Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 30. 04 07

30.04.07, 03:37 | 'Heller als tausend Sonnen'
"Nein, der hält sicher nicht für Dich."
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Dienstag, 10. 04 07

10.04.07, 12:11 | 'Heller als tausend Sonnen'
Es ist immer noch Herbst, irgendwie.

Ich rufe Dich an, weil ich Dich dabeihaben möchte. Und weil ich mich zum Telefonieren zwinge, auf dem Balkon meines Großvaters in der Sonne, ans Geländer gelehnt. Früher kamen wir nur zu Weihnachten hierher, das grenzenlose Ein- und Ausgehen der Kindheit war lange nicht so unbeschränkt, eben grenzenlos, wie man selbst immer geglaubt hatte. Die Grenzen waren allerdings unsichtbar, und überhaupt nicht als solche zu erkennen. Sie engten nicht ein, damals. Und heute nennt man sie Anstand.
Ich denke nicht daran, daß ich mich überhaupt nicht darauf konzentriere, mit Dir zu reden. Schutzfunktion vor stummem Auflegen, vielleicht, aber nicht allzu hilfreich, da jedes Gespräch nur stammelnd beginnt. Hallo, also ich...
Dieses beginnt gar nicht, und es stört mich nur, daß ich nie wage, bei Dir zu Hause anzurufen. Letztens hast Du sogar erklärt, wo Dein Telefon lag und wo Du warst, als ich Dich angerufen habe. Vielleicht erkennst Du sie doch, die Abhängigkeit von der Antwort.
Last night a cell phone saved my life. Es tutet völlig rauschfrei, die Stille ist vollkommen leer und tot, ich kann die Digitalnull fast höhnisch lachen hören, und lege auf. Ich laufe heimwärts.
Grade an der Bank, die hier Sparkasse heißt, läutet es, und ich kann Deinen durch die Anzeige wandernden Namen lesen, ruckelnd ob der Länge weil ich keine Namen kastriere, aber verstehen kann ich ihn nicht.

Ja?
"Hey, ich bin 's." So läuft es auch, denke ich und muß fast lachen.
Nach sechseinhalb Minuten sage ich, daß Du jetzt auflegen kannst, weil ich vor Deiner Haustür stehe. Ich sehe Dich schief grinsen, bevor Du auflegst, und jetzt bin ich an der Reihe, die lange Reihe aus Nullen auszulachen. Kampf dem Digitalismus, der sich sogar den Dialekt, den er nicht besiegen kann, einverleibt. Mein neues Telefon kennt "hasch", aber kein "kannsch", und ich gewinne auch diese Runde.
Ich lehne am Auto, und Du sitzt auf dem Stein, und plötzlich ist Sommer. Erst als die Sonne hinter der Scheune verschwindet, gehen wir nach drinnen. Dein Pferd schaut uns hinterher, und der Kies auf dem Hof knirscht. Ostereier schälen, mampfend reden, das verschwiegene "Was muß ich tun?" verdrängen.

Ungewollt stehe ich mit Deinem Vater an der Tür, auf sicherem Terrain, Melkstände und Schlachtgewichte. Du verdrehst die Augen und verabschiedest Dich, und ich werde das Versagen nicht los. Der Kies spritzt und ich hinterlasse zwei tiefe Rinnen, als ich gehe. Dein Vater lacht.
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Donnerstag, 22. 03 07

22.03.07, 17:24 | 'Heller als tausend Sonnen'
"Kannst Du das Geld nicht sehen liegen,
kauf Dir Tauben - lass sie fliegen."

Wahre Geschichte. Das ist es also, was bleibt, von einem Menschenleben. Sagt denen, die ihn kannten, alles. Und hilft ihnen, sich zu erinnern.

"Hans, Hans, Hans - alle schreien sie Hans!
Ach, wenn ich nur Franz heißen tät."
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Montag, 5. 03 07

05.03.07, 00:05 | 'Heller als tausend Sonnen'
Ich stand in unserem kleinen Kreis an der Bar, als ich von hinten angerempelt wurde. Ich wandte mich um, und hatte den Mund noch nicht offen, da fiel mir bereits die Gräfin in den Arm: "Lass es, leg Dich nicht mit ihm an. Bitte."
Und als sie das so sagte, die Hände auf meine Schultern gelegt, so voll ehrlicher Besorgtheit, da flog ihr mein Herz zu, als hätte es Flügel, und ich fragte sie, ob ich denn so streitlustig ausschaute. Stumm sah sie mich an, bevor sie sich abwandte.
Überhaupt Hände auf den Schultern: Sie zwingt mich, sie anzusehen, sie muß jedes Zucken in mir spüren, jedes Atmen, Spannen, Nachlassen. Es ist ein sehr prüfender Griff, der mich fixiert und kontrollieren will. Und ich lasse sie. Von ihrer Hand nehme ich das Joch an, das ich so lange abgewehrt habe, einer Unabhängigkeit und Freiheit zuliebe, die es vielleicht schon lange nicht mehr wert ist. Lebt nicht der Ochse in den Sielen länger als der Stier in der Arena?

Erst viel später fällt mir auf, wie umstandslos sie reagiert hat, fast als hätte sie den Windhauch gespürt, den die Welle des Zorns vor sich her schiebt, und einer Göttin gleich die Hand erhoben, um dem Sturm die Luft zu nehmen. Bevor ich noch selbst mein Fieber fühlen konnte, erkaltete es bereits unter ihrer Kühle.
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Dienstag, 27. 02 07

27.02.07, 16:40 | 'Heller als tausend Sonnen'
Eine Kuriosität meinerseits dürfte sein, daß ich mein Bett und meine Schlafrichtung einzig und allein nach dem Fenster ausrichte, durch das mir jeden Morgen die Sonne ins Gesicht scheint. Und daß ich im Leben nicht den morgendlichen Blick auf die Sonne verpassen würde, nur eines heruntergelassenen Rolladens wegen.
So bleibt der Laden Nacht um Nacht oben und ich werde jeden Tag von der Sonne kitzelnd geweckt, sommers früher und winters eben später.

Es sei denn, es ist bewölkt.
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Donnerstag, 22. 02 07

22.02.07, 18:40 | 'Heller als tausend Sonnen'
Manchmal fühlt es sich gut an, die Schnittmenge zu sein.

Sitzplatz aussuchen! (Es gibt keinen Grund, sich nicht neben das hübscheste Mädchen zu setzen.)

Wofür morden, wofür sterben. Wofür leben?

Ich war selten so hundertprozentig sicher, daß es richtig war, zu bleiben. Und dann zu gehen.

Als ich meine Gummistiefel auszog, mußte sie lachen. Ich möchte jeden Tag meine Gummistiefel ausziehen und sie dabei lachen hören.
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Dienstag, 13. 02 07

13.02.07, 11:47 | 'Heller als tausend Sonnen'
"Und die Gewalt einer Liebe wird immer falsch bemessen, wenn man sie nur nach ihrem Anlaß wertet und nicht nach der Spannung, die ihr vorausgeht, jenem hohlen, dunkeln Raum von Enttäuschung und Einsamkeit, die vor allen großen Ereignissen des Herzens liegt. Ein überschweres, ein unverbrauchtes Gefühl hatte hier gewartet und stürzte nun mit ausgestreckten Armen dem ersten entgegen, der es zu verdienen schien."

(Stefan Zweig, Brennendes Geheimnis)
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Montag, 22. 01 07

22.01.07, 22:32 | 'Heller als tausend Sonnen'
Irgendwann nachmittags balanciere ich auf der Spitze der Palettengabel, bei ganz ausgehobenem Frontlader. Und muß furchtbar lachen dabei, als ich nach unten schreie, daß ich mir im Moment ein ganz klein wenig unterbezahlt vorkomme. Und ich denke, daß es eine ganz tolle Gelegenheit ist, um laut loszulachen, freihändig, ein Stahlseil und einen Dreizehner Gablschlüssel in den Händen, fünf Meter überm Boden.

Spät in der Nacht fahre ich noch einmal vorbei, laufe durch den Stall und sauge das Schnaufen und Scharren, den Stallgeruch und alles andere in mich auf. Auf dem Laufhof steht Fräulein Naseweis.
"Du bist nicht neugierig, Du willst nur alles wissen", sage ich zu ihr, während ich zum Melkhaus laufe, meine Milchkanne in der Hand schwenkend.
Zehn Minuten später bin ich auf der Bundesstraße, über Feldwege und meine private Auffahrt, und höre Joe Cocker von dem kleinen bißchen Hilfe erzählen, das einem Freunde eben so geben können. Das Fernlicht lässt einen Pinguin nach dem anderen hell glänzen.
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Freitag, 19. 01 07

19.01.07, 14:06 | 'Heller als tausend Sonnen'
"Grep ist Dein Freund."
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Sonntag, 24. 12 06

24.12.06, 16:23 | 'Heller als tausend Sonnen'
Hast Du noch eine Lehrstelle frei im nächsten Jahr? Für mich. Du der Meister, ich der Stift.

(Was haben wir gelacht, wir beiden. Und die Hilfestellung mit dem Kawasaki-Mädel, aus diesem urschwäbischen Dorf, dessen Schreib- und Schreiweise mich immer wieder wohlig grinsen macht -, diese Hilfestellung jedenfalls, für die bin ich Dir sehr dankbar.
"Und woher kennst Du ihn?" hat sie gefragt.
- Verwandtschaft, sage ich. Und Du?
"Wir waren mal zusammen. Zwei Mal schon, wenn ichs mir recht überlege."
Schweigend trank ich aus, und bei der Heimfahrt fiel mir die Zigarette auf den Sitz.

Was die anderen immer zu reden wissen.)
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