Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 12. 09 22

12.09.22, 00:01 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Wieder eine Woche um. Ein komischer Gedanke ist das, und ich kann ihn weder verscheuchen, noch ihm etwas abgewinnen. Ich trauere der Woche nicht nach und werde doch diesen Gedanken nicht los, daß sie um sein soll.

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Wir sitzen und trinken französisches Bier aus kleinen Flaschen. Es wird spät.

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An einen der Wochentage kann ich mich kaum mehr erinnern. Selbst die Zeitachse auf meiner Karte ist nur ein kurzer, gerader Strich. Irgendwo war ich wohl, auf direktem Wege hin und zurück, ohne daß das Telefon dabei aufgewacht wäre. Dabei hatte ich es vermutlich, denn wer geht schon ohne Telefon aus dem Haus?

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Dann hatte ich noch einen Tag frei. Mais. Wir sind weit entfernt von daheim, und doch beißt es mich, daß ich all diese Leute vielleicht nicht mehr sehen soll, die ich sowieso nur drei, vier Mal im Jahr sehe. Überhaupt dieses Sehen; ich habe dabei den Eindruck, daß in mir mehr von manchen bleibt, als ich hinterlassen kann. Auch dieser Gedanke verlässt mich lange nicht, und auch diesen kann ich nicht den guten oder schlechten Gedanken zuordnen.

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Am anderen Tag bekomme ich einen Anruf ins Büro. Ob ich denn, fragt man, und vermutlich kann nur ich mich immer jubeln hören, wenn mich jemand anruft, um mich das zu fragen. "Bei den Leuten sein", hat meine Oma das immer genannt, wenn sie die Katzend entschuldigt hat, die ihr um die Beine strichen, auch wenn die wohl recht genau gewusst haben, wer nach dem Melken und nach dem Essen ihre Näpfe gefüllt hat. Es gibt sicher schlechtere Antriebe im Leben.

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Überraschend viel Zeit verbringe ich damit, mit SMARD-Daten zu spielen. Wie so oft stolpere ich über eine Aussage, deren Herleitung technisch falsch ist, deren Schlüsse ich bezweifle oder deren Basis mich interessiert. Hier trifft alles zu, und dazu kommt der überhebliche Duktus von jemandem, der sich Wissenschaftler nennt und mit einer Anstellung an einer Hochschule kokettiert. Ich komme aus den Daten also zu sehr anderen Schlüssen, und ich komme mit meinen eingeschränkten Analysemöglichkeiten dann doch überraschend weit, finde ich, auch wenn meine Annahmen grob und vereinfachend bleiben müssen. Ich bohre also weiter vor mich hin, berechne selbstgebastelte Faktoren des Leistungszubaus für Photovoltaik und Windkraft, sowie sehr einfache nötige Speichergrößen. Ich bin mir der Größenordnungen nach ein paar groben Rechenschnitzern sehr sicher und denke ehrfürchtig an den früheren Abteilungsleiter, der mir schulterklopfend versicherte, man könne sich kaum so sehr verschätzen, wie man sich verrechnen kann. Er hatte wohl recht. Nach eindringlicher Selbstgeißelung kann ich jedoch sagen, daß die Idee, Kern- und fossile Energie zur Stromerzeugung insgesamt durch Sonne und Wind zu ersetzen, eine Größenordnung an Bauten erfordert, die weder dieses Land noch die Welt bisher gesehen haben. Ganz zu schweigen von der Substitution dieser Primärenergien für andere Zwecke.

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An einem Abend mulche ich Senf, und ich mag den Duft und den Lärm und den kleinen Schlepper, der aus den Bergen kommt.

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Noch ein Abend außer Haus. Den verbringe ich in Wolken von Zigarettenqualm, wie ich das früher so gewohnt war. Wie schön, wie spät.

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Ein Tag am Telefon. Wie anstrengend das ist.

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Ein Abend am Telefon. Auch das sehr anstrengend, und dabei liegt die eigentliche Arbeit noch vor mir.

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Mir kommt es vor, als hätte diese Woche dann doch sehr viele Tage gehabt. Dabei waren es zu wenige, wie so oft.

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Viele Mails, viel Hin, viel Her, viele Internethändler und viele, die ich für Betrüger halte. Dann ein Herz gefasst, und die großen Scheine aus dem Verkauf des Rennrads müssen ja auch im Umlauf bleiben. Während der Fahrt ändern sich noch die Mengen, und so fahre ich in einem alten Diesel fast zweitausend Watt Photovoltaik gut hundert Kilometer durch die Gegend. Lang stehe ich dann in der Garage, halte das Modul in die Sonne, die zwischen den Wolken blitzt, und freue mich an dreihundertundachtzehn Watt auf der Anzeige. Vielleicht ist es gerade die wahnwitzige Diskrepanz zwischen dem, was fehlt, und dem wenigen, was man tun kann, die mich frei und wirksam und zufrieden macht. Es wird uns nicht retten, keinesfalls, und vielleicht arbeitet es sich in der völligen Sinnlosigkeit ja doch am freudigsten. Und im Gefühl, dann doch irgendwie zu denen zu gehören, die größere Geschäfte aus der Hosentasche abwickeln.

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Was habe ich dieses Jahr denn schon gekauft, frage ich am Abend, und tatsächlich fällt mir nichts ein. Größter Einkauf des Jahres also dieses PV-Modul.

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Cousinentreffen. Wir sind die große Generation, und wir sind die, die über die Stärke ihrer Bande selbst entscheidet. Dazu passt Kinderlachen, Gläserklingen, rote Wurst und Rauch.icht nach und werde doch diesen Gedanken nicht los, daß sie um sein soll.

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Ach. Radfahren war ich auch noch, sagt mein Fotoalbum. An welchem Abend ich das gemacht haben soll, das kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen."
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