06.05.13, 12:59 | 'Highway 61 revisited'
Mich freitagabends noch an den Rechner zu setzen, kann ich mittlerweile. So denke ich kurz vor zehn.
Kurz nach zehn denke ich, daß da noch was war, und herrjeh, stürme ich in den Gammelhosen aus dem Haus, zu einer Probe, zu einem Bier, und davon kann ich erst in einigen Wochen erzählen.
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Eins noch im Jugendhaus nebenan. Da sitzen sie, stöbern in der Musik, spielen Kicker und unterhalten sich und uns. Erzählen Geschichten von Grüppchenbildung und davon, wie man sich verliert. Das hatten wir alles schon, denke ich, das ging dann über blutige Nasen bis zur Polizei. Aufhalten kann ich das nicht, also erzähle ich nur davon, wie das bei uns war, damals, und vielleicht bekommen sie das ja besser hin. Heute wird ja gleich mit Farbe gesprüht, werden große Böller gezündet, wird eingebrochen und Schnaps gestohlen. Na, wenigstens das ist uns auch passiert, lache ich. Bewegung im Dorf. Und irgendwann ist man aus dem Alter raus, tatsächlich, und erreicht die Jugendlichen nicht mehr auf ihrer Ebene, sondern nur noch von oben, von früher, irgendwann ist man anders. I'm losing my touch, denke ich, und History repeating, und daß ich sie alle furchtbar gern habe.
Dann ist es doch wieder vier.
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Ich mache ja sowieso zu wenige Bilder.
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Dafür klettere ich oft genug auf Leitern, daß es mir nichts mehr ausmacht, wenn die Leiter keinen Stand hat. Wenn es auf einer Seite noch ein paar Meter mehr bis zum Boden sind. Wenn ein Wind bläst, böig und kühl. Wenn ich dann doch beide Hände zum Schrauben brauche, anstatt mich festzuhalten, und wenn ich mich dann doch noch ein wenig zur Seite lehne, um besser in das Gewirr aus Kabeln zu sehen. Kein Hexenwerk, denke ich, aber als dann alles rutscht, fluche ich doch.
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Zu Mittag verteilen wir Arbeit. Ich ziehe die sitzende Tätigkeit, schraube neue Zinken an die Kreiselegge. Spüre einem schwitzenden Lager nach. Überlege kurz, wen ich denn anrufen würde, wenn das mit dem Abstützen doch nicht so recht klappen mag.
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Irgendwann schaue ich nach dem Wetter, sitze im Stallbüro und bin sehr müde.
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Ein frugales Frühstück, und es ist doch der Kaffee mit frischer Milch, die Himbeeren für das G'sälz aus dem eigenen Garten und das Brot aus der wundervollen Feierabendbäckerei im Nachbardorf, von der einer jetzt schon leben kann, weil man ihm das Brot schier aus der Hand reißt, an den zwei Nachmittagen, die er geöffnet hat.
Nur die Butter, denke ich, und genaugenommen denke ich der Butter, der Butter jedenfalls war früher in einem Tonkrug, geliefert von meiner Oma, die sie noch stampfte und salzte und mit jemandem zu uns schickte.
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Und wenn ich Andreas Altmann lese, kann ich seine Wut so gut nachvollziehen wie ich sie schlecht verstehen kann, weil bei mir alles so ganz anders war. Normalität anders definieren, lerne ich, und daß man mit dem Fangen vielleicht bei denen anfangen muß, die schneller fallen.
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Tausend Dinge, und an einem Eck anfangen, denke ich, also reiße ich weder die Batterie aus dem Motorrad noch die Steine aus der Terrasse, sondern bastle kurzerhand den großen Tisch für den kleinen Balkon. Messen, bohren, schrauben, sägen, ölen, und zwischendurch stehe ich ein paar Minuten bei einem, der gekündigt hat, und dem ich zutraue, daß er durchkommt, aber Reichtum nicht. Und viel später erst merke ich, daß er Reichtum gar nicht in Betracht zieht, genauso wenig wie er daran denkt, nicht durchzukommen, und diese Zuversicht macht ihn lachen und macht ihn fröhlich, und manchmal wünsche ich mir ein Stück davon, denn meine habe ich irgendwo verlegt, verloren, in den Zahnrädern der Industrie zerstückelt und zerquetscht. Und vielleicht ist das der Preis, mag sein, aber vielleicht ist auch nur alles wieder halb so wild.
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Ein Urlaub ist kein Urlaub ohne Eis, das habe ich mir einst sagen lassen, und das ist schön und wahr, und ich sehe ja gern meine Sonntage als Urlaub, wenn sie sonnig sind und schön und mit Eis. Und dann denke ich, daß ich früher einmal ehrgeizig war, und das steile Tal hinauffahren wollte, mit einer Hand am Lenker und der anderen am Eis, aber nie komme ich auch nur bis zum Waldrand, und immer ist das Eis schon weg.
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Die Störenfriede kommen mir entgegen, und ich denke an den Freitag und ans Predigen, aber ich kann an mir halten, Nicht meine Aufgabe denken und sie freundlich grüßen, und all das, ohne vom Rad zu fallen.
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Heute bin ich Kundschafter. Heute suche ich Ringe und Haken und Fels.
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Oben Blümchen, möchte ich sagen, aber wahrscheinlich hat wieder niemand diesen Film gesehen, in dem es am Rande um Blümchensex geht, mit Gänseblümchen und einem, der "Mehr Blümchen!" schreit.
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Und auf dem Rückweg, da komme ich vorbei am kleinen Allgäu, diesem Haus, von dem aus man keine anderen Häuser sieht, mit plätscherndem Bächlein und geschottertem Weg, und dann stehe ich schon da, grabe ein Loch mit dem Hund, und dann pflanze ich da einen Baum, schaue nach oben und denke "Check!", und der Hund kann ja nicht wissen, daß er den Baum jetzt nicht wieder ausgraben darf.
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Dann Kaffee und ein Weihnachtsgeschenk, ein wenig verspätet, mit wundervoller Karte und Widmung, und "Dreckspatz" steht da, und es gibt wenig Kosenamen, die besser treffen, und ich sage Danke, mein rotes Unglück, und da klingelt es auch schon, und ich sage Herrjehvergessenbingleichda.
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In der Hektik den falschen Overall erwischt.
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Noch schnell zur Bank, noch schnell dies, und dann stehe ich verschwitzt an einer roten Tür und läute, und drinnen tutet es aus allen Rohren, aber davon wollte ich ja noch nicht erzählen, erst demnächst dann mal.
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Der nächtliche Weg in die große Stadt. Wo alles anders ist. Wo anderes zählt und sich anderes bewegt. Wo die einen studieren und die anderen Kinder bekommen. Wo Hunde und Sport und Jobs Themen sind, wie anderswo Höfe und Traktoren und immer die Esel von nebenan.
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Über allem. Hinter allem. Immer noch. Du.
Kurz nach zehn denke ich, daß da noch was war, und herrjeh, stürme ich in den Gammelhosen aus dem Haus, zu einer Probe, zu einem Bier, und davon kann ich erst in einigen Wochen erzählen.
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Eins noch im Jugendhaus nebenan. Da sitzen sie, stöbern in der Musik, spielen Kicker und unterhalten sich und uns. Erzählen Geschichten von Grüppchenbildung und davon, wie man sich verliert. Das hatten wir alles schon, denke ich, das ging dann über blutige Nasen bis zur Polizei. Aufhalten kann ich das nicht, also erzähle ich nur davon, wie das bei uns war, damals, und vielleicht bekommen sie das ja besser hin. Heute wird ja gleich mit Farbe gesprüht, werden große Böller gezündet, wird eingebrochen und Schnaps gestohlen. Na, wenigstens das ist uns auch passiert, lache ich. Bewegung im Dorf. Und irgendwann ist man aus dem Alter raus, tatsächlich, und erreicht die Jugendlichen nicht mehr auf ihrer Ebene, sondern nur noch von oben, von früher, irgendwann ist man anders. I'm losing my touch, denke ich, und History repeating, und daß ich sie alle furchtbar gern habe.
Dann ist es doch wieder vier.
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Ich mache ja sowieso zu wenige Bilder.
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Dafür klettere ich oft genug auf Leitern, daß es mir nichts mehr ausmacht, wenn die Leiter keinen Stand hat. Wenn es auf einer Seite noch ein paar Meter mehr bis zum Boden sind. Wenn ein Wind bläst, böig und kühl. Wenn ich dann doch beide Hände zum Schrauben brauche, anstatt mich festzuhalten, und wenn ich mich dann doch noch ein wenig zur Seite lehne, um besser in das Gewirr aus Kabeln zu sehen. Kein Hexenwerk, denke ich, aber als dann alles rutscht, fluche ich doch.
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Zu Mittag verteilen wir Arbeit. Ich ziehe die sitzende Tätigkeit, schraube neue Zinken an die Kreiselegge. Spüre einem schwitzenden Lager nach. Überlege kurz, wen ich denn anrufen würde, wenn das mit dem Abstützen doch nicht so recht klappen mag.
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Irgendwann schaue ich nach dem Wetter, sitze im Stallbüro und bin sehr müde.
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Ein frugales Frühstück, und es ist doch der Kaffee mit frischer Milch, die Himbeeren für das G'sälz aus dem eigenen Garten und das Brot aus der wundervollen Feierabendbäckerei im Nachbardorf, von der einer jetzt schon leben kann, weil man ihm das Brot schier aus der Hand reißt, an den zwei Nachmittagen, die er geöffnet hat.
Nur die Butter, denke ich, und genaugenommen denke ich der Butter, der Butter jedenfalls war früher in einem Tonkrug, geliefert von meiner Oma, die sie noch stampfte und salzte und mit jemandem zu uns schickte.
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Und wenn ich Andreas Altmann lese, kann ich seine Wut so gut nachvollziehen wie ich sie schlecht verstehen kann, weil bei mir alles so ganz anders war. Normalität anders definieren, lerne ich, und daß man mit dem Fangen vielleicht bei denen anfangen muß, die schneller fallen.
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Tausend Dinge, und an einem Eck anfangen, denke ich, also reiße ich weder die Batterie aus dem Motorrad noch die Steine aus der Terrasse, sondern bastle kurzerhand den großen Tisch für den kleinen Balkon. Messen, bohren, schrauben, sägen, ölen, und zwischendurch stehe ich ein paar Minuten bei einem, der gekündigt hat, und dem ich zutraue, daß er durchkommt, aber Reichtum nicht. Und viel später erst merke ich, daß er Reichtum gar nicht in Betracht zieht, genauso wenig wie er daran denkt, nicht durchzukommen, und diese Zuversicht macht ihn lachen und macht ihn fröhlich, und manchmal wünsche ich mir ein Stück davon, denn meine habe ich irgendwo verlegt, verloren, in den Zahnrädern der Industrie zerstückelt und zerquetscht. Und vielleicht ist das der Preis, mag sein, aber vielleicht ist auch nur alles wieder halb so wild.
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Ein Urlaub ist kein Urlaub ohne Eis, das habe ich mir einst sagen lassen, und das ist schön und wahr, und ich sehe ja gern meine Sonntage als Urlaub, wenn sie sonnig sind und schön und mit Eis. Und dann denke ich, daß ich früher einmal ehrgeizig war, und das steile Tal hinauffahren wollte, mit einer Hand am Lenker und der anderen am Eis, aber nie komme ich auch nur bis zum Waldrand, und immer ist das Eis schon weg.
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Die Störenfriede kommen mir entgegen, und ich denke an den Freitag und ans Predigen, aber ich kann an mir halten, Nicht meine Aufgabe denken und sie freundlich grüßen, und all das, ohne vom Rad zu fallen.
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Heute bin ich Kundschafter. Heute suche ich Ringe und Haken und Fels.
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Oben Blümchen, möchte ich sagen, aber wahrscheinlich hat wieder niemand diesen Film gesehen, in dem es am Rande um Blümchensex geht, mit Gänseblümchen und einem, der "Mehr Blümchen!" schreit.
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Und auf dem Rückweg, da komme ich vorbei am kleinen Allgäu, diesem Haus, von dem aus man keine anderen Häuser sieht, mit plätscherndem Bächlein und geschottertem Weg, und dann stehe ich schon da, grabe ein Loch mit dem Hund, und dann pflanze ich da einen Baum, schaue nach oben und denke "Check!", und der Hund kann ja nicht wissen, daß er den Baum jetzt nicht wieder ausgraben darf.
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Dann Kaffee und ein Weihnachtsgeschenk, ein wenig verspätet, mit wundervoller Karte und Widmung, und "Dreckspatz" steht da, und es gibt wenig Kosenamen, die besser treffen, und ich sage Danke, mein rotes Unglück, und da klingelt es auch schon, und ich sage Herrjehvergessenbingleichda.
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In der Hektik den falschen Overall erwischt.
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Noch schnell zur Bank, noch schnell dies, und dann stehe ich verschwitzt an einer roten Tür und läute, und drinnen tutet es aus allen Rohren, aber davon wollte ich ja noch nicht erzählen, erst demnächst dann mal.
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Der nächtliche Weg in die große Stadt. Wo alles anders ist. Wo anderes zählt und sich anderes bewegt. Wo die einen studieren und die anderen Kinder bekommen. Wo Hunde und Sport und Jobs Themen sind, wie anderswo Höfe und Traktoren und immer die Esel von nebenan.
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Über allem. Hinter allem. Immer noch. Du.
systir   |  
06.05.2013, 18:50   |  
Und ich frage mich, warum denn wohl die Bilder die von oben die Füße zeigen aussehen, als würde da einer schweben.
texas-jim   |  
06.05.2013, 19:09   |  
Weil der Boden frisch geputzt ist und ich da in Gummistiefeln eigentlich nicht hingehöre, vielleicht. Oder es ist mal wieder nur die Perspektive.