dann auch keine Lust mehr. Talabfahrt linkerhand also, mit einem Paar Ski und Stöcken auf den Schultern. Dann wackle ich fluchend durch den ganzen Ort, daß es den schönen Kinderwagenschieberinnen die Ohren stellt.
Am Eingang zum Krankenhaus ziehe ich ihm die Skischuhe aus und die Straßenschuhe an. Eine seitenverkehrte Schleife in die Schuhbändel. Ich lache pflichtbewusst über seine vollgedröhnten Scherze. Dann Gas. Seine Frau kann schon wieder lachen, als wir ankommen, und als sie begeistert von den ersten Tritten erzählt, die sie bekommt, weiß ich, daß unsere Tradition gesichert ist.
Und beim Fallen, sage ich zum Abschied, Arme zum Körper, und er grinst auch schon wieder.
29.01.13, 16:40 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Zum Mittag sitzen wir beim Asiaten, und wer hätte das noch vor einem guten Jahr gedacht.
#
"Besuch ihn doch", sagt sie, als ich von dem Lehrer erzähle, der mich herausforderte und den ich ebenso verehrte wie ich ihn zu treiben glaubte, mit Widerspruch und scharfen Worten und der Unbarmherzigkeit des Jungspundes. Neulich erst hat man mir erzählt, er sei krank, die Frau davon, und eingeliefert in eine Klinik. Aber darauf, ihn zu besuchen, wäre ich nicht gekommen, und so schaue ich sie entgeistert an. Sie zuckt die Schultern, "Wann, wenn nicht jetzt?" Und das widerspricht so sehr meiner Idee vom Funktionieren und davon, seine Wunden allein zu lecken und nur groß und stark vor andere zu treten, daß ich lange schweigend meine scharfe Suppe löffle.
#
Allenthalben Jaja und dann doch nicht.
#
Für wie wenige Menschen ich den Laden zusammenhalten möchte.
#
Noch eine Tanzprobe, noch ein paar Auftritte. Und dann sitzen und stehen wir zusammen in einer Spelunke, in der geraucht wird und die anderen Gäste zerfurcht und gedunsen aussehen. Ich möchte nicht so sein, denke ich und schaue mich um. Hier wirst Du keine finden, lacht es böse in mir, und ich schaue mich noch einmal um. Da ist einer, der auch schon gefunden hatte. Einer, der hierher zurückkehrte. Einer, mit dem ich nicht tauschen möchte. Einer, der über all das nur lacht. Und einer, bei dem auch keiner weiß. Ich grinse, denn das alles heißt nichts.
#
Schickt mich zum Pflügen.
#
Das kleine Mädchen gibt bekannt, daß es einen Freund hat, und alle beglückwünschen die beiden. Das ist Internet, und vielleicht schwirrt ja nur mir der Kopf von alldem.
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Bühne, Bar und Plakate. Immer wir beiden auf den langen Leitern, und an der Hallendecke hängend, lachen wir uns zu.
#
Ich stehe auf der Fensterbank und schaue in mein altes Klassenzimmer. Jetzt aus dem Fenster zu fallen wäre ja auch doof, denke ich und wage mich noch ein wenig vor, um das Kabel zu befestigen.
#
Selbstbildnis als pilszapfender Barmann.
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Ach, kleines Mädchen, denke ich, als ich sie lachen und von der großen Welt erzählen höre. Sie hat ihre kleine Schwester dabei, und ich drohe ihr mit dem Finger, als ich sie nach dem Alter frage. Benimm Dich! sage ich lächelnd, und später bringe ich sie in einen Nebenraum, ziehe der sich schwach Sträubenden sanft die Jacke an und begleite sie nach draußen, wo sie sich in ein Auto sinken lässt, gefolgt von ihrer Schwester.
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Ich verkaufe noch an zwei, die erst nicht recht wissen, und dann steht plötzlich ein Mädchen zwischen ihnen, frech und besoffen, und dann wissen sie doch und füllen meine Kasse.
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Eins verschenke ich, als sie schon ausgetrieben werden, und der Sicherheitsdienstler lacht und lässt ihn austrinken. Ich winke, er wankt hinaus.
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Der Moment, als uns die Garderobe entgegenkommt und ich die Kommandos belle. Schrauber, Seile, hier festhalten.
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Lachend hieven wir viel zu viele Bühnenteile auf den Wagen und wieder herab.
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Tagsüber kann ich ja nicht schlafen. Also trinke ich Kaffee und tigere durch den Regen.
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Irgendwo ein paar Jacken, Latten, Kleiderbügel. Reste. Kleinigkeiten. Wie alles.
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Die Warte, von der aus ich betrachte.
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"Besuch ihn doch", sagt sie, als ich von dem Lehrer erzähle, der mich herausforderte und den ich ebenso verehrte wie ich ihn zu treiben glaubte, mit Widerspruch und scharfen Worten und der Unbarmherzigkeit des Jungspundes. Neulich erst hat man mir erzählt, er sei krank, die Frau davon, und eingeliefert in eine Klinik. Aber darauf, ihn zu besuchen, wäre ich nicht gekommen, und so schaue ich sie entgeistert an. Sie zuckt die Schultern, "Wann, wenn nicht jetzt?" Und das widerspricht so sehr meiner Idee vom Funktionieren und davon, seine Wunden allein zu lecken und nur groß und stark vor andere zu treten, daß ich lange schweigend meine scharfe Suppe löffle.
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Allenthalben Jaja und dann doch nicht.
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Für wie wenige Menschen ich den Laden zusammenhalten möchte.
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Noch eine Tanzprobe, noch ein paar Auftritte. Und dann sitzen und stehen wir zusammen in einer Spelunke, in der geraucht wird und die anderen Gäste zerfurcht und gedunsen aussehen. Ich möchte nicht so sein, denke ich und schaue mich um. Hier wirst Du keine finden, lacht es böse in mir, und ich schaue mich noch einmal um. Da ist einer, der auch schon gefunden hatte. Einer, der hierher zurückkehrte. Einer, mit dem ich nicht tauschen möchte. Einer, der über all das nur lacht. Und einer, bei dem auch keiner weiß. Ich grinse, denn das alles heißt nichts.
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Schickt mich zum Pflügen.
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Das kleine Mädchen gibt bekannt, daß es einen Freund hat, und alle beglückwünschen die beiden. Das ist Internet, und vielleicht schwirrt ja nur mir der Kopf von alldem.
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Bühne, Bar und Plakate. Immer wir beiden auf den langen Leitern, und an der Hallendecke hängend, lachen wir uns zu.
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Ich stehe auf der Fensterbank und schaue in mein altes Klassenzimmer. Jetzt aus dem Fenster zu fallen wäre ja auch doof, denke ich und wage mich noch ein wenig vor, um das Kabel zu befestigen.
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Selbstbildnis als pilszapfender Barmann.
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Ach, kleines Mädchen, denke ich, als ich sie lachen und von der großen Welt erzählen höre. Sie hat ihre kleine Schwester dabei, und ich drohe ihr mit dem Finger, als ich sie nach dem Alter frage. Benimm Dich! sage ich lächelnd, und später bringe ich sie in einen Nebenraum, ziehe der sich schwach Sträubenden sanft die Jacke an und begleite sie nach draußen, wo sie sich in ein Auto sinken lässt, gefolgt von ihrer Schwester.
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Ich verkaufe noch an zwei, die erst nicht recht wissen, und dann steht plötzlich ein Mädchen zwischen ihnen, frech und besoffen, und dann wissen sie doch und füllen meine Kasse.
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Eins verschenke ich, als sie schon ausgetrieben werden, und der Sicherheitsdienstler lacht und lässt ihn austrinken. Ich winke, er wankt hinaus.
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Der Moment, als uns die Garderobe entgegenkommt und ich die Kommandos belle. Schrauber, Seile, hier festhalten.
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Lachend hieven wir viel zu viele Bühnenteile auf den Wagen und wieder herab.
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Tagsüber kann ich ja nicht schlafen. Also trinke ich Kaffee und tigere durch den Regen.
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Irgendwo ein paar Jacken, Latten, Kleiderbügel. Reste. Kleinigkeiten. Wie alles.
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Die Warte, von der aus ich betrachte.
15.01.13, 10:41 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Und da wohnen über mir drei und laden mich ein, sitzen da in Schlabberhosen und bieten mir Wasser an. Sie haben ein Wohnzimmer und einen riesigen Fernseher. Mein Zimmer wäre eigentlich zwei und groß genug. Ich schaue kurz hinein, und ins Bad auch, wo sich die Mädchensachen türmen, und dann sitzen wir wieder da und stellen fest, daß wir in dieser Firma arbeiten, was nicht so ungewöhnlich ist, und daß wir unterschiedliche Wege zur Arbeit fahren, was auch nicht besonders ist, und daß wir manche Vorlieben teilen und manche nicht. Dann gehe ich wieder und rechne kurz nach, ob ich das will, für ein paar Mark weniger, und laufe nebenbei zum Kühlschrank durch die stille Wohnung, tappe über die kalten Fliesen und stelle mich mit dem Glas in der Hand ins Bad vor den Spiegel. So ist das also, wenn man sich einlebt. Wenn man nicht weiß, ob man gleich so viel Gesellschaft will. Wo doch ein Mensch reicht.
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Der sich auflösende Trugschluß.
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Eng getaktet, alles zugesagt. Alles geplant und vorbereitet. Und dann die Salatbrühe, die aus der Plastikschüssel in die Welt flieht und vom frischen Hemd aufgefangen wird. Und dann steht man so da und denkt, daß man vom ersten Termin sowieso nicht wegkommen wird, und ab dem zweiten riecht man dann nach Essig und Öl und dem geliebten Hauch Paprika, und sowieso und überhaupt gibt es Tage, die man absagen möchte.
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Musik vielleicht, und da komme ich ja immer vom Hundertsten ins Tausendste, und überhaupt hat der hiesige Hersteller ganz wundervolle kleine Lautsprecher im Angebot. Und dahinter immer die Frage nach dem Danach. Was mache ich in zweieinhalb Jahren mit dem Geraffel? Bleiben werde ich hier nicht. Ich bewundere ja Menschen, die überall wirklich leben. Denen Orte anscheinend so egal sind. Die jeden Ort einnehmen können. Und morgen den nächsten, und da werfen sie ja nicht nur kleine Lautsprecher weg, die nicht mehr zum neuen Ort passen. Ob man da Gewinn und Verlust verrechnen kann?
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Ich schlafe überm Textheft ein.
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Der sich auflösende Trugschluß.
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Eng getaktet, alles zugesagt. Alles geplant und vorbereitet. Und dann die Salatbrühe, die aus der Plastikschüssel in die Welt flieht und vom frischen Hemd aufgefangen wird. Und dann steht man so da und denkt, daß man vom ersten Termin sowieso nicht wegkommen wird, und ab dem zweiten riecht man dann nach Essig und Öl und dem geliebten Hauch Paprika, und sowieso und überhaupt gibt es Tage, die man absagen möchte.
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Musik vielleicht, und da komme ich ja immer vom Hundertsten ins Tausendste, und überhaupt hat der hiesige Hersteller ganz wundervolle kleine Lautsprecher im Angebot. Und dahinter immer die Frage nach dem Danach. Was mache ich in zweieinhalb Jahren mit dem Geraffel? Bleiben werde ich hier nicht. Ich bewundere ja Menschen, die überall wirklich leben. Denen Orte anscheinend so egal sind. Die jeden Ort einnehmen können. Und morgen den nächsten, und da werfen sie ja nicht nur kleine Lautsprecher weg, die nicht mehr zum neuen Ort passen. Ob man da Gewinn und Verlust verrechnen kann?
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Ich schlafe überm Textheft ein.
06.12.12, 16:26 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Daß ich aber auch immer einen Tag hinterher bin, das wird mich irgendwann nochmal den Kopf kosten, verflixt.
30.11.12, 13:10 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Klein und leicht und irgendwie transparent. Sie sieht gern auf, denke ich.
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"Gut, daß Du da bist", sagt sie gleich. "Das Gespräch ist bisher eher so..."
Ja, denke ich, als wir sitzen und reden. Abschätzig, als säße sie überhöht zwischen den Unterhaltern. Dann doch wieder gern bereit, sich unterhalten zu lassen. Sie zeigt ihre Langeweile und verbirgt ihre Begeisterung. Wahrscheinlich muß das so, wenn man schön ist, denke ich.
#
Ich stehe in der Kabinentür und rede nach drinnen. Ja, ich bin der mit dem T-Shirt. Ein Radrennen, ja. Würde mich freuen, Dich zu sehen, sage ich. Aber man muß da schon ein wenig wahnsinnig sein.
Vom Treppenabsatz pfeift es. Komm, Wahnsinniger, lacht es da.
#
Das Motivationsmonster.
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Wie man Menschen verkennt. Wie ich Menschen verkenne. Immer. Das ist nicht schlimm, ich mache das gern. Ich muß nicht treffen. Ich ziele ja nicht einmal.
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Es fahren keine Bahnen mehr. Personenschaden, sagen sie, und dann noch viel Unverständliches. Es schneit und regnet, es ist spät, und ich muß raus aus der Stadt. Komm zu mir, leuchtet es da, in meine Richtung läuft es noch.
Ich trotte los. Nicht einmal neun Kilometer, sagt das Steicheltelefon. Eine Stunde, vierzig Minuten. Hundert Minuten, denke ich. Hundert Schritte je Minute, wie mir ein alter Haudegen mal verriet. Nach zehn Minuten bin ich nass. Nach achtzig Minuten bin ich da.
Ich bin da, antworte ich. Hab vielen Dank. Als ich am Bahnhof vorbeikomme, strömen die Fahrgäste heraus. Die Bahnen fahren wieder. Aber auf Bahnen habe ich ja noch nie gewartet.
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Aber brenna duat's guat.
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"Gut, daß Du da bist", sagt sie gleich. "Das Gespräch ist bisher eher so..."
Ja, denke ich, als wir sitzen und reden. Abschätzig, als säße sie überhöht zwischen den Unterhaltern. Dann doch wieder gern bereit, sich unterhalten zu lassen. Sie zeigt ihre Langeweile und verbirgt ihre Begeisterung. Wahrscheinlich muß das so, wenn man schön ist, denke ich.
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Ich stehe in der Kabinentür und rede nach drinnen. Ja, ich bin der mit dem T-Shirt. Ein Radrennen, ja. Würde mich freuen, Dich zu sehen, sage ich. Aber man muß da schon ein wenig wahnsinnig sein.
Vom Treppenabsatz pfeift es. Komm, Wahnsinniger, lacht es da.
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Das Motivationsmonster.
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Wie man Menschen verkennt. Wie ich Menschen verkenne. Immer. Das ist nicht schlimm, ich mache das gern. Ich muß nicht treffen. Ich ziele ja nicht einmal.
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Es fahren keine Bahnen mehr. Personenschaden, sagen sie, und dann noch viel Unverständliches. Es schneit und regnet, es ist spät, und ich muß raus aus der Stadt. Komm zu mir, leuchtet es da, in meine Richtung läuft es noch.
Ich trotte los. Nicht einmal neun Kilometer, sagt das Steicheltelefon. Eine Stunde, vierzig Minuten. Hundert Minuten, denke ich. Hundert Schritte je Minute, wie mir ein alter Haudegen mal verriet. Nach zehn Minuten bin ich nass. Nach achtzig Minuten bin ich da.
Ich bin da, antworte ich. Hab vielen Dank. Als ich am Bahnhof vorbeikomme, strömen die Fahrgäste heraus. Die Bahnen fahren wieder. Aber auf Bahnen habe ich ja noch nie gewartet.
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Aber brenna duat's guat.
20.11.12, 11:40 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Dicker weißer Nebel, der sich auf meiner Brille niederschlägt. Der das grelle Licht meiner Stirnlampe bremst und aufsaugt. Ich überschlage kurz, wie oft ich diesen Weg schon gefahren bin und komme auf etwa hundert Mal. Aber diese Abzweigung, die mich plötzlich auslacht? Ich kann mich an einen Wasserturm erinnern. Der müsste etwa hundert Meter links von mir sein, und jeden Abend wundere ich mich, daß ich ihn morgens übersehen habe. Und hundert Meter sehe ich sowieso nicht. Fünf vielleicht, denke ich und holpere durch ein Schlagloch, das ich übersehen habe. Vier also.
Nur beim Teer, da bin ich mir sicher. Schotter war da keiner. Jetzt schon. Ich bin also falsch. Aber immerhin geht es bergab, und so habe ich noch immer die schönsten Strecken gefunden. Von vorne höre ich die Autobahn. Das heißt nicht viel, denn hier kreuzen sich zwei, und weil das alles verkehrsplanerisch etwas in die Hosen gegangen ist, gibt es einen ganzen Wust von Verbindungen, Kurven, Abzweigungen und ähnlichem. Dazu die Auffahrten für die Fahrzeuge der Straßenmeistereien, für den Rettungsdienst und die Polizei und einen Wahnsinnigen mit dem Fahrrad.
Die Autobahn habe ich also gefunden. Eine Autobahn. Ich kann nicht weit genug sehen, ob es nun vier oder fünf Spuren in jede Richtung sind. Der Nebel tropft mir von der Nasenspitze und trieft mir in die Hosen. Die Einkäufe im Rucksack sind schwer, und bei Nacht und Nebel können mich eh alle.
Können ja sowieso nicht schnell fahren. Man sieht ja nix. Ich steige also vom Rad und sprinte zur Fahrbahnmitte. Die ist aus Beton und einen guten Meter hoch. In der Mitte Erde und eine frisch gepflanzte Hecke.
Da hocke ich dann, das Rad an der Hand, und um mich bricht die Hölle los. Autos sind ziemlich schnell, wenn man auf dem Mittelstreifen einer Autobahn steht. Aber nachts ist hier nie etwas los, denke ich der Realität entgegen, bis die ein Einsehen hat und der Verkehr nachlässt. Das muß ein Schwung von einem der ampelgeregelten Zubringer sein, denke ich, denn jetzt kommt wieder keiner mehr. Ich hüpfe also vom Tableau und schiebe das Rad flott weiter. Autobahnteer fühlt sich anders an, denke ich, aber den hat man ja auch selten unter den Schuhen. Ich zähle fünf Spuren, also kreuze ich die richtige Straße. Schön.
Die Standspur hat keine solche Auffahrt wie auf der Gegenseite, und so finde ich einen weiteren kleinen Denkfehler in der Verkehrsplanung. Niemand hat an kreuzende Radler gedacht. Dafür an Leitplanken und eine Menge Gestrüpp. Aber das geht unter im Lärm der nächsten Verkehrswelle.
Richtung Osten, denke ich, und was einem als Ingenieur nicht alles passieren kann. Abenteuer des Bürohengstes, grinse ich. Könnte man sicher irgendwelchen Outdoorarschgeigen als Event verkaufen, aber vielleicht bin ich gerade auch nur ein wenig frustriert, weil ich hier stehen muß, während die anderen Fallschirmspringen, ein Abendessen kochen oder vor dem Fernseher sitzen. Die Lage ist also hoffnungslos, aber nicht ernst, und ein paar Meter weiter ist auch schon eine Lücke im Gebüsch. Leere Papiertüten vom örtlichen Müllverarbeiter-Drive-In, Flaschen und Dosen haben die Hecke wohl erdrückt. Man läuft seltsam im Müll, und vielleicht muß man das auch mal gemacht haben. Ich stoße auf einen Weg, folge ihm in Richtung Osten, und knapp zwei Stunden später hole ich einen famosen Zwiebelkuchen aus meinem kleinen Ofen. Nur Fernseher habe ich keinen. Brauche ich nicht.
Nur beim Teer, da bin ich mir sicher. Schotter war da keiner. Jetzt schon. Ich bin also falsch. Aber immerhin geht es bergab, und so habe ich noch immer die schönsten Strecken gefunden. Von vorne höre ich die Autobahn. Das heißt nicht viel, denn hier kreuzen sich zwei, und weil das alles verkehrsplanerisch etwas in die Hosen gegangen ist, gibt es einen ganzen Wust von Verbindungen, Kurven, Abzweigungen und ähnlichem. Dazu die Auffahrten für die Fahrzeuge der Straßenmeistereien, für den Rettungsdienst und die Polizei und einen Wahnsinnigen mit dem Fahrrad.
Die Autobahn habe ich also gefunden. Eine Autobahn. Ich kann nicht weit genug sehen, ob es nun vier oder fünf Spuren in jede Richtung sind. Der Nebel tropft mir von der Nasenspitze und trieft mir in die Hosen. Die Einkäufe im Rucksack sind schwer, und bei Nacht und Nebel können mich eh alle.
Können ja sowieso nicht schnell fahren. Man sieht ja nix. Ich steige also vom Rad und sprinte zur Fahrbahnmitte. Die ist aus Beton und einen guten Meter hoch. In der Mitte Erde und eine frisch gepflanzte Hecke.
Da hocke ich dann, das Rad an der Hand, und um mich bricht die Hölle los. Autos sind ziemlich schnell, wenn man auf dem Mittelstreifen einer Autobahn steht. Aber nachts ist hier nie etwas los, denke ich der Realität entgegen, bis die ein Einsehen hat und der Verkehr nachlässt. Das muß ein Schwung von einem der ampelgeregelten Zubringer sein, denke ich, denn jetzt kommt wieder keiner mehr. Ich hüpfe also vom Tableau und schiebe das Rad flott weiter. Autobahnteer fühlt sich anders an, denke ich, aber den hat man ja auch selten unter den Schuhen. Ich zähle fünf Spuren, also kreuze ich die richtige Straße. Schön.
Die Standspur hat keine solche Auffahrt wie auf der Gegenseite, und so finde ich einen weiteren kleinen Denkfehler in der Verkehrsplanung. Niemand hat an kreuzende Radler gedacht. Dafür an Leitplanken und eine Menge Gestrüpp. Aber das geht unter im Lärm der nächsten Verkehrswelle.
Richtung Osten, denke ich, und was einem als Ingenieur nicht alles passieren kann. Abenteuer des Bürohengstes, grinse ich. Könnte man sicher irgendwelchen Outdoorarschgeigen als Event verkaufen, aber vielleicht bin ich gerade auch nur ein wenig frustriert, weil ich hier stehen muß, während die anderen Fallschirmspringen, ein Abendessen kochen oder vor dem Fernseher sitzen. Die Lage ist also hoffnungslos, aber nicht ernst, und ein paar Meter weiter ist auch schon eine Lücke im Gebüsch. Leere Papiertüten vom örtlichen Müllverarbeiter-Drive-In, Flaschen und Dosen haben die Hecke wohl erdrückt. Man läuft seltsam im Müll, und vielleicht muß man das auch mal gemacht haben. Ich stoße auf einen Weg, folge ihm in Richtung Osten, und knapp zwei Stunden später hole ich einen famosen Zwiebelkuchen aus meinem kleinen Ofen. Nur Fernseher habe ich keinen. Brauche ich nicht.
14.11.12, 10:08 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Rehbraun wie Zündkerzen an gut eingestellten Vergasermotoren.
05.11.12, 13:19 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Was ist schon richtig?
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Drachen sollen fliegen.
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Ich bekomme nach vielem Hin und Her einen Platz im Bus. Stehe im Regen an der Haltestelle. Bin mir plötzlich so sicher, zu spät zu sein, daß ich weitergehe.
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Wie ich dem lächerlich Sparsamen eine Kiste aus dem Kreuz leierte. Stell eine Kiste auf die Bar, sagt er, als ich mich unter dem Türchen bücke. Langsam stelle ich mich wieder auf, gehe auf ihn zu, nehme seine sauberen in meine schmutzigen Hände. Drücke zu. Bedanke mich so laut, daß alle lachen. Er mosert und zahlt.
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Wonderful tonight.
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Wie ich dann doch noch in den Bus kam. Ich werde abgeholt. Auf Sommerreifen ins Dorf. In ein Zimmer, wo zwei essen und ein Fernseher redet. Auf den Weg, den wir alle nicht kennen. Schneegestöber, Gäuwinden. Wir kommen noch rein. Ich blinzle im Licht, und dann bin ich weg. Ich weiß doch auch nicht.
#
Die größte Bäurin ist die kleinste. Wir stehen auf den Zehenspitzen. Einer schwenkt drei hautfarbene Büstenhalter, einen roten. Die meisten Kühe, wird sie angekündigt. Die Tochter des Bauern, und wir lachen und tanzen. Was eben so erzählt wird, während laute Musik läuft, und was man schon weiß und dann irgendwann wissen wird.
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Der Kleine und ich und unser Tanz.
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Die zwei Tölpel mit ihren Hüten, den deutschen Farben und ihren Kesseln. So schlimm bin ich nicht, denke ich, und dann, wie einfach es ist, sich zu erheben.
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Die Drehbar. Wir stellen uns an, kommen ins Gespräch, lachen und schauen der Bedienung zu. Einer fasst über den Rand an den Knopf, einer an ihren Hintern. Gleich wütend, jedes Mal. Ich bin zu alt für euch, lacht eine. Ich lache müde mit, der Kleine tippt ihre Nummer ein.
#
Auf einer Kiste sitzen und singen wir, daß die Flaschen kullern, und uns erzählt eine vom roten BH, den sie hergeben mußte. Es mault einer, daß er aufstehen müsse, und da trifft er den Falschen und stellt sich schlafend.
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Irgendwann im Roten Hahn. Irgendwann mache ich den Fuchs. Die Jacke im Auto, die Schlüssel in der Jacke, und ich läute "Like a Rolling Stone" auf der Türklingel.
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Morgens dann Meldungen, und ich freue mich sehr.
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Drachen sollen fliegen.
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Ich bekomme nach vielem Hin und Her einen Platz im Bus. Stehe im Regen an der Haltestelle. Bin mir plötzlich so sicher, zu spät zu sein, daß ich weitergehe.
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Wie ich dem lächerlich Sparsamen eine Kiste aus dem Kreuz leierte. Stell eine Kiste auf die Bar, sagt er, als ich mich unter dem Türchen bücke. Langsam stelle ich mich wieder auf, gehe auf ihn zu, nehme seine sauberen in meine schmutzigen Hände. Drücke zu. Bedanke mich so laut, daß alle lachen. Er mosert und zahlt.
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Wonderful tonight.
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Wie ich dann doch noch in den Bus kam. Ich werde abgeholt. Auf Sommerreifen ins Dorf. In ein Zimmer, wo zwei essen und ein Fernseher redet. Auf den Weg, den wir alle nicht kennen. Schneegestöber, Gäuwinden. Wir kommen noch rein. Ich blinzle im Licht, und dann bin ich weg. Ich weiß doch auch nicht.
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Die größte Bäurin ist die kleinste. Wir stehen auf den Zehenspitzen. Einer schwenkt drei hautfarbene Büstenhalter, einen roten. Die meisten Kühe, wird sie angekündigt. Die Tochter des Bauern, und wir lachen und tanzen. Was eben so erzählt wird, während laute Musik läuft, und was man schon weiß und dann irgendwann wissen wird.
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Der Kleine und ich und unser Tanz.
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Die zwei Tölpel mit ihren Hüten, den deutschen Farben und ihren Kesseln. So schlimm bin ich nicht, denke ich, und dann, wie einfach es ist, sich zu erheben.
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Die Drehbar. Wir stellen uns an, kommen ins Gespräch, lachen und schauen der Bedienung zu. Einer fasst über den Rand an den Knopf, einer an ihren Hintern. Gleich wütend, jedes Mal. Ich bin zu alt für euch, lacht eine. Ich lache müde mit, der Kleine tippt ihre Nummer ein.
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Auf einer Kiste sitzen und singen wir, daß die Flaschen kullern, und uns erzählt eine vom roten BH, den sie hergeben mußte. Es mault einer, daß er aufstehen müsse, und da trifft er den Falschen und stellt sich schlafend.
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Irgendwann im Roten Hahn. Irgendwann mache ich den Fuchs. Die Jacke im Auto, die Schlüssel in der Jacke, und ich läute "Like a Rolling Stone" auf der Türklingel.
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Morgens dann Meldungen, und ich freue mich sehr.
16.10.12, 16:25 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Jetzt noch den Winter überstehen.
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