Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 4. 09 22

04.09.22, 19:14 | 'Egalitaeten'
Sich ins Unvermeidliche fügen.
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Sonntag, 20. 03 22

20.03.22, 18:27 | 'Egalitaeten'
Einer absehbaren Niederlage durch ein frühes Aufgeben zu entgehen, erzeugt allein schon diesen bitteren Niederlagengeschmack.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Sonntag, 26. 12 21

26.12.21, 15:39 | 'Egalitaeten'
Es mag ein Jahresende werden, in dem Zeit zum freien Denken bleibt. Dazu gehört für mich eine Einschränkung des Konsums - von fremden Produkten ebenso wie von fremden Gedanken. Es gilt, eine Bilanz aufzusummieren von all den Wundern, die mich überfallen haben, und all den Enttäuschungen, über die ich allzu tief gestolpert bin. Vielleicht lassen sich diese Elemente nicht summieren, vielleicht sind sie nicht kommutativ, ganz sicher nicht. Getrennte Summen, vielleicht. Ich denke drüber nach, und über das, was mich frißt und das, was mich nährt. Neigen kann ich mich ja immer noch, wenn ich mich schon nicht mehr regen kann.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Montag, 5. 07 21

05.07.21, 23:08 | 'Egalitaeten'
Noch immer die Unsicherheit, wie man zu reisen hat. Wie ein Urlaub zu sein hätte.

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Eine Ausschreibung noch, nur eine.

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Immer wieder Zweifel am Beruf, und immer wieder der innere Ordnungsruf, daß es immer ein Produkt geben wird. Nichts ist nur Dienstleistung. Nichts nur digital. Die Physis verstehen, das Zusammenwirken von Befehlen und den Kräften, die sie ausführen. Effekte verstehen. In meinem Leben wird die Maschine wohl nicht mehr verlorengehen.

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Wie weit soll sie gehen, die Konsequenz? Was schützen, was ignorieren? Ich möchte keine Waage sein.

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Entlang aller Parkplätze stehen rauchende Grills, tragen Frauen triefendes Plastik zu überfüllten Mülleimern.

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Wir machen ein Feuer im Wald, das in den Abendhimmel raucht. Es dunkelt schnell, und trotzdem lassen wir es lieber ausgehen. Die Grillstelle ist gemauert, gepflegt und überdacht.

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Eine kalte Nacht in diesem Zelt, und es dauert, sich zu überwinden. Dann Lachen.

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Siebzigzwei, was in Ordnung ist für mein Alter, jedoch nie für meine Idee von mir.

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Was ich mir morgens alles denke auf dem Rad. Aus dem Haus, an den dunklen Fenstern und stillen Autos der Nachbarn vorbei. Ich quetsche mich an einem alten Wohnmobil vorbei, das den kurzen Radweg blockiert. Wo sollte es auch sonst stehen, aber noch haue ich keine Spiegel in Scherben. Müsste ja doch selbst darüber hinwegfahren, Tage und Wochen. Dann über eine Wiese holpern, ein schmaler Pfad führt auf der Grenze hinunter. Rechts Obstbäume. Weiter vorn ein kleiner Stall, ein paar Ammenkühe stehen gelassen im Gras, die langen Haare naß vom Tau. Durch das Industriegebiet, wo ich morgens manchmal die Besprechung der Gipser sehen kann. Was sie wohl besprechen mögen? In ein paar Minuten überholen mich ihre Busse auf dem Weg. Sie stellen ein, sagt eine große Werbeplane: "Gipser - und Stuckateure". Ob sie wissen, daß nur ein Leerzeichen sie rettet? Ich biege scharf um eine Ecke, der zur Sicherheit angebrachte Spiegel ist überwuchert und beschlagen. Eine Holzbrücke, die kaum ein Holzbrückengeräusch machen möchte. Ein neuer Radweg, angelegt zu Ehren der vierspurigen Schnellstraße, und damit man die länger bewundern kann, führt er über Kilometer im Zickzack. Und falls doch einer nachlässig wird in seiner Bewunderung, haben sie die scharfen Kehren entweder unter die Autobahnbrücke gebaut, wo sie morgens gern blank vor Nässe ist, oder in jede Kehre ein Gebüsch gepflanzt, das sicher vielen Vögeln Heimat ist, in seiner Vielfalt jedoch zu allen Jahreszeiten schmierigen Schmutz in den Kurven verteilt. Bei dem Wetter sind sowieso überall Schnecken, und nach den ersten Kilometern gebe ich es auf, sie umfahren zu wollen. Es tut mir ja auch leid, daß ich kein Buddhist bin. Waren es die Buddhisten, die auf ihren Pilgerreisen mit dem Besen vor sich kehren, um nur ja kein Insekt zu töten, oder bin ich einer Legende aufgesessen? Einem Traum gar? Ich begegne dem alten Lehrer, der geruhsam läuft und aussieht, wie ich mir Rocky Balboas Trainingsrunden vorstelle. Den Film habe ich nie gesehen. Dem Lehrer begegne ich öfter, und wenn ich recht drüber nachdenke, bin ich mir nicht mehr sicher, warum ich ihm das Lehrerdasein zuschreibe. Ob er es selbst noch weiß, was er einst gewesen ist? Wieder Kurven, ein kleines Dorf, ein Weiler nur. In einem Hof ein alter Traktor, geschwärztes Glasfaserverdeck, ein kleiner Frontlader. Unterm Motor ein blauer alter Eimer, der direkt neben der Öllache auf dem Boden steht. Nun ja. Links Kühe, vermutlich Patientinnen, denn sie sind nur zu zweit und käuen nicht wieder. Rechts ein Mobilstall für Hühner, und ich bin mir sicher, daß er sich schon Jahre nicht bewegt hat. Ich kann hören, wie sie drinnen schon die Federn ausschütteln und auf die Türöffnung warten. Ein Gurren und Gackern. Ich möchte ja kein Huhn sein. Zu meiner Rechten ein alter Weiher, der langsam trockenfällt und überwuchert wird. Morast bleibt, Gestrüpp wächst. Links ein Hof, rechts eine Dauerweide mit steinernen Eckpfosten. Wieder Kühe, eine robuste Draußenrasse, Angus, wie der Sänger von AC/DC. Oder war es der Schlagzeuger? Das ficht mich nicht an, denn außer "Shook me all night long" hört sich für mich alles gleich an, passt zur immer gleichen Uhrzeit der Wilden, Verschwitzten, Trunkenen. Wie gern wäre ich wieder wild und verschwitzt und trunken, denke ich. Ein Auto überholt mich, es kennt den Schleichweg und spart sich den Stau. Schotter spritzt, der Weg ist zum Überholen nicht geeignet. Mir wäre es arg recht, wenn die Leute daheim arbeiten würden, denke ich. Zur Linken ein Hof, und ich grüße wie jeden Morgen kurz in den Himmel. Ein ganzes Leben lang tot. Rechts Schweine. Dann Pferde. Die ersten Autos stehen schon dort, gleich wird der Reitlehrer seine Schäfchen sammeln, die ihren Liebchen die Stiefel in die Flanken drücken werden. Der gemeinsame Ausritt in den Morgen, und wenn ich sehr biestig bin, stelle ich mir vor, daß sie sich anschließend im Reiterstübchen über das böse Patriarchat ereifern werden, das sie daran hindert, mehr Zeit in tristen Büros zu verbringen und weniger Glück auf den Pferderücken zu suchen. Noch ein, zwei Autos, und ich kann den Überholabstand schon am Motorenklang abschätzen. Ins Dorf, durchs Dorf, ein Gärtner lädt eben ein oder auf oder ab oder aus. Er tut das Gleiche abends, wenn ich wiederkommen werde, und jedes Mal winke ich ihm zu, und manchmal erkennt er mich sogar. Wir waren mal jung. Ein Haus, das langsam umgebaut wird, gekauft von einem, der seine Nachbarn selbst bestimmen möchte, ein Knaupen, sagt man hier und meint das doch sehr ehrfürchtig. Kurz steil, dann überquere ich die Straße in einer unübersichtlichen Biegung, in der mir noch nie etwas passiert ist. Neue Häuser, wie Blöcke spielen sich auch die kleineren auf. Ein riesiges, verspiegeltes Tor aus blankem Blech. Eine alte Gastwirtschaft mit Stall haben sie abgerissen, und ich habe nie ein Bild davon gemacht. Sie war schon lang geschlossen, aber ich konnte immer noch die Bauern sehen, die dort am Sonntag nach der Kirche eingekehrt sind. Vielleicht auch anstatt der Kirche, in diesem wüstgläubigen Nest weiß man ja nie. So trage ich zwinkernd fort, was der Opa noch zwinkernd gesagt hat, und in welcher Generation aus solchen Aussagen der Ernst verschwunden ist, weiß lange keiner mehr. Für Menschen wie mich hatten sie ja nicht einmal ein Wort. Die nicht zur Kirche gehen. Man muß den Großeltern ja nicht alles sagen. Dann auf, auf, die Alb ruft. Der Gang klein, die Anstrengung groß. An schlechten Tagen klicke ich aus. Bei Schnee und Eis schiebe ich. Holzstapel, Ziegen, die eine Landschaft ohne Wert erhalten sollen. Die Gemeinde muß die Ziegen mittlerweile anschaffen, die Zäune bauen, das alles unterhalten. Rechts ein Grill- und Spielplatz. Am Abend werden hier die Autos aus dem Dorf parken, von hier laufen sie alle los, um ihre Hunde zu lüften und erleichtern. Man möchte unten im Dorf nicht zu Fuß gesehen werden, sage ich immer, und wenn sie mich knorrigen Radler so anschauen, glaube ich mir manchmal sogar. Oben Weite, ein Tal wie eine riesige Badewanne, an den Rändern Wald, der weit nach oben reicht. Hier hat einer den zweiten Schnitt gemacht am Wochenende, dort hat es die Gerste nun doch niedergelegt, Regen und Wind zur Unzeit tun das böse Werk, ohne böse zu sein. Ein Kalkweg, es hoppelt hochfrequent im Lenker. Ich fahre in Richtung Wald, wenn mir nicht wieder der Kaminfeger entgegenkommt, der den Waldweg als Abkürzung und seine Jägerei als Ausrede dafür hernimmt. Man möchte Steine schmeißen, aber die sind hier so klein. Bevor ich ins Dunkel, in die Waldweld, feucht und duftend, eintauche, sehe ich das Tal, das wie immer in dichten Nebeln hängt. Manchmal halte ich hier an und mache ein Foto, nenne das den Luxus meines Arbeitsweges. Im Wald eine Bank und ein Wasserbecken, und immer schon wollte ich beim nächsten Mal ein Bad drin nehmen. Beim nächsten Mal dann. Am Waldrand beginnt der Asphalt, bis hierhin gelangen die Läufer, die Spaziergänger, die Hundelüfter. Wenn ich spät dran bin, lerne ich stets neue Arten kennen, mit denen Menschen andere an der Fortbewegung hindern können. Heute scheinen sie noch zu schlafen. Nur aus den Wohnsilos quellen die Autos, sie überholen mich fauchend, hinterlassen weiße Dampfschwaden. Die meisten davon werde ich auf dem Parkplatz wiedersehen. Doch erst durch die kleine Stadt, herausgeputzt, und doch stehen an den Straßenrändern nur die rußverschmierten Transporter der Rumänen, die hier eine Arbeit machen. Ein kleines Café, das zur Straße Eis verkauft, doch nicht morgens und nicht abends, also nicht mir. Eine Kreuzung, auf der ich Vorfahrt habe, und einmal habe ich das sogar versucht. Ein Kreisverkehr, eine lange Ausfahrt aus der Stadt, einige zeigen mir die blecherne Überlegenheit ganz nah und deutlich. Über die Brücke, ein letzter Anstieg, und mittlerweile weiß ich schon, daß ich hier oft beobachtet werde. Ich richte die Weste wie ein Etappensieger, nestle am Rucksack nach dem Ausweis und freue mich, daß auch für mich eine kleine Schranke nach oben weicht, als wäre ich jemand, für den Schranken so etwas für gewöhnlich tun. Menschen steigen aus einem Bus. Am Radparkplatz hinter den dichten Hecken höre ich die Raucher husten.
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Sonntag, 15. 03 20

15.03.20, 13:57 | 'Egalitaeten'
Nebenbei bemerkt, daß Ankündigungen und Anordnungen auch von offizieller Seite zwar noch über öffentliche Plattformen wie Radio oder Webauftritte verkündet werden, die Rezeption und Verbreitung jedoch ausschließlich über kommerzielle und quasiöffentliche Medien erfolgt. Unser Bürgermeister bei Facebook, die Vereine über Screenshots von E-Mails durch Whatsapp. Das Wissen sucht sich den schnellsten Weg, und es zeigt ihn auf. Was nun mit diesem Wissen, Behörden? Go with the flow? Oder die eigenen Kanäle entwickeln und verbessern? Und der Gedanke, niemanden zurückzulassen?
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Mittwoch, 17. 04 19

17.04.19, 00:15 | 'Egalitaeten'
Aus Wissen wird Gewissheit: Einsamkeit liegt am Einsamen.
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Donnerstag, 1. 03 18

01.03.18, 23:26 | 'Egalitaeten'
Großes Lob für meinen Text bekommen. Das freut mich besonders. Schon die Förderung eines sozialen Projektes zu beantragen ist ein Projekt für sich. Und wenn jeder tut, was er kann, dann bleiben mir eben die Bettelbriefe statt der Kabel und Fliesen. Mir soll es recht sein, und wie alt bin ich geworden, daß mir das recht sein soll.

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Diskussionen um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In der Mediathek ein wunderbarer Beitrag über das Meer - und der stammt nicht mal vom Sender selbst. Ich glaube, die Frage nach Kosten und Nutzen wird man beantworten müssen.

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An manchen Tagen denke ich, ich sollte mir tauglichere Klamotten zulegen, wenn ich merke, an wie vielen Ecken es durch die alte Winterjacke zieht. Eben war sie noch neu, denke ich, und daß ich sie quasi zum Abschluß des Studiums - aber nun.

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Diese Woche fahre ich aufgrund des kleinen Sturzes vom letzten Freitag, der unwirtlichen Witterung, langer Arbeitstage und nicht zuletzt kostenlosen Nahverkehrs mit dem Bus zur Arbeit. Während der Feinstaubtage kann ich meinen Werksausweis als Ersatz fürs Billetle, wie der Schwabe es nennt, nutzen. Leider wird mir mit jedem Tag im Bus früher schlecht beim Lesen, sodaß ich das neue Gerät kaum mehr nutze.

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Überhaupt das neue Gerät, mein Bilderbuch. Welch Zaudern und Zagen, bis ich mich durchgerungen hatte! Gebraucht erworben, heiß ersehnt, und dann saß ich stolz und stotternd vor Begeisterung auf dem Frisierstuhl und mußte mich dann innerlich wie äußerlich sehr zusammenreißen, damit ich nicht zucke und kein Ohr der Schere zum Opfer fiele, denn die Friseurin, die hatte genau dieses Bilderbuch übrig, kaum genutzt und nicht mehr gebraucht. Das, denke ich mir im Stillen, hättest Du auch einfacher haben können, statt Dich zu informieren und mit unnützem Halbwissen vollzustopfen: Daß es das Bilderbuch in "Generationen" gab, und daß die Bezeichnungen verwirrend sind, weil sie das Gerät und die Software darauf betreffen, und daß eine Lederhülle bald den Wert der Elektronik übersteigt. So weit sind wir schon, denke ich.

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Auch das Lesen hat sich verändert - ich habe mehr angefangene Bücher als je zuvor. Manche auf Papier und manche als Datei im Bilderbuch. Und da ich nach wie vor um meinen ersten Kauf herumschleiche, trage ich allerhand Leseproben mit mir herum. Und die halbe Gutenberg-Bibliothek. Mit Jünger angefangen, bis ich mich taub fühlte von all den Granaten. Auf Fallada gestoßen, den ich mich noch nicht anzufassen getraue. Jack Londons "König Alkohol", welch grausiges, göttliches Buch. Und trotzdem habe ich noch eines auf Papier bestellt und wußte selbst nicht recht, wozu. Mangelt es mir doch am Platz und an der Kontinuität, oft da zu sein, wo meine Bücher sind.

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Ein langer, überlanger Arbeitstag. Die Skizze eines Schuhregals, das in mir schon Monate reift, auf den Bildschirm gebracht. Noch schrecken mich die Plattenpreise, und sowieso fehlt einem Fremdzuschnitt der Bastelcharakter. Aber vielleicht werde ich dereinst nur Möbel aus Multiplex-Platten haben, und womöglich soll es so sein.

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Wenn mir dieser elende Schlafanzug passt, kaufe ich fünf davon!

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Der Lieferdienst disst mein Dorf geflissentlich: "Der Ort war geschlossen" steht da. Dabei ist nur Winter.

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Laktose- und glutenfreies Kochen. Ich seufze tief und denke an meine eigene Unverträglichkeit: Katzenhaare. Was sind wir doch alle verweichlicht und schwach.

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Schwach im Geiste auch die Schmierer, die gerade durch die Pressebilder ziehen. Zweck, Mittel und steinigen oder so. Ach ne, heiligen war das. Dabei läge mir das andere gerade näher.

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Die Überstunden summieren sich auf einen freien Monat. Huch, denke ich, als mir die Zahl bewußt wird. Da war was in diesem Winter, da ist was passiert, und vielleicht knackt deshalb das Kreuz verräterisch, als wäre ich schon Mitte dreißig.
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Montag, 26. 02 18

26.02.18, 23:22 | 'Egalitaeten'
Ein Spaziergang, zu dem wir uns trafen. Die Sonne, der Treffpunkt, das schnell ausgesuchte Ziel.Wir starteten also, etwas unglücklich gewählt im Nordosten eines größeren Hügels, liefen also erst einige Zeit im Schatten durch Weinberge. Wenigstens bergauf, so wurde mir warm. Dann durch den Wald, umrauscht von Autos, die sich den Hügel zwar ansehen, jedoch nicht erarbeiten wollten. Ich sah die Kennzeichen und die bräsigen Insassen, an manchen Stellen saßen sie in ihren Autos bei laufendem Motor, drinnen Kaffee und Kuchen auf der Mittelkonsole. So ein Fahrverbot, dachte ich, wäre eine tolle Sache, wenn es nur all die Städter in die Stadt fesseln könnte. Wir entkamen ihnen, als wir am Ziel, einer Gastwirtschaft mit Ausblick auf einen großen Parkplatz vorbeikamen. Eine Schranke, und kurz davor zwei Autos, auf dem engen Weg hoffnungslos verkeilt über dem Eifer, möglichst viel gefahren und wenig gelaufen zu sein. Es ist längst, denke ich mir, die Bequemlichkeit, die uns alle treibt, und den Balken in meinem Auge sehe ich wohl, der macht es nur noch bitterer. Ich kann ja auch kein besserer Mensch sein, nur ein Bruddler. Und man erwirbt sich ja auch kein Recht durch Radeln, kein Karma, sondern nur ab und an auf einer haltlosen Eisplatte einen schmerzenden Knöchel und etwas Zorn. Wir marschieren also zum einen Denkmal, dann zum anderen, das ich noch gar nicht kannte: einem großen, steinernen Turm mit Blick über den wogenden, kahlen Wald. Abstieg dann gemeinsam mit einer Familie mit drei Kindern. Zwei rutschten auf einer Eispfütze aus, ihr Geheul gellte weit durch den Wald, bis sich der Vater aufraffte, mit ihnen durch den harschigen Schnee zu rennen, bis die Eiskristalle stoben und funkelten. Drei Jungs, dachte ich vergnügt, drei Jungs und ich, wir würden uns schon jeden Tag müde kriegen.

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Spät am Abend in die Wohnung bei zwölf Grad. Zwei Decken, angenehmer Schlaf. Rossnatur, Vereckling, lobe ich mich und stoße wohlige Atemwölkchen aus, bevor ich einschlafe.

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Ich müsste die Morgende besser nutzen, denke ich mir abends, und dann denke ich an meine Mutter, die stets gesagt hat, daß abends die Faulen fleißig würden. Nun, jedenfalls am Abend habe ich mir nichts vorzuwerfen - die Wohnung ist in einer guten Stunde geputzt, bevor ich mich nach kurzer Telefonrast aufmache, ein bißchen Salat zu jagen. Maultaschen sind im Angebot, ich nehme einige Päckchen mit für meinen Anteil am Abendessen in der nächsten Woche. Gluten- und laktosefrei darf es sein, und ich versuche ja seit einigen Wochen, mich nicht darüber aufzuregen, daß man durch die Lektüre einiger Artikel auf obskuren Seiten im Netz zum Experten wird, Diagnose und Therapie erarbeitet und ebenso selbstverständlich davon ausgeht, daß einem natürlich nie ein Arzt helfen kann, da es keine Experten gibt. Ob denn Ärzte die tollen Artikel nicht lesen könnten, wende ich ein und höre, sie wollten nicht, sie könnten ja eh nichts finden. Ich atme und atme, und irgendwann wird auch dieser Sturm an mir vorüberziehen.

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Über Mittag erst im Intranet einen Aufruf gelesen, die bösen Viren und Bakterien zu bekämpfen. Ich denke noch was vom Kapitalismus, der die Arbeitskraft erhalten will, lese dann die Kommentare und muß schon wieder atmen. Zwischen Suppen- und Salattheke wird ein Desinfektionsspender benötigt, und an jeder Tür selbstverständlich. Ein Beitrag beschreibt unter vielfachem Beifall, wie einfach es ist, zu warten, bis andere die Türen öffnen, damit man die Klinken nicht anfassen muß. Türklinken scheinen für manche die Hölle zu sein, die ich erst dahinter vermutet habe, aber nun. Desinfiziert euch nur fleißig, denke ich und befördere mit den Fingern ein paar Kekskrümel von meinem Schreibtisch in den Mund. So eine Grippe scheint ja die Hölle zu sein. Fast so schlimm wie Türklinken. Ich bin gespannt, wann der erste Beitrag Gasmasken fordert - aber das traut sich dann doch keiner, hier im Autokonzern.

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In einem Achtzylinder mitzufahren hat dann schon was.

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Die Kassiererin trägt eine tolle Frisur, unter der nur wenige graue Haare hervorspitzen. Müde sieht sie aus und abgespannt. Abends bin ich sehr mitleidig mit den Müden, und in diesem Supermarkt sowieso. Mich graust es beim Gedanken, hier kassieren zu müssen. Lieber zur Müllabfuhr, denke ich, und in Gedanken fahre ich stolz mein Müllauto, als vor mir Waren vom Band fallen. Von meinen Vorgängern nachlässig darauf gehäuft und gestapelt, haben sich irgendwelche Verpackungen am Eingang zum Scanner verkeilt und schieben den ganzen Wust nach hinten, während das Band, von einem Sensor gesteuert, munter nach vorne zieht. Die Kassiererin schaut auf, müde und langsam, und ich nehme die zweite Hand zur Hilfe, versuche, meine Lebensmittel vor der quetschenden Masse zu retten und gleichzeitig nichts auf den Boden fallen zu lassen. Endlich stoppt das Band. Ohne ein Wort zerrt die Frau an den Verpackungen, es piept wieder regelmäßig an der Kasse, und ich kann nach und nach alles wieder zurück auf das Band legen. Als ich dran bin, schaut sie in meine Tüte. Welches Brot? Ich weiß es nicht, muß ich zugeben, um diese Uhrzeit sind die Reste zu ergattern, und Glück bedeutet, nicht ein Kilo Brot kaufen zu müssen, dessen ich in den paar Tagen bis zu seiner Versteinerung niemals Herr werden könnte. Baguette? frage ich vorsichtig, nachdem ich ebenfalls in die Tüte geschaut habe. Walnussbrot, sagt sie emotionslos, und ich zucke die Schultern, packe das Baguette, Gemüse, Käse, Salat und Maultaschen ein und bezahle. Auf dem Heimweg überlege ich, ob mein Baguette nun teurer geworden ist und wie ein solcher Fehler auffallen könnte. Bei der Unordnung und dem Schwund rund um dieses Backwarenregal überhaupt nicht, beschließe ich irgendwann, werfe den Kassenzettel weg und räume zuhause meine Einkäufe weg. Ich schneide und würze, brate schnell noch etwas Speck. Und nun sitze ich da mit meinem Salat und meinem Walnussbrot und meiner Scham, daß ich den Lebensmitteln dann doch so wenig Aufmerksamkeit widme.
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Samstag, 24. 12 16

24.12.16, 18:00 | 'Egalitaeten'
Aufraffen. Zusammenreißen.
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Montag, 1. 08 16

01.08.16, 17:18 | 'Egalitaeten'
Unruhig, rastlos.

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Man lobt mich am Telefon, und gemeinsam übergehen wir dem Umstand, daß ich abgelehnt habe. Man habe sich leider anders entschieden, heißt es, und in solchen Momenten wirken auch große Unternehmen sehr menschlich.

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Auf dem Heimweg zum traditionellen Konzert, das den Beginn der Sommerferien begleitet, ein Anruf, und dann sitze ich wie immer auf irgendeinem Traktor und zwinge Gras in eine Form. Es wird spät, es wird wieder früh, und ich bin müde, schmutzig und verschwitzt. Es ist nicht, wonach es aussieht, denke ich später, als ich gefragt werde, sondern es ist ganz ganz großer Spaß. Es ist die Arbeit, die mich so ermüdet, wie ich es mag.

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Schnelles Vorbereiten. Kuchen, Gemüse, Kartoffeln in Folie.

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Kein Kuß zur Begrüßung, und ich merke langsam, wie mich das belastet.

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Schweigen.

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Ein kleines Boot, wir sind zu zweit, und einer muß ja Kapitän sein. Ich versuche, stumm zu genießen, und irgendwann versuche ich nur noch, stumm zu bleiben. Innere Emigration kann ich.

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Wir ziehen die Boote am Wehr vorbei. Ich bin der einzige, der das Ziehen gewöhnt ist, denke ich. Die Doktorin sitzt als Ausgleichsgewicht im Boot - Gewöhn Dich nicht dran, rufe ich ihr zu, und die Leute lachen.

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So verbringe ich den Abend.

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Den Sonntag verbringen wir zu zweit.

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Grillen auf dem Balkon. Wie ich mich an Gemeinsamkeit gewöhne. Nur ganz selten noch wird mir alles zuviel, und dann verziehe ich mich an den einzig stillen Ort.

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Zwei Folgen einer alten Serie. Später Schlaf.

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Wie dösig und verkuschelt ich am Morgen sein kann.

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Sich einschleichende Rituale: Ich reinige den Spiegel, weil ich hier nur eine Handzahnbürste habe und für die Schaumspritzer verantwortlich bin. Ich reinige die Terrasse und räume den Grill weg. Ich putze die Kaffeemaschine. Bevor ich gehe, schnappe ich mir die von ihr gewaschenen weil naß dort vergessenen Kletterhosen. Ich bin gespannt.
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