Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 23. 11 21

23.11.21, 20:46 | 'Entwachsen'
Manchmal nutze ich die Zeitleiste dieses Blogs, um mich daran zu erinnern, was ich zu einem bestimmten Zeitpunkt so ungefähr getan, wie ich gedacht und gefühlt habe. Dann kommt mir der Gedanke, wie ich mich einst an diese Zeit erinnern soll, in der ich mich kaum ausdrücken kann, weil ich mich kaum erfassen zu können glaube. Und die Welt zu verstehen habe ich vielleicht schon aufgegeben. Nicht mal eine Ansicht habe ich mehr zu allem und jenen. Vielleicht, weil es schon zu viele Ansichten gibt.

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Zu viele Bilder auch.

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(Ein sehr schneidender Gedanke, ob ich denn nun dort bin, wo ich nie sein wollte: In der Ziellosigkeit.)

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Andere berichten auf Instagram von ihrem Weg zur Teilnahme an einer Sportveranstaltung. Daran ist nichts Schlechtes. Nur sehr anders, sehr fremd.

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Wenig Kontakt ist wenig Halt. Als wäre ich ein sehr aufgepumpter Reifen mit wenig Last. Man möchte meinen, ich könnte fliegen.

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Ich sollte vielleicht einfach nur kein Bier mehr trinken. Oder gleich noch eines.

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Sehr viel Zeit verbringe ich mit schnellem Lernen und damit, das Gelernte in eine Erzählform zu bringen. Schön eigentlich, nur sehr endlos. Aber da: ein Ziel!

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Heute schoß mir der Name einer Frau durch den Kopf, von dem ich nicht einmal mehr wußte, daß ich beide noch kannte, weder den Namen noch die Frau. Diese kannte ich sowieso nur als junges Mädchen, ich selbst ein junger Kerl, und tatsächlich kondensieren Jahre dann in der Erinnerung an eine Nacht, farbig und verschliert wie durch ein Kaleidoskop, und unglaublich stark vergrößert - man möchte fast meinen, wir hätten uns berührt und verändert in jener Nacht. Ganz ohne uns zu berühren. Nur Wasser, Wärme und eine Idee, für eine von uns lustig, für den anderen ein absurder, nicht einmal gewagter Traum, und vielleicht deshalb so fest gebannt und so absurd vergrößert in der Erinnerung. Worauf sich wohl die Brenngläser Deiner Erinnerungen richten mögen?

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(Natürlich habe ich kurz nachgeschlagen - längst ist mir das Gewohnheit geworden - und sehe Dich in Brasilien, mit einer Mähne und einem Lachen, und vielleicht war doch nicht alles nur ein Schaum in jener Nacht.)

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Was auch immer wieder auftaucht, aufleuchtet und mich zurechtweist, auf eine gute, sanfte Art, ist der Eindruck eines alten Kollegen, der ein Wissender war, ein Lächelnder, ein Lenkender. Nie war der Begriff des Mentoren mir passender, und selten habe ich mich mehr vor jemandem geschämt. Beim Abschied habe ich mir vorgenommen, mich diesem Bild zu nähern, und bin doch weit und vielleicht weiter davon entfernt.

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Ingrimm. Ausweglosigkeit.

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Immerhin noch niemanden gebissen.
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Donnerstag, 30. 04 20

30.04.20, 17:43 | 'Entwachsen'
Die kleine Wohnung in der großen Stadt. In Form dieser winzigen, wie ein großes "L" geformten Schachtel, hatte mich damals die Wirklichkeit eingeholt. Auch die erhofften drei Jahre werden kein Wimpernschlag werden, sondern müssen durchlebt werden. Die Königin der Dreikaiserberge, sie wird in ihrer so geliebten Wohnung am anderen Ende der Stadt bleiben. Ich werde allein sein und ahne doch nicht, wie sehr. Der furchtbare Schlag und dieser tödliche, ewig verschneite Winter. Der Duft nach Pferden und Hund. Heizungsverweigerung. Mein eigener Herr, sinnlos Dinge in einer übriggebliebenen Pfanne zusammenrührend, singend und trinkend. Auf dem kleinen Balkon lesen, im Sommer dort schlafen. Das Rad neben dem Bett, das Rad im Flur, das den Weg nach draußen und zur Toilette versperrte. Helles Laminat, gelbe Wände. Das Rad an der Wand. Das Sofa vom Nachbarn aus der Straße: ein Wasserschaden. Das Bett vom Studenten, der zurück in die Heimat zog. Der kleine Park nebenan, den ich mir eroberte. Die Lehrerin aus gutem Hause, die sich am Morgen aufsetze und ihrer Schwester am Telefon gestand, sie sei nun doch geblieben. Mein Refugium zur Schreibzeit, meine nächtlichen Wanderungen vom Auto, das nur schwer einen Stellplatz in der Nähe finden wollte. Sonntagnachts, Freitag zurück. Glücklich die wenigen Abende unter der Woche, die einen Grund zur Heimfahrt boten. Der Diesel längst verfahren, das Leuchten glimmt nach. Das große, selbstgebaute Wandregal, der kleine Backofen über der Arbeitsplatte, die zwei Herdplatten eng an der Wand. Die wenigen Male, als Freunde da waren. Oft der Nachtschlaf eine Flucht. Aus den drei Jahren wurden vier, und dann noch zweieinhalb dazu. Das Gefängnis aus Verkehrs- und Kostenzwängen, die Spannung aus drei Betten, die ich vereinen wollte. Das Alleinsein gelernt, die Einsamkeit verschmeckt.

Heute habe ich alle Unterlagen weggeworfen.
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Donnerstag, 14. 03 19

14.03.19, 09:18 | 'Entwachsen'
Ich versetze die Wohnung, die Bude, wie ich sie ebenso verächtlich wie liebevoll nenne, ganz langsam wieder in den Rohzustand. Es ist ein schrittweiser Umzug, jede Woche ein Auto voller Dinge. Bücher, Geschirr, Elektrogeräte. Jetzt fehlt mir eine Ablage im winzigen Badezimmer, auf die ich zum Duschen meine Brille legen kann. Als ob ich hier duschen würde, und doch kommt es vor. Der Duschkopf ist wieder der alte mit dem Riss an der Seite und dem viel zu kleinen Kopf. Das Bett ist längst abtransportiert, wie zu Beginn liegen ein Lattenrost und eine Matratze auf dem Boden. Ich habe keine Lampe mehr am Bett, sondern muß halb aufstehen und mich weit strecken zum Lichtschalter am Durchgang zum Bad. Der kleine Nachttisch steht noch da in seiner Ecke, und ich erinnere mich an die Nacht, als ich ihn nach Hause getragen habe durch den Nieselregen, gerettet von einem Stapel Sperrmüll. Über mir das Regal, das ich mit so viel Freude gezeichnet und gebaut habe und das in der Wohnung bleiben wird dürfen. Am Schrank keine Postkarte mehr, keine Einladung, kein Dankesbrief, kein Zettelchen. Auch den Zettel aus dem Küchenschrank mit dem lieben Brief habe ich schon abgehängt. Die Wand gegenüber vom Bett ist wieder nackt, das Sofa hat nun auch seinen Weg gefunden, Dienstwägen sei Dank, und auch das Rad hängt nicht mehr an der Wand, sondern wartet treu in einer Garage. Es erzeugt Wehmut in mir, dieses langsame Gehen, und es schärft in mir die Überzeugung ihre lange Klinge, daß ich eben doch nicht so bedürfnislos bin, wie ich immer tat. Dazu sind es doch schon zu viele Autos voller Dinge, dazu hinterlassen ihre Lücken zu tiefe Abdrücke in meinem Wohlbefinden. Es mag sein, daß es immer noch nur wenige Dinge sind, die ich zu brauchen meine, aber es gibt sie doch. Ich bin eben nicht frei, ich berge mich in Dingen, umgebe mich damit, und das zu lernen, zu steuern und mir auch damit das Wohlbefinden zu regulieren, statt nur mit dem kathartischen einzelnen Buch auf dem Boden neben dem Bett, das gilt es zu wissen und zu lernen und nicht mehr zu vergessen. Denn auch dies Unwissen, dieser Unglaube, dieses grimmige Abstreiten der Notwendigkeit von Dingen hat dazu beigetragen, daß ich so bald nach dem Einzug in meine winzige Wohnung das Größte verlieren mußte, das Lachen und Lieben und den Glanz in Augen und Haar. Deine Augen sind wie Felder und Wiesen, habe ich damals gesagt, und ich hoffe, sie sind es heute noch, nach all den Jahren. Lang bin ich hier in der Kälte gelegen, stumm und starr und nur abwartend, daß die Zeit vergehen möge. Nun hebe auch ich die Hand zum Abschied, denn die Zeit vergeht auch ohne mein Warten. Stattdessen wandern und marschieren, voranschreiten. Ich werfe den Rucksack der Erinnerungen nicht ab, sondern trage ihn mit mir, auch wenn sich die Umstände, ja selbst die Dinge ändern, deren Wichtigkeit ich eben erst kennenlerne. Ich werde mich erinnern an die Trauer und den Schmerz und die Kälte, ebenso wie an mein Aufraffen zur Suche, die mir dann wieder Freude bereitet hat. Blondes Haar und eine spitze Nase im Staub der Kletterhalle, kurze Hosen locker um kurze Beine auf einem Pferderücken, ein silbergraues Cabriolet vor der Haustür, wie ein Raumschiff aus einer anderen Welt zu Besuch. Voran, voran, singen Tomte, und voran, voran muß auch ich. Es ist ein Heimkommen und es ist ein Aufbruch, und daß das eine stets das andere in sich trägt, soll meine zweite große Lektion der letzten fast sieben Jahre sein.
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Freitag, 13. 04 18

13.04.18, 10:58 | 'Entwachsen'
Und während ich wie jedes Jahr inmitten meiner Ordner sinniere, wie denn nun meine Steuernummer lautet und wo ich die aufzufinden hoffen kann, singt Hans Hartz von unserem Land. Auf den hätte mich das Internet ja auch gern hinweisen dürfen, bevor er gestorben ist, grummle ich und starte die CD neu. Nie kriegt man hier was mit. Ist ja auch schon ein Jahrzehnt her, denke ich dann, und als ich das nachschlage, sind es auch schon über fünfzehn. Ja hupsi, wo die Jahre nur geblieben sind? Ich weiß es nicht, fand mich aber neulich erst in einem neuen Stadium des Alterns: SWR4. Do laufed die Hitz! sagten wir früher, und seit ich aus Langeweile am immergleichen Programm neulich da hin geschaltet habe, ertappe ich mich immer öfter beim Mitwippen und beim aufmerksamen Durchhören der Regionalnachrichten. Auch die immergleichen Halbsätze über den beklagenswerten Zustand der Welt reißen mich nicht mehr. Stattdessen entlaufene Rinder an Landstraßen, bei denen ich mich freue, sie zu kennen. Die Landstraßen und im besten Fall auch die Rinder.
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Dienstag, 26. 12 17

26.12.17, 12:42 | 'Entwachsen'
Ich versuche nun, die innere Einkehr und Ruhe zu erreichen, die ich für neue Ziele brauche. Die Gedanken wandern lassen und ihre Richtung beobachten. Dort werde ich Meilensteine setzen. Und dann los. Ich will, ich muß, ich werde.
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Donnerstag, 6. 07 17

06.07.17, 09:49 | 'Entwachsen'
Irgendwann von der Sonne geweckt worden. Über allem liegt das Unpassende, sich in meinem Alter noch im Elternhaus aufzuhalten, mag es noch so groß sein. Hinter allem liegt das Vergängliche, daß ich denn Sonnenaufgang und die leuchtendgrünen Bäume nur sehen darf, wenn ich in der Heimat bin. Daraus folgt ein Verschließen gegenüber der Heimat - ich besuche nichts, mache nichts, bin nur still hier und vermisse meine Fahrräder. Eine halbe Stunde rauscht im Hintergrund Berufsverkehr, weil im Nachbardorf gerade eine Straße gesperrt ist. Ich setze mich zum Kaffee, dann an den Rechner. Überhaupt sitze ich zuviel am Rechner, und dabei lerne ich doch zuwenig, arbeite nicht effektiv genug. Ich denke an die Zeit zurück, als ich noch richtig lernen konnte, mich einschließen über Wochen und ebenso lange konzentrieren. Angespannt und ohne Sinn für die Schönheit der Zeit war das, aber mit dem "Was sein muß, muß sein" konnte ich mich damals noch zwingen. Das fällt mir heute schwer und schwerer, aber stattdessen etwas Schönes zu tun, das kann ich auch nicht. Sogar zum Prokrastinieren zu protestantisch, und dabei wurde ich doch katholisch erzogen. Und pragmatisch genug, das übrige Toilettenpapier einer Verstorbenen weiter zu verwenden, mag es auch rosafarben sein.
Dem Telefon habe ich das Internet längst rationiert, zu Büro- und Schlafzeiten zumindest, und bei mir selbst muß ich das auch noch hinbekommen. Denn, und das ist das Schlimmste, ich überfliege nur noch, ich lese kaum mehr. Das Intensive beschränkt sich auf wenige Seiten, beim Rest trifft es der Begriff des Surfens ganz gut, fürchte ich. Arbeit am Selbst, hat einst einer geschrieben, und damals war ich noch zu beeindrucken, weniger voll vielleicht. Auch Bücher lese ich nur wenige, meine eigenen sind längst in Kisten gewandert ob des Umzugs in eine "richtige" Wohnung, der ja schon ewig nur kurz bevorsteht. Jetzt aber wirklich, und dann ist mir mein Geld doch meist zu schade, und das Provisorium lässt mir zumindest den Glauben an eine Rückkehr, auch wenn es bald fünf Jahre besteht. Immerhin steht dort jetzt ein Bett, auch wenn ich noch keinen eigenen Schrank besitze, ein Tisch, auch wenn ich nur Klappstühle habe, ein Sofa, auch wenn darauf nur die selten genutzte Gitarre und alte Socken liegen. Noch kann ich mich drücken, noch kann ich an Folien herumbasteln, wie ich noch nie an Folien gebastelt habe, und zwischendurch mit leerem Blick in dicke Bücher starren und über allem einen Sommer verpassen, mal wieder.
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Samstag, 10. 09 16

10.09.16, 22:15 | 'Entwachsen'
Vielleicht ist es die Heimat, die mich melancholisch macht. Viel ist ja nicht mehr da von mir, und selbst davon ist schon einiges in Kisten. Das Messer und das Vesperbrettchen. Die abgescherte Schraube. Der herzförmige Stein. Das Buch mit dem großen A. Das Lesezeichen mit unserer gemeinsamen Silhouette. Es ist warm, die Abende werden schnell leise hier.
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Montag, 22. 08 16

22.08.16, 16:14 | 'Entwachsen'
Die Abhängigkeit von der Arbeit. Die Starre, in der ich auf Arbeit warte.

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Gerade die Starrheit der Bürokratie macht sie so liebenswert schrullig, daß ich immer wieder lachen muß.

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Das Einordnen aktueller Fragen. Rechtlich, politisch, sozial, wirtschaftlich. Zu welchem Zweck, mit welchen Mitteln und Kosten? Und immer die Frage, warum ich selbst mich auf eine Meinung festlege. Wie sich das auf mich selbst auswirkt.

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Zu viel Internet, ich spüre es schon länger.

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Wie sie einen hetzen, der sich aber auch so furchtbar hetzen lässt.

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Da scheucht man mich an einer Tankstelle davon, weil ich den Helm nur aufklappe, statt ihn abzusetzen. Verschleierungsverbot, grinse ich irgendwann, als ich mich wieder abgeregt und anderswo mit Helm getankt habe.

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Ein Teil von mir ist verlorengegangen in der großen Stadt. Er findet nicht mehr zurück, da ist eine Lücke, die ich mit mir trage, wenn ich bei den Eltern bin.

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Auf dem Ebike zum Optiker.

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Familienfeier mit vielen Kindern. Wir sitzen dann doch lange im Zelt, eng zusammen gegen die Kälte. Familienbande, oder vielleicht stelle ich mir die nur vor.

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Vorabtrauer.

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Spät in der Nacht fahre ich zurück in die Stadt, krieche in ein warmes Bett.

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Den Sonntag lassen wir vergehen.

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Ich bin dann mal weg. Lang her, daß ich das Buch gelesen habe. Und Kinowerbung nervt. Dann auch noch eine Liste mit Hinweisen zum Film und eine Pause in der Mitte. Ihr bekommt das Kino schon noch kaputt.
Trotzdem bin ich sehr verliebt in die englische Journalistin. Achthundert Kilometer, rechne ich laut, das müsste mit dem Rad doch in einer Woche zu schaffen sein. Meine Begleiterin lacht, weil sie mich so kennt. Jeder muß den Weg allein gehen, sagen sie im Film, und vielleicht muß ja auch jeder seinen Weg erst finden, mit oder ohne Gott und mit oder ohne Rad.

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Wo ist es nur hin, das Jahr?

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Wohnungen und Kinder. Große Räume in der Stadt. Keine Kompromisse. Und während sie rauchen und trinken, erzählen sie mir davon, daß sie Angst davor haben, was die Schwangerschaft dem Körper antut, um anschließend im Auto die paar Kilometer nach Hause zu fahren. Ich drehe meine Apfelschorle in den Händen und schwinge mich aufs Rad. Freiheit, denke ich, und versuche, mir Arroganz und Missionarsdenken zu verbieten. Stattdessen fröstle ich leicht im frühherbstlichen Nachtwind.

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Was werde ich meine Untätigkeit dereinst verfluchen.
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Donnerstag, 17. 12 15

17.12.15, 12:05 | 'Entwachsen'
Es ist ziemlich viel gerade.
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Donnerstag, 29. 01 15

29.01.15, 15:11 | 'Entwachsen'
Was wohl dereinst bleiben wird von dieser Zeit in der großen Stadt mit der großen Arbeit?
Der verückte Entschluß, der Liebe nachzulaufen? Die ersten Monate in der Altstadt? Das eiserne Verbeißen in den riesigen Brocken Arbeit, den ich nicht schlucken konnte? Das Zurücknehmen bis aufs nackte Leben, ohne Wasser und Wärme? Der Schlag des Verlassenwerdens, wie ich im Parkhaus über dem Geländer hing und zu kaputt zum Kotzen war? Das todeskalte Zimmer, die nackte Matratze auf dem Boden, um mich unendliche Verzweiflung und Einsamkeit? Das Klammern an die kleinen Freuden? Dieses Nichts zwischen der Arbeit und dem Schlaf? Das endlose Eis, durchradelt in Agonie und Wahn? Das um sich schlagende Sterben der Hoffnung, mit Kuchen und Gebäck? Dieses kleine, strahlende Licht in Blond? Der Sommer auf der Wiese, zwischen Pferden und Hund? Das Pendeln mit vollem Kofferraum? Die Kletterei in Hallen und Felsen? Mein Geburtstag, voller Freude? Die Alpenüberquerung, die gemeinsame Reise? Wie ich das kleine Licht verlor? Wie ich in mein Thema fand, in meine kleine Nische? Wie ich veröffentlichte und mir Mühe gab, die in den Weiten der Veröffentlichungen verschwand? Wie ich wieder in ein Loch tappte, auf der Suche nach dem nächsten Schritt? Wie ich mich mit dem Freund betrank? Wie ich an Freunde glaubte, die einfach mit einem Schritt zur Seite verschwanden? Wie ich auf das Blinken des Telefons wartete? Wie ich zweifelte, an allem und jedem? Wie mich die Freiheit verängstigte und wachsen ließ? Wie viel mehr mir freudige Momente wert wurden? Wie ich plötzlich eine ganz andere Stadt im Sinn hatte, mir Laufschuhe kaufte, ein anderes Pferd ritt, eine Lasagne buk und mit leeren Händen dastand?
Was wohl noch kommen mag?
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