Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Freitag, 17. 03 06

17.03.06, 16:03 | 'Nicht drueber nachdenken'
Die erste Ninja des Jahres.
Bei drei Grad.
# |  2 RauchzeichenGas geben


17.03.06, 12:46 | 'Heller als tausend Sonnen'
Wie kann man nur so unverschämt gut aussehen?
Weiße, enganliegende Hosen, ohne Taschen natürlich, und dieser goldene Gürtel aus golden glänzenden Ringen. Blaugrauweißgeringelt weiter oben, ein strahlendes Lächeln noch weiter oben. Automatisch schlägt man die Augen nieder, wenn sie den Raum betritt, und fängt langsam ganz unten an, diese Schönheit zu verschlingen. Die personifizierte öffentliche Erregung.
Der Raum teilt sich vor ihr. Das Menschengewimmel verschwimmt, Fokus, Zoom. Das gebieterische Kinn, dieser perfekte Schwung der Wangenknochen. Ungeschminkt. Locken wie ein Engel, Augen wie eine Teufelin. Kleine Hände, feingliedrige Finger, ein einzelner Ring blitzt, die Nägel sind matt. Ein Tribut an das Zentrum, eine Art Wegweiser: Schau mir nicht auf die Hände, schau mir ins Gesicht! Kaum einer folgt dem Weg, aller Augen bleiben irgendwo stehen. Gaffen. Nicht anerkennend, nicht gefällig, nur lüstern.
Hochgeschlossen heute, und ich könnte wetten, daß heute noch kein einziges tiefdekolletiertes Stück in ihrem Kleiderschrank hängt. Ihr Blick streift, begegnet überall nur vorgeneigten Köpfen, sie schaut auf Stirn und Haaransatz. Gelangweilt zunächst, bald angeekelt. Und allein. Unberührbar, als wäre sie zweidimensional, ein Traumbild, Fernsehen und Photoshop etwa.
Ich stehe an der Bar, die Nase im apfelduftenden roten Schopf vergraben. Unerkannt. Das dunkle Weizenblond, das mich seit Dienstag begleitet, verbirgt mich, meine Begleitung macht mich vollends unsichtbar. Eine Hand am Glas, eine an ihrer Hüfte, um jede Regung zu fühlen, zu übertragen. Ruhe. Genug Zeit für diesen seltsamen Sommer - drei Regentage, drei Tage Sonnenschein. Und ein Freibad, eine Hasenwiese. Ich weiß nicht, wie ich herkomme. Ein Dutzend Handtücher um uns auf dem Boden, Taschen und Rucksäcke, Sonnenmilch und dunkle Brillen. Zwei Beine vor mir, ellenlang und seidig glänzend. Ich fahre die Konturen ab, die beschatteten Kniekehlen, die Waden, das Kettchen am Knöchel. Zehen winken mir zu, die Muskeln unter der Haut zucken. Ein Kopf taucht auf, wirft die Haare zurück, Augen blitzen durch die Sonnenbrille. "Komm schon, schmier mir den Rücken ein!"
Ich fahre ihren Rücken entlang die Wirbelsäule hinab und an den Rippen herauf. Keine Flecken aufs Oberteil, also ich doch nicht, was glaubst Du denn?
Sie öffnet den Verschluß schließlich selbst. Begeistert schaue ich zu, wie sich an ihrer Schulter ein Schweißtropfen bildet und langsam an ihrem Arm hinabgleitet, eine glänzende Spur hinterlassend, wie der dünne Abdruck des Schulterriemchens langsam verschwindet. Trotz der Bräune wirkt sie zerbrechlich, meine Hand bedeckt ihr ganzes Schulterblatt. Ungläubig balle ich sie zur Faust und öffne sie wieder.
Sie murmelt etwas in ihr Handtuch, das ich, von Kokos und nackter, heißer Haut benebelt, nicht verstehe. Lauter jetzt: "Sag mal, hast Du auch Hände?" Ich fühlte mich zum ersten Mal durchbohrt von einem Blick, nackt und bloß. Ein offenes Buch, ohne Scham für die Worte, die man darin lesen kann.
Die anderen fuhren ohne uns nach Hause, that day.

Die letzte Nachricht von ihr ist noch da, leuchtet vor mir. Jetzt, zwei Jahre später, möchte ich ihr antworten. Sie hat mittlerweile ein Glas in der Hand, sucht verzweifelt nach Augenkontakt. Nobody sees. Verflucht zu dieser Schönheit, die einen hitzt, die einen zur Vorsicht mahnt - die schönsten Blumen sind schließlich giftig. Nur zum Anschauen da, oder als Blickfang in einem ganzen Strauß. Ich glaube, in ihrem Augenwinkel ein feuchtes Glänzen zu sehen, vielleicht wünsche ich es mir auch nur, vielleicht sind es auch nur meine eigenen Augenwinkel.
Die Musik bricht ab, der Discjockey hat sich in seinen CD-Spielern verheddert. Er spielt an den Reglern, und bevor ich es höre, sehe ich die Anzeige des Mischpults nach oben schießen. Rotes Leuchten. She might need a lot of lovin´, but she don´t need you. Der Schopf vor mir bewegt sich, ich schaue in ein paar abgrundtief grüne Augen. "Gehen wir?"
Ich hebe nur den Blick und nicke, dränge zum Hinterausgang, halte ihre Hand ein klein wenig zu fest. Im Auto lösche ich eine Nachricht und eine Nummer. Der Riss im Gehäuse knirscht bei jedem Tastendruck. Love is only a feeling kreischt es, und ich tauche auf ins Hier und Jetzt, nach Luft schnappend. Morgen repariere ich Deine Lautsprecher, verspreche ich. Erinnerungen haften wie der Duft von Kokosöl. Ich schnappe nach einem Haarbüschel voll Apfelduft und schnaube. Sie schüttelt sich, und lacht.
Äpfel, denke ich mir, Äpfel für Kokosnüsse.
# |  2 RauchzeichenGas geben