Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

06.09.17, 00:58 | 'Public preview'
"Mehr erzählen", schrieb ich gerade, und seit Neuestem muß ich ja wieder nachschauen, wo in der wörtlichen Rede das Komma hinkommat, also kommt. Keine Wortspiele, wenn Du Dich über Deine eigene Rechtschreibung beklagst, Texaner! sage ich mir, ganz ohne Anführungszeichen. Überhaupt rede ich ja wenig derzeit, vielleicht entschuldigt das meine Schwäche. Nein, tut es nicht. Ich finde Rechtschreibung wichtig und glaube, daß zum Spielen damit das Beherrschen dessen gehört. Beklagenswert, daß dem längst verblichenen Genitiv nun auch noch der Akkusativ folgt, der, verkürzt durch "nen" dabei auch noch die Geschlechter mit sich reißt. "Nen Geschlecht", sagen sie, und der eine oder die andere mag das sogar befürworten. Aber was wollte ich? Mehr erzählen.
Nun, der Tag. Ich saß noch am Schreibtisch, als der Tag begann, und wühlte mich durch Latex-Foren und Beschreibungen von Funktionen, die mir alle nicht recht helfen wollten. Bevor ich zu Bett ging, tat ich etwas, das ich seit dem Ende des Studiums nicht mehr getan hatte: ich schrieb einen Forenbeitrag. Dann war Licht aus. Um sechs klingelte der Wecker, und ich war wach. Weil ich aber um meinen guten Schlaf und diesen auch noch sehr zu schätzen weiß, drückte ich den Knopf für die zehn Minuten und wachte eine Stunde später wieder auf. Ich messe meinen inneren Wohlstand daran, ob ich die Kaffeemaschine morgens in korrekter Reihenfolge bedienen kann. Sagen wir so: heute hatte ich eine Tasse mit Milch und Zucker neben der Kaffeemaschine stehen, noch kein Pulver im Sieb und keine Idee, wie ich an Wasser kommen könnte. Gibt ja so Tage. Ein Kaffee also direkt für und in den Kopf, einen fürs Büro in mein geliebtes Erbstück, die Thermoskanne mit Ledereinband. Ein bißchen Zeit im Bad und unter Wasser verbringen, und eingedenk der nächtlich kalten Zehen zu beschließen, mit dem Auto zu fahren, diese beiden Tätigkeiten gingen nahtlos ineinander über und sozusagen Hand in Hand. Die Hände schlossen derweil das Fahrrad vom Balkongeländer, also radelte ich dann auch. Eh keine Jacke dabei. Braucht keiner, auch wenn die Finger morgens schon kühl werden. Die Mutter mit dem Kind und ihre beiden Elektroräder kamen mir nicht entgegen, ich war also reichlich spät dran. Feste getreten, auf den Lenker geschaut und den Vorbau, der von seinem Schwarz langsam in ein leuchtendes Gold wechselt. Was so ein bißchen Schweiß nicht alles anrichtet, wenn er auf die richtigen Stellen fällt, denke ich mir, aber das wäre dann doch zuviel verlangt für einen normalen Angestellten. Im Büro mache ich Bürosachen, und nebenher arbeite ich ein wenig. Dann schaue ich doch kurz in das Forum und versuche einen Rat zu befolgen, der mir an dieser Stelle sehr hilft und mich an einer anderen in Teufels Küche bringt. Mir wird klar, daß ich mich seit Tagen mit den ersten drei Worten des Manuskriptes beschäftige, und mit dieser Klarheit gehe ich essen. Ab vier fliegt die Zeit, erst um halb sechs piept die Uhr und rasselt mein Fahrrad. War klar, daß es jetzt zu rasseln anfängt, das gute schwarze Rad hat intensive Pflege noch nie gemocht. Deshalb darf es auch gleich wieder draußen übernachten, und für eine halbe Stunde versinke ich in Wogen von Kaffee und Fluten von Internet. Dann einkaufen, ich habe noch Pilze da. Kaufe Fleisch dazu und denke an mein Basilikumbrot, das ich gebacken habe. Basilikum in jedes Brot! denke ich, als ich zurück bin, die Einkäufe ausräume und leeres Brot kaue. Leider sind die Pilze verdorben, die sind aber auch auf seltsamen Wegen bei mir gelandet. Nun, also Zwiebeln, Fleisch und allerlei Gemüse. Ich kippe Kidneybohnen drüber und nenne es morgen eine Westernpfanne, denn ich muß den erstaunten Kollegen ja immer erklären, was ich denn nun schon wieder in Plastik bei mir habe. Daß ich das tatsächlich immer alles essen kann, die Nüsse, Äpfel, Schokoladen, glauben sie mir mehr oder weniger murrend mittlerweile. Dann setze ich mich noch einmal an die lange Mail der Lektorin, aber meine Antwort bleibt kurz. "Das ist keine Werbung", steht als Anmerkung neben meinem Vorschlag für den Buchrücken, und sie weiß ja nicht, daß mir das ein Kompliment ist. Aber gut, überlege ich mir noch etwas für meinen Lebenslauf - "Studiert seitdem das Leben am Einzelexperiment" wurde ja bereits abgelehnt und gestrichen. Spaßbremsen. Dann, das Essen ist schon fast wieder kalt, esse ich auch noch einen Teller davon. Verrückt. Gab ja Zeiten, da habe ich hier nicht gegessen, sondern nur gewartet. Gehaust statt gelebt. Jetzt habe ich auf dem Sims sogar eine Wasserflasche stehen. In der ist aber Flüssigdünger in Wasser gelöst, also trinke ich nach wie vor aus meinem Messbecher. Immer einen Liter. Ich hatte ja von Anfang an Gläser hier, aber so ein Glas und ich, das passt nun mal nicht ganz. Also Messbecher, nun ja. Ich hatte noch eine Dokumentation über Wolfgang Güllich offen, die mir unglaubliche Lust auf Klimmzüge machte. Film, Pause, Klimmzüge, Film, undimmersoweiter. Nun schmerzen mir die Arme, ich habe auf die Tastatur geniest, und es ist gleich schon wieder elf. Hinterm Bildschirm gähnt mich ein frischbezogenes Bett an, diese Tätigkeit müssen wir uns oben zwischen Kochen und Essen noch irgendwo dazwischendenken. Mehr nicht.

Rauchzeichen




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