Und immer, wenn ich wieder diese Grenze überschreite, ab der eine Abmahnung winkt, wenn das Büro leer und die Flure leise werden, da lache ich dann, fluche im Flur und fange noch irgendwas an, das ich dann am nächsten Morgen zu Ende bringe, bevor sie alle wieder kommen.

Und dann sitzst Du anderthalb Stunden in einer Besprechung, allein in einem Raum vor dem Rechner, auf dem sich anderer Leute bunte Teile drehen, und wirst dann gefragt und antwortest und wirst ignoriert. Nebenbei beantwortest Du Mails und wünschst Dich zum Frühstück und zum Kaffee, unerreichbar im Moment, und dafür hast Du dann studiert gelernt und Dich begeistert, und dann bist Du nach einem knappen Jahr desillusioniert und zynisch. Fehlentscheidung, Texaner?

Konstruieren ist wie Diplomarbeit. Ich spüre den neben mir sitzen, der all die Mapkeys erfunden hat. Den hinter mir, der all die Materialkennwerte und die Zeichnungsnormen kennt. Den Lachenden, der gern einen Kaffee mit mir trinkt und Unruhe stiftet. Den Ruhigen, der Perfektion sucht. Den, der mich bewerten wird und mich machen lässt.

Ein kleiner Hydraulikschubkarren, ein Ausa vielleicht. Der Kratzboden vom alten Miststreuer. Ein kleiner Schlegelmulcher vom Gärtner, ein kleines Förderband von einer Holzsäge. Einstreugerät für Spaltenbodenställe. Kommt aber wieder keiner drauf. Alles muß man selber machen.

Seit eben darf ich mich als eine "verantwortliche Person" im Sinne des Paragraphen neunzehn des Sprengstoffgesetzes (§19 SprengG) bezeichnen. Ich glaube nicht, daß das ansteckend ist. Bitte haben Sie Nachsicht.

Und im Museum einer Automobilmarke, da war ich auch. An den Wänden kann man Bilder und kurze Texte zur Zeitgeschichte lesen, zum Konzern und zu allem, was das Automobil in der Zeit so bewegt hat, während man im Innern die Automobile betrachten kann. In den anderthalb Stunden, die so eine Abendkarte ermöglicht, schafften wir zwei von sieben Ebenen. Und am längsten stand ich vor einer Liste, in der die Arbeitsverletzungen von Zwangsarbeitern aufgeführt wurden.

Splitter, Auge, verst.

Heute könnte ein Tag sein, an dem etwas in Bewegung gesetzt wird.

Ich finde ja tatsächlich Gefallen an der Failure-Mode-and-Effects-Analysis, und mein Kopfschütteln denken Sie sich jetzt halt. Forderung, Fehlerauswirkung, Ursache, Erkennungsmaßnahme, Vermeidungsmaßnahme, Auftrittswahrscheinlichkeit, Entdeckungswahrscheinlichkeit, Risikoprioritätszahl, Kopfschütteln.

Auf daß uns nur die Arbeit nicht verbittere.

Wenn man morgens früh genug im Büro ist, dann erlebt man, wie sich das Gehege langsam aber sicher aufheizt, bis einem der Schweiß in die Augen läuft und das vom Betriebsrat aufgehängte Gerät zuerst wütend blinkt und dann ganz ruhig wird, als es auf den Boden knallt, weil der Kleber in der Hitze weich wird.
Wenn man abends spät noch im Büro ist, dann erlebt man, wie irgendein Fenster geöffnet wird, durch das dann immer noch heiße, aber bessere Luft hereindrückt. Und irgendwann, wenn es noch später wird, wird auch diese Luft wieder kühler. Irgendwo knackt es, und es riecht nach trocknendem Schweiß. Die Augen werden wieder klarer, und die Gedanken auch. Das ist schön.
Der Nachteil ist, daß man dazu von sehr früh bis sehr spät im Büro sein muß und vom Sommer eigentlich nur die Nächte sieht. Aber die sind auch toll, schließlich gewittert es gerade jeden Abend. Zwar immer, wenn ich mich aufs Rad setze, aber dafür kühlt es ein wenig ab und ich kann die Fenster offenlassen. Zwar regnet und hagelt es dann beim zweiten Gewitter herein, aber so schnell lasse ich mir doch nicht die Laune verderben, denke ich, werfe morgens im Halbschlaf eine Dose Sahne auf den Boden und fluche so laut, daß es die Nachbarn aus dem Bett schmeißt. Die sollen ja auch was vom Sommer haben. Carpe diem, baby.