Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 20. 03 16

20.03.16, 14:06 | 'Heller als tausend Sonnen'
Was schön war. Pursuit of happiness.

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Lang geredet mit zwei hübschen Damen an der Bar. Überhaupt mal wieder hinter der Bar gestanden. Dort taue ich auf, dort tanze ich, dort singe ich am liebsten. Ich sollte eine Bar aufmachen, denke ich manchmal. Aber am nächsten Tag habe ich dann wieder mein Stimme gegen einen Kater eingetauscht und bin mir nicht mehr so sicher.

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Mit dem Vetter Holz gespalten im Wald. Nur die Bodenstücke waren noch übrig, die man allein nicht heben kann. Und ich da mit meiner Wut und meiner Verzweiflung und meinem Wissen, daß es eben doch helfen kann, zu wüten, statt nur wütend zu sein. Das mag männlich und überkommen sein, aber leiden mußten es nur die Hurgel, die abgesägten Stämme mit den riesigen Kalibern, und mein Rücken. Ich knie auf dem Boden im weichen Moos, angenehm kühl und erdtrocken, ich zwänge die Hände unter den Stamm und spanne mich, mache das, was den Menschen von der Maschine scheidet, ich rucke an, überlaste Muskeln, Gelenke und alles, es ist nämlich der Wille und die Wut und die Anstrengung, und als ich den Hurgel einige Zentimeter oben habe, hebe ich ein Knie, stelle den Fuß ab und stehe auf, mit einem gutturalen Geräusch, ohne jede Artikulation, ohne Aussage, ohne Gedanken, nur das Geräusch der Wut und der Kraft und der Anstrengung, und so verbringe ich den Tag, während der Vetter vor und zurück fährt, um den Spalter zu mir zu bringen, und ich rede den windischen Huren gut zu, wenn die knorrigen Äste und die Verwachsungen, die dem steilen Boden und dem starken Wind am Trauf widerstanden haben, auch dem Spalter mit seiner Hydraulik von achtzehn Tonnen widerstehen, Du wirst doch wohl, Du Drecksau, sage ich dann freundlich in meiner Umklammerung, die Hände an den Bedienhebeln, die Knie um den Stamm geklammert, und ich stelle mir kurz vor, meine Wut und Gewalt gälte einer Person, von der ich doch nur den Namen kenne und das Vorrecht Deiner Wärme, aber das ist mir dann doch zu archaisch, da ist zuviel Zivilisation in mir und der kleine Teufel Ironie, der mir auf den geschundenen Schultern sitzt und mir immer meine eigene Lächerlichkeit erklären muß, der grinst auch schon wieder, und dann hämmere ich mit der Axt einen Keil in das Holz, das knistert und knackt und sich widersetzt, bis es schließlich keinen Mucks mehr tut, bis meine weiten Schläge, mit ganzem Körper und ganzer Kraft geführt, auf einen elend federnden Keil treffen, der zittert und sich nicht rührt, daß mir der Griff in der Hand vibriert und die Axt abspringt, und ich stelle mich breiter, noch ziehender, spüre den Schwung und die Wut in den Händen, den Armen, Schultern, durch die Brust bis in den Bauch hinab, wo sich wieder ein solch wortloses Grollen Bahn bricht, bis mir die Schweißtropfen um die Ohren fliegen und der Vetter, dieser gemeißelte Mann, dieser schwellende Körper sagt, was ich für ein Gewaltigel sei, und da bricht der Stolz durch den Verstand, durch den Körper, die Hammerschläge nehmen an Wucht zu, als ob das noch möglich wäre, und ein Zittern geht durch den Stamm, und am Ende habe ich sie alle erlegt, mit zitternden Armen und versagender Stimme sitze ich im Heizraum und halte mich an einer Flasche Bier fest, und manchmal muß man das Lächerliche ja tun und die Wut um sich schlagen lassen. Ich kann meine Monster nicht immer halten, sie wollen rauben, morden und plündern, und wenn sie das im Holz tun, soll mir das recht und billig sein, denn mit der Kraft verschwindet die Spannung im Keil und im Scheiten der Stämme, und es bleiben die zitternden Arme, die schmerzenden Finger und der müde, runde Rücken, wie es denn ab und an sein muß. Hier sitze ich, ich kann nicht anders, und den ganzen Tag hat er geschwiegen und zugehört, und dann sagt er das Richtige, daß wir heute abend noch eins trinken werden, und er lacht und ich lächle müde, ein geschlagener Krieger, eine erneute Niederlage, aber tot, tot bin ich noch nicht, denn das Leben selbst widersteht dem Tod wie das Holz dem Scheit.

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Neben Dir auf der Liege, und alle Fragen gestellt, die wenigsten beantwortet, aber ich kann nicht mehr kombinieren und nicht mehr denken, und ich bin plötzlich wohlig und müde in Deiner Gegenwart, und dann liegst Du auf Deinem Handtuch in der Sauna, und ich sitze zu Deinen Füßen und schaue immer wieder zu Dir, über Deinen Körper hinweg, während wir flüstern. Plötzlich ist alles gut.

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Auf dem Sofa gegenübersitzend spiegeln wir unsere Bewegungen, halten unsere Bierflaschen, reden, lächeln. Wärme. Beim Abschied hältst Du mich sehr fest, von zu Hause aus schreibst Du Deinen Dank und Dein Lächeln.

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All den Freunden, die sich mein Klagen anhören, mein tief empfundener Dank.

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Die Post ist schnell, und in den Briefen sind unerwartet der neue Akku für das Telefon und die Dichtung. Ich trinke Kaffee gegen mein Zittern, verlache die Idee des Backups und fange an, das Telefon zu fönen. Ziehe die Abdeckung ab, tausche den Akku, und sogar die dünne Folie mit den eingearbeiteten Litzen bekomme ich getauscht und halbwegs sauber wieder eingeklebt. Ich föne die neue Klebedichtung wieder ein, das Telefon leuchtet freudig und hält jetzt hoffentlich wieder einen langen Tag durch. Auch wenn ich immer noch zu oft alte Dinge lese, Dein Bild anschaue, als dränge ein Gedanke zu Dir durch.

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Mein Vortrag funktioniert. Ich komme nur einmal ins Schwanken, aber die Hand in der Tasche rettet mich, und ich stammle mich so durch.

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Ich habe da einen Freund auf dem Fischland, und der ist nun in der Stadt. So stehe ich also irgendwo in einer Halle und prüfe einen Hydrostaten, einen Sportplatzrasenmäher, einen Sauger, und freue mich am Schmutz. Dann fahren wir zu mir, sitzen auf dem Sofa, trinken Bier bis in die tiefe Nacht, und dann frühstücken wir, bevor er die nächsten tausend Kilometer auf sich nimmt. Ich muß mal wieder ans Meer fahren, denke ich.

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Sonntagssonne.

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Lust zur Arbeit.

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Den Umbruch in Angriff nehmen.

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Hoffen, ohne zu pressen. Viel zu lernen.

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Daß es Dir gut geht.

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Irgendwo gelesen, daß Liebe nur durch Nichtgelingen groß wird. Vielleicht muß erfüllte Liebe klein sein?
# |  2 RauchzeichenGas geben