Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 5. 03 06

05.03.06, 17:27 | '19th nervous breakdown'
Nur Friseurinnen haben doch iPods. Echt jetzt.
(Und Bauingenieure. Aber die haben auch diese komischen Brillen, die am oberen Rand blau gefärbt sind. Die dürfen das.)
# |  1 RauchzeichenGas geben


05.03.06, 17:00 | 'Minimaler Blauanteil'
Gegen halb vier begannen sie, sich draußen zu prügeln. Der gedrungene, etwas zerzaust aussehende Typ wachte nach drei Stunden erholsamen Barschlafes auf, zufällig an ebendem Platz, an dem ich am Abend zuvor schon eingeschlafen war, sah mich an. Seine Augen waren klein und trübe vom Alkohol, zusammengekniffen, um gefährlich auszusehen. Ich habe schon viel zu viele Jungs gesehen, in ihren "La Ultima"-Pullovern, mit hochgekrempelten Ärmeln und nach außen gerichteten Ellenbogen. Und ich wurde plötzlich sehr müde, zu müde für das Mädchen an meiner Seite, zu müde für den Supertypen neben mir. Es war klar, was kommen sollte. Vor einer Stunde hatte ich ihm noch ein Taxi rufen wollen, als er ein wenig Leben gezeigt hatte. Jetzt war ich das erste, was er, eben aus dem Delirium erwacht, sah, und damit sein Feind. Draußen wurde das Geschrei größer, ein Hemd riß, Schnee stob und rote Tropfen brannten Löcher in die zertretene Schneedecke. Ich schaute durch das große Fenster hinaus auf die blutgeile Meute, zu feige, um selbst zu kämpfen, erregt genug, um die beiden Verflochtenen immer mehr anzustacheln, die sich jetzt auf dem Boden wälzten, zu betrunken, um stark zu sein, zu betrunken, um nachzugeben. Ich weiß, daß nichts passieren wird, ich kenne die beiden. Sie sind aggressiv, aber nicht gewalttätig, keine Schlitzer. Müde, sehr müde greife ich nach meinem Bier.
"Was bist Du überhaupt für einer?"
Niemand bin ich. Garniemand.
Dröhnend lacht er. "So nichts wie nur was!"
Ich grinse ihn an, freudlos, leer. Ich habe einfach keine Lust. Das frustriert, das nagt an seinem Selbstbewußtsein. Also kommen noch ein paar große Sprüche. Doch die Worte, die den Schalter umlegen würden, die zwei, drei Dinge, auf die ich anspringe, die kommen nicht.
Ignoriere ich ihn weiterhin, ist er gezwungen, mich anzugreifen. Daß jemand, dessen Hose bereits von großen dunklen Flecken übersät ist, garkeine Anerkennung zu verdienen, kein Gesicht mehr zu verlieren hat, begreift er nicht.
Ich bestelle zwei Bier und gebe ihm eines. Seine Chance. Er ergreift sie, lässt die Flasche vor mir auf den Boden fallen. Demonstrativ. Er weiß nicht, daß er sich gerade selbst gerettet hat. Meine Faust löst sich, ich spreize die Finger. Er hat Vorderwasser, ich klaube die Flasche vom Boden und stelle sie auf die Bar. Das Licht scheint durch den Hals hinein, der Schaum darin glüht.
"Feigling", sagt er und schwankt davon, streift den Türrahmen und brüllt, als er endlich draußen ist, die Meute an. Immer auf der Suche. Ich mag den Kerl irgendwie. "Feiglinge!"
Ja, sage ich, und lege den Arm um das Mädchen. Mit Mühe entspanne ich meinen Hals. Der Tag verfliegt, löst sich auf und verschwindet spurlos. Kein gestern, kein morgen.
Sie dreht sich zu mir, hakt ihren Daumen in meinen Gürtel. Kaffee? frage ich, und sie nickt.
Ich mache das Licht hinter der Bar aus und schließe die Tür ab. Auf dem Heimweg gehen wir beim Bäcker vorbei. Die warme Tüte unterm Parka, gehen wir weiter, unsere Schritte gleichen sich an. In den Straßen liegt Schnee, eine einzelne, torkelnde Spur liegt vor uns.
# |  3 RauchzeichenGas geben